Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → REDAKTION

NAHOST/1223: Syrische Rebellen massakrieren unbewaffnete Soldaten (SB)


Syrische Rebellen massakrieren unbewaffnete Soldaten

Syrischer Bürgerkrieg greift immer mehr auf die Nachbarländer über



Vor kurzem hat Nuri al Maliki den Westen davor gewarnt, daß der Bürgerkrieg in Syrien, der inzwischen zwei Jahre andauert und bisher Zehntausende Menschenleben gefordert hat, auf die Nachbarländer Libanon, Irak und Jordanien überspringen und die gesamte Nahost-Region ins Chaos stürzen könnte. Am 27. Februar und damit am Vorabend des Treffens der "Gruppe der Freunde Syriens" in Rom, bei dem der neue US-Außenminister John Kerry mit seinem Amtskollegen aus der NATO und den mehrheitlich sunnitischen arabischen Golfstaaten - allen voran Katar und Saudi-Arabien - über weitere Hilfestellungen für die Rebellen beraten wollte, gab der schiitische Premierminister des Iraks in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Associated Press folgendes über Syrien zu bedenken:

Einigt sich die Welt nicht darauf, eine friedliche Lösung durch Dialog zu unterstützen ... dann sehe ich kein Licht am Ende des Tunnels. Weder die Regierung noch die Opposition kann die andere Seite endgültig besiegen. Das Gefährlichste in diesem Prozeß wäre ein Sieg der Opposition. Dann käme es zum Bürgerkrieg im Libanon, zu Spaltungen in Jordanien und zum Konfessionskrieg im Irak.

Erwartungsgemäß sind die Warnungen Al Malikis im Westen auf taube Ohren gestoßen. Statt sie sich zu Herzen zu nehmen, hat Kerry bei seiner Europareise die jüngste Initiative Rußlands, Syriens Opposition und Regierung doch noch an den Verhandlungstisch zu bringen, als sinnlos abgetan und bei dem Treffen in Rom angekündigt, die USA würden den syrischen Rebellen künftig "nicht-tödliche" Hilfsmittel in Wert von 60 Millionen Dollar zur Verfügung stellen. Die Ankündigung des Nachfolgers von Hillary Clinton hat innerhalb der NATO eine Debatte ausgelöst, ob man von einer bisher indirekten zu einer direkten Waffenhilfe für Assads Gegner übergehen sollte. Zur Begründung eines solchen Schrittes führte der britische Außenminister William Hague bei einem Auftritt im BBC-Fernsehen am 3. März an, durch direkte Rüstungshilfe könnten die westlichen Großmächte erstens das Gewaltinferno in Syrien, das sie seit zwei Jahre anfachen, schneller beenden und Menschenleben retten, und zweitens die gemäßigten Kräfte unter den Rebellen stärken und so eine Übernahme der Macht in Damaskus durch radikalsunnitische Gruppen verhindern.

Die Unverfrorenheit des konservativen Engländers Hague hat zweifelsohne etwas Beeindruckendes an sich. Bereits am 25. Februar, an dem Tag, als Hague Kerry zu seinem ersten Auslandsbesuch als US-Chefdiplomat in London empfing, meldete die New York Times, seit Ende letzten Jahres würden die syrischen Rebellen mit größeren Mengen schwerer Waffen aus dem NATO-Staat Kroatien beliefert werden, die mit Hilfe der Saudis über Jordanien in das Kriegsgebiet gelangten. Am 1. März berichtete die NYT unter Verweis auf Quellen im State Department, daß die CIA bereits seit 2012 im Rahmen eines "verdeckten Programms" syrische Rebellen in Jordanien militärisch schult. Am 3. März enthüllte die französische Zeitung Le Figaro in ihrer Onlineausgabe unter Bezugnahme auf einen Informanten in der französischen Armee, daß amerikanische, britische und französische Spezialstreitkräfte die syrischen Aufständischen in dem nördlich von Amman gelegenen King Abdullah II. Special Operation Training Center (KATSOC) ausbilden.

Jordaniens König Abdullah ist Absolvent der renommierten Royal Military Academy Sandhurst in England und bekanntlich ein glühender Verfechter der modernen Kriegsführung unter Einsatz von Spezialstreitkräften. Das nach ihm benannte und von ihm 2009 feierlich eröffnete Ausbildungszentrum KATSOC rühmt sich, "The International Counter-Terrorism Training Center of Excellence" zu sein. Ob dort nur die "Terrorbekämpfung" gelehrt wird? Daran könnte man seine Zweifel haben angesichts der zahlreichen Terroranschläge, welche die syrischen Rebellen im Verlauf ihres Aufstands verübt haben.

Allein am 21. Februar explodierten in der syrischen Hauptstadt drei Autobomben und rissen 83 Menschen, zumeist Zivilisten, in den Tod. Mehr als 200 Menschen wurden dabei verletzt. Als am darauffolgenden Tag Rußland im UN-Sicherheitsrat eine Resolution zur Verurteilung der "Terroranschläge" in Damaskus einbrachte, blockierten die USA mit ihrem Veto die Verabschiedung. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß Washingtons Weigerung, in Syrien den islamistischen "Terrorismus", den man sonst als Ausdruck rückständigster Barbarei in Afghanistan, Somalia, Jemen, Mali et cetera bekämpft, beim Namen zu nennen, damit zusammenhängt, daß hier die Handlanger der USA, Frankreichs und Großbritanniens am Werk sind.

Für die Richtigkeit der These Malikis, daß der Bürgerkrieg in Syrien auf die Nachbarländer überschwappen könnte, spricht der spektakuläre Vorfall, der sich am 4. März im Westen der mehrheitlich von Sunniten bewohnten irakischen Provinz Anbar nahe der syrischen Grenze ereignete. Dort wurden 48 unbewaffnete syrische Soldaten, die am Wochenende vor Kämpfen mit Rebellen ins Nachbarland geflüchtet waren und unter dem Schutz einer irakischen Militäreskorte nach Syrien zurückkehren sollten, überfallen und getötet. Im Kugelhagel starben auch neun Angehörige der irakischen Armee, die die zum Teil verletzten syrischen Soldaten begleiteten. Bisher hat sich niemand zu dem Überfall bekannt. Solche Operationen aus dem Hinterhalt zu führen, gehört zu den bevorzugten Methoden der Spezialstreitkräfte, was natürlich den Verdacht aufkommen läßt, daß hier die Schüler des jordanischen KATSOC ihre Finger im Spiel gehabt haben könnten.

5. März 2013