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USA/1381: Konzernmedien leisten Hillary Clinton Wahlkampfhilfe (SB)


Konzernmedien leisten Hillary Clinton Wahlkampfhilfe

Kritik an Associated Press wegen parteilicher Aussage zu den Vorwahlen


Während bei den Republikanern der Politneuling Donald Trump als offizieller Kandidat der Grand Ol' Party (GOP) für die Präsidentenwahl im November inzwischen feststeht, kämpfen bei den Demokraten Hillary Clinton und Bernie Sanders weiterhin um die Nominierung. Nach Anzahl der gewonnenen Delegiertenstimmen bei den bisherigen Vorwahlen liegt die ehemalige US-Außenministerin vor dem Senator aus Vermont. Große Bedeutung wird deshalb dem Ausgang der Vorwahlen beigemessen, die am heutigen 7. Juni in sieben Bundesstaaten, darunter auch im bevölkerungsreichen Kalifornien, stattfinden. Sollte Clinton in Kalifornien verlieren, worauf die jüngsten Umfragen hindeuten, wäre das für ihren Wahlkampf eventuell ein vernichtender Rückschlag. Deshalb hat die Bekanntmachung der Nachrichtenagentur Associated Press vom Abend des 6. Juni, Clinton habe bereits die Anzahl der nötigen Delegiertenstimmen erreicht, so daß ihr die Nominierung zur Präsidentschaftskandidatin der Demokraten auf deren Parteitag Ende Juli nicht mehr zu nehmen sei, eine Kontroverse ausgelöst. Sanders-Anhänger, Trump und führende Republikaner werfen den großen Medien, die allesamt die umstrittene AP-Aussage als unumstößliches Faktum wiedergeben, vor, auf unzulässige Weise der Gattin Bill Clintons Wahlkampfhilfe zu leisten.

Bei den ersten Vorwahlen im Februar und März hatte Clinton, auf deren Seite die Wall-Street-Banken sowie die großen Gewerkschaften stehen, einen deutlichen Vorsprung erzielt, den Sanders jedoch im April und Mai mit zahlreichen Siegen zum guten Teil, aber nicht gänzlich wettmachen konnte. Angesichts der begeisterten Menschenmengen, die zu den Veranstaltungen von Sanders strömen, der eher hölzernen Auftritte Clintons sowie der FBI-Ermittlungen um die Email-Praxis der einstigen Chefdiplomatin Barack Obamas ist deren Wahlkampf in den letzten Wochen in eine regelrechte Krise geraten. Am 31. Mai berichtete Douglas E. Schoen, ein ehemaliger Berater Bill Clintons, im einflußreichen Wall Street Journal, die lange erwartete Kür Hillarys zur demokratischen Präsidentschaftskandidatin sei keine sichere Sache mehr. Schoen führte zur Begründung seiner These die schlechten Zustimmungswerte Clintons in den Umfragen an, denen zufolge die meisten US-Wähler sie für weniger vertrauenswürdig als Trump halten und Sanders größere Chancen als ihr einräumen, den New Yorker Baumagnaten beim eigentlichen Urnengang im November zu schlagen. Laut Schoen werde bereits im Weißen Haus sowie bei der demokratischen Parteiführung überlegt, anstelle von Clinton und Sanders Vizepräsident Joe Biden als offiziellen Präsidentschaftskandidaten mit der linken Senatorin Elizabeth Warren aus Massachusetts als Vizepräsidentschaftskandidatin ins Rennen zu schicken.

Folgende Sätze stachen aus dem aufsehenerregenden WSJ-Gastkommentar Schoens, "Clinton Might Not Be the Nominee - A Sanders win in California would turbocharge the mounting Democratic unease about her viability", hervor: "Die vermeintliche Zwangsläufigkeit einer Nominierung Clintons dürfte dahin sein, sollte sie die Vorwahl in Kalifornien an Bernie Sanders verlieren. Das könnte sehr wohl passieren. ... Ein Sieg Sanders' in Kalifornien würde die Schwäche Clintons als Kandidatin bei der eigentlichen Präsidentenwahl deutlich unterstreichen. Demokratische Superdelegierte - die vom Partei-Establishment bestimmt werden und die mit überwältigender Mehrheit von 534 zu 44 hinter Clinton stehen - würden sich ernsthaft zu fragen beginnen, ob sie ihre Kandidatur weiterhin unterstützen wollen."

Vor diesem Hintergrund überrascht es wenig, daß viele Beobachter in der vorzeitigen, vielkolportierten Ankündigung von AP, nach den Siegen bei den Vorwahlen in den bevölkerungsarmen Überseegebieten Virgin Islands und Puerto Rico am 4. bzw. am 5. Juni habe Clinton bereits die notwendige Mehrheit der Delegiertenstimmen auf dem Parteitag in Philadelphia Ende Juli in der Tasche, eine gezielte Wahlmanipulation sehen. Aktuell liegt Clinton, was die Zahl der Delegiertenstimmen aus den Vorwahlen betrifft, bei 1812, Sanders bei 1521. Der Abstand ist also nicht sehr groß und dürfte erheblich schrumpfen, sollte, wie von einigen Demoskopen prognostiziert, am 7. Juni Sanders bei den Vorwahlen in Kalifornien, Montana, North Dakota, South Dakota und New Mexiko und Clinton nur in New Jersey gewinnen. Die Leitung von AP hat den medialen Eingriff in den laufenden Wahlkampf mit dem Argument verteidigt, man habe bei einigen der Superdelegierten herumtelefoniert und von ihnen zugesichert bekommen, daß sie nach wie vor auf dem Parteitag für Clinton stimmen wollen und nicht mit dem Gedanken spielen, ins Sanders-Lager überzuwechseln.

Hillary Clinton hat die Meldung ihres voraussichtlichen Sieges bei den Vorwahlen dankend aufgegriffen und am selben Abend Sanders öffentlich dazu aufgerufen, endlich das Handtuch zu werfen. Alle Demokraten müßten sich nun vereinen, um das Übel einer Präsidentschaft Donald Trumps zu verhindern; Sanders möge sich als guter Verlierer erweisen und hinter sie stellen, wie sie es vor acht Jahren nach der Niederlage in den Vorwahlen bei Obama getan habe, so die ehemalige Senatorin aus New York. Doch der "demokratische Sozialist" aus Vermont hat die Appelle seiner Parteikonkurrentin in den Wind geschlagen. Er kämpfe noch um den Sieg in Kalifornien, und sollte ihm dies gelingen, werde er auf dem Parteitag um die Stimmen der Superdelegierten werben, wie es sein demokratisches Recht sei, so Sanders. Der Ausgang der demokratischen Vorwahlen 2016 dürfte nun davon abhängen, ob die verfrühte AP-Meldung vom Sieg Clintons die Sanders-Anhänger in Kalifornien demoralisiert oder sie im Gegenteil noch stärker als bisher mobilisiert.

7. Juni 2016


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