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BERICHT/236: Die Zwischentürkei - Diplomatie und Nebelbomben ... (SB)


Hegemoniales Kalkül - Freibrief für Erdogan

Veranstaltung "Sicherer Drittstaat Türkei?" am 11. April 2016 in Kiel


Bei der Veranstaltung "Sicherer Drittstaat Türkei?" im Kieler Landeshaus, zu der sich rund 150 interessierte Gäste einfanden, kam nach den Rechtsanwälten Levent Tüzel aus Istanbul und Cihan Ipek aus Diyarbakir der Leiter des Büros der Heinrich Böll Stiftung in Istanbul, Kristian Brakel, mit einem Vortrag zum Thema "Deutsche und europäische Interessenpolitik gegenüber der Türkei" zu Wort. Brakel, der das Büro seit Sommer 2015 leitet und davor lange Jahre für den diplomatischen Dienst der EU, das Auswärtige Amt und die UN im Nahen Osten tätig war, beleuchtete das umstrittene Flüchtlingsabkommen zwischen der EU und der Türkei unter drei Gesichtspunkten.


Blick aufs Podium über Köpfe des Publikums - Foto: © 2016 by Schattenblick

Kristian Brakel und Astrid Willer
Foto: © 2016 by Schattenblick

Mit Blick auf die außenpolitische Dimension räumte der Referent unumwunden ein, daß sich die Türkei in den letzten Jahren in Richtung einer "gelenkten Demokratie" entwickelt habe. Dennoch weise er die Kritik an dem Abkommen zurück, da man mit dessen Hilfe außenpolitische Gestaltungsmöglichkeiten gewinne, die andernfalls verlorengingen. Außenpolitisches Handeln werde von den Interessen der Staaten bestimmt, wobei man in dieser Hinsicht durchaus eine gewisse Deckungsgleichheit zwischen EU und Türkei erkennen könne. Im übrigen schließe die Bundesrepublik Abkommen mit Ländern wie Ägypten, in denen die Menschenrechtsverletzungen wesentlich schlimmer als in der Türkei seien, ohne daß ein Hahn danach krähe.

Diese Argumentation ruft zwangsläufig Kritik auf den Plan, da sie auf eine Zusammenarbeit mit bestimmten Regimes hinausläuft, ohne die zitierten Gestaltungsmöglichkeiten näher zu spezifizieren. Die Bundesrepublik beliefert den NATO-Partner Türkei mit Waffen, die dieser gegen seine Bevölkerung wie vor allem die Kurden einsetzt. Sie verfolgt linke Türken und Kurden auch hierzulande, statt sich für ein Ende der Repression einzusetzen. Und sie arbeitet mit der türkischen Regierung wie etwa bei der Sicherung der Grenze zu Syrien militärisch zusammen. Die Auslassungen des Referenten hinsichtlich einer näheren Bestimmung jener Interessen, die EU und Türkei teilen, dürften daher nicht von ungefähr kommen: Ginge man der Übereinkunft auf den Grund, träte die Komplizenschaft und Mitverantwortung für den repressiven Kurs der türkischen Regierung unverhohlen zutage.

Als zweite Dimension nannte Brakel die Frage eines EU-Beitritts der Türkei, der insbesondere von der Bundesregierung abgelehnt worden sei. Die AKP-Regierung habe anfangs großes Interesse an einem Beitritt zum Ausdruck gebracht und nennenswerte Reformen eingeleitet, sei angesichts der Zurückweisung später jedoch verbittert auf einen EU-fernen Kurs umgeschwenkt. Wenngleich dem Referenten zuzustimmen ist, daß die Vorbehalte gegen den Islam in der Bundesrepublik und anderen europäischen Ländern dazu beigetragen haben, die Türkei fernzuhalten, hätte man sich doch eine substantiellere Analyse gewünscht. Der damalige Vorschlag der Kanzlerin, der Türkei eine privilegierte Partnerschaft anzubieten, machte die Widerspruchslage deutlich: Berlin hat kein Interesse daran, die bevölkerungsreiche Türkei in die EU zu holen und damit die eigene Dominanz bei den europäischen Abstimmungsprozessen zu gefährden. Zugleich gedachte man Ankara mit einer solchen Partnerschaft einzubinden, welche die Türkei zur Erfüllung von Auflagen gezwungen hätte, ohne daß damit die Aussicht auf eine spätere Vollmitgliedschaft verbunden gewesen wäre.

In der Flüchtlingsfrage habe die türkische Regierung im Jahr 2011 die Tür für Menschen weit aufgemacht, die aus dem Nachbarland Syrien flohen, so Brakel. Nachdem Gespräche mit Assad gescheitert waren, habe die Türkei in einer humanitären Geste gegenüber Glaubensbrüdern zunächst versucht, das Problem ohne jede äußere Finanzierung und Unterstützung zu bewältigen. Als dann jedoch kein Ende des Krieges absehbar war, sei die Erdogan-Regierung nicht umhin gekommen, eine Lastenteilung mit der EU in Anspruch zu nehmen, was absolut angemessen sei. Das beiderseitige Interesse, den Deal zu erfüllen, eine die EU und die Türkei - ob er für die Flüchtlinge gut sei, stehe auf einem anderen Blatt, zog sich der Referent auf eine vorgebliche Ambivalenz zurück, das Abkommen bereite ihm zwar Bauchschmerzen, sei aber die außenpolitisch unverzichtbare Option.

Wenn die EU im Zuge des Abkommens Visa-Freiheit für türkische Staatsbürger in Aussicht stelle, könne von einer Erpressung seitens der Türkei keine Rede sein. Vielmehr handle es sich um ganz normale Schritte im Zuge eines Wiederankurbelns des EU-Beitrittsprozesses, das zwar um mehrere Jahre zu spät komme, aber dennoch vom Prinzip her zu begrüßen sei. Die Vorstellung, daß künftig zahlreiche Türkinnen und Türken Asyl in der EU beantragen könnten, sei völlig absurd. Denn ungeachtet aktueller wirtschaftlicher Probleme gehe es den Menschen in der Türkei heute besser als noch vor fünfzehn Jahren.

Was die Wirksamkeit des Abkommens betreffe, sei das eigentliche Problem die fehlende Bereitschaft vieler EU-Mitgliedsstaaten, die Verteilung der vor allem in Italien und Griechenland konzentrierten Flüchtlinge mitzutragen. Gemessen am gesamten Flüchtlingsaufkommen sei die geringe Zahl, die aufzunehmen Europa sich weigere, geradezu absurd. Die Entwicklung der zurückliegenden Monate habe offengelegt, wie zerstritten die EU sei, die auseinanderzubrechen drohe. Die Finanzkrise in Griechenland, der mögliche Austritt der Briten, das Referendum in den Niederlanden und das Erstarken rechter Kräfte in den Bundesländern, aber mehr noch in Ungarn oder Polen, erfordere eine Antwort. Auch wenn diese moralisch zweifelhaft sei, müsse sie doch gegeben werden, darin stimme er mit der Kanzlerin überein, so der Referent.

Weder sei die EU gegenwärtig in der Lage, weitere Mitglieder aufzunehmen, noch habe die Türkei ein Interesse an einem Betritt zu den Konditionen der Europäer. Wenngleich Ankara engere wirtschaftliche Beziehungen insbesondere zu Deutschland begrüßen würde und endlich auf gleicher Augenhöhe behandelt werden wolle, dulde es keine Einmischung hinsichtlich der Menschenrechtslage. Beiden Seiten sei klar, daß ein Prozeß der Annäherung derzeit nicht bis zum Ende durchgetragen werden könne, und deshalb lediglich ein symbolischer Schritt sei. Erdogan stehe zu Recht auf dem Standpunkt, daß Europa die Flüchtlinge im Mittelmeer ertrinken lasse, Tränengas auf sie abfeuere und sich vor ihnen abschotte, weshalb es den moralischen Anspruch verwirkt habe, andere zu belehren. Während die Türkei die Flüchtlinge aufgenommen habe und sie versorge, seien die Europäer nur daran interessiert, ihre eigene Haut zu retten. Die Strahlkraft Europas, so der Referent, sei auf Jahrzehnte geschädigt worden. Es werde sehr schwer sein, den Kern der demokratischen Werte zurückzuerlangen.


Kristian Brakel am Rednerpult - Foto: © 2016 by Schattenblick

Apologetisches mit Vehemenz präsentiert
Foto: © 2016 by Schattenblick

Wenn Brakel demokratische Errungenschaften als Wesenskern der EU proklamiert, kolportiert er die gängige Ideologie, sieht aber von jeglichen ökonomischen und politischen Zwecken und Zielsetzungen dieses Wirtschaftsraums und seiner einflußreichsten nationalstaatlichen Akteure ab. Als Projekt der stärksten Staaten konzipiert und perfektioniert, einem freien Kapitalverkehr den Weg zu bereiten, nicht jedoch soziale Standards zu heben, dient es auf Grundlage des unterschiedlich entwickelten Produktivitätsniveaus einerseits der Zugriffsentwicklung auf die schwächeren Mitgliedsländer und andererseits Vorteilen in der internationalen Konkurrenz. Die EU an ihren selbsterklärten demokratischen Standards zu messen, mag opportun erscheinen, geht aber einem Mythos auf den Leim, der den expansiven und aggressiven Charakter dieses Bündnisses vernebelt.

Was den humanitären Charakter der Aufnahme syrischer Kriegsflüchtlinge in der Türkei betrifft, so sollte nicht vergessen werden, daß die AKP-Regierung selbst massives Interesse an einem Regimewechsel in Syrien bekundet hat und im Falle des nordsyrischen Kurdengebietes Rojava auch nicht davor zurückschreckt, eine ganz und gar nicht humanitäre Grenzblockade zu errichten, mit der das dort verfolgte Ziel, ein demokratisch selbstverwaltetes Gebiet innerhalb Syriens unter Einbeziehung der arabischen Bevölkerung zu etablieren, torpediert werden soll. Die türkische Regierung ist zumindest mittelbar Akteur in diesem Krieg, wie auch ihre einseitige, den IS schonende, syrische Kurden und die Assad-Regierung jedoch bekämpfende Politik zeigt. Nicht zuletzt können Flüchtlinge auch dort für machtpolitische Zwecke instrumentalisiert und humanitär lediglich bemäntelt werden.

Als dritte Dimension des Flüchtlingsabkommens führte der Referent den menschenrechtlichen Aspekt an. Es verstoße massiv gegen humanitäres Völkerrecht, indem es die Konventionen ausheble, wonach schutzbedürftigen Menschen ein Recht auf Asyl zu gewähren sei. Da Griechenland die große Zahl an Flüchtlingen nicht bewältigen könne, häuften sich die Fälle, in denen Flüchtlinge mit oder ohne Asylantrag in die Türkei zurückgeführt werden. Laut Amnesty International würden zudem Syrerinnen und Syrer aus der Türkei ins Kriegsgebiet zurückgeschickt. Ihm seien aus seinem persönlichen Bekanntenkreis solche Vorkommnisse bekannt. Grundsätzlich sei die Grenze zu Syrien bereits seit geraumer Zeit so gut wie geschlossen. Die EU habe seines Erachtens bewußt keinen Mechanismus der Kontrolle eingerichtet, weil sie von derartigen Verstößen in wachsender Zahl ausgehe.

Die drei bis sechs Milliarden Euro zur Bewältigung des Flüchtlingsproblems in der Türkei seien dennoch gut angelegt, so der Referent. Wenngleich registrierte syrische Flüchtlinge eine Arbeitserlaubnis beantragen und das Gesundheitssystem in Anspruch nehmen könnten, gebe der Arbeitsmarkt eine Integration zahlreicher weiterer Menschen nicht her. Investitionen seien insbesondere dafür erforderlich, daß Flüchtlingskinder zur Schule gehen können. Die Türkei sei nicht darauf eingestellt, ein Einwanderungsland zu sein, zumal Minderheiten im Land dem Staatsverständnis zufolge für nichtexistent erklärt würden. Daß drei Millionen Flüchtlinge auf Jahrzehnte oder gar dauerhaft bleiben könnten und damit die Kultur verändern würden, sei völliges Neuland und werde zu Auseinandersetzungen führen.

Mit dem Spagat, es müsse aus realpolitischen Gründen prinzipiell ein Abkommen geben, "nur nicht dieses", weshalb die EU bei der Verbesserung der menschenrechtlichen Aspekte nachzusteuern habe, zog Brakel ein in seinem vorgehaltenen Zwiespalt aufschlußreiches Fazit. Der strategische Ansatz der Kanzlerin, Europa im Dienst ungebrochener deutscher Hegemonie zusammenzuhalten und die Abschottung vor Flüchtlingen an die Türkei zu delegieren, läuft auf einen Freibrief an das Erdogan-Regime hinaus, im eigenen Land nach Belieben zu verfahren. Die von Brakel angemahnte Nachbesserung des Abkommens erweist sich im günstigsten Fall als Tropfen auf den heißen Stein der Flüchtungsabwehr und Repression, sehr viel eher jedoch als Fiktion, die die hochgradige Interessenübereinstimmung der Regierungen in Berlin und Ankara verschleiern soll.


An hohen Tischen zur Diskussion - Foto: © 2016 by Schattenblick

Levent Tüzel, Murat Kaya, Astrid Willer, Kristian Brakel, Cihan Ipek
Foto: © 2016 by Schattenblick


Parteinahme statt Ambivalenz

In der anschließenden Diskussion bot Levent Tüzel den lavierenden Ausführungen des dritten Referenten energisch Paroli, indem er noch einmal unterstrich, daß die Türkei kein sicherer Drittstaat sei. Merkel und die EU seien in alle Straftaten verwickelt, die Erdogan und sein Staat begangen hätten. Das Regime habe den IS unterstützt, um Assad zu stürzen und den kurdischen Aufbau in Rojava zu zerschlagen. Jetzt verübe der IS blutige Anschläge in der Türkei. Die türkische Regierung lasse Menschen ermorden, wochenlange Ausgangssperren verhängen, Kritiker verhaften, Schriftsteller und Karikaturisten mundtot machen. Wer sich für Verfolgte einsetze, werde als Terrorist bezeichnet und drangsaliert. Doch die EU verschließe die Augen vor den Vorgängen in der Türkei. International gesehen werde Krieg geführt, an dem Deutschland beteiligt sei und der Menschen zwinge, ihre Länder zu verlassen. Dafür seien die kapitalistischen und imperialistischen Staaten verantwortlich, die aufhören müßten, sich in Länder wie Syrien einzumischen.

Diese erfrischende Klarheit der Argumente reizte Brakel zum Einwand: Wenngleich er die Auffassung teile, daß der Krieg in Syrien beendet werden müsse, könne doch niemand eine befriedigende Antwort darauf geben, wie das geschehen soll. Er könne nicht verstehen, daß Tüzel so leidenschaftlich für den Schutz der Menschen in der Türkei streite, es aber anscheinend in Ordnung finde, wenn das Regime in Syrien seine eigene Bevölkerung massakriere. Diesen Krieg habe nicht der Westen angefangen, sondern das Assad-Regime.


Levent Tüzel und Murat Kaya sowie Kristian Brakel und Cihan Ipek - Fotos: © 2016 by Schattenblick Levent Tüzel und Murat Kaya sowie Kristian Brakel und Cihan Ipek - Fotos: © 2016 by Schattenblick

Kontrovers und erhellend
Fotos: © 2016 by Schattenblick

Dieses kaum kaschierte Plädoyer für eine sogenannte humanitäre Intervention seitens der westlichen Mächte blieb im Publikum nicht unwidersprochen. Ob er sich etwa in eine Rechtskurve lege, an deren Ende die schwarz-grüne Koalition auf Bundesebene vermutet werde, wurde Brakel gefragt. Davon abgesehen zeige eine Studie des Migrationspolitischen Forschungszentrums der Universität Ankara, daß die Vorbehalte gegenüber Flüchtlingen in der türkischen Gesellschaft wachsen und daher gewaltsame Konflikte zu befürchten seien. Die EU verspreche der Türkei mit dem Abkommen, daß sie von den 2,7 Millionen syrischen Flüchtlingen vielleicht 78.000 loswerden könne. Werde die Türkei damit nicht unter dem enormen Risiko alleingelassen, daß ein rassistisches Gewaltpotential eskaliert?

Darauf erwiderte Brakel, daß die islamistische Regierungpartei zwar eine religiöse Umformung im Erziehungswesen fördere, jedoch die Schreckensvision einer Theokratie ähnlich der des Iran nichts mit der Realität zu tun habe. Der Staat sei seit Gründung der Republik autoritär und gewalttätig. Es habe wechselnde Phasen gegeben, doch ein kemalistisches Wunderland sei er nie gewesen. Wenngleich ihm die HDP in vielen Punkten näher liege, seien deren Politiker mit Blick auf Rassismus und Ablehnung der Flüchtlinge am schlimmsten. Das Hauptproblem sei nicht der Islamismus, sondern der Nationalismus in allen Parteien, auch in der HDP, wo er lediglich kurdisch gefärbt sei.

Dieser Egalisierung, die den massiven Angriff der türkischen Regierung auf die Kurden nahezu auf ein beiderseitiges Problem mit überzogenem Nationalismus reduziert, hielt Tüzel entgegen, daß der Erfolg der HDP am 7. Juni 2015 das Präsidialsystem verhindert habe. Es sei die Rede davon gewesen, die kurdische Frage demokratisch und in Freiheit zu lösen, wofür die HDP große Sympathien erfahren habe. Erdogan habe den Erfolg der HDP gefürchtet und jegliches Eintreten für die Kurden mit dem Terrorverdikt belegt. Am 10. Oktober sei eine große Demonstration vom IS angegriffen worden, wovon die Regierung gewußt habe. Die beiden Attentäter seien unter ständiger Beobachtung des Geheimdienstes aus Syrien nach Gaziantep und von dort nach Ankara gereist. Ministerpräsident Davutoglu habe hinterher unverhohlen erklärt, daß die AKP von solchen Anschlägen profitieren könne. Das bestätigte sich bei der Nachwahl, da die AKP wieder allein die Regierung übernehmen konnte. Versammlungen wurden verboten, Demonstrationen nicht erlaubt, die Nevroz-Feierlichkeiten mit Ausnahme Diyarbakirs untersagt. Man spüre überall im Land ein autoritäres Regime, eine Diktatur, so Tüzel.

Cihan Ipek verwarf die Auffassung, daß man die Türkei erst dann in die EU aufnehmen dürfe, wenn sie die Kurdenfrage gelöst habe. Er halte umgekehrt den Beitritt zur EU auch für eine Lösung der kurdischen Frage auf einer demokratischen Basis. Führe man die Gespräche und Verhandlungen mit der Türkei nicht weiter, werde sich der Konflikt im Land noch mehr radikalisieren. Die Probleme müßten jedoch auf demokratischem Weg und mit friedlichen Methoden gelöst werden. Wenngleich die Häuser in den kurdischen Städten zweifelsfrei durch Artilleriebeschuß zerstört worden seien, müsse man auch sagen, daß sie zuerst für autonom erklärt und mit Barrikaden versehen worden und erst daraufhin die Panzer eingerollt seien. Für diese Autonomieerklärung gebe es keine juristische Grundlage, und kein souveräner Staat würde so etwas zulassen.


Levent Tüzel, Murat Kaya und Astrid Willer - Foto: © 2016 by Schattenblick

Die Vertreterin des Flüchtlingsrates Schleswig-Holstein führte durch den Abend
Foto: © 2016 by Schattenblick

Das mochte Levent Tüzel nicht unwidersprochen stehenlassen. Er könne das Argument nicht teilen, daß die Barrikaden in den kurdischen Städten der Grund für die Angriffe gewesen seien. Sie seien seines Erachtens vielmehr als Vorwand ins Spiel gebracht worden, als die türkische Regierung weder die Kurden in Syrien noch im eigenen Land unter Kontrolle gebracht habe. Die Jugendlichen wollten nicht ohne Verhandlung ins Gefängnis geworfen werden und dort sterben, deshalb hätten sie Barrikaden errichtet. Erdogan habe das Türkentum wieder auf die Tagesordnung gesetzt, Wirtschaftkrise und Terror riefen auch in der Türkei Nationalismus auf den Plan. Nur eine breite nationale wie internationale Solidarität der Unterdrückten gleich welcher Herkunft könne dem etwas entgegensetzen.


Disputanten und Mitreisende vor Kieler Landeshaus - Foto: © 2016 by Schattenblick

Gruppenbild anläßlich eines denkwürdigen Treffens
Foto: © 2016 by Schattenblick


Veranstaltung "Sicherer Drittstaat Türkei?" in Kiel im Schattenblick
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BERICHT/234: Die Zwischentürkei - nicht sicher, nicht frei ... (SB)
http://www.schattenblick.de/infopool/politik/report/prbe0234.html

BERICHT/235: Die Zwischentürkei - Sippenhaft und Bürgerkrieg ... (SB)
http://www.schattenblick.de/infopool/politik/report/prbe0235.html

INTERVIEW/312: Die Zwischentürkei - taktische Spiele, strategische Ziele ...    Martin Link im Gespräch (SB)
http://www.schattenblick.de/infopool/politik/report/prin0312.html

INTERVIEW/313: Die Zwischentürkei - ethnozidale Zielstrebigkeit ...    Cihan Ipek im Gespräch (SB)
http://www.schattenblick.de/infopool/politik/report/prin0313.html

28. April 2016


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