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INTERVIEW/354: Übergangskritik - Fortschrittsrevision ...    Rainer Fischbach im Gespräch (SB)


Auf der Konferenz "Am Sterbebett des Kapitalismus?", die am 3. und 4. März bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Berlin-Friedrichshain stattfand, nahm der Informatiker Rainer Fischbach an der Podiumsdiskussion über "Digitalen Postkapitalismus" teil. In seinen Büchern Mythos Netz (2005) [1], Mensch-Natur-Stoffwechsel (2016) und Die schöne Utopie (2017) [2] bezieht er kritisch Stellung zu den Verheißungen einer Innovationsdynamik, die sich notwendigen grundlegenden Fragestellungen verweigert, um vertraute Verbrauchsgewohnheiten und etablierte Eigentumsprivilegien nicht zu gefährden. Im Anschluß an die Veranstaltung beantwortete Rainer Fischbach dem Schattenblick einige ergänzende Fragen.



Auf dem Podium der Konferenz 'Am Sterbebett des Kapitalismus' - Foto: © 2017 by Schattenblick

Rainer Fischbach
Foto: © 2017 by Schattenblick

Schattenblick (SB): Herr Fischbach, in Ihrem Vortrag erwähnten Sie, daß bei Solarpaneelen ungefähr ein Viertel des Energieaufwands in Bau und Betrieb fließen. Ist angesichts dessen die ökologische Tragfähigkeit Erneuerbarer Energien vor dem Hintergrund eines immer weiter wachsenden Gesamtsystems überhaupt gewährleistet?

Rainer Fischbach (RF): Nein. Wir müssen uns klarmachen, daß die Form von Produktion, die wir heute haben, auf Basis Erneuerbarer Energien nicht funktionieren wird. Wie benötigen für unsere heutige Form von Gesellschaft eine Beständigkeit und Dichte von Energieflüssen, die mit den bekannten Technologien nicht realistisch machbar ist. Das heißt, die Energieproduktivität der Gesellschaft bzw. wieviel Output wir mit einer Einheit Energie produzieren, wird mit den Erneuerbaren dramatisch sinken. Oder anders gesagt: Wenn ich das gleiche Volumen an Produkten mit den Erneuerbaren herstellen möchte, muß ich einen Riesenaufwand in die Energiebereitstellung stecken.

SB: Ist der Aufwand zur Förderung und Verwertung von Erdöl, Erdgas und Kohle Ihrer Ansicht nach tatsächlich niedriger als die Umstellung auf Windkraft oder Solarenergie?

RF: Natürlich, dazu gibt es auch Studien, die das Verhältnis des Einsatzes für die Bereitstellung von Energie zu ihrem tatsächlich nutzbaren Volumen aufzeigen. Das ist bei Kohle etwa der Faktor 50, bei Atomenergie ist es noch höher, bei Windkraft in der Region liegt er zwischen 10 und 20, bei Solarenergie und auch Biomasse ist der Faktor immer unter vier. Wenn man dann noch dazu nimmt, daß Energie beständig bereitgestellt sein muß an den Punkten und zu den Zeiten, wo sie gebraucht wird, muß man Pufferlösungen, also Speicherreservekapazitäten haben, und dann sinkt der Faktor sogar unter zwei.

SB: Hieße das, daß ein Speicheraggregat zum Beispiel für Solarstrom in der E-Mobilität einen fossil betriebenen Verbrennungsmoter nicht auf gleiche Weise ersetzen könnte?

RF: Der Aufwand, der dahintersteckt, ist viel größer. Wenn wir bis etwa 2035 in Europa 80 Prozent der PKW durch E-Autos ersetzen wollen, dann müssen wir laut Europäischer Energieagentur noch 150 Gigawatt elektrische Erzeugungskapazität haben. Das entspricht 125 klassischen Atomkraftwerksblöcken, die üblicherweise 1,2 Gigawatt leisten. Um die Energie verteilen zu können, braucht man Tankstellen, einen Transformator, vor allem aber ein Netz zur Bereitstellung der benötigten Energien, denn das heutige Netz kann das nicht leisten. Man benötigt eine riesige Infrastruktur. Die Batterien in den Autos sind durchweg Energiefresser. Die beliebte Vorstellung, daß alles so weitergeht und wir nur die Energie durch Erneuerbare und damit weitgehend CO2-frei ersetzen, ist ein Trugbild. Wir können unseren heutigen Artefakt-Kosmos auf diese Weise nicht vernünftig weiterbetreiben.

Wenn wir schon in der Energieerzeugung die Erntefaktoren nicht mehr sicherstellen können, müssen wir eine Grenze beachten. Das Inlandsprodukt pro Energieeinheit durch den durchschnittlichen Preis pro Energieeinheit dividiert, ergibt den Faktor sieben. Nun ist es aber so, daß der Energieinput für die Solartechnik in Form von Industrieprodukten bzw. Vorprodukten anfällt. Das heißt, man muß, wenn man das einigermaßen aufrechterhalten will, wenigstens den Faktor sieben realisieren. Ansonsten sinkt die Energieproduktivität der Wirtschaft. Das müssen wir ins Auge fassen, wenn wir auf der heutigen technologischen Basis zu 100 Prozent auf Erneuerbare übergehen. Das ist ein richtig hartes Problem, das dummerweise in der Linken als auch bei den Grünen oder in der Regierung noch keiner gesehen hat. Möglicherweise gibt es in irgendeinem Ministerium einen Fachmann, der sich mit der Problematik auskennt. Denn die einzig Perspektive, da besser zu werden, wäre der Höhenwind wegen seiner hohen Verfügbarkeit. Da oben in zehn Kilometern Höhe weht der Wind tatsächlich immer. Der Kapazitätsfaktor ist sehr günstig und der Wert so absehbar, daß wir vielleicht wieder in die Dimension klassischer Energieträger wie Kohle, Erdöl und so weiter kommen.

SB: Das Hauptargument für die Energiewende ist die Erwärmung des Klimas. Was wäre denn erforderlich, um diese Entwicklung zum Stillstand zu bringen oder jedenfalls nicht weiter eskalieren zu lassen?

RF: Es spricht sehr viel dafür, daß beobachtbare klimatische Veränderungen durch anthropogene Effekte mitverursacht sind. Allerdings müssen wir auch wissen, daß es schon in historischen Zeiten und erst recht in rezenten geologischen Epochen Klimaveränderungen in Form immenser Erwärmungen und Abkühlungen gegeben hat. Wenn man die Berichte internationaler Wissenschaftlerkommissionen liest, dann drücken sie sich sehr vorsichtig aus und sprechen von einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit. Tatsächlich kann kein Mensch sagen, daß die Erwärmung, wenn wir das und das tun, auf zwei Grad begrenzt bleibt, so wie es immer in den Zeitungen steht.

SB: Meinen Sie damit, daß das, was heute als klimawirksames Treibhausgas bezeichnet wird wie CO2, Methan und so weiter, sich nicht linear zu dieser Form von Erwärmung anreichert?

RF: Wir wissen es ganz einfach nicht und müssen daher auch mit nichtlinearen Effekten rechnen. Es kann auch sein, daß die Erwärmung selbst wenn wir unseren CO2-Ausstoß tatsächlich leveln könnten, was sehr fraglich ist, viel stärker ausfallen wird. Aber selbst wenn es gelingt, kann kein Mensch eine Garantie dafür übernehmen, daß die Erwärmung bei zwei Grad bleibt. Mit Gewißheit kann das jedenfalls keiner sagen.

SB: Was sagen Sie zu der politischen Leitlinie der Dekarbonisierung, wo an einer abstrakten Rechnungseinheit ein ökologischer Wirkfaktor festgemacht wird?

RF: Grundsätzlich sollte man die ganze ökologische Problematik nicht auf CO2 reduzieren, das halte ich für bedenklich. Die ökologische Problematik ist insgesamt viel komplexer. Für die Menschheit vielleicht sogar existenziell ist die Frage der Biodiversität. Die ganzen Plantagen, auf denen jetzt Biomasse produziert wird - Ölfrüchte, Mais und so weiter -, sind geradezu Killer der Biodiversität. Zudem benötigen sie einen riesigen Energieinput in Form von Kunstdünger und Herbiziden, was in der Rechnung nicht auftaucht. Meines Erachtens müßten diese ganzen Zusammenhänge einigermaßen vorurteilsfrei einmal auf den Tisch, um wirklich eine Bilanz aufzumachen, was das eigentlich kostet, nicht bloß in Form von Geld, sondern auch ökologisch gesehen. Und dann wird ganz vieles, was heute unter grüner Technologie firmiert, schon daran zerbrechen, daß es sich so nicht machen läßt.

SB: Wie sieht für Sie die Zukunft der Arbeitsgesellschaft aus? Können Sie sich eine Entwicklung vorstellen, in der der Faktor Arbeit tatsächlich so billig wird, daß es für Unternehmen bzw. Investoren günstiger würde, anstelle von Maschinen menschliche Arbeit einzusetzen?

RF: Das muß man ja nicht herbeiführen wollen. Die Argumentation, daß menschliche Arbeit billiger werden müsse als maschinelle, hat nicht unwesentlich zur Agenda 2010 beigetragen. Ich bin durchaus ein Rationalisierungsbefürworter und finde, wo man sinnvoll rationalisieren kann, soll man rationalisieren. Es wird auch in der Industrie immer noch genügend Arbeit übrig bleiben, vor allem, wenn wir jetzt wirklich ernst machen mit der Ökologie und darangehen, unseren ganzen Artefakt-Kosmos umzugestalten. Dafür muß beispielsweise viel mehr Infrastruktur bereitgestellt angefangen beim öffentlichen Verkehr, denn das Automobil ist in dieser Form ökologisch, aber eigentlich auch lebensökonomisch nicht tragbar, geradezu ein Unding.

Wenn man ausrechnet, wieviel Zeit man heute aufwenden muß, nicht nur, um Auto zu fahren, sondern auch das Geld zu verdienen, um sich ein Auto anzuschaffen und es zu unterhalten, dann bewegen sich die meisten Leute mit zehn bis fünfzehn Stundenkilometer. Ein wirklicher Zeitgewinn ist ein Automobil nur für Leute mit einem hohen Einkommen. Für Normalverdiener oder gar für Leute, die unterdurchschnittlich verdienen, ist das Automobil eigentlich etwas, das ihre Lebenszeit frißt. So gesehen ist es völliger Unsinn. Unter der Überschrift Lebensökonomie sollte man das Auto vergessen, und unter ökologischem Gesichtspunkt gilt dies auch für den E-Antrieb, das autonome Fahren und allem Drum und Dran, weil dazu ein Rieseninput an Energie und Material notwendig ist für einen sehr schwachen Effekt.

Den Güterverkehr auf die Schiene zu bringen, würde die Arbeitsproduktivität immens steigern. Ich habe nichts dagegen, die LKW-Fahrer abzuschaffen, aber der selbstfahrende LKW ist die falsche Richtung. Der wirklich vernünftige Weg besteht darin, die Güter weitgehend auf die Schiene zu bringen. Das geht nicht in allem, insbesondere nicht in der Endverteilung. Aber ansonsten bringt das einen Produktivitätseffekt, den wir schon seit Jahrzehnten haben könnten, der jedoch nicht benutzt wird, weil natürlich kapitalistische Verwertungsinteressen dagegensprechen. Die Automatisierung des Betriebs ist im Grunde bei der Bahntechnik heute state of the art. Wir können das. Das einzige, was man noch braucht, ist eine Ausrüstung mit richtiger Signaltechnik entlang der ganzen Strecken. Die ICE-Strecken wären im Grunde schon heute dazu in der Lage. Vor ein paar Jahren hat Siemens in Nürnberg ein Pilotprojekt mit einer fahrerlosen U-Bahn gestartet. Die fährt unheimlich ruhig, natürlich auch viel energiesparender, weil die Beschleunigungs- und Bremsvorgänge genau berechnet werden können. Bei der Bahn kann die kinetische Energie beim Bremsen zum großen Teil wieder zurückgewonnen werden.

Anders ist das beim Automobil. Auch diese Plug-in-Hybride sind reinste Energieverschwender. Neben der Batterie braucht man zwei Motoren - aber wie lange hält so ein Ding? 500.000 Kilometer, wenn es hochkommt im Taxibetrieb. Bahnmaterial hat eine Lebenserwartung von Jahrzehnten. Die ältesten ICE-Garnituren sind heute schon zwanzig, dreißig Millionen Kilometer gefahren. Das ist eine ganz andere Dimension. Wenn wir dieses ganze Problem auf dem Feld der Energieproduktivität in den Griff kriegen wollen, müssen wir auch an andere Dinge rangehen. Nicht jeder muß einen Drucker zu Hause stehen haben. Ein Copy-Shop um die Ecke wäre viel vernünftiger. Ich habe schon lange keinen Drucker mehr zu Hause, in Berlin geht es ganz gut. Wenn man auf dem Land wohnt, hat man allerdings ein Problem.

Ein anderes Beispiel sind die Rechner. Die ganze Elektronik ist ein Riesenenergiefresser, wobei zwei Drittel, fast 70 Prozent von der Energie, die so ein Ding im Lebenszyklus verbraucht, schon verbraucht wurde durch die Produktion, also bevor es überhaupt in Betrieb geht. Wenn man irgendwelche Rechner-Farmen hat, kann man im Verbund auch alte Hardware noch ziemlich lange nutzen. Das funktioniert jetzt nicht unbedingt für den Einzelanwender, aber sie können in einer Rechner-Farm immer noch eine Aufgabe übernehmen. Das heißt, Zentralisierung ist schon sinnvoll, und die User brauchen nur ein relativ einfaches Gerät. Voraussetzung dafür ist jedoch ein gutes Netz. Wir haben heute in Europa die Situation, daß man eine Billion Euro in die Hand nehmen und das Netz ausbauen müßte, wenn man all die tollen Dinge machen wollte. Deutschland braucht allein 100 bis 150 Milliarden Euro, um wirklich überall einen vernünftigen Internetzugang zu ermöglichen. Dann bräuchte nicht jeder so ein riesiges Teil zu haben und könnte die meiste Rechenleistung ins Netz auslagern.

SB: Sie haben im Vortrag auch die sogenannte kostenlose Ökonomie der elektronischen Wissensgesellschaft angesprochen. Häufig wird gesagt, daß man bezahlt, indem man seine Daten preisgibt. Wie bewerten Sie diesen Punkt?

RF: Das halte ich für ein gefährliches Argument. An dieser Stelle würde ich die Tausch-Gleichsetzung nicht ansiedeln wollen. Es ist eine wichtige Zielsetzung, daß wir unsere Daten nicht hergeben. Dieser Tage kommt das neue Buch von Thomas Wagner [3] heraus, wo er sich explizit mit der Frage der digitalen Infrastruktur und dem Problem der öffentlichen Hand und so weiter auseinandersetzt. Wir haben den Scheiß doch schon bezahlt. Wenn ich mir ein paar Nike-Turnschuhe kaufe, habe ich die Nike-Werbung schon mit bezahlt. Wer braucht diese Werbung eigentlich? Ich persönlich empfinde die meiste Werbung als unheimlich redundant. Wenn ich ein paar Flaschen Wein bei Hawesko bestelle, kriege ich hinterher immer wochenlang die neuen Weinangebote von Hawesko bei Google angezeigt. Das brauche ich nicht. Wenn ich Wein kaufen will, gehe ich selber in einen Laden. Das Ganze ist eine riesige Verschwendung. Es werden unheimlich viel sinnlose Daten produziert, mit denen dann unheimlich viel sinnloses und im Zweifelsfall auch noch gefährliches Zeug gemacht wird.

SB: Man kann heute bei Google alles mögliche einsehen, der einzelne hat hohe Zugriffsmöglichkeiten. Wo ist Ihrer Ansicht nach der gesamtgesellschaftliche Nutzen im Sinne einer fortschrittlichen Entwicklung, wenn man das einmal als positiv bewerten würde?

RF: Ich sehe das zumindest bedingt als positiv. Man muß sich klarmachen, daß das Ganze etwas kostet. Die digitalisierten Informationen dauerhaft bereitzuhalten ist ein ziemlich kostenintensiver Aufwand. Das Internet hat auch einen Körper, und dieser muß erhalten werden. Insbesondere bei den Daten ist darauf zu achten, daß sie auf Trägern weiter erhalten werden, auf denen sie verfügbar sind. Ich selber habe irgendwelche Disketten in der Schublade rumliegen, aber es gibt heute kein Gerät mehr, mit denen sie gelesen werde können. Genauso wird es irgendwann mit unseren CDs und DVDs sein. Da ist großer Aufwand notwendig. Google und andere Anbieter betreiben gigantische Rechenzentren in fußballfeldgroßen Hallen. Was die Leute an der Dezentralisierung immer nicht verstehen, ist, daß ich, gerade wenn ich ein Netz habe und es fertigbringe, meine Software auf einen entscheidenden Knoten zu installieren, das Ding auch zentral kontrollieren kann. Das ist ja gerade der Gag am Netz, daß das geht. Man muß andersrum denken, aber das kriegen die meisten Leute nicht hin. Ich sehe darin auch ein demokratisches Potential, aber ich glaube, daß dieses demokratische Potential freigekämpft werden will.

SB: Sie propagieren in Ihren Schriften die Notwendigkeit einer Kritik der politischen Technologie. Was meinen Sie damit?

RF: Hier beziehe ich mich auf Marx, der diesen schönen Begriff des Stoffwechsels zwischen Mensch und Erde geprägt hat. Ich glaube, das muß der Ausgangspunkt dabei sein. Natürlich ist die Politische Ökonomie immer noch der Dauerbrenner, da kommt man nicht von weg. Aber wir müssen uns viel genauer mit der stofflichen Gestalt dieser Dinge beschäftigen. Marx hat ein paar Äußerungen gemacht, an denen man erkennt, daß er wirklich systemisch gedacht hat, auch was die Natur angeht. Wir müssen unseren Stoffwechsel rationell regeln und darauf achten, die Natur wieder herzustellen. Man kann ihm nicht den Vorwurf machen, daß er die Herausforderung, die darin liegt, noch nicht sehen konnte. Er war natürlich auch ein Kind seiner Zeit und hat so auch den Naturwissenschafts- und Technikoptimismus dieser Zeit geteilt, weil er dachte, man würde das alles mit einer gewissen politischen Anstrengung ohne weiteres hinkriegen. Daß in der Technologie eine politische Herausforderung steckt, die tatsächlich bewältigt werden muß, wird bis heute nicht wirklich wahrgenommen. Dazu müßte man schon ein paar bewußte Anstrengungen unternehmen.

Es gibt ja dieses berühmte Buch von C.P. Snow über die zwei Kulturen, die naturwissenschaftliche und die geistenswissenschaftliche - daß diese zwei Kulturen es nicht fertigbringen, vernünftig miteinander zu reden. Der emeritierte Ingenieur-Professor Vaclav Smil hat einmal sinngemäß gesagt, wenn ich heute in einer Versammlung von gebildeten Menschen erkläre, nicht zu wissen, wer Shakespeare ist, daß ich weder ein Theaterstück von ihm gesehen noch eine Zeile aus seinem Werk gelesen habe, dann würde man sich völlig outen. Das geht nicht. Wenn er aber umgekehrt die Leute fragt, ob sie wüßten, was der "Zweite Hauptsatz der Thermodynamik" bedeutet, würden die meisten Leute sagen, keine Ahnung, und niemand würde in dieser Hinsicht das Gefühl eines ernsten Defizits haben. Ein politisches Gemeinwesen, das seinen Stoffwechsel mit der Natur, um Marx' Worte zu benutzen, auf rationelle Weise regelt, kann sich so etwas nicht leisten. Da sollten die Leute schon wissen, was der "Zweite Hauptsatz der Thermodynamik" ist.


Fußnoten:

[1] http://www.schattenblick.de/infopool/buch/sachbuch/busar299.html

[2] http://www.schattenblick.de/infopool/buch/sachbuch/busar669.html

[3] Wagner, Thomas: Das Netz in unsere Hand!


Beiträge zur Konferenz "Am Sterbebett des Kapitalismus?" im Schattenblick unter:
www.schattenblick.de → INFOPOOL → POLITIK → REPORT:

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3. Mai 2017


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