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USA/1371: Präsidentenwahl 2016 - Clinton gegen Rubio? (SB)


Präsidentenwahl 2016 - Clinton gegen Rubio?

Wie lange noch kann Donald Trump den Joker spielen?


Bis zur Präsidentenwahl am 8. November 2016 ist es nur noch ein Jahr. Am 1. und am 9. Februar finden in Iowa respektive New Hampshire sowohl bei den Demokraten als auch den Republikanern die ersten Vorwahlen statt. Angesichts des bisherigen Verlaufs des Wahlkampfes sieht alles danach aus, als werden Amerikas Wähler beim Urnengang in zwölf Monaten vor der Wahl zwischen der Demokratin Hillary Clinton und dem Republikaner Marc Rubio stehen. Es stellt sich lediglich die Frage, wie lange der New Yorker Baumagnat Donald Trump durchhält und ob er Rubio die Nominierung zum Kandidaten der republikanischen Partei ernsthaft streitig machen kann.

Die Kandidatur Hillary Clintons steht im Grunde seit sieben Jahren fest. 2008 hat lediglich die Kampagne des politischen Ausnahmetalents Barack Obama sie daran gehindert, erste Präsidentin der Vereinigten Staaten von Amerika zu werden. Um das Ziel doch noch zu verwirklichen, hat die ehemalige First Lady, die von 2001 bis 2009 Senatorin für den Bundesstaat New York gewesen ist, während der ersten Amtszeit Obamas diesem als Außenministerin gedient und ihre politische Handlungsfähigkeit auf höchster Ebene unter Beweis gestellt. 2013 trat sie aus der aktiven Politik zurück, um sich nach eigenen Angaben darüber klar zu werden, ob sie wieder die Strapazen einer erneuten Präsidentschaftskampagne auf sich nehmen wolle. Die Bedenkzeit der 1947 geborene Politikerin war aber mehr Schein als Sein. Die Gattin von Bill Clinton gilt als besonders ehrgeizig und patent dazu. Ohne ihre Durchsetzungsfähigkeit wäre vermutlich der gute Bill niemals Präsident geworden und hätte die ganzen Skandale seiner acht Jahre im Weißen Haus politisch nicht überstanden. Folglich war es für Beobachter wirklich keine Überraschung, als die einstige Anwältin aus Chicago im April dieses Jahres ihren Hut offiziell in den Ring warf.

Nach einer positiven Anfangsphase, in der Hillary, begleitet von einem größeren Medientroß, mit dem Wohnwagen im Lande herumreiste, sich mit einfachen Bürgern traf und sich über deren Sorgen und Nöte informierte, geriet die Kampagne der vermeintlich aussichtsreichsten Kandidatin in eine schwere Krise. Ursache waren Ermittlungen des FBI im Juli wegen des Verdachts, Hillary hätte während ihrer Zeit als Außenministerin durch die Nutzung eines privaten E-Mail-Kontos, das über einen Server in ihrer New Yorker Familienresidenz in New York lief, gegen diverse Gesetze und Richtlinien verstoßen, die dem Schutz staatlicher Geheimnisse dienen.

Im Oktober hat sich aber die E-Mail-Kontroverse weitestgehend gelegt. Erstens hat Präsident Obama seine Parteikollegin in aller Öffentlichkeit vor dem Vorwurf des unzulässigen und illegalen Umgangs mit vertraulichem Material in Schutz genommen; zweitens ist die Anhörung am 22. Oktober des von den Republikanern ins Leben gerufenen Sonderausschusses des Repräsentantenhauses zum Überfall auf das US-Konsulat im libyschen Benghazi im September 2012 für Clintons Gegner nach hinten losgegangen. Während der elfstündigen Marathon-Sitzung hat Hillary sämtliche Vorwürfe einer Mitschuld am Tod von US-Botschafter Christopher Stephens und drei seiner Mitarbeiter von sich abprallen lassen und sich rhetorisch sowie im Umgang mit den Fakten der republikanischen Opposition als haushoch überlegen gezeigt.

Seitdem steigen die Umfragewerte Clintons wieder, während die ihres Hauptkontrahenten Bernie Sanders sinken. Der unabhängige Sozialist aus Vermont hat sich ohnehin in den letzten Wochen durch den Eintritt für einen Prozeß gegen den NSA-Whistleblower Edward Snowden und die Unterstützung für Obamas Drohnenkrieg gegen mutmaßliche "Terroristen" in den Augen vieler Linker in den USA als echter Alternativkandidat diskreditiert. Es dauert wahrscheinlich nur noch wenige Monate, bis Sanders die Segel streicht und seine Anhänger dazu aufruft, sich hinter Hillary zu scharen, um einen Wahlsieg der "bösen" Republikaner zu verhindern.

Bei der Grand Ol' Party (GOP) sah es zunächst so aus, als würde Jeb Bush, Sohn von George Bush sen. und Bruder von George W., einfach durchmarschieren und sich nach erfolgreichen Vorwahlen beim Nationalkonvent Ende Juli 2016 in Cleveland, Ohio, zum republikanischen Präsidentschaftskandidaten küren lassen. Doch der ehemalige Gouverneur von Florida hat die in ihn gesteckten Erwartungen nicht erfüllt und sich als zaudernder Wahlkämpfer erwiesen. Seine Unfähigkeit, auf die obligatorische Frage, ob er die von seinem Bruder 2003 angeordnete Irak-Invasion gutheiße oder nicht, eine eindeutige Antwort zu geben, hat Zweifel an seiner Eignung für das höchste Amt im Staate aufkommen lassen. Jebs Weigerung, sich von James Baker, dem einstigen Außenminister seines Vaters, wegen dessen Kritik an Israel zu distanzieren, hat ihn die Unterstützung von Sheldon Adelson gekostet, denn der schwerreiche Casino-Betreiber ist nicht nur der größte Mäzen bei den Republikanern, sondern auch Erzzionist und politischer Gesinnungsgenosse von Benjamin Netanjahu.

Von allen anderen 14 republikanischen Präsidentschaftsbewerbern hat die Teilnahme Trumps am laufenden Wahlkampf Jeb Bush am meisten geschadet. Als Jeb vor kurzem behauptete, im Vergleich zu Obama habe immerhin sein Bruder als Präsident das amerikanische Volk geschützt, wagte es Trump, auf die 3.000 Opfer der Flugzeuganschläge vom 11. September 2001 und die vielen Warnungen, welche die Bush-Regierung im Vorfeld des schwersten "Terroranschlags" der Geschichte ignorierte, hinzuweisen. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit macht sich Trump über Jeb Bush lustig. Dessen hilflos wirkende Versuche, die Sprüche des New Yorker Prahlhans zu kontern, tragen zur eigenen Demontage bei. Kein Wunder, daß in der US-Presse bereits Gerüchte über Finanzlücken bei der Bush-Kampagne auftauchen.

Profitiert vom Kleinkrieg zwischen Trump und Bush hat vor allem Marc Rubio, der junge aufstrebende Senator aus Florida. Der Sohn kubanischer Einwanderer hat sich mit Kalter-Krieg-Rhetorik, insbesondere mit Kritik an Wladimir Putin und Rußlands Militärintervention in Syrien, zum Liebling der einflußreichen Neokonservativen gemacht. Die Meldung der New York Times vom 31. Oktober, wonach sich der Milliardär und Wall-Street-Jongleur Paul Singer - wie Adelson ebenfalls ein Oberzionist - für Rubio als Wunschkandidaten entschieden habe und diesem reichlich Spenden zukommen lassen wolle, wird bereits von politischen Beobachtern als Vorentscheidung auf die republikanische Nominierung und als Anfang vom Ende der Kampagne Jeb Bushs gehandelt.

Doch um gegen Hillary Clinton in November antreten zu dürfen, muß Rubio bis Juli kommenden Jahres Trump in seine Schranken weisen. Bedenkt man die Schlagfertigkeit des Populisten Trump, ist das keine leichte Aufgabe. Trump, der als Moderator der Reality-Sendung "The Apprentice" große Medienerfahrung vorweisen kann, hat in den letzten Monaten vor allem durch seine Ablehnung des Outsourcing amerikanischer Arbeitsplätze in Billig-Lohn-Länder und seinem Nein zu überflüssigen Militärabenteuern in Übersee beim Durchschnittsamerikaner punkten können. Mit dieser Position läuft Trump jedoch den Interessen des Finanzsektors und des militärisch-industriellen Komplexes der USA diametral entgegen. Von daher überrascht es wenig, daß dieselben Medien, welche die Kandidatur Trumps anfangs als "frischen Wind" im Politbetrieb feierten, den Joker zunehmend überflüssig finden. Bis Juli dürften sie den aktuellen Favoriten der weißen Unter- und Mittelschicht aufgrund irgendeines politisch inkorrekten Lapsus abserviert haben.

3. November 2015


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