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ASIEN/781: Peking im Streit um Südchinesisches Meer unnachgiebig (SB)


Peking im Streit um Südchinesisches Meer unnachgiebig

Eindämmungspolitik der USA treibt China zu Gegenmaßnahmen



Im Streit um das Südchinesische Meer gibt die Volksrepublik China nicht nach. Vor wenigen Tagen hat der neue biometrische chinesische Reisepaß deshalb für Aufregung gesorgt, weil auf einer Karte auf Seite 8 Taiwan, Teile des Himalayas, auf den Indien noch Anspruch erhebt, wie auch die Spratly- und Paracel-Inseln im südchinesischen Meer als Teile des Staatsgebiets der Volksrepublik eingezeichnet sind. Vietnam und die Philippinen, die ihrerseits die Paracels respektive die Spratlys für sich reklamieren, haben gegen den neuen chinesischen Paß protestiert und damit gedroht, ihn nicht zu stempeln bzw. jeder Person, die ihn an der Grenze vorlegt, die Einreise zu verweigern. Nun hat Peking nachgelegt. Am 29. November meldete die staatseigene Zeitung China Daily, ab dem 1. Januar 2013 dürfe die Küstenpolizei der Inselprovinz Hainan, zu der aus volkrepublikanischer Sicht das Südchinesische Meer verwaltungstechnisch gehört, alle Schiffe, die unerlaubt in das Seegebiet eindringen oder dort "illegale" Aktivitäten entfalten, entern, durchsuchen und gegebenenfalls beschlagnahmen.

Seit Jahren streiten sich China (einschließlich Taiwan) und die Anrainerstaaten Vietnam, Brunei, Malaysia und die Philippinen wegen ihrer sich überschneidenden Gebiets- und Souveränitätsansprüche im Südchinesischen Meer. Das Seegebiet umfaßt 250 Inseln und unzählige Riffe. Dort werden größere Mengen Öl- und Gasvorräte vermutet, auf die alle Streitparteien scharf sind. Darüber hinaus gehört das Südchinesische Meer inzwischen zu den wichtigsten Wasserwegen für den internationalen Handel. Mehr als die Hälfte des zur See transportierten Öls geht dort hindurch - der allergrößte Teil vom Persischen Golf Richtung China oder Japan. Während China die Differenzen in bilateralen Gesprächen mit dem jeweiligen Nachbarstaat ausdiskutieren will, möchten die anderen Streitparteien das Ganze im multilateralen Rahmen abhandeln, damit sie gemeinsam eine bessere Verhandlungsposition gegenüber der mächtigen Volksrepublik haben. Wegen der unterschiedlichen Haltungen in dieser Frage konnte die Association of Southeast Asian Nations (ASEAN) am Ende ihres letzten Gipfeltreffens im Juli in der kambodschianischen Hauptstadt Pnomh Penh erstmals in ihrer Geschichte kein Schlußkommuniqué abgeben.

Erschwert wird die Suche nach einer friedlichen Lösung durch die Einmischung der USA, die den Streit um das Südschinesische Meer als Gelegenheit nutzen, die Spannungen im asiatisch-pazifischen Raum zu schüren, Ängste vor China zu erzeugen und sich selbst als Vermittler bzw. als Garant von "Frieden" und "Stabilität" aufzuspielen. Die schon länger angedeutete Eindämmungspolitik Washingtons gegenüber China erhielt im Juli 2010 scharfe Konturen, als US-Außenministerin Hillary Clinton die ungehinderte Seefahrt im Südchinesischen Meer offiziell zum "Nationalinteresse" der USA erhob. Seitdem verfolgt US-Präsident Barack Obama eine neue Pazifik-Strategie, zu der die Stationierung einer 2500 Marineinfanteristen starken Eingreiftruppe im nordaustralischen Darwin und der Wiederausbau der militärischen Zusammenarbeit mit den Philippinen gehört.

Die Ankündigung Chinas, Schiffe im Südschinesischen Meer künftig von der Küstenpolizei auf der Ferieninsel Hainan kontrollieren zu lassen, richtet sich genau gegen den Allmachtanspruch der USA, dort für den "freien" Handel zu sorgen. Auf der täglichen Pressekonferenz am 29. November legte sich Hong Lei, der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, in ungewöhnlich deutlichen Worten fest: Die Volksrepublik werde keine ausländische Einmischung in Fragen ihrer Territorialansprüche dulden. China haben das volle Recht, Schiffe im Südchinesische Meer zu kontrollieren. "Für die Einhaltung der Gesetze auf See zu sorgen, steht jedem souveränen Staat als legitimes Recht zu", so Hong.

Die USA weichen ihrerseits vom Konfrontationskurs mit China nicht ab. Am 30. November hat der Senat in Washington mit großer Mehrheit für einen Antrag gestimmt, demzufolge die Senkaku-Inseln, über deren Besitz seit Monaten Peking und Tokio heftig streiten, dem militärischen Beistandsabkommen der USA für Japan unterliegen. Im Sicherheitabkommen selbst, das 1960 unterzeichnet wurde, ist das nicht so eindeutig geregelt. Konkret verpflichtet die Entscheidung des Senats in Washington die USA dazu, mit China einen Atomkrieg zu riskieren, sollten sich die Volksrepublik und Japan über fünf unbewohnte Miniinseln und drei Felsen, die zwischen Taiwan und Okinawa liegen, militärisch aneinander geraten. Man darf gespannt sein, wie sich im kommenden Jahr die konkurrierenden Ansprüche der beiden Ordnungsmächte China und USA im Südchinesischen Meer vertragen werden.

1. Dezember 2012