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NAHOST/920: Die CIA soll Irans Atombombenprogramm sabotieren (SB)


Die CIA soll Irans Atombombenprogramm sabotieren

New York Times betätigt sich erneut als Sprachrohr Langleys


Für weltweite, mediale Aufmerksamkeit hat die New York Times am 11. Januar mit ihrem jüngsten Beitrag zum Streit um das iranische Atomprogramm, dem spektakulären Artikel "U.S. Rejected Aid for Israeli Raid on Iranian Nuclear Site", gesorgt. Exklusiv enthüllte David Sanger, der seit der Entlassung von Judith Miller, einst Vorzugsmultiplikatorin der Neocons für allerlei Gruselgeschichten zum "finsteren Nexus" zwischen "Terrorismus" und "Massenvernichtungswaffen", bei der New York Times für die Diffamierung sogenannter "Schurkenstaaten" zuständig zu sein scheint, Präsident George W. Bush habe letztes Jahr die Bitte des israelischen Premierministers Ehud Olmert um bunkerknackende Bomben und Überflugsrechte über den Irak, um die wichtigsten iranischen Atomanlagen angreifen zu können, abgeschlagen und damit eine gefährliche Zuspitzung der Konfrontation am Persischen Golf zwischen den USA und Israel auf der einen Seite und dem Iran auf der andern vermieden.

Statt den von Tel Aviv damals angestrebten Überraschungsangriff zu begünstigen, soll Bush den Israelis zugesichert haben, daß er bereits "eine neue verdeckte Operation" mit dem Ziel "autorisiert" habe, "die vermuteten Bemühungen des Irans um die Entwicklung von Atomwaffen zu sabotieren", so jedenfalls Sanger unter Berufung auf - wie immer - ungenannte amerikanische, europäische und israelische Regierungsbeamte sowie Inspekteure der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO). Nicht nur der Umstand anonymer Quellen, welcher eine Überprüfung der Angaben Sangers schwer bis unmöglich macht, läßt hinsichtlich dieser jüngsten Enthüllung der New York Times über das verborgene Geschehen im Atomstreit Teherans mit Washington und Tel Aviv größte Skepsis ratsam erscheinen. Bereits 2006 hat Sangers NYT-Kollege James Risen in dem Buch "State of War" von einer mißlungenen "Operation Merlin" berichtet, bei der sechs Jahre zuvor die CIA fälschlicherweise Pläne eines funktionierenden Zündmechanismus für eine Atombombe den Iranern hatte zukommen lassen.

Laut Risen hatte die CIA, um Teherans "Atomwaffenprogramm" zu torpedieren, ursprünglich vor, den Iranern Pläne eines funktionsunfähigen Zündmechanismus unterzujubeln, doch hätte der Überbringer, ein russischer Doppelagent, aus unerklärlichen Gründen seine Kunden in Teheran auf die fehlerhaften Stellen in den angeblich "gestohlenen" Blaupausen aufmerksam gemacht. Doch möglicherweise handelt es sich selbst bei dieser Version der Ereignisse um eine Finte. Vielleicht sollten die Iraner doch noch taugliche Pläne für eine solche Zündvorrichtung erhalten, die später von den IAEO-Inspekteuren gefunden würden und die damit den Vorwurf des heimlichen militärischen Charakters des laut Teheran ausschließlich zu zivilen Zwecken im Aufbau befindlichen Kernenergieprogramms der Islamischen Republik "belegt" hätten.

Seit Jahren versuchen die USA und Israel vergeblich, die Existenz des von ihnen angeblich vermuteten Atomwaffenprogramms des Irans zu beweisen. Doch die bisher vorgebrachten Hinweise darauf lassen sehr zu wünschen übrig. Aus Gründen der "nationalen Sicherheit" verweigern die Amerikanern den Iranern bis heute jeden Einblick in diejenigen verdächtigen Dateien, welche sich angeblich auf einem aus der Islamischen Republik herausgeschmuggelten Laptop eines iranischen Ingenieurs befinden und spätestens seit 2004 im Besitz der US-Geheimdienste sein sollen. Bei 18 Dokumenten auf dem Laptop soll es sich um technische Erörterungen der Iraner hinsichtlich der Funktionsweise eines Atomsprengkopfes handeln. Die Iraner bestreiten, jemals solche Dokumente besessen zu haben, während unabhängige Experten wie der US-Historiker Gareth Porter und der US-Atomexperte Gordon Prather vermuten, daß der sagenumwobene Laptop vom israelischen Auslandsgeheimdienst Mossad stammt.

In diesem Zusammenhang sei an den Fall der Schweizer Ingenieursfamilie Tinner - Vater Friedrich und die beiden Söhne Marco und Urs - erinnert, die im Verdacht steht, eine wichtige Rolle beim "Atomschmuggelring" des Pakistaners Dr. Abdul Qadeer Khan gespielt zu haben. Letztes Jahr sorgte der Fall Tinner für einen heftigen Skandal in der Schweiz, als dort bekannt wurde, daß Ende 2007 die eidgenössischen Behörden auf Drängen der Kollegen in den USA die relevantesten Akten - mehr als 30.000 Dokumentenseiten - durch den Reißwolf gejagt hatten. Zur Begründung der zwielichtigen und der Transparenz nicht gerade dienlichen Aktion führten die Verantwortlichen in Bern die "nationale Sicherheit" der USA ins Feld.

Zahlreiche Beobachter vermuten, daß die Tinners für die CIA als Doppelagenten gearbeitet haben und von Langley geschützt werden und daß der Prozeß gegen sie, der dieses Jahr stattfinden soll, deshalb von vornherein zum Scheitern verurteilt ist. Über Khans "Atomschmuggelring" wurden den Iranern bereits einmal Dokumente zugespielt - in jenem Fall ging es um das Gießen von Uran in Halbkugelform -, deren Besitz nach der Entdeckung durch die IAEO Teheran einige Schwierigkeiten an der diplomatischen Front bereitet hat. Vermutlich ist eher so etwas gemeint, wenn in der New York Times von der "Sabotage" des iranischen "Atomwaffenprogramms", für dessen Existenz die IAEO bis heute keinen einzigen stichhaltigen Beweis gefunden hat, die Rede ist.

14. Januar 2009