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AFRIKA/1861: Somalia-Konflikt - Hillary Clinton droht Eritrea (SB)


Die USA rüsten die somalische Übergangsregierung auf

Warnungen in Richtung Eritrea, sich nicht einzumischen


US-Außenministerin Hillary Clinton hat die Regierung Eritreas beschuldigt, die somalische Organisation Al-Shabaab mit Waffen zu versorgen, damit sie die Übergangsregierung bekämpft und stürzt. Dieser Vorwurf wird nicht dadurch weniger zynisch, nur weil Vertreter der US-Administration regelmäßig in gleicher Weise argumentieren, wenn ihnen bei ihrem globalhegemonialen Anliegen des "full spectrum dominance" Widerstand entgegengebracht wird.

"Wenn al-Shabaab im Begriff ist, in Somalia Fuß zu fassen, was wiederum al-Qaida und andere terroristischen Akteure anlockt, stellt das eine Bedrohung für die Vereinigten Staaten dar", erklärte Clinton am 6.8. auf einer Pressekonferenz im Anschluß an ein Treffen mit dem somalischen Übergangspräsidenten Sheikh Ahmed Sharif in der kenianischen Hauptstadt Nairobi. [1] Frau Clinton sagte der Übergangsregierung Unterstützung sowohl an der "humanitären Front" als auch an der "Sicherheitsfront" zu. Das bedeutet, daß die USA Waffen an Somalia liefern - wie zuletzt geschehen im Juni -, aber daß die "Gegenseite" - Eritrea - keine Waffen an die eigenen Stellvertreter schicken darf.

Somalia ist Austragungsort für verschiedene Konflikte, die einander durchdringen. Auf der regionalen Ebene kämpfen verschiedene Klane um die Kontrolle des Landes. Dieser Konflikt geht auf das Jahr 1991 zurück, als der damalige Präsident Siad Barre gestürzt wurde und fliehen mußte. Er genoß bis dahin die Unterstützung der Vereinigten Staaten, was bereits auf eine über Somalia hinausgreifende Konfliktlinie verweist. Die US-Regierung versucht seitdem erfolglos, in Somalia eine ihr genehme Regierung zu installieren.

Als Mitte dieses Jahrzehnts die Union der islamischen Gerichte an Einfluß gewann, belieferten die USA im Gegenzug eine Bande verruchter Warlords, die sich bis dahin durch Wegelagerei ausgezeichnet hatten, mit Waffen, damit sie die Gerichte bekämpft. Der Schuß ging jedoch nach hinten los, die Union vertrieb die Warlords und besaß zwischen Juni und Dezember 2006 weitgehend Kontrolle über Somalia - abgesehen von den beiden abtrünnigen Provinzen Somaliland und Puntland. Die Union führte das islamische Recht der Scharia ein und schaffte es in dieser kurzen Zeit, die Wegelagerei an den Straßensperren zu beenden, die Piraterie nahezu zum Versiegen zu bringen und erstmals seit 1991 den Überseehafen von Mogadischu in Betrieb zu nehmen, so daß internationale Hilfsgüter angelandet werden konnten. Die Islamisten führten mit der Scharia ein hartes Regime ein, dennoch schienen auch die weniger strenggläubigen Muslime die neuen Verhältnisse der Willkür der Warlords vorzuziehen.

In Washington hatte man jedoch etwas anderes mit Somalia vor. Gemeinsam mit der äthiopischen Regierung wurden Invasionspläne ausgearbeitet. Am zweiten Weihnachtstag 2006 marschierten äthiopische Truppen in Somalia ein und eroberten binnen kurzer Zeit die Hauptstadt. Die Kampfverbände der Islamisten leisteten kaum Widerstand, zogen sich zurück und lösten sich auf. Ein Guerillakrieg ähnlich dem irakischen setzte ein. Führende Figuren der Islamisten lenkten das Geschehen von der eritreischen Hauptstadt Asmara aus - führende Figuren christlicher Fundamentalisten hingegen aus dem Weißen Haus in Washington.

Abgesehen von der lokalen Ebene der Auseinandersetzung herrscht in Somalia ein Stellvertreterkrieg zwischen den beiden Erzrivalen Äthiopien und Eritrea. Über dieses Geschehen legt sich allerdings noch die Ebene des globalen Hegemoniestrebens der USA, die laufend daran arbeiten, sich die Welt gefügig zu machen. Der Schwerpunkt liegt gegenwärtig sicherlich auf Irak, Afghanistan und Pakistan. Das schließt aber ein weitereres militärisches Eingreifen am Horn von Afrika seitens der USA nicht aus. Wenn Clinton Warnungen in Richtung Eritrea ausstößt, dann muß dies ernstgenommen werden. Zumal erst kürzlich Susan Rice, US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, erklärt hat, ihre Regierung sei "tief besorgt und sehr frustriert" darüber, daß sich Eritrea in Somalia einmischt.

Seit dem Einmarsch der äthiopischen Soldaten haben die USA mehrmals Raketen auf Somalia abgefeuert, um, wie es heißt, Al-Qaida-Mitglieder zu eliminieren. Deshalb kann nicht ausgeschlossen werden, daß die US-Streitkräfte Ziele in Eritrea unter Feuer nehmen. Clinton drohte kaum verhohlen, daß Maßnahmen ergriffen werden, sollte sich Eritrea nicht zurückhalten. [2]Allerdings muß die Konstellation schon sehr genau passen, bevor die USA direkt militärisch gegen Eritrea vorgehen, denn es dürfte nicht im Interesse der US-Regierung liegen, daß die Lage eskaliert und der somalische Konflikt in die Nachbarländer getragen wird.


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Anmerkungen:

[1] "Somalia: Clinton Calls Eritrea's Meddling 'Unacceptable'", allAfrica.com, 6. August 2009
http://allafrica.com/stories/200908061048.html

[2] "Somalia: Clinton Pledges U.S. Support to Transitional Government", America.gov (Washington, DC), 6. August 2009
http://allafrica.com/stories/200908061023.html

7. August 2009