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INTERVIEW/186: Quo vadis NATO? - Zwirn für die Kettenhunde, Helga Wullweber im Gespräch (SB)


Gespräch mit der Rechtsanwältin Helga Wullweber am Rande des Kongresses "Quo vadis NATO?" am 27. April 2013 in Bremen


Foto: © 2013 by Helga Wullweber

Helga Wullweber
Foto: © 2013 by Helga Wullweber

Helga Wullweber ist Fachanwältin für Arbeits- und Sozialrecht, ehemalige Abgeordnete der Grün-Alternativen Liste in der Hamburger Bürgerschaft und engagiert(e) sich in Organisationen wie dem Republikanischen AnwältInnenverein, der Berliner Rechtsanwaltskammer und dem weltweiten Friedensfrauennetzwerk Scheherezade. Sie ist Mitbegründerin und -herausgeberin wie auch langjährige Redakteurin der Zeitschrift Recht & Psychiatrie. Sie arbeitet im Vorstand von IALANA (Juristen und Juristinnen gegen atomare, biologische und chemische Waffen) und nahm an dem von dessen deutscher Sektion maßgeblich organisierten Kongreß "Quo vadis NATO? - Herausforderungen für Demokratie und Recht" vom 26. bis 28. April 2013 in Bremen teil.

Am Rande des Kongresses ergab sich für den Schattenblick die Gelegenheit, mit ihr ein Gespräch zu führen über eines der wichtigsten Kongreßthemen, nämlich die Frage nach der gegenwärtigen Praxis und möglichen Zukunft, aber auch den immanenten Widersprüchen militärischer Interventionen, so sie im Namen der Humanität geführt werden - sei es, wie viele Kongreßteilnehmer und -teilnehmerinnen meinten, als eine im großen und ganzen angemessene Begründung, sei es, was auch vertreten wurde, als Vorwandslage und Rechtfertigungskonstrukt zur Durchsetzung gänzlich anderer Interessen.

Schattenblick: Ein zentrales Thema des Kongresses ist der Schutz der Menschenrechte und die Wahrung des Friedens, die in einem Spannungsverhältnis zueinander zu stehen scheinen, so als ob man sich für das eine nur zu Lasten des anderen einsetzen könnte. Ist ein solcher Gegensatz Ihrer Meinung nach wirklich plausibel, zumal wenn man bedenkt, daß dem millionenfachen Hungertod nur sehr wenig Interesse entgegengebracht wird, während Menschenrechtsverletzungen in bestimmten Staaten zur Begründung militärischer Eingriffe genutzt werden?

Helga Wullweber: Menschenrechte contra Frieden? Nein. Die Achtung und Gewährleistung der Rechte der Menschen, z.B. auf Leben, körperliche Unversehrtheit, auf Schutz vor willkürlichem Freiheitsentzug, auf Nichtdiskriminierung, bedingen einander, innerstaatlich und zwischenstaatlich. Zu einem Spannungsverhältnis zwischen dem Schutz der Menschenrechte und der Wahrung des Friedens, im Sinne von keine Gewaltanwendung von Staaten gegeneinander, kann es dann kommen, wenn von einer Regierung flächendeckend extreme Gewalt gegen die Bevölkerung verübt wird, oder wenn, wie in Mali 2013, eine Regierung außerstande ist, die Bevölkerung aus der Okkupation durch terroristisch wütende Organisationen zu befreien.

Wird vom Sicherheitsrat berechtigter Weise ein militärisches Eingreifen aus zwingenden humanitären Gründen, zum Schutz existentiell bedrohter Menschen, beschlossen, dann kann die Berechtigung hierzu nicht wegen der gleichzeitigen Hinnahme millionenfachen Hungertodes entfallen.

Die Aufgabe, "den Hunger aus der Welt zu schaffen" (Jean Ziegler), ist eine permanente, weil sie es erfordert, gesellschaftliche Verhältnisse herzustellen, die Ausbeutung verhindern. Ursache des Hungers in der Welt sind sowohl ausbeuterisches Agieren von international agierenden Konzernen, idR der entwickelten Industriestaaten des Westens, ermöglicht u.a. durch unfaire Handelspolitiken der mächtigen Industriestaaten gegenüber z.B. den afrikanischen Staaten, aber auch die Unterdrückung der Bevölkerungen durch die einheimischen Machtcliquen, die von fortbestehenden, neokolonialen Ausbeutungsbeziehungen profitieren.

ZB Mali, ehemalige Kolonie von Frankreich: Jean Ziegler, zuletzt Beauftragter der Vereinten Nationen für das Recht auf Nahrung, hat das, von den Vereinten Nationen autorisierte, militärische Eingreifen in Mali 2013 einerseits als erforderlich kommentiert, um den Norden Malis von terroristisch agierenden islamistisch-dschihadistischen Milizen zu befreien. Andererseits erläuterte er, dass die Probleme des Nordens Resultat einer Vernachlässigung durch die malische Regierung sind und dieser deshalb zu wenig finanzielle Mittel zur Entwicklung des Nordens zur Verfügung stehen, weil Frankreich mit der malischen Regierung nach der Unabhängigkeit Malis Verträge über den Abbau malischer Rohstoffe abgeschlossen hat, die unfair und ausbeuterisch sind. Würde Frankreich - so Jean Ziegler - faire Preise bezahlen müssen, wäre die malische Regierung zur Entwicklung des Nordens im Stande.

Militärisches Eingreifen genügt daher nicht. Es müssten die ausbeuterischen Verträge Frankreichs mit Mali revidiert werden, die die entscheidende Ursache für die malischen Probleme im Norden sind und deren Abänderung die malischen Verhältnisse dahingehend verändern könnte, dass "Mali ein blühendes Staatswesen würde" (Jean Ziegler).

Solche langfristigen politischen Aufgaben lassen sich nicht ausspielen gegen ein erforderliches Eingreifen in gewalttätig eskalierte Konflikte.

Allerdings: Viele Gewalteskalationen würde es nicht geben, wenn langfristige Politiken zur Beendigung von Ausbeutung stetig verfolgt würden. Das bedeutet, dass die Gewährleistung des Menschenrechts auf Nahrung auch zur Wahrung des Friedens geboten ist.

Prof. Paech in Großaufnahme - Foto: © 2013 by Schattenblick

Prof. Dr. Norman Paech während der Podiumsdiskussion 'Militärische Interventionen zum Schutz von Menschenrechten?'
Foto: © 2013 by Schattenblick

SB: In der Diskussion hier auf dem Kongreß zum Thema militärischer Interventionen aus humanitären Gründen sind zwischen Prof. Paech und Prof. Merkel inhaltliche Differenzen deutlich geworden. Wie ist Ihr Standpunkt dazu?

HW: Paech lehnt militärisches Eingreifen wegen RtoP grundsätzlich ab, weil er dem Verbot der Einmischung in innerstaatliche Angelegenheiten als Ausdruck der staatlichen Souveränität Vorrang auch vor den existentiellen Menschenrechten einräumt. Und er ist der Auffassung, dass die Berufung auf humanitäre Gründe für ein militärisches Eingreifen immer nur als Vorwand genutzt wird, um andere Interessen zu bemänteln.

Merkel befürwortet den Grundsatz der Schutzverantwortung. Es werde verdeutlicht, dass jeder Staat für das Wohlergehen seiner BürgerInnen verantwortlich ist. In erster Linie bezwecke die Schutzverantwortung deshalb Prävention, nämlich die staatliche Verpflichtung, die Menschenrechte der BürgerInnen zu wahren. Verstoße ein Staat massiv dagegen, indem er das Recht der Bevölkerung oder von Bevölkerungsgruppen auf Leben und körperliche Unversehrtheit maßlos verletzt, haben auch die Vereinten Nationen die Verantwortung, die Bevölkerung zu schützen. In erster Linie durch Vermittlungen und Hilfestellungen und erst als letztes Mittel durch militärisches Eingreifen, sofern das überhaupt möglich und sinnvoll ist.

Dem stimme ich zu. Mit dem Begriff der Schutzverantwortung wird nur die Zielsetzung der Vereinten Nationen zusammengefasst, eine Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten zu erreichen, durch die Menschenrechte für alle Bevölkerungen verwirklicht werden, Die Sub-Organisationen der Vereinten Nationen haben zu diesem Zweck die Aufgabe, in Permanenz zu vermitteln und Hilfestellungen zu organisieren.

SB: Da möchte ich einmal nachhaken und etwas weiter zurückgehen in der Entwicklung des Völkerrechts, nämlich zum Prinzip der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten eines Staates, das heute schon antiquiert klingt, so als würde man damit Menschenrechtsverletzungen gutheißen. Der Sinn und Zweck soll darin bestanden haben, Kriege zu verhindern. Wenn man sich nun die Kriege der jüngeren Zeit ansieht, auch die militärischen Interventionen zu humanitären Zwecken, die, wie wir hier auf dem Kongreß schon gehört haben, zu zehntausenden Toten und verheerenden Zuständen in den betroffenen Staaten geführt haben, sind dies doch genug Gründe, um auch vor dem historischen Kontext der internationalen Friedenssicherung den heutigen Interventionismus zum Schutz der Menschenrechte grundsätzlich in Frage zu stellen.

HW: Das Verbot der Einmischung betrifft jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit oder sonst mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbare Androhung oder Anwendung von Gewalt. Es stellt keine verbotene Einmischung in innerstaatliche Angelegenheiten dar, wenn ein Staat von den Vereinten Nationen aufgefordert wird, gemäß der ihm obliegenden Schutzverantwortung für die Bevölkerung zu agieren. Das Problem während des Kaltem Krieges war, dass schon die verbale Kritik an Menschenrechtsverletzungen als unzulässige Einmischung in die inneren Angelegenheiten aufgefasst wurde, insbesondere seitens Russland und China - oftmals unter Berufung auf den, den 30jährigen Krieg beendenden, Westfälischen Frieden von 1648, der von absolutistisch regierten Staaten abgeschlossen wurde.

Aktuell Inflationärer Interventionismus zum Schutz der Menschenrechte? Auf den Schutz der Menschenrechte für militärisches Eingreifen wurde sich 1999 hinsichtlich des Kosovo und 2011 hinsichtlich Libyen berufen. Die Kriege der USA und williger Verbündeter gegen Afghanistan 2001 und gegen den Irak 2003 waren keine humanitären Interventionen.

Der Luftkrieg der NATO-Staaten gegen Serbien wegen des Kosovo ohne Mandat der Vereinten Nationen hat die Problematik eines eigenmächtigen militärischen Eingreifens zum Schutz von Menschen drastisch offenbart. Der militärisch zwischen der Kosovo-UCK und Serbien sich zuspitzende Konflikt wegen der erneuten Unterdrückung der Kosovaren durch Milisovic (im Gegensatz zu Tito) und wegen des kosovarischen Autonomiestrebens (der Status des Kosovo als den übrigen Republiken Jugoslawiens gleichgestellt war von Tito unterstützt und befördert worden) wurde von den Natostaaten zu Unrecht zur humanitären Katastrophe erklärt. Und erst während die NATO Serbien bombardierte, konnte das serbische Militär massenhaft ethnische Säuberungen im Kosovo durchführen, deren Opferzahl unvergleichlich höher als die der vorangegangenen war.

Aus Anlass dieses Vorgehens der Natostaaten wurden die Kriterien für die Schutzverantwortung zusammengefasst, die Staaten für die Sicherheit ihrer BürgerInnen haben, und die auch die Vereinten Nationen haben, wenn ein Staat seiner Schutzverantwortung zuwider handelt.

SB: Nun, in die Propaganda des Afghanistan-Krieges wurde schon ein bißchen beigemischt, Frauen und Mädchen befreien und für ihren Schulbesuch sorgen zu wollen.

HW: Mit dem Krieg in Afghanistan verfolgten die USA das Ziel, die Al-Kaida-Stützpunkte in Afghanistan zu vernichten und Al-Kaida sowie die Taliban zu vertreiben. Es macht keinen Sinn, von einer Kriegszieländerung im Sinne einer humanitären Intervention zu sprechen, nur weil von den USA gesagt wurde, sie beabsichtigten auch, die desolate Lage der Frauen in Afghanistan zu verbessern. Und zwar nicht nur deshalb, weil die Zielsetzung der USA eine andere war, sondern auch, weil das den Blick darauf verstellt, dass die Befreiung der afghanischen Frauen und Mädchen durch schulische Bildung und Ausbildung niemals durch Kriegshandlungen zu erreichen ist, sondern nur Bestandteil des Aufbaus der afghanischen gesellschaftlichen Institutionen und der Entwicklung der Volkswirtschaft sein kann. Auf schulische Bildung und Ausbildung haben auch die Jungen Anspruch. Die Analphabetenquote in Afghanistan von insgesamt 85 % ist seit 2001 unverändert geblieben. Bildung und Ausbildung gehören zur Aufbauphase. Die USA hatten aber überhaupt keinen Plan für die Verbesserung der allgemeinen Lebensverhältnisse in Afghanistan. Dasselbe gilt für die Vereinten Nationen, den Internationalen Währungsfond und die Weltbank, deren traditionell wirtschaftsliberale, marktgläubige Konzepte auch für Afghanistan nicht taugten. Die USA und die anderen am Krieg beteiligten Staaten vereinbarten zwar Handels- und Kapitalverkehrsfreiheiten mit der afghanischen Regierung, aber entwickelten mit ihr keine Pläne für die Entwicklung einer komplexen Volkswirtschaft als Basis u.a. für schulische Bildung für alle. Die wegen der ausbleibenden Verbesserung der Lebensverhältnisse für die Mehrheit der Afghanen ständig gewachsene Enttäuschung der Bevölkerung ist entscheidend für das afghanische Desaster.

Außerdem lässt sich mit dem Ziel der Verbesserung der Lebensverhältnisse kein mit der RtoP begründetes militärisches Eingreifen begründen.

Eine von der Generalsversammlung der Vereinten Nationen angeregte kanadische Kommission hat 2001 Kriterien ausgearbeitet zur Frage, wann militärische Gewalt wegen der RtoP legitimierbar ist. Eine Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen ergänzte das Konzept 2004 durch präzise Kriterien. Nach diesen Kriterien hat ein militärisches Eingreifen folgende Voraussetzungen - ich zitiere: 1. die hinreichende Bedrohung der betroffenen Bevölkerung mit schweren flächendeckend begangenen völkerrechtlichen Verbrechen, 2. zu einem angemessenen Zweck, nämlich dem der Hilfe für die bedrohten Menschen, 3. ein dafür unbedingt erforderliches Mittel, 4. das im Hinblick auf Ausmaß, Dauer und Intensität der Kriegshandlungen angemessen ist und 5. dass eine umfassende Abwägung mit den Kriegsfolgen einen klaren Vorteil der Gewaltanwendung im Vergleich zum Untätigbleiben für die betroffene Bevölkerung hinreichend wahrscheinlich macht. [1]

Angesichts dieser Kriterien sind militärische Interventionen wegen der RtoP nicht leichtfertig möglich.

SB: Sind das die heute noch gültigen Kriterien?

HW: Ja - mit der Einschränkung, dass die USA diese Kriterien nur zur Kenntnis genommen haben.

SB: Die Frage nach militärischen Interventionen aus humanitären Gründen ist so etwas wie ein Generalthema des Kongresses. Was glauben Sie, worauf die Entwicklung hinauslaufen könnte, und welche Option zum weiteren Weg der NATO würden Sie persönlich bevorzugen?

HW: Ich erwarte, dass die Erfahrungen mit den Kriegen der vergangenen 20 Jahre, einschließlich der humanitären Interventionen, Einsichten und Zurückhaltung befördert haben.

SB: Lassen Sie es mich noch einmal anders formulieren. Bei Ihren Ausführungen zu den engen Voraussetzungen, unter denen sich ein militärisches Eingreifen Ihrer Auffassung nach legitimieren ließe, kam mir die Frage in den Sinn, welche militärischen Kräfte für die Durchführung solcher Interventionen denn wohl geeignet wären. Könnten Sie sich vorstellen, daß speziell die NATO in die Rolle einer weltweit agierenden Interventionsarmee hineinwachsen bzw. sie für sich reklamieren könnte?

HW: Nein. Die Verantwortung zur Autorisierung militärischer Gewalt kommt dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zu. Die NATO-Staaten werden wegen ihres militärischen Potentials eine Rolle spielen. Der NATO kann keine eigenständige Bedeutung zukommen, weil sie aufgrund des NATO-Vertrages an die Vorgaben der Charta der Vereinten Nationen gebunden ist.

Die NATO als Organisation kann vom Sicherheitsrat auch nicht zu militärischem Eingreifen beauftragt werden. Die NATO ist ein Staatenbündnis zur gegenseitigen Verteidigung. Jeder Mitgliedstaat muss für sich entscheiden, ob er an einer militärischen Aktion teilnimmt. Außerhalb der individuellen und kollektiven Selbstverteidigung besteht keine Bündnisverpflichtung und auch hier entscheidet jeder Mitgliedstaat für sich, welche Maßnahmen er zur Erfüllung der Bündnisverpflichtung für erforderlich hält. Das ist die Vertragslage, die nicht übersehen werden sollte.

Wegen des Chaos, das die USA und ihre willigen Verbündeten in Afghanistan und im Irak geschaffen haben, dürften die Natostaaten wenig Neigung zu weltweiten Interventionen verspüren. Niemand kann mehr im Irrtum sein über die Verantwortung für die unabsehbaren Folgen.

Prof. Merkel am Rednerpult stehend - Foto: © 2013 by Schattenblick

Prof. Dr. Reinhard Merkel während seines Vortrags am Eröffnungsabend des Kongresses 'Quo vadis NATO?'
Foto: © 2013 by Schattenblick

SB: Ich möchte Sie noch um Schlußwort bitten. Mit welchen Erwartungen sind Sie nach Bremen gekommen und könnten Sie vielleicht schon ein erstes Zwischenfazit des Kongresses ziehen?

HW: Auf dem Kongress wurden, teilweise kontroverse, Positionen und Einschätzungen ua zu 9/11, dem das nachfolgende Jahrzehnt prägendem Verbrechen, und zu den, vom Sicherheitsrat autorisierten, militärischen Intervention in Libyen 2011 und in Mali 2013 vorgestellt.

Ich finde das Dilemma bemerkenswert, das daraus resultiert, dass die Friedensbewegung Gewaltexzesse relativiert, um militärisches Eingreifen zu verurteilen. Die dadurch bewirkte Entdramatisierung des konkreten Konflikts erleichtert zwar das Eintreten für Nichteinmischung angesichts extremer Gewalt, bewirkt aber auch, dass die Problematik des speziellen Konflikts in den Hintergrund gerät

ZB wird hinsichtlich Mali argumentiert, die salafistischen Milizen im Norden wurden von Saudi-Arabien unterstützt. Obgleich in Saudi-Arabien umfänglich gegen Menschenrechte verstoßen werde, werde dort nicht interveniert. Der Sachverhalt, dass in Mali die Bevölkerung des Nordens vor der tödlichen Gewalt der islamistischen Milizen in den Süden fliehen musste, ist damit entrückt. Entrückt ist damit auch ein malischer Konflikt, für den sowohl kurzfristige als auch langfristige Lösungen gefunden werden müssen.

Das ist das pazifistische Paradox.

SB: Vielen Dank, Frau Wullweber, für dieses Gespräch.


Fußnote:

[1] Quellen für die Schwellenkriterien:
1. International Commission on Intervention and State Sovereignty, The Responsibility to Protect, 2001
2. High-Level Panel on Threats, Challenges and Chance, A More Secure World: Our Shared Resposibilities, 2004, §§ 199-203; Resolution 60/1 of the UN General Assembly, 2005 World Summit Outcome, §§ 138-140


Bisherige Beiträge zum Kongreß "Quo vadis NATO?" im Schattenblick unter INFOPOOL → POLITIK → REPORT:

BERICHT/148: Quo vadis NATO? - sowohl als auch ... (SB)
BERICHT/149: Quo vadis NATO? - gedehntes Recht und Kriege (SB)
BERICHT/150: Quo vadis NATO ... Schluß damit! (SB)
BERICHT/152: Quo vadis NATO? - Wandel der Feindschaften? (SB)
BERICHT/153: Quo vadis NATO? - Abgründe der Kriegsrechtfertigung(SB)
BERICHT/154: Quo vadis NATO? - Das Auge der Wahrheit (SB)
BERICHT/156: Quo vadis NATO? - vorbei am Grundgesetz (SB)
BERICHT/157: Quo vadis NATO? - Die Drohnenfront (SB)
BERICHT/158: Quo vadis NATO? - recht und billig (SB)
INTERVIEW/166: Quo vadis NATO? - Handgemacht und kompliziert (SB)
INTERVIEW/167: Quo vadis NATO? - Zügel für den Kriegseinsatz - Gespräch mit Otto Jäckel (SB)
INTERVIEW/168: Quo vadis NATO? - Interventionsgefahren (SB)
INTERVIEW/169: Quo vadis NATO? - Desaster der Mittel - Hans-Christof Graf von Sponeck im Gespräch (SB)
INTERVIEW/170: Quo vadis NATO? - Was keiner wissen will - Bernhard Docke im Gespräch (SB)
INTERVIEW/171: Quo vadis NATO? - Hegemonialschaft USA - Nikolay V. Korchunov im Gespräch (SB)
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20. August 2013