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USA/1404: Abhörreigen USA - leugnen und beweisen ... (SB)


Abhörreigen USA - leugnen und beweisen ...


15 Monate nach der Wahl Donald Trumps zum 45. Präsidenten der USA setzt sich dort der Zirkus namens "Russiagate" unvermindert fort. Unter diesem Stichwort verfechten die Demokraten um die damals unterlegene Kandidatin Hillary Clinton und die Konzernmedien, allen voran New York Times, Washington Post und CNN, die These, daß Trump, der republikanische Immobilienmagnat und Reality-Fernsehmoderator aus New York, die Wahl nur deshalb gewinnen konnte, weil der Kreml sie zu seinen Gunsten manipuliert habe. Ungeachtet aller medialen Schaumschlägerei gibt es für diese These bis heute keinen einzigen stichhaltigen Beweis. Statt dessen bestätigt sich immer mehr der Verdacht, daß die Funktion von "Russiagate" von Anfang an darin bestand, von dubiosen Machenschaften seitens der Demokraten abzulenken, Clinton doch noch zum Wahlsieg zu verhelfen und, sollte dies nicht gelingen, dafür zu sorgen, daß Trumps erklärtes Ziel einer Versöhnung zwischen Washington und Moskau niemals Wirklichkeit würde.

Im Frühjahr 2016 sah sich Clintons Wahlkampagne von Vorwürfen überschattet, die ehemalige First Lady habe während ihrer Zeit als Außenministerin Barack Obamas, also von 2009 bis 2013, entgegen gültiger Vorschriften und Gesetze ihren gesamten Email-Verkehr über einen privaten Server abgewickelt und sich damit als Mitglied der Exekutive der Kontrolle durch Judikative und Legislative entzogen. Es stand die Vermutung im Raum, Clinton habe dies getan, um illegale Machenschaften einzufädeln, sei es die Belieferung syrischer Dschihadisten mit Waffen aus den Beständen des 2011 gestürzten libyschen Staatschefs Muammar Gaddhafi oder die Genehmigung umfangreicher Rüstungsdeals mit den Saudis, damals mit Abstand die größten Einzelspender der Clinton Stiftung.

Das Schlimmste der E-Mail-Affäre schien überstanden, als Anfang Juli 2016 FBI-Chef James Comey die Ermittlungen für beendet erklärte und Clinton bescheinigte, sie habe im Umgang mit geheimen Informationen lediglich mit "extremer Sorglosigkeit" und nicht mit "grober Fahrlässigkeit" - letzteres hätte eine Anklageerhebung erforderlich gemacht - gehandelt. An der Tatsache, daß wenige Tage vor der Bekanntgabe der Entscheidung Bill Clinton auf dem Rollfeld des Flughafens von Phoenix, Arizona, in die Maschine von Loretta Lynch gestiegen war, um mit der US-Justizministerin ein 25minütiges Vier-Augen-Gespräch zu führen, störten sich zunächst nur die Zyniker. Ende desselben Monats explodierte jedoch die ganze Geschichte erneut, als Wikileaks am Vorabend des Parteitages der Demokraten Tausende Emails des Democratic National Committee (DNC) veröffentlichte, aus denen klar hervorging, daß der Führungsklüngel die Vorwahlen manipuliert hatte, damit Clinton und nicht Bernie Sanders, der linke Senator aus Vermont, sie gewann. Die Kür Clintons in Philadelphia zur ersten Präsidentschaftskandidatin der US-Geschichte geriet zum Fiasko, als ihre Busenfreundin Debbie Wasserman Schultz, Kongreßabgeordnete aus Florida, wegen der Schiebereien als demokratische Parteivorsitzende zurücktreten mußte.

Damals fingen die Clinton-Anhänger in Politik und Medien damit an, Rußland vorzuwerfen, die DNC-Server gehackt und die fraglichen Emails Wikileaks zugespielt zu haben, um Trump ins Weiße Haus zu befördern. Um nur ein Beispiel unter vielen zu nennen, bezeichnete Anfang August in der New York Times der ehemalige CIA-Chef Michael Morell Trump als einen "ahnungslosen Agenten" Wladimir Putins und eine "Gefahr für die nationale Sicherheit" Amerikas. Die neomccarthyistische Kampagne setzt sich bis heute fort - ungeachtet der Tatsachen, daß das FBI zu keinem Zeitpunkt den fraglichen DNC-Server selbst untersucht hat, daß Wikileaks eine Verwicklung russischer Akteure vehement bestreitet, daß kritische Geheimdienstveteranen unter der Leitung des ehemaligen NSA-Chefkryptologen William Binney anhand der Übertragungsdaten herausgefunden haben, daß der Datentransfer per Stick und nicht per Fernübermittlung erfolgte, und daß der ehemalige britische Botschafter Craig Murray nach eigenen Angaben persönlich die transatlantische Materialüberbringung begleitet hat.

Nach der Wahl Trumps wollten FBI, CIA und NSA Spuren russischer "Einmischung" in die Präsidentenwahl ermittelt haben, was die Verhängung schwerer Sanktionen durch Obama und den Kongreß nach sich ziehen sollte. Des weiteren haben die großen Internetkonzerne wie Google, Facebook und Twitter der Verbreitung von angeblichen "Fake News" den Kampf angesagt und die Gelegenheit genutzt, mit Hilfe ihrer Algorithmen linken, kritischen Nachrichtenportalen wie der World Socialist Web Site, Counterpunch.org, Consortiumnews.com, Truthdig und Black Agenda Report die Leserschaft zu entziehen, sie bei Suchvorgängen und Verlinkungen zu benachteiligen. Anfang Februar mußte Trumps Nationaler Sicherheitsberater Michael Flynn zurücktreten, weil er sich nicht genau an den Inhalt von Gesprächen, die er vor Weihnachten mit dem russischen Botschafter Sergej Kisljak geführt hatte, erinnern konnte. Seit Mai ermittelt der ehemalige FBI-Chef Robert Mueller in der "Rußland-Affäre". Bisher angeklagt wurde lediglich Trumps früherer Wahlkampfmanager Paul Manafort und zwar nicht wegen etwaiger Kreml-Kontakte, sondern wegen des Alltagsdelikts der Steuerhinterziehung.

"Russiagate" hat einen neuen Höhepunkt erreicht, als am 2. Februar mit der Zustimmung Trumps eine für das FBI höchst belastende, vierseitige Zusammenfassung einer Reihe von Verfehlungen bei den Rußland-Ermittlungen von der republikanischen Mehrheit im Geheimdienstausschuß des Repräsentantenhauses veröffentlicht wurde. Hauptverantwortlicher für die Veröffentlichung des brisanten Dokuments ist der Vorsitzende jenes Ausschusses, der republikanische Kongreßabgeordnete Devin Nunes aus Kalifornien, weshalb das Papier in den englischsprachigen Medien den Namen "Nunes Memo" trägt. Auch wer Trump für einen reaktionären, selbstsüchtigen Prahlhans hält, kommt nach einer unvoreingenommenen Prüfung des Dokuments nicht um die Erkenntnis herum, daß der "tiefe Staat" tatsächlich versucht hat, die Wahl des New Yorker Baulöwen zum Präsidenten zu verhindern, und danach recht erfolgreich seinen Versöhnungskurs mit Rußland torpediert hat.

Aus dem Dokument geht hervor, daß im Oktober 2016 das FBI und das Justizministerium beim zuständigen Foreign Intelligence Surveillance Court (FISC) eine Genehmigung zum Abhören aller Kommunikationen von Carter Page, damals freiwilliges Mitglied des Trump-Wahlkampfteams mit geschäftlichen Rußland-Verbindungen, erschwindelt haben. Die Verdachtsmomente (sic) gegen Page stammten fast vollständig aus jenem Dossier, das der ehemalige britische MI6-Agent Richard Steele im Auftrag der Firma Fusion GPS, die ihrerseits 2016 im Auftrag des Clinton-Wahlkampfteams Negativinformationen über Trump sammelte, zusammengestellt hatte. Der Umstand, daß die Informationen aus zweiter und dritter Hand stammten und zu Zwecken der Wahlkampfpropaganda für Clinton und gegen Trump produziert worden waren, wurde den Richtern des FISC vorenthalten. Schlimmer noch - zur Untermauerung der Angaben Steeles wurde im Antrag an den FISC auf einen Artikel Michael Isikoffs bei Yahoo News verwiesen, dessen Inhalt jedoch ebenfalls von dem ehemaligen britischen Geheimdienstmann stammte.

Noch im Dezember 2017 bildete Steeles Dossier den Grundstein jener "Befunde" einer russischen Einmischung in die Präsidentenwahl, mittels derer die US-Geheimdienste Obama zur Verhängung von Sanktionen gegen Moskau und zur Ausweisung russischer Diplomaten bewegen konnten. Erst nach der Veröffentlichung im Januar sahen sich die Beteiligten veranlaßt, auf Distanz zu Steeles 35seitiger Gerüchtesammlung zu gehen. Vor allem die darin enthaltene Geschichte, der Sauberkeitsfanatiker Trump sei 2013 bei einem Besuch in Moskau von russischen Geheimdienstlern heimlich gefilmt worden, wie er im Nobelhotel Ritz-Carlton ein Bett von zwei Prostituierten habe bepinkeln lassen, auf dem zuvor beim Staatsbesuch Präsident Obama und dessen Gattin Michelle geschlafen hätten, wodurch er für Putin erpreßbar geworden sei, hat den Bogen vollends überspannt.

Im Nunes Memo wird Comey, den Trump als FBI-Chef im Mai 2017 entließ, mit dem Zugeständnis zitiert, das Steele-Dossier sei "schlüpfrig", seine Angaben seien "unbestätigt" gewesen. Darüber hinaus heißt es, der damalige FBI-Vizechef Andrew McCabe habe hinter verschlossenen Türen bei einer Anhörung des Geheimdienstausschusses des Repräsentantenhauses eingeräumt, daß es ohne das Steele-Dossier den FISC-Antrag zur Genehmigung der elektronischen Überwachung von Carter Page nicht gegeben hätte. Bis heute hat diese Überwachung keine belastenden Informationen gegen Page ergeben. Dennoch steht der junge Amerikaner wegen seiner Rolle in "Russiagate" karrieremäßig vor einem Scherbenhaufen. Und das alles im Grunde nur, weil er den Fehler gemacht hat, während seiner Zeit in Moskau eine Rede zu halten, in der er sich für bessere Beziehungen zwischen Rußland und den USA aussprach.

Seit der Veröffentlichung des Nunes Memo sind Amerikas Putin-Fresser im besonderen Einsatz, um noch die letzten Reste aus ihrem durchsichtig gewordenen Propagandainstrument "Russiagate" herauszupressen. Bei einem Auftritt in der allsonntäglichen Politsendung "Face the Nation" hat am 4. Februar die ehemalige Staatssekretärin im US-Außenministerium, Victoria Nuland, den anhaltenden politischen Streit zwischen Amerikas Demokraten und Republikanern mit Verweis auf die angeblichen Reaktionen des Kremls beklagt: "Wenn wir uns gegenseitig bekämpfen, wenn wir unsere Institutionen in Frage stellen, dann ist das ein großer Tag für Wladimir Putin." Unterstützung erhielt Nuland in derselben Sendung vom Ex-CIA-Chef Morell, der sich darüber beschwerte, daß die Veröffentlichung des Nunes Memo "die Glaubwürdigkeit des FBI im Auge des Volkes unterminiert".

Der gemeinsame Auftritt von Nuland und Morell bei CBS überrascht wenig, erschreckt jedoch um so mehr. Schließlich hat die Gattin des einflußreichen neokonservativen Geostrategen Robert Kagan als Hauptstippenzieherin beim gewaltsamen Maidan-Putsch in der Ukraine 2014 mehr als jeder andere zur Eintrübung der Beziehungen Rußlands zum Westen beigetragen. Morell hat noch im Sommer 2016, als er sich berechtigte Hoffnungen auf einen ranghohen Posten in der künftigen Clinton-Regierung machen durfte, im Interview in der Charlie-Rose-Sendung bei PBS erklärt, die Russen und Iraner müßten "einen Preis" für ihre Militärintervention in Syrien bezahlen, die USA sollten die Rebellen dort noch mehr als bisher mit Waffen versorgen, damit sie die Truppen Moskaus und Teherans in noch größerer Zahl als bis dahin umbrachten. Vor diesem Hintergrund ist die Beschwerde russischer Stellen, die Boden-Luft-Rakete, mit der sunnitische Dschihadisten am 3. Februar einen russischen Kampfjet abgeschossen und den Piloten anschließend am Boden ermordet haben, käme von der CIA, nachvollziehbar.

6. Februar 2018


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