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MEDIEN/454: Ecuador hofft auf schnelle Lösung des Falls Assange (SB)


Ecuador hofft auf schnelle Lösung des Falls Assange

London und Quito gehen wieder aufeinander zu



Im internationalen Streit um den Wikileaks-Gründer Julian Assange, der sich nunmehr zehn Wochen in der Botschaft Ecuadors in London aufhält, reden die zerstrittenen Parteien wieder miteinander. Am Rande der Eröffnung der paralympischen Spiele in London kam es am 29. August zu einer Begegnung zwischen dem britischen Botschafter William Hague und dem ecuadorianischen Vizepräsidenten Lenin Moreno, bei der auch l'Affaire Assange zur Sprache kamen. Anschließend haben beide Seiten ihr gemeinsames Interesse an einer diplomatischen und für alle Beteiligten zufriedenstellende Lösung verkündet.

Wegen des Verdachtes der sexuellen Nötigung zweier Frauen 2010 in Schweden wollen die skandinavischen Behörden Assange befragen. Sie weigern sich dies in Großbritannien durchzuführen und verlangen statt dessen die Auslieferung des 41jährigen Australiers, gegen den ein europäischer Haftbefehl vorliegt. Hinter dem Ermittlungseifer der Schweden wird Druck seitens der Regierung Barack Obamas vermutet, die Assange wegen der Veröffentlichung größerer Mengen vertraulicher US-Regierungsdokumente an den Kragen will. In Verbindung mit der rechtlichen Verfolgung des 22jährigen Gefreiten Bradley Manning, der 2009 aus Frustration über den arroganten Umgang der US-Streitkräfte mit den Menschen im Irak umfangreiches Material aus dem Pentagon und dem State Department Wikileaks zur Verfügung stellte, ist bekannt geworden, daß in Alexandria, Virginia, eine Anklage gegen Assange vorbereitet wird. Im Falle einer Verurteilung droht ihm eine lebenslange Freiheitsstrafe, wenn nicht sogar die Todesstrafe.

Weil die Briten auf die Auslieferung nach Schweden beharren und die Regierung in Stockholm ihrerseits bislang nicht zusichern wollte, daß sie Assange nicht an die US-Behörden ausliefern werde, war der Wikileaks-Chef am 19. Juni in die Botschaft Ecuadors geflüchtet und hat dort Asyl beantragt. Nach fast zweimonatiger Prüfung der Sachlage gab die Regierung in Quito am 16. August dem Antrag statt. Unmittelbar zuvor hatte das Foreign Office in London in einer Depesche an die Regierung Ecuadors mit der Erstürmung der Botschaft gedroht. Mit der Andeutung, sich eventuell über Wiener-Abkommen bezüglich der Unantastbarkeit von ausländischen Diplomaten und Botschaften hinwegzusetzen, um Assange habhaft zu werden, setzte sich die konservativ-liberale Regierung von Premierminister David Cameron in der internationalen Öffentlichkeit recht negativ in Szene, weswegen sich Hague einige Tage später zu einer Entschuldigung veranlaßt sah.

Wenige Stunden nach der Begegnung Hagues und Morenos in London trat in Quito Außenminister Ricardo Patino vor die Presse und äußerte sich zuversichtlich, daß eine Lösung im Falle Assange gefunden werden könne. Nach Angaben Patinos könnten sich Großbritannien und Schweden doch noch dazu durchringen, eine Erklärung abzugeben, daß sie Assange nicht an die USA ausliefern werden. Sollte Quito entsprechende Zusagen in schriftlicher Form erhalten, werde Assange sofort die Reise nach Stockholm antreten, um die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zu klären, so Patino. Da darf man gespannt sein, was die heimliche Hauptakteurin in diesem ganzen Trauerspiel - US-Chefdiplomatin Hillary Clinton - zu einer solchen Lösung sagt.

1. September 2012