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HISTORIE/323: TWA-800-Absturz 1996 doch aufgrund eines Anschlags? (SB)


TWA-800-Absturz 1996 doch aufgrund eines Anschlags?

Neue Fernsehdokumentation wirft die Ursachenfrage wieder auf



In einer neuen Dokumentation, die im US-Fernsehen am kommenden Jahrestag des Absturzes einer Boeing-747-Maschine der Trans World Airlines (TWA) am 17. Juli 1996 - kurz nach dem Start vom New Yorker Flughafen JFK vor der Küste von Long Island - ausgestrahlt werden soll, wollen die Produzenten neue Beweise dafür präsentieren, daß es sich nicht, wie es offiziell heißt, um ein tragisches Verkehrsunglück, sondern um den bis dahin schwersten "Terroranschlag" in der Geschichte Amerikas gehandelt hat. Damals kamen alle 230 Insassen des TWA-800-Fluges von New York nach Paris ums Leben. Unter anderem werden in der Sendung ehemalige Mitarbeiter der ermittlungführenden Behörden schildern, wie sie damals bei der Suche nach der Ursache des gräßlichen Vorfalls von höheren Dienststellen bei ihrer Arbeit behindert wurden.

Nach vierjährigen Ermittlungen bei einem Kostenaufwand von rund 40 Millionen Dollar kamen die zuständigen Behörden, in erster Linie das Federal Bureau of Investigation (FBI) und die National Transportation Safety Board (NTSB), zu dem Schluß, daß eine Explosion aufgrund eines Kabeldefektes in der Nähe des zentralen, längs der Flügel verlaufenden Treibstofftanks aller Wahrscheinlichkeit nach die Unglücksursache gewesen war. Trotzdem glauben bis heute nicht wenige Menschen, vor allem im Raum New York, an den Abschuß der TWA 800 durch eine Boden-Luft-Rakete. Hierfür sprechen die Angaben von mehr als 600 Augenzeugen, die sich an jenem Sommerabend am Strand von Long Island oder in Booten davor aufhielten und denen ein ungewöhnliches Lichtphänomen kurz vor der riesigen Explosion der Boeing-Maschine aufgefallen war.

Dessen ungeachtet hat die Verkehrssicherheitsbehörde NTSB ausgiebige Laboruntersuchungen durchgeführt, welche die Entstehung eines explosiven Gasgemisches in den Treibstofftanks demonstrieren sollten. Die Tatsache, daß jene Tests den Beweis nicht erbrachten, wie ein Funke, angeblich ausgelöst durch das Durchschmoren eines Kabels, auf das immerhin in abgedichteten Treibstofftanks befindliche Gas beziehungsweise auf die dortige leichtentzündliche Flüssigkeit übergesprungen sein könnte, hat den Flugzeughersteller Boeing 1999 vor Gericht zu folgender Erklärung veranlaßt: "Daß das NTSB nach mehr als drei Jahren unermüdlichen Untersuchens die potentielle Zündquelle im Flugzeug immer noch nicht hat identifizieren können, legt den Schluß nahe, daß etwas von außen die Explosion verursacht hat. Bis man die Ursache des Absturzes eindeutig festgestellt hat, kann eine Zündursache - egal welcher Art - von außerhalb des Flugzeuges nicht ausgeschlossen werden."

Wenngleich die Autoren des im August 2000 veröffentlichten NTSB-Abschlußberichts einräumen mußten, daß weder der entscheidende Zündfunke noch der genaue Ort der Zündung "anhand des vorhandenen Beweismaterials ermittelt werden" konnte, hielten sie an der eigenen, ziemlich gewagten Erklärung des Unglücks fest. Um die aufwärtsschießende Leuchtspur, die nachweislich mehrere hundert Augenzeugen über der Küste Long Islands gesehen hatten, zu erklären, entwarfen die NTSB-Verantwortlichen ein Szenario, wonach es sich hier um die Flamme des aus dem nach oben geschleuderten Cockpit der TWA 800 ausströmenden, brennenden Flugbenzins gehandelt haben muß. Im Widerspruch hierzu stehen die Aussagen zahlreicher Augenzeugen, die besagte Leuchtspur vor der Explosion und damit vor dem Auseinanderbrechen des Jumbo-Jets, aber nicht mitten in der Luft beginnend, sondern von der Erd- beziehungsweise Wasseroberfläche aufsteigend, beobachtet haben.

Starken Gegenwind haben die Behörden bei ihrem Erklärungsversuch damals seitens einer Gruppe namens Flight 800 Independent Researchers Organization (FIRO) erfahren, die aus Luftfahrtexperten, Ingenieuren, Wissenschaftlern, pensionierten Absturzermittlern und Familienangehörigen der Opfer bestand. Die unabhängigen FIRO-Ermittler, die vom Raketenabschuß der TWA 800 überzeugt waren, haben dem NTSB-Abschlußbericht eine eigene Studie des Geschehens, die 20 Seiten lang ist und einen 70seitigen, detaillierten Anhang enthielt, entgegengehalten.

Die FIRO-Studie setzte sich kritisch mit jedem Aspekt der offiziellen Untersuchung, darunter die Augenzeugenberichte, die Auswertung des Stimmenrecorders des Cockpits, die Analyse der Radardaten des fraglichen Abends sowie die freigegebenen FBI-Berichte zum Flugzeugwrack, auseinander. Vergeblich hat die FIRO auf gerichtlichem Weg versucht, die Veröffentlichung eines Berichts des im US-Bundesstaat Massachusetts ansässigen Brookhaven National Laboratory, der vom FBI ursprünglich für geheim erklärt worden war und folglich im offiziellen NTSB-Bericht nicht berücksichtigt wurde, zu erzwingen.

Der "geheime" Brookhaven-Bericht enthält nach Angaben der FIRO das Ergebnis der Laboruntersuchungen von Wrackteilen, die "unbekannten Ursprungs" waren - das heißt, nicht aus der Boeing-Maschine kamen und somit wahrscheinlich einer Boden-Luft-Rakete entstammten. Laut FIRO ist der Abschlußbericht der NTSB wertlos, weil darin die Befunde der Brookhaven-Untersuchung keinen Eingang fanden und folglich die Auswertung der materiellen Beweismittel unvollständig geblieben ist. In einem, im US-Politmagazin Insight am 8. Juli 2002 erschienenen Interview hat sich FIRO-Vorsitzender Tom Stalcup dazu wie folgt geäußert:

Einer der interessantesten Aspekte des "geheimen" Berichtes besteht darin, daß es Ermittler gab, die sich schon damals beklagten, daß sie nicht genügend Informationen über das Wrack erhalten hatten, daß es wenig forensische Dokumentationen, geschweige denn eine Berücksichtigung der Frage eines Raketenzusammenpralls mit einer Großraummaschine gab. Darüber hinaus haben wir Informationen, die zeigen, daß in mehreren Leichen insgesamt 20 seltsame Schrotkugeln mit einem Durchmesser von 0,2 Zoll gefunden worden waren, welche der NTSB vorenthalten wurden, vom FBI jedoch analysiert wurden und bei denen festgestellt wurde, daß sie aus einer Aluminium-Titan-Legierung bestanden sowie andere Elemente wie Zirkonium, Barium und Zer enthielten.
Es handelt sich hier um pyrotechnisches Material oder Brandsätze. Die Legierungsstruktur der Objekte entspricht der von Kugeln, die bei Sprengköpfen von Flugabwehrraketen eingesetzt werden. Und in der Tat habe ich ein Zitat in der Zeitschrift National Defense gefunden, das sich auf Sprengköpfe bezog, und in dem es hieß, "Kugeln, eingebettet in eine Titan-Matrix", würden in Flugabwehrsprengköpfen verwendet werden. Bei der Analyse des "geheimen" Brookhaven-Berichts kommt man zu dem Ergebnis, daß die Herkunft der Kugeln "unbekannt" ist und daß eine der Kugeln wegen ihrer Unähnlichkeit mit den TWA-800-Trümmern zwecks Identifizierung weitergereicht wurde.

Am 31. März 2005 hat Richter Michael A. Posnor jedoch zugunsten des FBI entschieden und den Antrag der FIRO auf Veröffentlichung des Brookhaven-Berichtes über die fremden Metallsplitter, die man in insgesamt 89 Leichen der TWA-800-Insassen gefunden haben soll, abgewiesen.

In der neuen Dokumentation, die am 17. Juli im US-Fernsehen erscheint, werden unter anderem Hank Hughes und Jim Speer, die damals als leitende Absturzermittler der NTSB respektive der Airline Pilots Association (APA) arbeiteten, von Vertuschungsmaßnahmen berichten, die sie persönlich im Rahmen der TWA-800-Untersuchung erlebt haben. Erst jetzt, nachdem sie in Rente gegangen sind, können Hughes, Speer und andere Kollegen frei in der Öffentlichkeit darüber sprechen. Auf einer Pressekonferenz am 19. Juni zur bevorstehenden Fernsehausstrahlung zeichnete Ex-NTSB-Beamter Hughes ein trauriges Bild von der damaligen Zusammenarbeit mit der US-Bundespolizei: "Es gab einen Mangel an Koordination und die gezielte Vorenthaltung von Informationen. Wir hatten 755 Augenzeugen. Zu keinem Zeitpunkt hat das FBI die Informationen von den Augenzeugen [mit uns] geteilt." Ebenfalls auf der Pressekonferenz berichtete Speer, wie er die vom Meeresboden geborgenen Wrackteile untersuchte, in Überresten des rechten Flügels der TWA-Maschine Löcher entdeckte, die einen hochenergetischen, kinetischen Ursprung vermuten ließ, und sie deshalb ins Labor zwecks Untersuchung auf Sprengstoffspuren schickte. Als wenige Tage später die Testergebnisse zurückkamen, waren sie positiv. Daraufhin wurde Speer nach eigenen Angaben von zwei CIA-Agenten aus dem Flugzeughangar mit den TWA-800-Wrackteilen "gewaltsam entfernt". Seine Teilnahme an der Untersuchung war damit beendet.

21. Juni 2013