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BERICHT/170: Quo vadis NATO? - Geld oder Leben, Teil 2 (SB)


Supranationales Gewaltmonopol - EU-Sicherheitsforschung

Forum "Militärforschung an Universitäten und öffentlichen Forschungseinrichtungen und das Recht" auf dem Bremer Kongreß "Quo vadis NATO? - Herausforderungen für Demokratie und Recht" am 28. April 2013

In Anschluß an den Vortrag von Sabine Jaberg referierte der Diplompolitologe Eric Töpfer zum Thema "Zivil-militärische Sicherheitsforschung im Rahmen des Europäischen Sicherheitsforschungsprogramms". Hinsichtlich der politischen und institutionellen Perspektiven, unter denen die Debatte um eine Entmilitarisierung der Universitätsforschung geführt wird, handelte es sich um den substantiellsten Beitrag. In Töpfers Vortrag nahm ein Komplex aus industrie- und wissenschaftspolitischen wie privatwirtschaftlichen Interessen Gestalt an, der das bedrohliche Ausmaß in Stellung gebrachter Repressions- und Aggressionspotentiale auf nationaler wie EU-Ebene transparent machte.


Im Vortrag - Foto: © 2013 by Schattenblick

Eric Töpfer
Foto: © 2013 by Schattenblick

In Zeiten des neuen Paradigmas von vernetzter Sicherheit und Bevölkerungsschutz ließe sich die Wehrforschung nicht von der Forschung für die zivile Sicherheit trennen, so Töpfers einleitende Grundthese. Nichtsdestotrotz lehnte er im gesellschaftlichen Diskurs um die Zivilklausel eine allzu strenge Fokussierung auf die vom Bundesministerium für Verteidigung (BMVg) oder der Bundeswehr in Auftrag gegebene Forschung als zu kurz gegriffen ab. Die Größenordnung des Problems gehe weit darüber hinaus, so Töpfer. Zwar präsentierte er sich nicht explizit als Anwalt der Zivilklausel, ließ jedoch einen antimilitaristischen Standpunkt erkennen, der auf diesem Podium für sich selbst stand. So fiel auf, daß der Referent, obwohl das Thema Militarisierung der Zivilgesellschaft das Stichwort gab, den Begriff Krieg und seine Attribute aus seinem Vortrag heraushielt. Statt dessen lenkte er den Blick auf die größeren Zusammenhänge staatlicher Gewaltproduktion im Kontext innovativer Sicherheitsstrategien.

Auf den Zusammenhang von geostrategischem Vormachtstreben einerseits und der sicherheitsrelevanten Zurichtung der Zivilgesellschaften andererseits verwies der Referent in Hinsicht auf eine neue Staatlichkeit, für die Rüstungspolitik im klassischen Sinne lediglich ein Aspekt eines umfassenderen Sicherheitsparadigmas ist. Rüstungsunternehmen verstehen sich, parallel zur erklärten Aufhebung der strikten Trennung von äußerer und innerer Sicherheit, zusehends als Dienstleister und Produzenten sogenannter Sicherheitserfordernisse staatlicher und gesellschaftlicher Organisation. Wenn die Gelder aus dem Forschungs- und Bundesverteidigungsministerium in Zeiten knapper öffentlicher Kassen nicht mehr so üppig fließen, suche die Rüstungsindustrie nach Möglichkeiten, die Entwicklungskosten für HighTech-Waffen auf den zivilen Bereich auszulagern und sich im gleichen Zuge Märkte für nichtmilitärische Nachfrage zu erschließen.

Der Umbau eines Teils des militärischen Sektors zu einem sicherheitsindustriellen Verbund mit Kooperationen zwischen dem zivilen Wissenschaftsbetrieb und der klassischen Wehrforschung soll Kosten einsparen und die Konkurrenzfähigkeit der europäischen Waffenproduzenten sichern. Dementsprechend erfreuen sich Dual-Use-Technologien in der Rüstungsforschung besonderer Beliebtheit. Der immer bedeutsameren Zivil-Militärischen Zusammenarbeit gemäß werden Kastastrophenschutz und Polizeikräfte zur präventiven wie akuten Aufstandsbekämpfung aufgerüstet. Das betrifft vernetzte Technologien zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens, des Terrorismus und des Cybercrime ebenso wie die Entwicklung intelligenter Überwachungssysteme zum Schutz der europäischen Außengrenzen und maritimen Handelswege.

Was unter dem Deckmantel des Heimatschutzes firmiert, richtet sich, wenn es nicht Störungen der export- und ressourcenabhängigen Handelsbeziehungen mit dem EU-Ausland verhindern soll, gegen die Zuwanderung notleidender und politisch verfolgter Flüchtlinge. Der Tod durch Ertrinken Hunderter Boat People im Mittelmeer schrumpft angesichts des langfristigen Ausbaus der Festung Europa zu einer bloßen Fußnote des großdimensionierten Systems der europäischen Flüchtlingsabwehr, wie angesichts aktueller Entwicklungen zu Töpfers Ausführungen nachzutragen ist.

Unbeeindruckt von dem Flüchtlingselend hat das EU-Parlament das Europäische Grenzüberwachungssystem EUROSUR auf den Weg gebracht, mit dessen Hilfe die Abschottung perfektioniert wird. Es soll dazu beitragen, "die Zahl unentdeckt in die EU einreisender illegaler Flüchtlinge zu verringern", und ist "darauf ausgelegt, die Mitgliedsstaaten dabei zu unterstützen, die Zahl illegaler Einwanderer zu verringern, indem ihre Außengrenzen besser überwacht werden können und die Reaktionsmöglichkeiten ihrer Grenzkontrollbehörden verbessert werden." Bislang werden die insgesamt fast 15.000 Kilometer langen Außengrenzen der EU vorwiegend von den nationalen Grenzdiensten der Mitgliedsländer kontrolliert, unterstützt durch die europäische Grenztruppe FRONTEX. Zusammen mit den europäischen Stellen sind gut 50 verschiedene Behörden damit beschäftigt, die Zuwanderung zu verhindern. EUROSUR vernetzt diese Behörden, baut ein einheitliches Kommunikationssystem auf und macht die Überwachung per Satellit, Aufklärungsdrohnen, Offshore-Sensoren und anderen Aufklärungsgeräten zum Standard. Für die nächsten neun Jahre hat das EU-Parlament dafür knapp 340 Millionen Euro eingeplant, doch gehen Grüne und linke Kritiker davon aus, daß das Projekt eher eine Milliarde kosten wird.

Folie Eric Töpfers zum EU-Sicherheitsforschungsprogramm - Foto: 2013 by Schattenblick

Zukunft der Überwachung
Foto: 2013 by Schattenblick

Beispielhaft für die Militarisierung des Hochschulbetriebs merkte Töpfer an, daß an der Universität Bremen seit 2007 zwei komplementäre Forschungsprogramme laufen: zum einen das EU-Sicherheitsforschungsprogramm und zum anderen die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanzierte Forschung für zivile Sicherheit. Die EU hat ihr Forschungsprogramm bis 2014 mit 1,4 Milliarden Euro ausgestattet. Töpfer hob hervor, daß die Gruppe sogenannter Persönlichkeiten, die dem Programm ihren Stempel aufdrückte und die Eckpfeiler der Forschungsplanung aufstellte, sich aus Vertretern großer Technologiekonzerne mit starken Rüstungssparten, dem EU-Kommissar für Unternehmung und Forschung, ehemaligen Regierungschefs und Parlamentariern sowie Vertretern des europäischen Rüstungsbüros und nationaler Verteidigungsministerien zusammensetzte. Obwohl in der Gründungsphase in Anlehnung an die USA Überlegungen zum Aufbau einer Heimatschutzbehörde auf EU-Ebene angedacht wurden, waren seinerzeit keine Vertreter von Polizei und Katastrophenschutz in die Vorbereitungen involviert. Vielmehr herrschte eine Präsenz des militärisch-industriellen Komplexes vor.

Der Referent führte aus, daß das EU-Sicherheitsforschungsprogramm der industriepolitischen Perspektive folgte, Europa auf dem Zukunftsmarkt der Sicherheitstechnologien wettbewerbsfähig zu machen und dafür zu sorgen, daß die neue Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik unabhängig von Exportgütern aus den USA bleibt. Um dies zu gewährleisten, so Töpfer, sollte das Sicherheitsforschungsprogramm als Brückenfunktion zwischen ziviler und militärischer Forschung die Vorteile aus der Technologiedualität und der wachsenden Überschneidung zwischen militärischen und nichtmilitärischen Sicherheitsaufgaben nutzen, um so die Lücke zwischen beiden Forschungssektoren zu schließen. Im Mittelpunkt der europäischen Sicherheitspolitik stehen die Überwachung der Außengrenzen der EU, von Bahnhöfen, Schienennetzen, Flughäfen und anderer sogenannter Kritischer Infrastruktur. Des weiteren ist sie mit interoperablen Kommunikationssystemen, dem Einsatz- und Lagezentrum für Sicherheits- und Rettungskräfte und der Entwicklung von Sensoren zum Aufspüren atomarer, chemischer und biologischer sowie Gefahr- und Explosivstoffe befaßt. Der zivile Bereich erstreckt sich auf militärnahe Forschungseinrichtungen oder Institute anwendungsorientierter Forschung; in Deutschland gilt dies vor allem für die Fraunhofer Gesellschaft und ihren Verband für Verteidigung und Sicherheitsforschung (VVS).

Daß Forschungsgelder für sozialwissenschaftliche und ethische Fragenstellungen rund um das Thema Sicherheit eher spärlich fließen, muß seinen Grund nicht notwendig darin haben, daß sie in der Priorität der Ziele nur eine untergeordnete Rolle spielen. Die Verknappung von Forschungsgeldern für Projekte dieser Art könnte auch daraus resultieren, daß Sozialwissenschaftler die Versicherheitlichung der Innenpolitik wiederholt kritisiert hatten und man Gegenwind aus akademischen Kreisen vermeiden wollte.

Zudem stellen die Universitäten im Bauplan des EU-Sicherheitsforschungsprogramms Töpfer zufolge ohnehin nur marginale Ecksteine dar. So seien lediglich 15 bis 20 deutsche Universitäten, die überdies als Spielwiesen der Institutionen anwendungsorientierter Forschung fungieren, in dem von Think Tanks, Politeliten und führenden Rüstungsunternehmen avisierten sicherheitsrelevanten Rahmenentwurf eingebunden. Schwerpunktmäßig wird bei diesem weitverzweigten Forschungskonstrukt dagegen auf Synergieeffekte aus der Zivil-Militärischen Zusammenarbeit gesetzt, um den Transfer von Wissen und Innovationen zu befördern. Dem sicherheitspolitischen Aspekt werde laut Töpfer eindeutig der Vorrang vor der wehrtechnischen Forschung eingeräumt. Es gelte, sichere Gesellschaften in Europa zu schaffen, so daß vordringlich an einer engen Verbindung zwischen einer gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik und dem Aktionsplan zur Umsetzung der EU-Strategie für innere Sicherheit gearbeitet würde.

Der Wissenschaftliche Mitarbeiter am Deutschen Institut für Menschenrechte erklärte auch, daß das Sicherheitsforschungsprogramm des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) für die deutschen Hochschulen ungleich wichtiger sei als die Finanzierung aus der privaten Rüstungswirtschaft. So sind im Vergleich zur EU-Sicherheitsforschung zwar dreimal so viele, also etwa 60 Hochschulen, Fachhochschulen und Universitäten, an der BMBF-Forschung beteiligt wie. Töpfer räumte allerdings ein, daß die konzeptionellen Ursprünge des BMBF-Programms in der Zivil-Militärischen Zusammenarbeit rund um das neugegründete Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe liegen, einer, wie zu ergänzen wäre, für die innere Aufstandsbekämpfung, die das Bundesverfassungsgericht am 17. August 2012 als prinzipiell verfassungskonform beurteilte, höchst relevanten Behörde.

Die vom BMBF freigesetzten Mittel würden in erster Linie Hochschulprojekte im Bereich technologischer Forschung finanzieren, wie zum Beispiel Sensor- und Kameraerfassung, intelligente Mustererkennung sowie Drohnentechnologie und Robotik für den Katastrophenschutz. Im Staatsschutzbereich würde vor allem die Sicherung Kritischer Infrastrukturen, von Bahnen, Häfen, Flughäfen, Stromnetzen sowie die Überwachung von Logistikketten gefördert. Die direkte Beteiligung der Bundeswehr an zivilen universitären Forschungsstandorten fiele Töpfer zufolge vergleichsweise gering aus und betreffe bestenfalls die Forschung an Detektoren zum Aufspüren von ABC- und Explosivstoffen sowie Sprengfallen, also Bereiche, in denen Wehrinteressen und Bevölkerungsschutz Hand in Hand gingen.

Stärker involviert sei die Bundeswehr unterdessen im Bereich der Forschung an intelligenten Schutzanzügen für Feuerwehrleute, wobei sie eher die Kleidung des Infanteristen des 21. Jahrhunderts im Auge hat. Ein militärisches Interesse liegt offensichtlich auch beim Projekt Airshield vor, bei dem es vordergründig um die Formierung von Drohnenschwärmen im Bereich der Sensorik zur Erfassung von ausgetretenen Gaswolken oder zur Beobachtung von Ölteppichen im Katastrophenfall geht. Aus ziviler Forschung gewonnene Erkenntnisse lassen sich jedoch leicht militärtechnisch modifizieren oder weiter entwickeln. Beteiligt ist die Bundeswehr unter anderem auch am Forschungsbetrieb des Ernst Mach Instituts, wo an der Entwicklung von Sensornetzen zum Gebäudeschutz vor Anschlägen gearbeitet werde bzw. sensible Wände entwickelt würden, die Schadensmeldungen schnellstmöglich an die Zentrale weiterleiten.

Auch wenn der Löwenanteil bei den Fördergeldern des BMBF-Programms an private Forschungsstätten wie die Fraunhofer Gesellschaft gehe, die mehr als 10 Prozent der Fördermittel erhält, von denen wiederum die Hälfte an ihre wehrtechnischen Institute abfließen, so profitieren auch viele ingenieurswissenschaftlichen Fakultäten an den Hochschulen von staatlichen Forschungsinvestitionen. Daher sei der unmittelbare militärische Einfluß auf die Hochschulen, so Töpfer, geringer als zu erwarten. Insgesamt würden Technologie- und Rüstungskonzerne die Projektpalette anführen, während die Hochschulen stärker in Forschungscluster eingebunden würden, um Projektbereiche kostengünstig an die Universitäten auszulagern.

Folie Eric Töpfers zum EU-Sicherheitsforschungsprogramm - Foto: 2013 by Schattenblick

Rangliste effizienter Repression
Foto: 2013 by Schattenblick

Wehrwissenschaftliche Forschung setze grundsätzlich auf den Erkenntnisgewinn der zivilen Forschung auf. Ressortforschung, die sowohl für die Verteidigungs- als auch für die zivile Sicherheitsforschung relevant ist, bildet die Schnittstelle für das Bundesministerium für Verteidigung (BMVg) zur zivilen Sicherheitsforschung. So sei ein deutlicher Übertrag von Überwachungstechnologien ins Zivile zu beobachten, wobei der Trend zur informationellen Vernetzung bei zentralisierter Kontrolle gehe. Töpfer sieht in der wachsenden Verzahnung ziviler und militärischer Forschungsprojekte eine Gefährdung bürgerrechtlicher Prinzipien, vor allem hinsichtlich der Überwachungstechnologie. Für Hochschulen mit einer Zivilklausel und einem Friedensgebot könnte der duale Anwendungscharakter bestimmter Forschungszweige zu einer echten Herausforderung werden.

So mahnt er die Hochschulen und Universitäten zur Aufmerksamkeit, obwohl der eigentliche Schauplatz der Kämpfe weniger die Hörsäle als die Gesellschaft im ganzen betrifft. Wie er in seinem Vortrag eindringlich darstellte, sind auf höchster politischer EU-Ebene längst Sicherheitskonzepte in Arbeit, in denen mit umfassenden Krisenbewältigungsszenarien die Unterdrückung zu erwartender Revolten und bürgerkriegsähnlicher Unruhen geplant wird. Doch warnte Töpfer vor Plauschalverurteilungen. Statt dessen sollten seiner Meinung nach "einzelne Forschungslinien und Projekte auf Zielsetzung und Projektpartner befragt werden".

In seinem Schlußwort wurde Töpfer indes deutlicher. Ausgehend von Anfragen der Partei Die Linke zur Rüstungsforschung - explizit ging es dabei um Aufträge des BMVg an Forschungseinrichtungen - ließen sich klare geographische Clusterbildungen rund um die wehrtechnischen Forschungsinstitute vor allem der Fraunhofer Gesellschaft erkennen. Insbesondere in diesen Regionen müßten Hochschulen auf der Hut sein, wenn sie sich auf eine Drittmittelforschung einlassen. Sie könnten ansonsten schnell von einem Forschungscluster vereinnahmt werden, so die Warnung des Referenten an friedenspolitisch engagierte Akademikerinnen und Akademiker.

Folie Eric Töpfers zur nationalen Sicherheitsforschung - Foto: 2013 by Schattenblick

Widerspruchsregulation wissenschaftsadministrativ
Foto: 2013 by Schattenblick

Krisenmanagement durch Sozialkontrolle und Aufstandsbekämpfung

Im Vortrag Eric Töpfers trat eine programmatische Ambiguität der sogenannten Sicherheitsforschung hervor, die durch die hauptsächlich damit assoziierten Anwendungsbereiche der militärischen Krisenintervention und polizeilichen Terrorismusbekämpfung völlig unzureichend repräsentiert ist. Die in dem Dokument "Towards a more secure society and increased industrial competitiveness" [1] der EU-Kommission vorgestellten Einzelprojekte lassen einen umfassenden Entwurf flächendeckender Überwachung und Kontrolle erkennen, der bis in die Analyse individueller Verhaltensformen und eine dementsprechende Aufrüstung zur prädiktiven Strafverfolgung reicht. Daß das Forschungsprogramm bereits 2009 aufgelegt wurde, also in der Anfangsphase der Eurokrise, zeigt, wie aufmerksam gesellschaftliche Entwicklungen verfolgt und mögliche Oppositionsbewegungen antizipiert werden.

Ziviles und Militärisches fallen ebenso in eins wie die traditionelle Orientierung an innerer und äußerer Sicherheit. Nationale und EU-Ebene ergänzen einander komplementär zum Zwecke wettbewerbssteigernder Innovation, bei der Technologieschmieden und Rüstungskonzerne um die wirksamsten Methoden sozialer Repression konkurrieren. Die Entdifferenzierung exekutiver Vollmachten entspricht der Einebnung der Gewaltenteilung durch Entdemokratisierung auf allen Ebenen gesellschaftlicher und ökonomischer Verhältnisse. Vom Standpunkt derjenigen Menschen und Gruppen, die der politisch verfügten Deckung des Finanzkapitals durch die Staatshaushalte und der die Sozialhaushalte verödenden Austeritätspolitik entgegentreten, erhebt mit den sicherheitspolitischen Zielsetzungen der Sozialkontrolle und Aufstandsbekämpfung eine staatsautoritäre Bedrohung ersten Ranges ihr Haupt.

Die im aktuellen Krisenzyklus in ganz Europa massenhaft, auf außerparlamentarischem Weg und demokratische Weise in Erscheinung tretenden sozialen Bewegungen sind mit einem Arsenal staatlicher Repressionsmittel konfrontiert, deren institutioneller Organisation, finanzieller Bemittelung und informationstechnischer Effizienz sie nichts Vergleichbares entgegenzusetzen haben. Die schon strukturell in der EU-Sicherheitsforschung angelegte Neigung zur exekutiven Ermächtigung straft die Behauptung, die europäische Integration ermögliche einen Zuwachs an Freiheit und Demokratie, so unverhohlen Lügen, daß kaum erstaunlich ist, wie einhellig der antidemokratische Charakter geheimdienstlicher Sondervollmachten im aktuellen Fall dies- wie jenseits des Atlantik verteidigt wird.

(wird fortgesetzt)


Fußnoten:

[1] http://www.kowi.de/en/Portaldata/2/Resources/fp7/coop/security-research-2009.pdf

1. November 2013