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AFRIKA/1905: Ergebnis der Weltklimakonferenz trifft Kenia hart (SB)


UN-Klimakonferenz von Kopenhagen gescheitert

Empörung über die Arroganz der Industrie- und ihnen nachstrebenden Schwellenländer


Mit schwerer Enttäuschung haben viele Menschen in den ärmeren Ländern das Scheitern der Weltklimakonferenz in Kopenhagen zur Kenntnis genommen. Der Druck der afrikanischen Länder bei der Vorbereitungskonferenz in Barcelona, der vorübergehende Abschied der G77-Staaten bei den Verhandlungen in Kopenhagen, der Zusammenschluß mit China und nicht zuletzt im Hintergrund die wissenschaftlichen Prognosen, daß sich die Lebensverhältnisse in den ärmeren Ländern als Folge des Klimawandels massiv verschlechtern werden, vermochten die steinernen Herzen der wirtschaftlich führenden Mächte nicht zu erweichen. Kein konkretes Ergebnis in Kopenhagen bedeutet Zunahme konkreten Leids rund um den Globus.

Zu den zahlreichen Stimmen, die sich seit der Verabschiedung des wachsweichen "Copenhagen Accord" am vergangenen Samstag zu Wort gemeldet haben, gehört Grace Akumu, technische Beraterin für Klimawandelfragen der kenianischen Regierung. Gegenüber der kenianischen Zeitung "The Nation" sagte sie, daß sie schon häufiger gewarnt habe, daß sich die Kenianer "auf stärkere Zerstörungen durch den Klimawandel" gefaßt machen sollten. "Der Vertrag von Kopenhagen trägt nur sehr wenig dazu bei, Schäden aufgrund des Klimawandels, insbesondere für die Ärmsten in Afrika, zu beenden." [1]

Ohne verbindliche Verpflichtungen zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen muß davon ausgegangen werden, daß die Absichtserklärung von Kopenhagen das Papier nicht wert ist, auf das sie geschrieben steht. Dann wird das eintreten, was der Weltklimarat (IPCC - Intergovernmental Panel on Climate Change) in seinem Sachstandsbericht 2007 prognostiziert hat: Bis Ende des Jahrhunderts wird die globale Durchschnittstemperatur um drei Grad zunehmen. Jüngere Studien lassen sogar einen noch höheren Wert erwarten.

Für Kenia, das immer häufiger von Dürren heimgesucht wird, wird die Durchschnittstemperatur voraussichtlich sogar um fünf Grad Celsius steigen. Aller Voraussicht nach werden sich die Dürregebiete ausdehnen, die Dürrephasen werden länger anhalten, und es werden so hohe Temperaturen erreicht, wie sie Kenia bislang noch nicht erlebt hat. Klimaforscher sprechen sogar davon, daß auf der Erde völlig neue Klimazonen entstehen könnten.

Darüber hinaus dürften sich die Niederschlagsverhältnisse in Ostafrika wandeln. Lokal kann die Regenmenge binnen kurzer Zeit zunehmen, was Überschwemmungen, Vernichtung der Ernten und verstärkte Erosion des Bodens zur Folge haben wird. Sollte der Meeresspiegel steigen, werden Teile Kenias überschwemmt. Bei einem Anstieg des Meeres um 30 Zentimeter würde beispielsweise Mombasa, die auf einer Insel gelegene, größte Hafenstadt Ostafrikas, zu 17 Prozent untergehen. Ein Anstieg des Meeresspiegels um 30 Zentimeter erwarten Klimaforscher aber nicht erst im Jahr 2100. Bis dahin könnte es bereits um über einen Meter gestiegen sein.

Nach der kürzlich von der kenianischen Regierung verabschiedeten Strategie zur Antwort auf den Klimawandel benötigt das Land mindestens drei Milliarden Dollar jährlich allein in der ersten Phase der Schutzmaßnahmen. Die Industrieländer haben jedoch für sämtliche Entwicklungsländer eine Summe von zehn Milliarden Dollar pro Jahr (2010 - 2012) zugesagt. Davon würde, sofern sich die Industriestaaten überhaupt an diese Zusage halten, nur ein Bruchteil auf Kenia entfallen. Grace Akumu sagte dazu: "Das ist sehr wenig Geld ... wir waren alle schockiert, als der Sprecher des Kontinents, der äthiopische Premierminister Meles Zenawi, den Vorschlag angenommen hat." [1]

Das Grundproblem hätte vermutlich kein Vertreter Afrikas lösen können: Die Industriestaaten und Schwellenländer, die ihnen nachstreben, zu etwas zu bewegen, das sie nicht wollen. Nämlich ihre globale Vormachtstellung oder die Aussicht darauf zugunsten einer Umverteilung von oben nach unten aufzugeben und dadurch Staaten Entwicklungschancen einzuräumen, die bislang marginalisiert werden.


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Anmerkungen:

[1] "Kenya: Copenhagen Failure to Hit Country Hard", The Nation (Nairobi), 22. Dezember 2009
http://allafrica.com/stories/200912221154.html

23. Dezember 2009