Schattenblick → INFOPOOL → POLITIK → SOZIALES


ARMUT/226: Armuts- und Reichtumsbericht - Armut konsequent bekämpfen (Caritas)


Caritas Pressemitteilung vom 12. Dezember 2016

5. Armuts- und Reichtumsbericht

Armut konsequent bekämpfen und die Betroffenen zu Wort kommen lassen


Berlin, 12. Dezember 2016. "Wir dürfen nicht länger in der Analyse von Daten und Fakten steckenbleiben, sondern müssen Armut aktiv bekämpfen, indem frühzeitig und präventiv Hilfen angeboten werden", fordert Neher anlässlich des heute an die Verbände weitergeleiteten Entwurfs des fünften Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung. Dringend erforderlich sei die Erhöhung der Regelbedarfe, die bessere Nutzung der Fördermöglichkeiten der Kinder- und Jugendhilfe und die Verbesserung von Arbeitsmarktchancen durch den Ausbau öffentlich geförderter Beschäftigung.

Der Bericht enthält eine umfangreiche Analyse der Armutsrisiken im Lebensverlauf, die Grundlage einer fundierten Debatte werden muss. Erneut zeigt sich der enge Zusammenhang von schlechten Bildungschancen und Armut. Aus dieser seit langem bekannten Tatsache müssen politisch endlich die richtigen Schlüsse gezogen werden. Menschen, die Unterstützung brauchen, müssen frühzeitig erreicht werden. Notwendig sind insbesondere der Ausbau und die bessere Vernetzung niedrigschwelliger präventiver Angebote für Familien und Kinder, die Ausweitung der Schulsozialarbeit und die frühzeitige und flächendeckende Förderung von Schülern, bevor sich am Schuljahresende abzeichnet, dass eine Klasse wiederholt werden muss. Verhindert werden muss auch, dass beispielsweise junge Menschen den Anschluss verlieren, weil sie aufgrund harter Sanktionen in Wohnungslosigkeit geraten und den Kontakt zum Jobcenter abbrechen. Die Sondersanktionen für Jugendliche müssen abgeschafft werden.

Kritisch sieht Neher, dass das Thema der verdeckten Armut nicht ausreichend behandelt wird, obwohl es sich um ein weit verbreitetes Phänomen in Deutschland handelt. "Nach wie vor fehlt eine offensive Auseinandersetzung mit der Tatsache, dass viele tausend Menschen keine Hilfeleistungen in Anspruch nehmen, obwohl sie ein Anrecht darauf haben." Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) geht davon aus, dass zwischen 34 und 43 Prozent der Menschen keine ergänzende Grundsicherung beantragen, obwohl sie Anspruch darauf hätten. Besonders häufig nehmen ältere Menschen ihnen zustehende Grundsicherungsleistungen nicht in Anspruch, da sie fälschlicherweise die Sorge haben, dass auf das Einkommen der Kinder zugegriffen wird. Nach der Reform der Grundsicherung im Alter ist dies jedoch aufgrund der Freibeträge von 100.000 Euro für die Allermeisten nicht mehr zu befürchten. Hier ist Aufklärung über Leistungsansprüche und Voraussetzungen dringend geboten.

Neher fordert zudem, dass die Erfahrungen der von Armut betroffenen Menschen explizit im Bericht dargestellt werden müssen, was leider nicht geschah. Während der Erarbeitung des Berichts hatten Betroffene in einem Workshop des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales die Möglichkeit, ihre Perspektiven und Einschätzungen staatlicher Unterstützung darzustellen. "Die Menschen und deren Bedürfnisse zu kennen, ist ganz entscheidend, um die notwendigen Hilfen zu organisieren", macht Neher deutlich. Diese Erfahrungen müssen unbedingt in Zukunft in die Berichterstattung einfließen und im Bericht dargelegt werden.

*

Quelle:
Pressemitteilung vom 12. Dezember 2016
Deutscher Caritasverband e.V.
Berliner Büro - Pressestelle
Haus der Deutschen Caritas
Reinhardtstraße 13, 10117 Berlin
Redaktion:
Claudia Beck (Verantwortlich)
Telefon: 030/284447-42, Telefax: 030/284447-55
E-Mail: pressestelle@caritas.de
Internet: www.caritas.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Dezember 2016

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang