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NAHOST/1139: "Freunde Syriens" fordern Regimewechsel in Damaskus (SB)


"Freunde Syriens" fordern Regimewechsel in Damaskus

Bemühungen um eine Feuerpause sind zum Scheitern verurteilt



Zur Umsetzung des Sechs-Punkte-Friedensplans des UN-Sondergesandten und Ex-Generalsekretärs Kofi Annan hat die Regierung Syriens sich bereiterklärt, bis zum 10. April alle schwere Waffen aus den Städten des Landes abzuziehen, worauf innerhalb von 48 Stunden eine Feuerpause im Bürgerkrieg eintreten soll. Dies wurde am Abend des 2. April bekanntgegeben. In einer ersten öffentlichen Stellungnahme hat die UN-Botschafterin der USA, Susan Rice, mit Skepsis auf die Ankündigung aus Damaskus reagiert. Von der syrischen Regierung hätte man in letzter Zeit viele Versprechen erhalten, die dann doch nicht eingehalten wurden, beschwerte sich US-Präsident Barack Obamas Vertreterin bei den Vereinten Nationen. Die niedrigen Erwartungen Rices hinsichtlich der Chancen der Friedensmission Annans in Syrien haben einen simplen Grund. Der einzige "Frieden" in Syrien, der für Washington akzeptabel wäre, ist ein "Regimewechsel" in Damaskus. Folglich werden die Kämpfe dort solange weitergehen, bis dieses Ziel erreicht ist. Sollte es tatsächlich zu einer Feuerpause kommen, so werden die von der NATO und den sunnitisch-arabischen Diktaturen des Nahen Ostens unterstützten Rebellen sie zu torpedieren wissen, woraufhin die westlichen Medien dem "Regime" von Präsident Bashar Al Assad die alleinige Schuld in die Schuhe schieben werden.

Es fällt auf, daß die mantraartig wiederholte Forderung der sogenannten "internationalen Gemeinschaft" nach einem "Ende des Tötens" in Syrien stets nur an die Adresse der staatlichen Sicherheitskräfte und nicht an die sunnitisch-salafistischen Extremisten gerichtet wird, die mit schweren Bombenanschlägen in Damaskus am 23. Dezember und am 6. Januar 44 respektive 26 Menschen umgebracht und die nach Angaben von Human Rights Watch in den letzten Wochen und Monaten systematisch Regierungsanhänger, Soldaten und Polizisten gefoltert und ermordet haben. Folgerichtig haben die "Freunde Syriens" am 1. April auf ihrer zweiten Konferenz in Istanbul beschlossen, der syrischen Opposition, zu deren bewaffneten Arm zahlreiche Veteranen früherer Dschihade in Afghanistan, im Irak und in Libyen gehören, 276 Millionen Dollar an "humanitärer Hilfe" zukommen zu lassen.

Das meiste Geld stammt dabei aus Saudi-Arabien und den mit dem Wüstenstaat befreundeten Monarchien am Persischen Golf. Doch auch die USA sind mit mindestens 12,5 Millionen Dollar an der Subventionierung des Bürgerkriegs beteiligt. Die Gelder sollen an den oppositionellen Syrischen Nationalrat überwiesen werden, der nach der Deckung der eigenen Kosten den Angehörigen der Freien Syrischen Armee Gehälter bezahlen und sie mit "nicht-tödlichen Mitteln" wie Kommunikationsgeräten und Nachtsichtbrillen ausstatten soll. Während dessen läuft der illegale Transport von Waffen und Munition an die Assad-Gegner in Syrien auf Hochtouren, wie am 30. März Fayez Ghosn, der Verteidigungsminister des Nachbarlandes Libanon, resignierend feststellte.

Bei einer Pressekonferenz zum Abschluß des Treffens der "Freunde Syriens" hat Susan Rices Vorgesetzte und ideologische Weggefährtin Hillary Clinton die weitere Marschroute vorgegeben: "Die Stunde der Wahrheit ist gekommen. ... Die Welt wird nicht nachgeben, Assad muß weg". Die kategorische Aussage der ehemaligen First Lady und Senatorin des Bundesstaates New York läßt sich schwerlich mit dem Annan-Plan, wonach "Regime" und Opposition in Syrien in Frieden über die Schaffung einer neuen "demokratischen" Ordnung verhandeln sollen, vereinbaren. Nicht umsonst hat Rußlands Präsident Dmitri Medwedew letzte Woche gewarnt, daß das Festhalten an der Forderung nach einem "Regimewechsel" in Damaskus Syrien nicht zur Ruhe kommen lassen werde. Schließlich unterstützt ein großer Teil, eventuell sogar die Mehrheit der Bürger Syriens die Reform-Bemühungen Assads und befürchtet ein blutiges Gemetzel, sollte es der sunnitischen Moslembruderschaft gelingen, das säkulare System zu stürzen. Auf einer Pressekonferenz am 1.‍ ‍April in Bagdad hat Iraks Premierminister Nuri Al Maliki die Nicht-Entsendung von Diplomaten seines Landes zur Konferenz der "Freunde Syriens" gerechtfertigt und Saudi-Arabien und Katar wegen der Bewaffnung der syrischen Rebellen heftig kritisiert. Der Versuch, in Syrien "das Regime mit Gewalt zu stürzen" werde zu "einer schweren Krise in der ganzen Region führen", prognostizierte Al Maliki.

3.‍ ‍April 2012