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ASIEN/922: Südchinesisches Meer - US-militärisches Drängen ... (SB)


Südchinesisches Meer - US-militärisches Drängen ...


Nicht damit zufrieden, zusammen mit Nationalem Sicherheitsberater John Bolton am 28. Februar in Hanoi die Friedensverhandlungen zwischen dem eigenen Präsidenten Donald Trump und dem nordkoreanischen Staatsratsvorsitzenden Kim Jong-un erfolgreich torpediert zu haben, flog Mike Pompeo gleich am nächsten Tag nach Manila, von wo aus der amtierende US-Außenminister unzweideutige Kriegsdrohungen an die Adresse der Volksrepublik China richtete. Das Säbelrasseln des ehemaligen CIA-Direktors hat die Regierung um Präsident Rodrigo Duterte derart in Schrecken versetzt, daß diese nun laut über eine Revidierung des militärischen Beistandsabkommens mit den USA aus dem Jahr 1951 nachdenkt, damit die Philippinen nicht in die Schußlinie zwischen den Streitkräften Pekings und Washingtons geraten.

Seit einigen Jahren baut im Südchinesischen Meer die chinesische Volksmarine eine Reihe kleiner Inseln und Riffe - über mehrere Nachbarländer, allen voran Vietnam und die Philippinen, die ebenfalls territorialen Anspruch erheben - zu militärischen Stützpunkten mit Raketenstellungen, Hafen- und Bunkeranlagen sowie Start- und Landebahnen aus. Mit Hilfe der USA haben die Philippinen vor einiger Zeit China deshalb vor dem Ständigen Schiedshof in den Haag verklagt und Anfang Juni 2016 Recht bekommen. Ende desselben Monats wurde Benigno Aquino als philippinischer Präsident von Rodrigo Duterte abgelöst. Der ehemalige Bürgermeister von Davoa-Stadt, der den USA weit kritischer als Aquino gegenübersteht, hat sich entschieden, den Insel-Streit mit China nicht zu forcieren, sondern zu Peking ein harmonisches Verhältnis anzustreben. Die Entscheidung hat sich gelohnt und zu einer Ankurbelung des bilateralen Handels sowie zu verstärkten chinesischen Investitionen in den Philippinen geführt.

In den USA, wo im November 2016 der New Yorker Baulöwe Donald Trump mit dem Versprechen, China in seine Schranken zu weisen und Amerika "wieder groß zu machen", zum Präsidenten gewählt wurde, ist man über den Schmusekurs Dutertes gegenüber der Volksrepublik überhaupt nicht glücklich. Ganz im Gegenteil. Folglich zeichnet sich die Entwicklung im Südchinesischen Meer in den letzten beiden Jahren durch verstärktes militärisches Auftreten der USA in Form von Überflügen strategischer Bombenflugzeuge, die auf der westpazifischen Insel Guam stationiert sind, sowie in Form sogenannter Freedom of Navigation Operations (FNO) aus. Damit sind provokative Fahrten amerikanischer Kriegsschiffe durch die Zwölf-Seemeilen-Zone um die eine oder andere chinesisch-besetzte Insel gemeint, um zu demonstrieren, daß Washington den territorialen Anspruch Pekings nicht anerkennt. Der Eindruck, den solche Maßnahmen erzeugen sollen, nämlich daß die USA damit die "freie Schiffahrt" durch das Südchinesische Meer durchsetzen oder verteidigen, ist grober Unfug. Kein Land ist mehr an einem ungehinderten Seehandel in der Region interessiert als China. Die Präsenz der US-Marine dort stellt die unausgesprochene Drohung der Verhängung einer Seeblockade zu Lasten der Volksrepublik dar.

Vor diesem Hintergrund liefert die Erklärung, die Mike Pompeo in Manila nach dem Treffen mit dem Amtskollegen Teodoro Locsin jun. abgegeben hat, schon Anlaß zur Sorge. Mit dem unmittelbaren Verweis auf das Abkommen von 1951 sagte Pompeo zum philippinischen Publikum: "Chinas Inselausbau und seine militärische Aktivitäten im Südchinesischen Meer bedrohen ihre Souveränität, Sicherheit und ihr wirtschaftliches Wohlergehen und somit auch die der Vereinigten Staaten. Da das Südchinesische Meer einen Teil des Pazifiks darstellt, wird jeder bewaffnete Angriff auf die Streitkräfte, Flugzeuge oder zivile Schiffe der Philippinen im Südchinesischen Meer die gegenseitigen Verteidigungsverpflichtungen nach Artikel IV unseres Beistandsvertrags aktivieren."

Pompeos brisante "Kriegsgarantie" - die Bezeichnung nutzte Patrick Buchanan, der ehemalige Präsidentenberater von Richard Nixon, Gerald Ford und Ronald Reagan, am 4. März in einem eigenen Kommentar bei Creators Syndicate - sorgt in den Philippinen für Kopfschütteln. Ebenfalls am 4. März hat Verteidigungsminister Delfin Lorenzana eine Überprüfung des Beistandspakts auf seine Tauglichkeit hinsichtlich der veränderten geopolitischen Rahmenbedingungen angeordnet. "Die Philippinen stehen mit niemandem in Konflikt und werden auch in der Zukunft keinen Krieg mit irgend jemanden führen", stellte er vor der Presse fest. Dutertes Verteidigungsminister hob den Umstand hervor, daß "sich die Vereinigten Staaten aufgrund zunehmender Fahrten ihrer Kriegsschiffe im westphilippinischen Meer [so die offizielle Bezeichnung Manilas für das Seegebiet - Anm. d. SB-Red.] eher in einen heißen Krieg verwickeln werden". Nur wegen eines 60 Jahre alten Vertrages wollten "die Philippinen nicht automatisch" in eine solche Auseinandersetzung hineingezogen werden, so Lorenzana.

Zur Unterstreichung der Ernsthaftigkeit der Kriegsdrohung Pompeos hat am 4. März das US-Militär auf Guam zwei Bombenflugzeuge vom Typ B-52H-Stratofortress, die sowohl eine konventionelle als auch eine atomare Sprengstoffladung transportieren können, jeweils einen Flug über das Ostschinesische sowie das Südchinesische Meer absolvieren lassen. Es waren die ersten solcher Flüge in der Region seit November 2018. Während das eine Flugzeug an einem Trainingsmanöver mit der japanischen Luftwaffe teilnahm, flog das andere die philippinische Westküste entlang, bevor es sich zurück zum Fliegerhort Andersen auf Guam begab.

6. März 2019


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