Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → REDAKTION

MILITÄR/867: Iran und Nordkorea werfen IAEA Parteilichkeit vor (SB)


Iran und Nordkorea werfen IAEA Parteilichkeit vor

Teheran und Pjöngjang verwahren sich gegen die Kritik Yukio Amanos



Im Januar 2002 erklärte der damalige US-Präsident George W. Bush, der Irak, der Iran und Nordkorea bildeten eine "Achse des Bösen". Laut Bush strebten alle drei "Schurkenstaaten" nach dem Besitz der Atombombe und müßten des Weltfriedens wegen daran gehindert werden. Im Frühjahr 2003 fielen die Streitkräfte der USA, Großbritanniens und Australiens in den Irak ein, angeblich um Saddam Husseins "Massenvernichtungswaffen" zu beschlagnahmen, bevor er sie dem Al-Kaida-"Netzwerk" Osama Bin Laden übergeben konnte. Recht schnell stellte sich jedoch heraus, daß nämliche Waffen lediglich in der blühenden Phantasie von Bush jun. und seinen neokonservativen Beratern existierten.

Trotz der propagandistischen Riesenblamage von damals werfen die USA dem Iran seitdem unablässig vor, unter dem Vorwand des zivilen Kernenergieprogramms heimlich Nuklearwaffen zu entwickeln. Rückendeckung erhält die US-Regierung hierbei von Yukio Amano, dem Chef der in Wien ansässigen Internationalen Atomenergieagentur (IAEA). Bei der Vorstellung seines Jahresberichts am 5. November vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York kritisierte der japanische Diplomat die angeblich mangelnde Zusammenarbeit Teherans mit der IAEA und erklärte, er könne nicht ausschließen, daß nicht irgendwo in der Islamischen Republik mit "nicht deklariertem Material nicht deklarierte Aktivitäten" stattfänden.

Angesichts der Tatsache, daß sich Irans zivile Atomanlagen samt Spaltmaterial unter Aufsicht der UN-Unterorganisation befinden, waren die Iraner über die Unterstellung Amanos, sie hintergingen ihn und seine Inspekteure, sehr verärgert. Mohammad Khazaee, Irans UN-Botschafter erklärte erneut, das Atomprogramm seines Landes diene "ausschließlich friedlichen Zwecken". Er rechtfertigte die Weigerung seiner Regierung, sich auf eine Diskussion über die Existenz einer militärischen Komponente des iranischen Atomprogramms einzulassen, mit dem Argument, Amanos "Hinweise" seien "nicht glaubwürdig", da sie auf "gefälschte Berichte" westlicher Geheimdienste, vornehmlich der USA und Israels, basierten.

Khazaee warf den offiziellen Atommächten Frankreich, Großbritannien und den USA vor, sie hätten durch ihre frühere "Hilfe und Unterstützung" beim Aufbau des israelischen Atomwaffenarsenals selbst illegale nukleare Verbreitung betrieben, und gab folgendes zu bedenken: "Die Anwendung einer diskriminierenden, selektiven, höchst restriktiven und politisch motivierten Herangehensweise in der nuklearen Zusammenarbeit ... hat den Eindruck entstehen lassen, daß ein Unterzeichnerstaat des Nicht-Verbreitungsvertrages zu sein kein Privileg ist, denn es behindert die nukleare Zusammenarbeit, statt sie zu ermöglichen."

Noch deutlicher fiel die Antwort von Ri Tong Il, dem stellvertretenden UN-Botschafter Nordkoreas, auf die Aufforderung Amanos aus, Pjöngjang sollte sich den Resolutionen des Sicherheitsrats beugen und "rasch und umfassend mit der IAEA zusammenarbeiten". 2003 war Nordkorea nach schweren Provokationen und Kriegsdrohungen seitens der Bush-Regierung unter Verweis auf sein Recht auf Selbstverteidigung aus dem Atomwaffensperrvertrag ausgetreten. Wegen der anhaltenden Feindschaft der USA und der Weigerung Washingtons, den Waffenstillstand, mit dem der Koreakrieg 1953 de facto zu Ende ging, in einen formellen Friedensvertrag zu verwandeln, hat Nordkorea 2006 und 2009 erste Atomtests durchgeführt.

Daran erinnernd, daß Nordkorea seit nunmehr neun Jahren kein Unterzeichnerstaat des Atomwaffensperrvertrags mehr sei, verwahrte sich Ri gegen die Ermahnungen Amanos in aller Förmlichkeit. Er warf dem IAEA-Chef vor, eine "Marionette" der USA zu sein. Ri erklärte, daß die sogenannten Sechser-Gespräche zwischen Vertretern von Nord- und Südkorea, China, Japan, Rußland und den USA totgelaufen seien, folglich herrsche auf der koreanischen Halbinsel eine "explosive Situation", in der ein Krieg jeder Zeit ausbrechen könne. Vor diesem Hintergrund verlangte Ri von der IAEA, Nordkorea genauso wie die anderen offiziellen Atommächte, deren Nuklearaktivitäten sie nicht kontrolliere, zu behandeln.

7. November 2012