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AFRIKA/1886: USA mischen sich in Kenias Innenpolitik ein (SB)


Washington verhängt Einreiseverbot gegen kenianischen Minister

Von außen aufgezwungene Reformen stehen unter einem schlechten Vorzeichen


Die militärisch und wirtschaftlich führenden Staaten der Erde besitzen einen weit über ihre geographischen Grenzen hinausgehenden Einfluß auf andere Länder und Kulturen. Dieser Erkenntnis ist nicht neu. Wenig bekannt ist jedoch das Ausmaß, mit der vor allem die Führungsmacht Nummer eins, die Vereinigten Staaten von Amerika, Entwicklungen in anderen Ländern zu ihrem Vorteil zu lenken versuchen und welcher Mittel sie sich dabei bedient. Die direkte militärische Intervention oder auch die Waffenhilfe an Verbündete, so daß diese militärisch gestärkt werden, sind nur die auffälligsten Merkmale der Verfolgung eines globalhegemonialen Interesses.

Beispielsweise hat die US-Regierung am Montag einem kenianischen Minister das Einreisevisum verweigert, weil sie nicht mit der innenpolitischen Position dieses Politikers einverstanden ist. Der Stellvertretende Staatssekretär für afrikanische Angelegenheiten, Johnnie Carson, erklärte in der US-Botschaft in Nairobi unumwunden, daß die Streichung des Visums erfolgt sei, weil sich der Minister den Reformen (sie firmieren unter dem Titel "Agenda Four") in seinem Land widersetze.

Eigentlich sollte man annehmen, daß Reformen, insbesondere wenn sie wie im Fall Kenias eine Änderung der Verfassung bedeuten, allein die innere Angelegenheit eines Staates sind. Indem die USA das bereits erteilte Visum für den Minister zurückziehen, überschreiten sie deutlich die Grenzen der nationalen Souveränität. Darüber hinaus hat Carson andere Länder aufgefordert, zu ähnlichen Maßnahmen zu greifen und dadurch den Druck zu erhöhen.

"Nicht jeder in der Regierung ist ein Hindernis für Agenda Four", erklärte er. "Wir haben unsere Aufmerksamkeit auf Individuen gerichtet, die ihre Ämter nicht gut eingesetzt haben. Wir haben genug geredet, wir wollen Action."

Drei weiteren Kabinettsmitgliedern soll ebenfalls die Einreise in die USA verweigert werden; Namen wurden bisher nicht genannt. Die USA haben eine Protestnote des kenianischen Präsidenten Mwai Kibaki vom vergangenen Monat ignoriert. Darin hatte dieser Kritik an der Ankündigung der Obama-Administration, bestimmte Mitglieder des Kabinetts aufs Korn nehmen wollen, geübt. Wenige Tage zuvor hatte die US-Regierung kenianische Minister und Regierungspolitiker der großen Koalition angeschrieben und ihnen unverhohlen gedroht, daß gegen sie ein Einreiseverbot verhängt werde, sollten sie dem Reformprozeß Hindernisse in den Weg legen.

Wohlgemerkt, hier geht es nicht um die Frage, ob die Reformen mit der Implementierung der Agenda Four wünschenswert sind oder nicht. An diesem Beispiel geht es allein um die Frage, ob bestimmten Staaten das Recht zuerkannt werden sollte, einen so großen Einfluß zu entfalten, daß sie die nationale Souveränität in Frage stellen. Nun könnte man argumentieren, daß jeder Staat das Recht hat, einer aus seiner Sicht unwillkommenen Personen kein Visum zu erteilen, und daß dieses Recht abzusprechen eine viel tiefgreifendere Verletzung der nationalen Souveränität bedeute.

Die Idee der gleichen Rechte für alle führt jedoch in die Irre, eben weil einige Staaten über wesentlich mehr Einfluß verfügen als andere. Die USA spielen ihre militärische und wirtschaftliche Stärke rücksichtslos aus und widersprechen damit dem Anspruch, sich für eine Weltordnung, in der keiner den anderen dominiert, einzusetzen. Die Reformen sollen Kenia unter anderem zu einer schlankeren Verwaltung, weniger Korruption und mehr Mitspracherecht der Bevölkerung verhelfen. All das wären zweifellos wünschenswerte Errungenschaften - wenn nur nicht von außen versucht würde, sie mit Gewalt durchzudrücken.


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Anmerkungen:

[1] "Kenya: U.S. Slaps Travel Ban on Minister", The Nation (Nairobi), 26. Oktober 2009
allafrica.com/stories/200910261565.html