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INTERVIEW/194: Obamas Amerika - Der alte Krieg in alten Diensten, William Blum im Gespräch (SB)


Interview mit William Blum am 20. August 2013 in den USA



William Blum ist Autor des Buches "Zerstörung der Hoffnung - Bewaffnete Interventionen der USA und des CIA seit dem 2. Weltkrieg", das in Kritikerkreisen schlicht als bestes Buch über die dunklen Machenschaften des amerikanischen Auslandsgeheimdienstes in Übersee gilt. [1] Der 1933 geborene Historiker und Journalist, dessen monatlicher Anti-Empire Report unter anderem bei Counterpunch erscheint, trat 1967 als Mitarbeiter im US-Außenministerium aus Protest gegen den Vietnamkrieg zurück und gründete wenig später zusammen mit Gleichgesinnten die Washington Free Press, die erste Alternativzeitung in der US-Hauptstadt. Zusammen mit Philip Agee hat er Ende der sechziger, Anfang der siebziger Jahre zur Demaskierung der CIA beigetragen.

Aufgrund der Enthüllungen couragierter Publizisten wie Blum, Agee, Daniel Ellsberg und Seymour Hersh sowie der großen Empörung über den Watergate-Skandal um Richard Nixons "Klempner-Truppe" leitete ein Unterausschuß des US-Senats unter dem Vorsitz des Demokraten Frank Church Mitte bis Ende der siebziger Jahre eine Reihe von Reformen ein, welche die USA vor Machtmißbrauch durch die Regierung in Washington unter Einsatz der eigenen Geheimdienste schützen sollten. Hierzu gehörten unter anderem ein ausdrückliches Verbot von Attentaten auf ausländische Regierungsmitglieder durch die CIA sowie das Foreign Intelligence Surveillance Act (FISA) aus dem Jahre 1978, das eine Abhöroperation der National Security Agency (NSA) gegen einen US-Bürger nur erlaubte, wenn ausländische Spionage im Spiel sei, ein dringender Tatverdacht vorliege und ein Richter dem Ganzen zustimmte.

Wie man inzwischen weiß, hat die republikanische Regierung von George W. Bush die Flugzeuganschläge vom 11. September 2001 dazu genutzt, die den US-Geheimdiensten während der Aufarbeitung der Watergate-Affäre auferlegten Restriktionen auszuhebeln. So tötet die CIA seit zwölf Jahren nicht nur wieder "Terrorverdächtige" im Ausland, auch die NSA sammelt fleißig die Verbindungsdaten jedes Telefon- und Internetnutzers im eigenen Land sowie in der restlichen Welt und kann aufgrund dessen aufschlußreiche personenbezogene Profile erstellen. Über diese bedenkliche Entwicklung und anderes sprach der Schattenblick am 20. August mit William Blum.

Der weißhaarige, weißbärtige, bebrillte William Blum umgeben von jungen Friedensaktivisten - Foto: © 2007 by William Blum

William Blum auf einer Antikriegsdemonstration 2007 in Washington, District of Columbia
Foto: © 2007 by William Blum

Schattenblick: In den letzten Jahren konnte man über die Medien den Eindruck bekommen, die Central Intelligence Agency (CIA) wäre auf dem Feld der verdeckten Operationen vom Joint Special Operations Command (JSOC) der US-Streitkräfte und seitens der nachrichtendienstlichen Aufklärung von der National Security Agency (NSA) überholt worden. Deckt sich dieser Eindruck mit der Wirklichkeit, und wie würden Sie das derzeitige Verhältnis der CIA zum JSOC, zur NSA und zur übrigen "nachrichtendienstlichen Gemeinde" beschreiben?

WB: Ich persönlich halte mich nicht allzu lange damit auf, Unterschiede zwischen den verschiedenen staatlichen Geheimdiensten zu suchen. Für mich sind das alles ausführende Organe der US-Regierung und damit Teile des amerikanischen Polizeistaates. Ob nun die CIA, die NSA oder das FBI meine Telefongespräche abhört und abspeichert, spielt für mich keine Rolle. Ich weiß von Leuten, die gern Unterschiede zwischen den verschiedenen Geheimdiensten machen, aber ich gehöre nicht zu ihnen.

SB: In den letzten Jahren ist es im großen Stil zur Inanspruchnahme der Dienste privater Sicherheitsunternehmen wie Booz Allen Hamilton und SAIC durch die CIA und die NSA gekommen. Worauf führen Sie diese Entwicklung - die Auslagerung hoheitlicher Aufgaben des Staates an Privatfirmen - zurück und wäre es vielleicht unangemessen, hier von einer qualitativen Veränderung zu sprechen, eingedenk der Tatsache, daß die CIA ursprünglich nach dem Zweiten Weltkrieg von einer Clique einflußreicher Wall-Street-Anwälte - Allen Dulles, Frank Wisner und William "Wild Bill" Donovan - aus der Taufe gehoben wurde?

Nachtaufnahme der FBI-Zentrale in Washington, D. C. - Foto: Autor unbekannt, freigegeben als public domain by Wikipedia Commons

Das nach dem FBI-Gründer J. Edgar Hoover genannte Hauptquartier der US-Bundespolizei in Washington
Foto: Autor unbekannt, freigegeben als public domain by Wikipedia Commons

WB: Wie ich schon in meiner letzten Antwort deutlich gemacht habe, ist es für mich unerheblich, ob diejenigen, die US-Bürger ausspionieren, dies im Auftrag eines Privatunternehmens oder einer staatlichen Behörde tun. Mag sein, daß die Art der Rekrutierung und die vertraglichen Arbeitsverhältnisse in der Privatwirtschaft anders sind als beim Staat. Jemand, der von der CIA angeheuert wird, muß sich zum Beispiel einer viel umfassenderen Durchleuchtung seines persönlichen Hintergrunds unterziehen als der Angestellte eines privaten Sicherheitsunternehmens. Aber letzten Endes führen beide Personen im Auftrag der US-Regierung geheimdienstliche Maßnahmen durch.

SB: Ungeachtet der erklärten Motive für die US-Militärinterventionen in Übersee seit den Flugzeuganschlägen vom 11. September 2001 - Afghanistan, Irak, Jemen, Libyen, Pakistan, Somalia und Syrien - bleibt das Ergebnis im Endeffekt immer das gleiche: schwere Destabilisierung des jeweiligen Staates bis hin zur Nicht-Regierbarkeit. Könnte es sein, daß dieses Resultat das eigentlich erwünschte ist?

WB: Nun, die US-Streitkräfte sind in diese Länder einmarschiert bzw. führen dort Drohnenangriffe durch, um Terroristen zu töten bzw. uns feindlich gesonnene Akteure davon abzuschrecken, Anschläge gegen amerikanische Ziele zu verüben.

SB: Allein im Jemen ist die Zahl der sogenannten "Terroristen" drastisch angestiegen, seit die CIA und das US-Militär dort verstärkt Drohnenangriffe durchführen und dabei zahlreiche unschuldige Zivilisten ums Leben kommen. Das sieht nicht gerade aus, als würde der "Terrorismus" bekämpft oder eingedämmt werden. Geradezu das Gegenteil ist der Fall.

WB: Ihrem Einwand liegt die Annahme zugrunde, daß die Amerikaner wissen, was sie dort tun. Ich würde eher davon ausgehen, daß die Verantwortlichen in diesem Bereich genauso indoktriniert sind wie alle anderen Bürger der Vereinigten Staaten. Sie glauben, daß sie das Recht und die Pflicht haben, derlei Angriffe durchzuführen. Sie wollen sich für das rächen, was am 11. September passiert ist bzw. für das, was sie glauben, das am 11. September passiert ist. Ihr Handeln ist nicht so grausam und berechnend, wie es vielleicht den Anschein hat.

Der Amtssitz des US-Präsidenten mit Blick auf das Oval Office - Foto: Autor unbekannt, freigegeben als CC-By-SA-3.0-migrated via Wikipedia Commons

Das Weiße Haus aus südlicher Richtung
Foto: Autor unbekannt, freigegeben als CC-By-SA-3.0-migrated via Wikipedia Commons

SB: Wie erklären Sie sich die massive Zunahme der strafrechtlichen Verfolgung sogenannter Whistleblower in den USA seit dem Amtsantritt von Barack Obama als Präsident Anfang 2009?

WB: Die harte Linie Obamas gegenüber Personen, die Korruption und Unregelmäßigkeiten im Staatswesen öffentlich machen, hat nicht nur seine treuesten Unterstützer enttäuscht, sondern auch mich überrascht. Und das, obwohl ich niemals etwas von ihm gehalten und noch vor der Präsidentenwahl 2008 in meinen Artikeln vor ihm gewarnt habe, weil man ihm nicht trauen konnte. Aber selbst ich war erstaunt und erschrocken über die Hartnäckigkeit, mit der unter Obama das Justizministerium Whistleblower verfolgt. Das widerspricht dem großen Bekenntnis zur Transparenz, das Obama vor seiner Wahl zum Präsidenten abgegeben hat. Er ist ein unverbesserlicher Heuchler. Seine Politik steht im krassen Widerspruch zu seinen Reden. Er selbst scheint das nicht einmal zu merken. So etwas waren wir unter George W. Bush gewohnt. Obama jedoch hatte eine Abkehr davon versprochen. Im Gegensatz zur landläufigen Meinung halte ich ihn für intellektuell nicht viel besser als Bush. Bei vielen Aussagen von Obama hätte das liberale Kommentariat mit den Augen gerollt und sich darüber lustig gemacht, wenn Bush jun. sie geäußert hätte. Aber wenn Obama genauso dümmliche Aussagen wie einst Bush macht, zeigen die Liberalen in Medien und Politik Verständnis und stimmen ihm zu.

SB: Obama soll von der NSA überwacht und seine Telefongespräche sollen abgehört worden sein, als er 2007 noch Mitglied des Senats im Bundesstaat Illinois war. Das jedenfalls behauptet der Whistleblower Thomas Drake, der damals als ranghoher NSA-Abteilungsleiter persönlich von der Überwachung Obamas Kenntnis gehabt haben will. Könnte es vor diesem Hintergrund sein, daß die NSA etwas über Obama in der Hinterhand hat und ihn erpreßt? Das würde vielleicht die Diskrepanz zwischen dem, wofür er 2008 als Präsidentschaftskandidat eingetreten ist, und dem Kurs, den er seit seinem Einzug ins Weiße Haus verfolgt, erklären.

WB: Jedenfalls liegt ein solches Szenario durchaus im Rahmen des Möglichen. Von vornherein kann man so etwas nicht ausschließen. Die Diskrepanz hat jedoch etwas Routinemäßiges an sich. Jeder Bewerber um das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten muß eine ausgeklügelte, informelle Eignungsprüfung durchmachen. Im Laufe seiner Politikerkarriere ist Obama mit zahlreichen führenden Konzernchefs zusammengekommen, von denen einige zu seinen Wahlkampfspendern geworden sind. Man kann davon ausgehen, daß sich solche Leute genaueste Informationen über ihn eingeholt haben. Die Überprüfung durch den staatlichen Geheimdienst versteht sich von selbst. Um mit dem Feudalismus zu sprechen: Jeder Thronprätendent muß rechtzeitig auf seine Eignung als König überprüft werden. Vielleicht haben die entscheidenden Kräfte in der Tat etwas über Obama in der Hand. Das würde einiges erklären, wie zum Beispiel die hysterische Reaktion der Obama-Regierung auf die Enthüllungen Edward Snowdens. Vielleicht hat der ehemalige NSA-Mitarbeiter Material über die damalige Observation von Obama in seinem Besitz. Ich weiß es selbst nicht. Ich spekuliere nur.

Der neoklassische Sitz von Repräsentantenhaus und Senat der USA - Foto: 2006 by Andrew Bossi, freigegeben als CC-By-SA-3.0-Unported via Wikipedia Commons

Das Kongreßgebäude, auch das Kapitol genannt, in Washington
Foto: 2006 by Andrew Bossi, freigegeben als CC-By-SA-3.0-Unported via Wikipedia Commons

SB: Führende Republikaner im Kongreß wie die Senatoren John McCain und Lindsey Graham werfen Obama Zögerlichkeit in der Nahost-Politik, insbesondere in bezug auf Ägypten, Syrien, den Irak und den Iran, vor. Ist der Vorwurf überhaupt begründet oder deutet die scheinbare Zögerlichkeit vom Weißen Haus, State Department und Pentagon nicht auf die Größe der Herausforderung hin?

WB: Wäre der Präsident ein Republikaner und verfolgte denselben Kurs im Nahen Osten wie Obama, wäre McCain mit Sicherheit nicht so kritisch. Umgekehrt würden sich die Demokraten niemals mit dem Ausmaß an Einmischung in der Region abfinden, sondern würden lauthals dagegen protestieren, wenn der Präsident nicht einer der ihren wäre.

SB: Die Demokraten hätten mit Sicherheit auch viel energischer auf den jüngsten NSA-Skandal reagiert, säßen McCain oder Mitt Romney im Weißen Haus und nicht Obama.

WB: So ist es. Das zeigt, wie prinzipienlos diese Leute sind. Für sie ist alles nur eine Frage der Parteipolitik. Sie haben keine Ideologie, sondern gehören lediglich einer Partei an. Ihre Entscheidungen, für welchen Kurs sie sich in irgendeiner politischen Frage entscheiden, hängen einzig und allein von der Parteizugehörigkeit und dem Diktat der eigenen Führung ab.

SB: Der Überfall auf das US-Konsulat im libyschen Benghazi hat zwischen Demokraten und Republikanern bis heute hohen politischen Streitwert. Er hat David Petraeus den Posten als CIA-Direktor gekostet und enthält immer noch genug Potential, die Kandidatur Hillary Clintons um die Präsidentschaft 2016 zu torpedieren. Bis heute sind Hintergrund und genauer Ablauf der Ereignisse unklar. Was hat sich Ihrer Meinung nach dort zugetragen, etwa ein Zwist zwischen CIA und Al Kaida, bei dem es um Waffenlieferungen an die Rebellen in Syrien bzw. die Folter von Al-Kaida-Angehörigen in der geheimen CIA-Anlage in Benghazi ging?

WB: Was in Libyen geschehen ist, droht nun auch in Syrien. Für die USA ist es sehr gefährlich, in irgendwelchen Konflikten dieselbe Seite wie Al Kaida zu unterstützen. Dadurch entsteht das Risiko, daß die sunnitischen Dschihadisten an die Macht kommen oder einfach schalten und walten, wie es ihnen gefällt. Das ist in Libyen durch den von der NATO militärisch herbeigeführten Sturz Muammar Gaddhafis passiert. Möglicherweise haben die USA aus dem Libyen-Desaster gelernt. Das könnte der Grund sein, warum die Obama-Administration in der Syrien-Krise so vorsichtig und zurückhaltend agiert. Sich mit Al Kaida einzulassen ist mindestens so gefährlich, wie es mit irgendwelchen Geheimdiensten zu tun. Wer weiß, was in Benghazi passiert ist? Vielleicht kam es einfach zum klassischen Streit unter Ganoven.

Der nach dem 1968 ermordeten Robert F. Kennedy benannte Sitz des Bundesjustizministeriums in Washington - Foto: Autor unbekannt, freigegeben als CC-By-SA-3.0-Unported via Wikipedia Commons

Das Justizministerium in Washington
Foto: Autor unbekannt, freigegeben als CC-By-SA-3.0-Unported via Wikipedia Commons

SB: Wie bewerten Sie als Geheimdienstexperte jetzt, zwölf Jahre später, die offizielle Version der Flugzeuganschläge vom 11. September?

WB: Für mich steht es außer Frage, daß die offizielle Version jede Menge Lügen seitens der Regierung enthält. Viele der Bücher und Artikel und auch einige Filme, welche auf die Ungereimtheiten und Widersprüche aufmerksam machen, habe ich gelesen bzw. gesehen. Die Ermordung von 3000 Amerikanern an einem Tag ist so ein ungeheuerliches Verbrechen, daß diejenigen, die einen Insider-Job vermuten, in der Pflicht sind, den genauen Tathergang ihrer Version in allen Einzelheiten zu beweisen. Seit Jahren frage ich Vertreter der 9/11-Truth-Bewegung, was mit Flugpassagieren bzw. deren Leichen passiert ist, und habe bis heute keine vernünftige Antwort erhalten. Bis der ganze Ablauf schlüssig erklärt ist, bin ich nicht bereit, an das Werk eines Klüngels im US-Regierungsapparat zu glauben.

SB: Einer Theorie zufolge wurden die Flugzeuge nicht gekapert, sondern ferngesteuert. Es gibt auch Beweismaterial in Form von Sprengstoffresten aus dem Staub der zusammengestürzten Zwillingstürme des New Yorker World Trade Center, die zu belegen scheinen, daß diese nicht infolge der Schäden durch die Flugzeuganschläge, sondern aufgrund kontrollierter Sprengungen kollabiert sind. Schließlich ist am selben Nachmittag auch das 47stöckige Gebäude WTC 7 zu Boden gekracht, ohne vorher von einem Flugzeug getroffen worden zu sein.

WB: Die Theorie mit der Fernsteuerung der Flugzeuge überzeugt mich nicht. Ich finde sie zu fantastisch. Von der Vermutung, wonach die beiden Zwillingstürme und das WTC 7 mit Thermit gesprengt wurden, habe ich schon gehört und einiges darüber gelesen. Das erscheint mir plausibler. Nichtsdestotrotz müßte man mir eine viel detailliertere und fundiertere Beweiskette vorlegen, bevor ich bereit wäre, mich der 9/11-Truth-Bewegung anzuschließen.

SB: Zusammen mit ihren NATO-Verbündeten in Europa, mit Israel im Nahen Osten sowie mit Japan, Südkorea, Australien, den Philippinen und Indien in Asien streben die USA weiterhin das Ziel der "full spectrum dominance", also die globale Vorherrschaft der amerikanischen Streitkräfte auf dem Land, in der Luft, zu Wasser, im erdnahen Weltraum sowie im Netz, dem sogenannten Cyberspace, an. Die Großmächte Rußland und China weigern sich jedoch prinzipiell, sich einer unipolaren Weltordnung à la Pentagon unterzuordnen. Ist deshalb über kurz oder lang ein Krieg zwischen den USA und ihren Verbündeten auf der einen Seite und der Schanghai-Organisation - Rußland, China, Iran, Pakistan sowie einige zentralasiatische Staaten - auf der anderen unvermeidlich, oder läuft alles doch noch auf eine multipolare Ordnung hinaus, in der die Großmächte zusammenarbeiten?

WB: In der Regel vermeide ich, Prognosen über die Zukunft abzugeben, denn mit der Gegenwart klarzukommen ist schon schwer genug. Dennoch kann ich mir ein globales Kooperationsarrangement, wie Sie es in Ihrer Frage geschildert haben, nicht vorstellen. Eher gehe ich davon aus, daß sich die Polarisierungstendenzen unter den Großmächten fortsetzen und verschärfen werden. Die USA werden ihren Führungsanspruch und ihr Streben nach Weltherrschaft nicht aufgeben, wie auch die Russen und Chinesen sich niemals den Amerikanern unterordnen werden. Das muß aber nicht heißen, daß es zwischen ihnen zum großen Showdown und damit zum Atomkrieg kommen wird. Wie im Kalten Krieg dürfte das Risiko der sicheren gegenseitigen Vernichtung die Atommächte davon abhalten, von der schrecklichsten aller Waffen Gebrauch zu machen. Solange Rußland und China an ihren Kernwaffenarsenalen festhalten, werden die USA einen Teufel tun und ihre Nuklearwaffen gegen sie einsetzen. So arrogant und aggressiv die Militärmacht USA auch auf der Weltbühne auftritt, wird sie sich niemals mit einem gleichwertigen oder ähnlich starken Gegner anlegen, und zwar aus gutem Grund. Für ihre Bomben- und Raketenangriffe wählen die USA stets Länder aus, die sich dagegen nicht wehren können, nicht Staaten wie China und Rußland, die über moderne Luftabwehrsysteme verfügen.

SB: Vielen Dank, William Blum, für dieses Interview.

Luftaufnahme des US-Verteidigungsministeriums, des größten Bürokomplexes der Welt, mit der US-Hauptstadt Washington im Hintergrund - Foto: 2008 by Master Sgt. Ken Hammond, U.S. Air Force, freigegeben als PD US Military via Wikimedia Commons

Das Pentagon in Arlington, Virginia, am gegenüber vom Washington D. C. liegenden Ufer des Potomac
Foto: 2008 by Master Sgt. Ken Hammond, U.S. Air Force, freigegeben als PD US Military via Wikimedia Commons


Fußnote:

1. Siehe die entsprechende SB-Rezension unter:

http://www.schattenblick.de/infopool/buch/sachbuch/busar510.html


2. Oktober 2013