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NAHOST/1591: Jemen - der Huthis zäher Widerstand ... (SB)


Jemen - der Huthis zäher Widerstand ...


Der Krieg im Jemen, von der breiten Öffentlichkeit weit weniger wahrgenommen als der Konflikt in Syrien, tobt nach wie vor auf hohem Niveau. Seit März 2015 versucht eine hauptsächlich von Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) geführte Militärallianz, den von schiitischen Huthi-Rebellen gestürzten Interimspräsidenten Abd Rabbu Mansur Hadi wieder an die Macht zu hieven - vergeblich. Zur Begründung der ausländischen Intervention hieß es, die Huthis seien mit dem Iran im Bunde, was jedoch bis heute nicht erwiesen ist. Was als beeindruckende Machtdemonstration des neuen saudischen Königs Salman und dessen ehrgeizigen designierten Thronfolgers, Kronprinz Mohammed, geplant war, hat sich zur Blamage entwickelt, deren Kosten, sowohl finanziell auch auch diplomatisch, für Saudi-Arabien auf Dauer nicht zu schultern sind.

Eifrig versucht der neue UN-Sondergesandte für den Jemen, Martin Griffiths, zwischen den Kriegsparteien zu vermitteln und eine Friedenslösung auszuhandeln. Der britische Diplomat hat leider den großen Nachteil, daß seine Staatsbürgerschaft ihn in den Augen der Huthis nicht gerade als unparteiischen Vermittler erscheinen läßt. London und Riad sind seit jeher enge Verbündete. Großbritannien ist nach den USA der zweitwichtigste Rüstungslieferant der saudischen Streitkräfte. Britische Verbindungsoffiziere, die in Saudi-Arabien stationiert sind, nehmen sogar an der Planung der Einsätze der saudischen Luftwaffe im Jemen aktiv teil.

Auch unter den Kriegsparteien ist die Lage in den vergangenen drei Jahren noch komplizierter als zu Anfang des Konflikts geworden. Hadi, der über keine nennenswerte Machtbasis im Jemen verfügt und nur noch wegen seines Amtes für die Saudis und Emirater von Nutzen ist, befindet sich in Riad quasi unter Hausarrest. Im Süden des Jemens, den die ausländischen Interventionisten 2015 rasch "befreien" konnten, haben sich die Emirater unbeliebt gemacht. Sie werden verdächtigt, sowohl geheime Foltergefängnisse zu betreiben als auch hinter der Mordserie an Dutzenden von Imamen der Islah-Partei, des jemenitischen Ablegers der Moslembruderschaft, zu stecken. Es steht der Verdacht im Raum, Abu Dhabi wolle die Einheit des Jemens zerschlagen und den südlichen Teil des Landes einschließlich der Hafenstadt Aden in einen Vasallenstaat verwandeln, um von dort aus die Kontrolle über die strategisch wichtige Region am Horn von Afrika zu übernehmen.

Weil die blutigen Kämpfe in der Mitte des Jemens stocken, versuchen die Saudis und Emirater nun verstärkt von Mokka aus die Westküste am Roten Meer zu erobern und die Huthis aus Hodeida vertreiben. Diese Hafenstadt bildet die wichtigste Verbindung des Nordjemens zur Außenwelt. Über sie kann der Norden des Jemens noch halbwegs mit Lebensmitteln und Medikamenten versorgt werden. Rund 100 Kilometer südlich von Hodeida stoßen aktuell die beiden verfeindeten Armeen aufeinander. Während bei den Interventionisten hochbezahlte Offiziere aus Saudi-Arabien und den VAE die Befehle erteilen, sind es arme, junge Südjemeniten und einfache Soldaten aus dem Sudan, die an der Front kämpfen und ihr Leben riskieren.

Unterstützung erhalten Riad und Abu Dhabi inzwischen von Tarek Saleh, dem früheren Chef der präsidialen Garde des Jemens. Dessen Onkel Ali Abdullah Saleh war lange Zeit bis 2012 Präsident des Jemens. Beim Machtkampf zwischen Hadi und den Huthis hat er - zusammen mit seinem mächtigen Klan - zunächst für letztere Partei ergriffen. Im Dezember 2017 kam es jedoch zum Bruch, als sich Saleh öffentlich für Friedensverhandlungen aussprach. Beim Versuch, die Hauptstadt Sanaa zu verlassen und sich nach Saudi-Arabien abzusetzen, wurde er bei einer Schießerei an einer Straßenkontrolle der Huthis tödlich verletzt. Zunächst hieß es, bei dem Vorfall sei auch Tarek Saleh ums Leben gekommen. Im Januar tauchte dieser jedoch im Süden des Jemens auf und erklärte sich zum Huthi-Gegner.

Inzwischen haben die Emirater in der Nähe von Mokka für Tarek Saleh einen eigenen Stützpunkt eingerichtet. Dort haben sich mehr als tausend ehemalige Elitesoldaten der Präsidialgarde eingefunden, die bereits an der Offensive in Richtung Hodeida teilnehmen. Die Huthis geben sich aber bei weitem nicht geschlagen. In den vergangenen Wochen haben sie eine Reihe von Raketen auf Ziele in Saudi-Arabien abgefeuert und sogar eine Raffinerie von Saudi Aramco in der südsaudischen Provinz Nadschran mittels einer mit Sprengstoff bestückten Drohne angegriffen. Bei einem Überfall am 6. April in der nördlichen Provinz Haddscha töteten die Huthis mehrere Dutzend sudanesische Soldaten. Berichten zufolge will die Regierung Donald Trump, daß eine von Riad geführte Koalition eine "arabische Truppe" in den Nordosten Syriens entsendet, um die rund 2000 dort stationierten US-Soldaten zu ersetzen. Offenbar beabsichtigen die Urheber dieser Schnapsidee - allen voran Trumps neuer Nationaler Sicherheitsberater John Bolton - das Chaos in Syrien zu verschärfen.

21. April 2018


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