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NAHOST/1361: Huthi-Rebellen lösen Parlament im Jemen auf (SB)


Huthi-Rebellen lösen Parlament im Jemen auf

Übergangsregierung soll Neuwahlen bis 2017 organisieren


Im Jemen spitzt sich die innenpolitische Krise weiter zu. Am 6. Februar haben schiitische Huthi-Rebellen, die im vergangenen September die Hauptstadt Sanaa erobert und im Januar Präsident Abd Rabbuh Mansur Hadi unter Hausarrest gestellt hatten, das Parlament für aufgelöst erklärt. Dem Schritt waren tagelange Streitereien unter den politischen Parteien vorausgegangen. Während die Huthi-Vertreter Präsident Hadis Rücktritt vom 22. Januar nicht annehmen wollten, forderten Abgeordnete der anderen Fraktionen die Einsetzung des Parlamentspräsidenten als Interimsstaatsoberhaupt. Am 4. Februar war die Frist, welche die Huthis den im Parlament vertretenen Parteien zur Bildung einer neuen Übergangsregierung gesetzt hatten, ohne Ergebnis verstrichen.

Mittels einer Fersehansprache aus dem Präsidentenpalast hat die Huthi-Führung die Auflösung des Parlaments bekanntgegeben. An dessen Stelle soll eine 551 Mitglieder starke Übergangsversammlung treten, deren Zusammensetzung vom Revolutionsrat der Huthi-Bewegung bestimmt werden soll. Die Versammlung soll dann eine fünfköpfige Interimsregierung benennen, die den Jemen für die nächsten beiden Jahre verwaltet und dabei Parlaments- und Präsidentenwahlen vorbereitet. Inwieweit die anderen Gruppierungen zur Teilnahme an einem solchen Prozeß bereit sind, ist unklar. Auch wenn am selben Abend einige hundert Demonstranten in Taiz, der nach Sanaa und Aden drittgrößten Stadt des Landes, gegen den Putsch der Huthis auf die Straße gingen, ließ sich nicht übersehen, daß bei der Pressekonferenz im Präsidentenpalast der bisherige Innen- und der bisherige Verteidigungsminister zugegen waren.

Vertreter sowohl der Gemeinsamen Front und als auch der Islah-Partei von Ex-Präsident Ali Abdullah Saleh, der die Rebellen bei ihrem Vormarsch heimlich unterstützt haben soll, erklärten, sie wollten erst in Ruhe den Plan der Huthi durchlesen, bevor sie sich dazu äußerten. In einer Meldung der Nachrichtenagentur Reuters kritisierte Nasser Al Noubah, der zur Führung der Separatistenbewegung Al Hirak gehört, welche die Neugründung Südjemens und eine Rücknahme der Wiedervereinigung mit Nordjemen im Jahre 1990 propagiert, die neue Entwicklung scharf. "Das, was die Huthis gemacht haben, ist politischer Selbstmord und auch ein Putsch, der das Land ins Ungewisse stürzt", sagte er.

Gegenüber der Washington Post verteidigte Mohammed Albukhaiti, Mitglied des Revolutionsrats, die Auflösung des Parlaments unter Hinweis auf nicht näher genannte Kräfte, die den Jemen "ins Chaos" stürzen wollten. (Es dürfte hier nicht allein, aber vor allem Al Kaida auf der Arabischen Halbinsel, auch AQAP genannt, gemeint gewesen sein). Albukhaiti zufolge mußten die Huthis so handeln, um den Jemen vor Schlimmerem zu bewahren. An die Adresse der USA und Saudi-Arabiens gerichtet, erklärte er, die von den Huthis getroffenen Entscheidungen stellten einen Akt der Souveränität dar und sendeten "eine klare Botschaft an die internationale Gemeinschaft, sich nicht in die inneren Angelegenheiten des Jemens einzumischen".

Bei der Regierung Barack Obamas nahm man die Nachricht von der Auflösung des Parlaments in Sanaa nach außen hin mit Gelassenheit auf. Für Washington sei Präsident Hadi weiterhin der legitime Präsident seines Landes, während in Sachen Terrorbekämpfung - Stichwort CIA-Drohnenangriffe auf AQAP-Ziele - die USA weiterhin mit den jemenitischen Sicherheitskräften zusammenarbeiteten, erklärte Außenamtssprecherin Marie Harf.

Für die republikanische Opposition dagegen, die nach ihrem Erfolg bei den Zwischenwahlen im vergangenen November seit Januar die Mehrheit im Senat und Repräsentantenhaus innehat, ist die politische Krise in Sanaa ganz klar auf die Nachgiebigkeit und Untentschlossenheit des Demokraten Obama zurückzuführen. In einer hysterischen Stellungnahme erklärte der kalifornische Kongreßabgeordnete Edward Royce, Vorsitzender des außenpolitischen Ausschusses im Repräsentantenhaus, die Machtübernahme der Huthis im Jemen stelle "einen schweren Angriff auf unsere nationale Sicherheit" dar und sei das Ergebnis der "zunehmend destruktiven Rolle" des Irans im Nahen Osten. Royce forderte die Obama-Regierung dazu auf, mehr zu unternehmen, damit Teheran seinen Einfluß am Horn von Afrika nicht noch weiter ausbauen und Al Kaida nicht nach Belieben schalten und walten könne. Leider dürfte die Situation im Jemen den Widerstand der US-Republikaner gegen die Bemühungen des Weißen Hauses, den Atomstreit mit dem Iran auf diplomatischen Weg beizulegen, verstärken.

7. Februar 2015


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