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LATEINAMERIKA/2154: Antisemitismus-Vorwurf gegen Chávez haltlos (SB)


Verleumdungskampagne ignoriert eindeutige Fakten und Stellungnahmen


Daß die Bundesregierung und die Mehrzahl der deutschen Medien Venezuela nicht zu zehn erfolgreichen Jahren bolivarischer Revolution beglückwünschen, sondern deren Errungenschaften totschweigen oder in Mißkredit bringen würden, war zu erwarten. Präsident Chávez und die venezolanische Führung ausgerechnet in diesen Tagen mit der Bezichtigung des Antisemitismus zu überziehen, wie dies nun auch die Konrad-Adenauer-Stiftung getan hat, kann man nur als durchsichtige Verleumdungskampagne zurückweisen.

"Eine moderne Kristallnacht", die an die "finstersten Tage, die zur Shoah geführt haben", erinnere, zitierte die israelische Tageszeitung Ha'aretz vom 2. Februar einen Sprecher der Anti-Defamation League. Diese völlig unangebrachte Vorwurfslage gegen die venezolanische Gesellschaft bezog sich auf den Überfall auf eine Synagoge in Caracas, bei dem eine Gruppe von 15 Angreifern am 30. Januar die beiden Wachleute überwältigte, religiöse Gegenstände und Bücher zerstörte sowie Hetzparolen an die Wände sprühte. Soweit bekannt, gab es glücklicherweise keine Verletzten und keinen Diebstahl wertvoller Güter.

Präsident Hugo Chávez verurteilte am 1. Februar umgehend und entschieden diesen Überfall. Man lehne Gewalt ab und bekämpfe sie, von wem auch immer sie ausgehe. Zugleich wies er die Vorwürfe privater Massenmedien zurück, die sofort die Regierung für den Anschlag verantwortlich gemacht hatten, ohne den geringsten Beweis für diese Behauptung vorlegen zu können. Bislang ist völlig ungeklärt, wer diesen Angriff mit welcher Absicht durchgeführt hat. Präsident Chávez kam denn auch auf einen naheliegenden Verdacht zu sprechen: "Wie jeder polizeiliche Ermittler müssen wir uns immer fragen: Wem nutzen diese gewaltsamen Ausschreitungen? Weder der Regierung noch dem Volk noch der Revolution nutzen sie. Sie wollen das Klima in Venezuela vergiften (...) Sie wollen, daß ein Schatten auf einen bevorstehenden Sieg des Volkes fällt, der bereits mit festem Datum im Kalender steht. Sie planen gewaltsame Ausschreitungen", sagte er mit Blick auf das bevorstehende Referendum am 15. Februar.

Wie schon die zeitliche Abfolge erkennen läßt, wurde die klare Stellungnahme von Präsident Chávez gezielt ignoriert und unterschlagen. Dabei hat der venezolanische Staatschef auch in der Vergangenheit stets deutlich gemacht, daß er nicht das jüdische Volk, sondern die israelische Regierung für eine Politik der Gewalt verantwortlich macht, die im Gazastreifen mehr als 1.300 Palästinenser das Leben gekostet hat. Bei einem Treffen mit dem Präsidenten des Jüdischen Weltkongresses, Ronald S. Lauder, und weiteren hochrangigen Vertretern der jüdischen Gemeinschaft verpflichtete sich Hugo Chávez im August letzten Jahres, gemeinsam mit Cristina Fernández de Kirchner und Luiz Inátio Lula da Silva jede Form von Antisemitismus und Diskriminierung in Lateinamerika zu bekämpfen. Der Schatzmeister des Jüdischen Weltkongresses, Eduardo Elsztain, zeigte sich nach dem Treffen in einem Interview überrascht, wie aufmerksam der Präsident allen vorgetragenen Sorgen gelauscht habe. Wäre seine Einstellung antisemitisch, hätte es sicher kein derart hochrangiges Treffen gegeben.

Nachdem Präsident Chávez den Angriff auf den Gazastreifen scharf verurteilt und den israelischen Botschafter des Landes verwiesen hatte, war mit einer Verleumdungskampagne zu rechnen, die sich des Vorwurfs bedient, es handle sich um eine Form von Antisemitismus. Wer unvoreingenommen und nüchtern die Fakten und Stellungnahmen prüft, kann diese Bezichtigung nicht teilen, die längst widerlegt worden ist.

5. Februar 2009