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BERICHT/293: Der Marsch der Kurden - ausmanövriert ... (SB)


Demonstration "No Pasaran!" am 4. November 2017 in Düsseldorf

Der Kameramann eines öffentlich-rechtlichen Senders mit Blick fürs Detail richtet sein Objektiv auf ein Bild Abdullah Öcalans, das vor ihm auf der Straße liegt. Ein gut zwölf Meter entfernter kurdischer Ordner geht quer über den Platz auf den Fotografen zu, nimmt das Bild an sich und verhindert so, daß es weiter abgefilmt wird. Diese beiläufige Episode am Rande des jüngsten Protestes der kurdischen Freiheitsbewegung illustriert das Verhältnis einer Bevölkerung in bedrängter Lage zu einem Menschen, den sie als Vorbild, Anführer, Ideengeber und Visionär verehrt. Sein Bild in wortwörtlicher Weise in den Dreck zu ziehen und daraus auch noch eine Bildersequenz zu machen, die auf symbolträchtige Weise die Geschichte ihres Widerstandes als eine des Scheiterns und der Vergeblichkeit inszeniert, ist für sie schlichtweg inakzeptabel.



Transparent No Pasaran! - Foto: © 2017 by Schattenblick

An die Geschichte internationalistischen Widerstandes anknüpfen
Foto: © 2017 by Schattenblick

Die Bundesrepublik ist mit dem NATO-Staat Türkei aufs engste verbündet, das betrifft die deutsche Hegemonialpolitik im Nahen und Mittleren Osten wie die Rolle der Bundeswehr in den Kriegen der Region, den Kapital- und Warenverkehr zwischen beiden Staaten, die eminent wichtige Rolle der Türkei bei der europäischen Flüchtlingsabwehr und nicht zuletzt die Unterstützung des Repressionsapparates der AKP-Regierung durch deutsche Sicherheitsbehörden. So werden mutmaßliche Mitglieder der PKK hierzulande auf Anweisung des Bundesjustizministeriums als Terroristen vor Gericht gestellt und inhaftiert, nicht weil sie militante Aktionen in Deutschland durchgeführt oder zur Gewalt aufgerufen hätten, sondern schlicht aufgrund des sogenannten Organisationsstraftatbestandes nach Paragraph 129 b. Obwohl offenkundig ist, daß der Abbruch des Friedensprozesses in der Türkei von Erdogan provoziert wurde, um die kurdische Partei HDP im Wahlkampf unter die Zehn-Prozent-Hürde zu drücken, besteht die Bundesregierung auf der politischen Verfolgung der kurdischen Freiheitsbewegung.

Eine Regierung, die mehrheitlich von KurdInnen bewohnte Städte als angebliche Maßnahme der Terrrorismusbekämpfung in Schutt und Asche legt, die die Medien mit Hilfe von Kollaboration und Repression unter ihre Kontrolle gebracht hat und fast über ein Meinungsmonopol verfügt, in deren Knästen Zehntausende politische Gefangene sitzen und deren Gerichte nach der Entlassung angeblicher Gülen-AnhängerInnen mit systemopportunen RichterInnen besetzt sind, definiert nach eigenem Gutdünken, wen sie als Terrorist verfolgt und wer stets frei vom Verdacht der Terrrorismusunterstützung bleibt. Die deutsche Bundesregierung übernimmt diese Definition, ohne den Argumenten der Betroffenen, die die Aufhebung des PKK-Verbotes verlangen, auf nur halbwegs unparteiische Weise zur Geltung verhelfen.


Transparent Lasst uns die Totalisolation Öcalans durchbrechen! - Foto: © 2016 by Schattenblick

Foto: © 2016 by Schattenblick

Die PKK hat vor 15 Jahren den Wandel von einer marxistisch-leninistischen Kaderorganisation zur Verfechterin eines basisdemokratisches Rätesystems vollzogen, das im nordsyrischen Rojava bereits praktiziert wird. Sie strebt die Verwirklichung emanzipatorischer, sozialer und ökologischer Ideale in einer Region mit stark patriarchaler Kultur an, was auf der Basis des demokratischen Konföderalismus ein Entwicklungsmodell für die von Kolonialismus und Imperialismus zutiefst zerrissene Region bedeuten könnte.


Transparent 'Freiheit für alle politischen Gefangenen' - Foto: © 2017 by Schattenblick

Foto: © 2017 by Schattenblick

Diesem reibungsintensiven Verhältnis von staatstragender Machtpolitik und sozialer Befreiung war der Aufruf von über 40 kurdischen, migrantischen und linken Organisationen zu einer europaweiten Demonstration in Düsseldorf am 4. November 2017 geschuldet. "No Pasaran! Kein Fußbreit dem Faschismus! Schluß mit den Verboten kurdischer und demokratischer Organisationen aus der Türkei! Freiheit für Abdullah Öcalan und alle politischen Gefangenen!" - der Forderungskatalog betrifft die Aufhebung der permanenten Unterdrückung kurdischer Eigenständigkeit in der Türkei wie in der Bundesrepublik. Wie sehr diese eingeschränkt ist, zeigen auch die Verbote im Vorfeld der Demonstration. Die zahlreiche Symbole kurdischer Organisationen betreffende Verbotsverfügung, die Bundesinnenminister Thomas de Maizière im März 2017 noch einmal verschärft hat und die insbesondere das öffentliche Zeigen des Gesichts von Abdullah Öcalan betrifft, steht im Mittelpunkt einer Staatswillkür, die bis zum Verbot des Verkaufes von Essen und Getränken reicht.


Mitglieder verschiedener linker und ökologischer Parteien mit Fahnen - Fotos: © 2017 by Schattenblick Mitglieder verschiedener linker und ökologischer Parteien mit Fahnen - Fotos: © 2017 by Schattenblick

Sozialistisch, antifaschistisch, sozialökologisch, antipatriarchal - türkische und kurdische Linke vereint
Fotos: © 2017 by Schattenblick

Unerschrocken zogen am Sonnabend zwischen 15.000 und 20.000 DemonstrantInnen an zwei verschiedenen Sammelpunkten los, um in der Düsseldorfer Innenstadt zusammenzutreffen. Anschließend sollte es über die Oberkasseler Rheinbrücke auf die andere Seite des Rheines gehen, wo auf den Rheinwiesen die Abschlußkundgebung stattfinden sollte. Über den Treffpunkt in der Breiten Straße kamen die beiden Züge jedoch nicht hinaus. Zum Verhängnis wurde ihnen die Durchsetzung eines Bilder- und Symbolverbotes, dessen politisch diskriminierender Charakter schon deshalb offenkundig ist, weil es viele internationalistische, antifaschistische und im Kampf gegen den IS aktive Organisationen trifft.

Anlaß für die Blockade der Demonstration, die zeitweise einer Einkesselung glich, waren eben jene Fahnen mit dem Gesicht Öcalans, die auf der Königsallee fast zum gleichen Zeitpunkt in tausendfacher Menge hervorgeholt wurden. Von da an marschierte der Demonstrationszug, der in der Nähe des Düsseldorfer Hauptbahnhofes losgegangen war, unter einem Meer von Öcalanfahnen, was die Stimmung der DemonstrantInnen merklich hob. Gefragt, ob er nicht befürchte, wie bei früheren Protesten schon geschehen, im Anschluß an die Demonstration wegen der Mißachtung des Bilderverbotes strafverfolgt zu werden, antwortet ein Mann, man sei so oder so tot, wenn man sich der Unterdrückung beugt.


Drei Serienbilder der Demonstration - Fotos: © 2017 by Schattenblick Drei Serienbilder der Demonstration - Fotos: © 2017 by Schattenblick Drei Serienbilder der Demonstration - Fotos: © 2017 by Schattenblick

Demonstration zieht von der Kniebrücke Richtung Innenstadt
Fotos: © 2017 by Schattenblick

Immer wieder traf der SB bei Gesprächen mit DemonstrantInnen auf Unverständnis und Bitterkeit angesichts der gegen sie gerichteten Maßnahmen. Viele verglichen die Unterdrückung der kurdischen Freiheitsbewegung in Deutschland mit den repressiven Verhältnissen in der Türkei, einige hoben hervor, daß die kurdische Bewegung weder in den USA noch in Rußland vergleichbare Repressalien zu erleiden hätte. Auch die Aussage, daß man eigentlich gar nicht demonstrieren wollte, sich aber zum Protest genötigt sehe, war mehrmals zu vernehmen.

So ergab sich für Tausende von DemonstrantInnen ein mehrstündiger, nur durch die Einstellung des Protestes für die legale Nutzung kurdischer Symbole zu beendender Aufenthalt in einer Düsseldorfer Straßenschlucht. Wo die Breite Straße von der Trinkaustraße und der Grabenstraße gekreuzt wird, baute sich die Polizei mit mehreren Reihen behelmter PolizistInnen, mit Wasserwerfer und einer Reiterstaffel im Hintergrund, auf und ließ keinen Demonstranten mehr durch. Zwar wurde der Protestzug aufgehalten, doch weil die Menschen die verbotenen Fahnen nicht einrollen wollten, richteten sie sich für mehrere Stunden in großer Enge häuslich ein. Sprechchöre, Reden und Tänze lockerten die Atmosphäre auf, die zugleich aufgrund dieser Bewegungseinschränkung stark aufgeladen war. Insbesondere für ältere Menschen und Kinder stellte die Situation eine große Belastung dar, aber auch viele andere DemonstrantInnen waren empört und traurig darüber, daß der deutsche Staat, dessen Außenminister am gleichen Tag mit seinem türkischen Kollegen bei einem freundschaftlichen Beisammensein in der Türkei gezeigt wurde, seine repressive Macht einmal mehr einseitig gegen kurdische Menschen richtete.


Polizei und DemonstrantInnen mit Fahnen - Fotos: © 2017 by Schattenblick Polizei und DemonstrantInnen mit Fahnen - Fotos: © 2017 by Schattenblick

Zwischen Blockade und Kessel
Fotos: © 2017 by Schattenblick

Einige Würfe mit den Stangen der Fahnen auf die Polizei wurden von dieser mit Reizgas und der Drohung, den Wasserwerfer einzusetzen, quittiert. Es kam zu Festnahmen und Rangeleien, wollten sich einige Jugendliche doch nicht kampflos aufhalten lassen. Die OrdnerInnen der kurdischen Dachorganisation NAV-DEM verhinderten, daß eine regelrechte Straßenschlacht ausbrach. Wäre die Masse der DemonstrantInnen geschlossen gegen die Blockade der Polizei vorgegangen, dann wäre diese zweifellos, wenn auch unter Verlusten, durchbrochen worden. Daß es dazu nicht kam, widerlegt Behauptungen über eine Aggressivität kurdischer DemonstrantInnen, die kein Maß und keine Grenzen kenne.

Ab 17.00 Uhr löste sich die Demo sehr langsam auf. Viele DemonstrantInnen waren mit Bussen von weither angereist, um einen Nachmittag auf dem nackten Asphalt einer unwirtlichen, von Geschäftsgebäuden gesäumten Straße zu verbringen. Hatte der Bundesinnenminister noch in seiner Verbotsverfügung von einem "erheblichen Emotionalisierungseffekt" gesprochen, der von kurdischen Symbolen und Öcalan-Porträts ausgehe, so stellte sich dieser erst recht nach der Durchsetzung des Bilderverbotes ein. Sind die kurdischen Symbole und die Öcalan-Bilder "in besonderer Weise geeignet, den in Deutschland verbotenen Zusammenhalt der PKK zu fördern" [1], dann spricht De Maizière mit diesen Worten aus, worum es geht, wenn solidarische Strukturen zerschlagen werden. Zusammenhalt ist verboten, denn er könnte sich ja gegen Staat und Kapital, gegen Ausbeutung und Unterdrückung richten.


Verhaftungsszenen - Fotos: © 2017 by Schattenblick Verhaftungsszenen - Fotos: © 2017 by Schattenblick Verhaftungsszenen - Fotos: © 2017 by Schattenblick

Der verlängerte Arm ...
Fotos: © 2017 by Schattenblick

Deutsche Hegemonialpolitik auf dem harten Asphalt Düsseldorfs

Dasselbe Geschehen aus einer zweiten Perspektive. Der hoch über der Düsseldorfer Innenstadt drohend auf der Stelle brummende Polizeihubschrauber weist den Weg. Eiligen Schrittes durch das samstägliche Konsumgeschiebe der Friedrichsstraße. Dann im Übergang zur Breiten Straße Blaulicht, Polizeifahrzeuge quergestellt, Schwarzmonturen zur Postenkette aufgereiht, plötzlich in einer anderen Welt. Das Ende des Demonstrationszuges, der nicht mehr von der Stelle kommt. Männer, Frauen, Kinderwagen, Lautersprecherdurchsagen, Fahnenmeer, vielstimmig skandierte Forderungen und Gesänge, friedlich, doch entschieden. Eingekeilt zwischen aufragenden Häuserfluchten, rechts bis an die Wand gedrängt, linkerhand Polizeikordon, kurdische Ordner in rotorangenen Westen, dazwischen ein enger Durchgang, wenige verirrte Passanten. Auf dem mühsamen Weg nach vorn immer mehr Familien, die ihre Kinder in Sicherheit bringen, Menschen in Nischen kauernd, Pfeffersprayopfer schmerzgepeinigt. Schließlich die behelmte Polizeifront in Sicht, Schlagstock und Reizgas im Einsatz. Werden die vordersten Reihen des Demozuges einige Schritte zurückgedrängt, setzt sich der Druck durch die einkesselte Menschenmenge nach hinten fort, die nicht ausweichen kann und in qualvoller Enge an die Wand gedrückt wird.


Plakat zur Befreiung Öcalans - Foto: © 2017 by Schattenblick

Bislang vergeblicher Appell
Foto: © 2017 by Schattenblick

Durch die sich kaum noch öffnende Gasse zurück bis ans Ende des Zuges, um den Häuserblock herum und durch eine Querstraße bis an eine Polizeikette, die den Zugang zur Zone der Auseinandersetzung versperrt. Etliche Kurdinnen und Kurden außerhalb des Kessels, die sich nicht einschüchtern lassen, Sprechchöre anstimmen. Eine kleine betagte Frau, dicht vor einem riesigen Polizisten, der ihr Enkel sein könnte: "Terrorist Erdogan", schreit sie ihn immer wieder wütend an. Zivilpolizisten mit Funkknopf im Ohr, hinterrücks rücken weitere Einsatzkräfte durch die Seitenstraße an. Einige wenige nichtkurdische Menschen, die sich solidarisch zeigen, pöbelnde Einkäufer aller Semester, die hier nicht weiterkommen und die DemonstrantInnen beschimpfen. Immer wieder pfeffersprayverletzte Menschen, eine reglos ausgestreckte junge Frau, die von sechs Ordnern im Laufschritt zu einem Rettungswagen getragen wird, der viel zu weit entfernt steht. Warum diese äußerst spärliche notärztliche Bereitschaft angesichts der erwarteten Zehntausenden Demonstranten?


Überwachungsmaßnahmen - Fotos: © 2017 by Schattenblick Überwachungsmaßnahmen - Fotos: © 2017 by Schattenblick Überwachungsmaßnahmen - Fotos: © 2017 by Schattenblick

Der panoptische Staat im operativen Einsatz
Fotos: © 2017 by Schattenblick

Ein riesiger blauer Wasserwerfer fährt auf. Die Polizeitruppe formiert sich noch dichter. Lautsprecherdurchsage, die "verbotenen Symbole" sofort zu entfernen, andernfalls werde diese strafbare Handlung polizeilich unterbunden. Eine gewaltsame Räumung liegt in der Luft, die in diesem Kessel katastrophale Folgen hätte. Schließlich rollt der Wasserwerfer wieder einige Meter zurück, die Eskalation scheint abgewendet, doch bleibt die Lage über Stunden angespannt. Gelegenheit für einige Gespräche am Rande des Geschehens.


Szenen der Blockade in der Breiten Straße von oben - Fotos: © 2017 by Schattenblick Szenen der Blockade in der Breiten Straße von oben - Fotos: © 2017 by Schattenblick Szenen der Blockade in der Breiten Straße von oben - Fotos: © 2017 by Schattenblick

Standoff Breite Straße
Fotos: © 2017 by Schattenblick

Stimmen streitbarer Solidarität

(Zusammengefaßter Wortlaut der Stellungnahmen verschiedener DemonstrantInnen in jeweils einem Absatz)

Wir fordern Freiheit für Abdullah Öcalan. Er sitzt isoliert im Gefängnis, und wir wissen nicht einmal, ob er noch lebt. Wenn kurdische Menschen demonstrieren, tragen sie deshalb immer sein Bild und seinen Namen auf Fahnen und Transparenten mit. Er ist unser Symbol und Anführer. Wenn deutsche Journalisten in der Türkei verhaftet werden, interveniert die deutsche Regierung sofort. Wir haben auch viele Journalisten und andere Menschen im Gefängnis. Die Fahnen müssen oben bleiben!


Demonstrant vor Transparent 'Unsere Waffe ist die Solidarität' - Foto: © 2017 by Schattenblick

Gesicht zeigen, auch wenn alles dagegen spricht
Foto: © 2017 by Schattenblick

Die Bundesregierung hat in jüngster Zeit das Verbot aller kurdischen Symbole massiv verschärft, darunter auch solche, die früher mitgeführt werden durften. Die Polizei hat zunächst abgewartet, bis der Moment günstig war, und die Menschen hier eingekesselt. Weder eine Sitzblockade, noch Gespräche der Demoleitung mit der Polizei führten dazu, daß der Zug weitergehen konnte. Die Polizisten setzten Schlagstöcke und Pfefferspray ein, was dann von einigen DemonstrantInnen beantwortet wurde. Ich habe selbst viele Verletzte zum Krankenwagen gebracht. Erst war nur einer da, dann kamen noch drei dazu. Das ist viel zu wenig für über 10.000 hier versammelte Menschen. Die Polizei hat nicht deeskaliert, sondern ist sehr aggressiv vorgegangen. Das finde ich sehr bedauerlich. Viele kurdische Menschen hier fühlen sich inzwischen an die Zustände in der Türkei unter Erdogan erinnert. Ich selber als Kurde, der in der Deutschland aufgewachsen ist, sehe angesichts des Polizeistaats in beiden Ländern inzwischen keinen Unterschied mehr.


Gelbe Öcalan-Fahnen - Fotos: © 2017 by Schattenblick Gelbe Öcalan-Fahnen - Fotos: © 2017 by Schattenblick

Massenaktion der Sichtbarkeit
Fotos: © 2017 by Schattenblick

Die deutsche Politik macht sich zum Handlanger Erdogans. Die Einstufung der PKK als terroristisch war ursprünglich ein Geschenk Helmut Kohls an die Türkei, um deren EU-Beitritt anzubahnen. Das setzte sich über die Jahre weiter fort und wird heute durch den Pakt mit der Türkei als NATO-Mitglied und wegen der Flüchtlingsfrage noch verschärft. Nun fallen auch die YPG und JPG unter dieses Verbot, obwohl sie in Syrien gegen denn IS kämpfen und maßgeblich an der Befreiung Rakkas beteiligt waren. Diese Menschen opfern ihr Leben, und hier wird es ihnen mit Schlagstöcken und Tränengas gedankt. Das wird immer so weitergehen, bis die Menschen in Deutschland begreifen, daß die Kurden die einzige Kraft in der gesamten Region sind, die für ein demokratisches, freies und friedliches Zusammenleben der Menschen einsteht, und dies nicht allein für sich, sondern für alle Menschen, gleich welchen Glaubens oder welcher Herkunft. Es ist sehr bedauerlich, wie die Bundesregierung handelt.


Fahne von Frauenorganisation und Bild einer politischen Gefangenen - Fotos: © 2017 by Schattenblick Fahne von Frauenorganisation und Bild einer politischen Gefangenen - Fotos: © 2017 by Schattenblick

Mit Geschwisterlichkeit bis in die Knäste ...
Fotos: © 2017 by Schattenblick

Die Demo wurde unter dem Motto "Freiheit für Abdullah Öcalan" genehmigt. Erst heute morgen wurde verfügt, daß alle Symbole verboten werden. Die Polizei ist exzessiv vorgegangen und hat sogar Ordner mit Pfefferspray angegriffen, die zu vermitteln versuchten, obwohl sie mit ihren roten Westen ganz klar zu erkennen sind.

Viele Kurden sind aus der Türkei geflohen, doch hier werden sie abgeschoben oder verfolgt. Gestern war Erdogan für die deutsche Regierung ein Autokrat, heute arbeitet sie wieder mit ihm zusammen. Viele Menschen in Deutschland wissen, was die Kurden in Syrien leisten. Es ist die Politik, zusammen mit den Profitinteressen, die für diese Angriffe hier sorgen.


Banner und Öcalan-Fahnen - Fotos: © 2017 by Schattenblick

Verbotenes Tuch
Fotos: © 2017 by Schattenblick

Es ist doch paradox, daß eine Demonstration für die Freiheit eines inhaftierten Menschen genehmigt wird, aber dessen Bild und Namen nicht gezeigt werden dürfen. Es wäre seitens der Polizei durchaus möglich gewesen, eine Deeskalation herbeizuführen und ihre Forderung nicht durchzusetzen. Statt dessen wurden sogar Menschen angegriffen, die noch nicht einmal solche Symbole mitführten.

Viele Menschen in Deutschland sehen, daß der Entwurf der Kurden mit den Freiheitsrechten der Frauen und vielem mehr fortschrittlich und zu begrüßen ist. Andererseits profitieren wir alle, und das schließt mich als hier geborenen Kurden ein, von den Kriegen und der gesamten Außenpolitik der Bundesregierung. Deshalb wenden sie nichts dagegen ein, wenn kurdische Menschen auch in Deutschland verfolgt werden.


Trommler und Menschenpyramide - Fotos: © 2017 by Schattenblick Trommler und Menschenpyramide - Fotos: © 2017 by Schattenblick

Widerstand selber machen
Fotos: © 2017 by Schattenblick


Fußnote:

[1] https://www.neues-deutschland.de/artikel/1044403.bundesinnenminister-verbietet-kurdische-symbole.html


8. November 2017


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