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USA/1388: Hillary Clinton wird ihre Email-Affäre nicht los (SB)


Hillary Clinton wird ihre Email-Affäre nicht los

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Seit den Parteitagen der Demokraten und Republikaner Ende Juli liegt Donald Trump in allen Umfragen hinter Hillary Clinton zurück. Der Baumagnat hat sich das selbst zuzuschreiben - durch Chaos im eigenen Wahlkampfteam, Streit mit dem republikanischen Establishment sowie provokante Äußerungen über Minderheiten, allen voran Mexikaner und Muslime. Doch Clintons Sieg bei der Wahl im November erscheint derzeit alles andere als sicher. Die Email-Affäre aus ihren vier Jahren als Barack Obamas Außenministerin hängt der Demokratin wie ein Klotz am Bein und droht ihr den Einzug ins Weiße Haus als erste Präsidentin der Vereinigten Staaten zu vermasseln.

Letztes Jahr wurde in Verbindung mit den Anhörungen des Kongresses zu dem tödlichen Überfall auf das US-Konsulat im libyschen Benghazi im September 2012 bekannt, daß Clinton entgegen allen Vorschriften während ihrer Zeit im State Department ihren gesamten Email-Verkehr über einen Server im Keller ihres Privathauses in Upstate New York abwickelte. Die ehemalige First Lady beteuert, sie habe dies nur aus Gründen der Effektivität getan. Es steht aber der Verdacht im Raum, daß sie ihre elektronische Kommunikation der üblichen behördlichen Kontrolle entziehen wollte, um die eigene Verwicklung in dubiose Geschäfte zwischen der Clinton Foundation und deren Großspendern zu vertuschen.

Das Schlimmste schien für die ehemalige First Lady überstanden, als FBI-Chef James Comey Anfang Juli erklärte, seine Behörde habe bei ihr zwar "große Sorglosigkeit" im Umgang mit vertraulichen Staatsdokumenten festgestellt, jedoch keinen ausreichenden Grund für eine Anklageerhebung erkennen können. Seitdem wurden jedoch immer neue und belastendere Details der Email-Affäre bekannt. Die Glaubwürdigkeit und die Vertrauenswürdigkeit Clintons, die nach öffentlicher Meinung ohnehin nicht besonders ausgeprägt sind, drohen der Ex-Senatorin aus New York endgültig abhanden zu kommen. Inzwischen ist "pay-to-play" - Spenden an die Clinton-Stiftung gegen Hillarys Hilfe bei der Realisierung lukrativer Geschäfte vornehmlich, aber nicht ausschließlich im Rüstungsbereich - als geflügeltes Wort zum Synonym für die Email-Affäre geworden.

Anfang August berichtete die Onlinezeitung Daily Caller, beim FBI und Justizministerium in Washington liefen seit einiger Zeit mehrere Korruptionsermittlungen gegen die Clinton Foundation, darunter eine unter der Leitung von Preet Bharara, des Chefanklägers für den Southern District of New York. In seiner Position als Staatsanwalt mit Verantwortung für die Wall Street hat Bharara in den letzten Jahren mehrere spektakuläre Betrugsermittlungen, darunter gegen die Deutsche Bank, das Finanzinstitut CitiMortgage, den früheren republikanischen Sprecher des Abgeordnetenhauses des Bundesstaates New York Dean Skelos sowie dessen demokratischen Sprecher Sheldon Silver erfolgreich durchgeführt und Verurteilungen erzielt. Unbestätigten Berichten zufolge gibt es bereits Personen mit Insider-Wissen über die Vorgänge bei der Clinton-Stiftung, die gegen Straffreiheit gegen die frühere Chefdiplomatin auszusagen bereit sind.

Am 22. August wurde bekannt, daß es weit mehr als nur 30.000 Emails waren, die Clinton als angeblich "privat" von ihrem Server vor der Übergabe an die Behörden hat löschen lassen. Das FBI hat weitere 15.000 Emails entweder wiederherstellen oder sich aus anderen Quellen besorgen können. Auf Antrag der konservativen Lobby-Gruppe Judicial Watch, die seit den neunziger Jahren die juristischen Verfehlungen der Clintons thematisiert, hat der zuständige Bundesrichter James E. Boasberg in Washington die frühestmögliche Freigabe der fraglichen Dokumente angeordnet. Hierzu könnte es bereits Ende September, in der heißen Phase des Präsidentenwahlkampfes, kommen. Am 23. August schlug eine weitere Bombe ein, als die Nachrichtenagentur Associated Press mit einem umfangreichen Artikel, "Many donors to Clinton Foundation met with her at State" aufwartete, aus dem hervorging, daß mehr als die Hälfte der Privatpersonen - 85 von 154 -, mit denen Hillary Clinton als Außenministerin zusammentraf oder telefonierte, entweder davor oder danach Geld an die Clinton-Stiftung spendeten. "Zusammen überwiesen die 85 Spender bis zu 156 Millionen Dollar. Mindestens 40 von ihnen gaben jeweils mehr als 100.000 Dollar, während es bei 20 von ihnen mehr als eine Million Dollar waren", so AP.

Bekamen diese Leute irgendeine Gegenleistung für ihre Großzügigkeit? Das ist natürlich die große Frage. In einem wichtigen Bericht, der bereits am 26. Mai 2015 bei der International Business Times unter der Überschrift "Clinton Foundation Donors Got Weapons Deals from Hillary Clintons State Department" erschienen ist, haben Autor David Sirota und Andrew Perez die Frage mit Ja beantwortet. Hier ein Auszug:

Der Deal mit den Saudis war nur einer von Dutzenden von Rüstungsexporten, die von Außenministerium Hillary Clintons genehmigt wurden und die Waffen Regierungen zukommen ließen, die Geld an das philanthropische Imperium der Clinton-Familie gespendet hatten ... Unter der Leitung Clintons hat das State Department Waffenverkäufe im Wert von 165 Milliarden Dollar an 20 Staaten, deren Regierungen Geld an die Clinton-Stiftung gespendet hatten, genehmigt ... Diese Summe - zusammengerechnet aus den drei Fiskaljahren der Amtszeit Clintons als Secretary of State (von Oktober 2010 bis September 2012) - stellen fast das Doppelte des Wertes der amerikanischen Rüstungsverkäufe an jene Länder dar, die vom State Department während der entsprechenden Phase der zweiten Amtszeit von Präsident George W. Bush genehmigt wurden.

Unter Clinton hat das Außenministerium außerdem weitere, vom Pentagon eingefädelte Waffendeals im Wert von 151 Milliarden Dollar an 16 Länder, die an die Clinton Foundation spendeten, genehmigt. Dies stellt einen Anstieg von 143 Prozent an abgeschlossenen Exporten an diese Staaten im Vergleich zum selben Zeitraum während der Bush-Administration dar. Diese zusätzlichen Waffenverkäufe waren Teil eines generellen Anstiegs amerikanischer Rüstungsexporte seit dem Einzug Obamas ins Weiße Haus. Doch dem Anstieg der Rüstungsexporte von 143 Prozent an die Spender der Clinton-Stiftung steht einem Anstieg von lediglich 80 Prozent bei solchen Geschäften mit allen Staaten während desselben Zeitraums gegenüber.

In einem Beitrag, der am 25. August beim Enthüllungsmagazin The Intercept unter der Überschrift "Why Did the Saudi Regime and Other Gulf Tyrannies Donate Millions to the Clinton Foundation?" hat sich Anwalt Glenn Greenwald kritisch mit den engen Beziehungen, welche die Clintons seit Jahren mit den sunnitischen Petromonarchien am Persischen Golf pflegen, auseinandergesetzt. Dazu Greenwald:

Allein das Regime der Saudis hat der Clinton Foundation zwischen 10 Millionen und 25 Millionen Dollar zukommen lassen. Diese Spenden erstreckten sich bis 2014, als sich Clinton auf die Bewerbung für das Präsidentenamt vorbereitete. Eine Gruppe namens "Freunde Saudi-Arabiens", die "von einem saudischen Prinzen gegründet" wurde, hat eine weitere Summe zwischen einer Million und fünf Millionen gespendet. Laut der Clinton Foundation haben "der Staat Katar", die Vereinigten Arabischen Emirate und die Regierung von Brunei jeweils zwischen einer Million und fünf Millionen Dollar gespendet. "Der Staat Kuwait" hat zwischen fünf Millionen und zehn Millionen Dollar gespendet.

Bekanntlich sind bis auf Brunei alle genannten Länder seit 2011 indirekt am Krieg in Syrien und seit 2015 direkt am Krieg im Jemen beteiligt. Einen Gutteil der Waffen und Munition, die sie entweder ihren dschihadistischen Freunden in Syrien zukommen lassen oder selbst im Jemen einsetzen, haben sie während Hillary Clintons Zeit als US-Außenministerin aus Amerika bezogen. Wie die New York Times am 23. August mit Bedauern konstatierte, werden die Email-Affäre und die Pay-to-Play-Ermittlungen Hillary Clintons Wahlkampf bis November "überschatten". Donald Trumps Chancen, Präsident zu werden, sind noch vorhanden. Große Bedeutung kommt den Fernsehdebatten im September zu, die für den Ausgang der Wahl entscheidend werden können. Man darf gespannt sein, ob es Showmaster Trump im Scheinwerferlicht gelingt, die erfahrende Politikerin Clinton aus der Reserve zu locken. Die laufende Kontroverse um die Email-Affäre und die Aktivitäten der Clinton Foundation bieten ihm jedenfalls eine Steilvorlage dazu.

27. August 2016


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