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DISKURS/019: Beveridge statt Bismarck! - Europäische Lehren für die Alterssicherung in Deutschland (FES)


Friedrich-Ebert-Stiftung
Internationale Politikanalyse

Beveridge statt Bismarck!
Europäische Lehren für die Alterssicherung von Frauen und Männern in Deutschland

von Traute Meyer
Dezember 2013




Inhalt

Überblick

1.0 Warum wir uns um zukünftige Renten sorgen sollten. Gegenstand der Untersuchung.

2.0 Der Spielraum für Reformen
2.1 Weshalb Reformer in Bismarck- und Beveridge-Ländern unterschiedliche Probleme haben
2.2 Je stärker das Wirtschaftswachstum, desto besser die Alterssicherung?

3.0 Modernisierung, soziale Ungleichheit, Diskriminierung - wie sich die ökonomische Lage von Frauen seit 1960 verändert hat.
3.1 Erwerbsbeteiligung
3.2 Bildungsunterschiede und soziale Ungleichheit
3.3 The incomplete revolution

4.0 Auswirkungen des sozialen Wandels für Renten der Zukunft.
4.1 Beveridge-Länder
4.2 Bismarck-Länder

5.0 Bedeutung der Rentenreformen seit 1995 für Frauen und Männer.
5.1 Bismarck-Länder
5.2 Beveridge-Länder

6.0 Beveridge statt Bismarck! Empfehlungen für sozialdemokratische Rentenpolitik in Deutschland.

Bibliographie

• Erwerbsarbeit bestimmt die Rentenhöhe - für Frauen wie Männer. In den Ländern Europas, in denen sich Frauen früh in den Arbeitsmarkt integrierten, ist ihre Alterssicherheit allein deshalb bereits höher. Deutschland gehört zu den Nachzüglern.

• Geschlechtsspezifische Unterschiede in der Erwerbsbeteiligung zwischen gering Gebildeten sind überall größer als zwischen Gebildeten. Die Differenzen sind in Deutschland deutlicher als in manchen Ländern Europas.

• Armutsvermeidende, gerechte Rentenpolitik beginnt deshalb am Arbeitsmarkt. Sie muss Erwerbschancen für Frauen und Männer aller Schichten verbessern.

• Die Rentensysteme der Länder, in denen sich die Geschlechterverhältnisse früher modernisierten, entsprechen dem »Beveridge-Modell«: Eine universale Grundrente, ergänzt von verpflichtenden Betriebsrenten, vermeidet Altersarmut effektiver und ermöglicht Frauen mehr Unabhängigkeit.

• Die Rentensysteme der Länder, in denen sich die Geschlechterverhältnisse später modernisierten, sind einkommens- und beitragsabhängig. Diese »Bismarck-Länder« vermeiden Armut weniger effektiv und stützen tradierte Abhängigkeit.

• Trotz Kürzungen sind Frauen in den Beveridge-Ländern besser vor Armut geschützt. Die deutsche gesetzliche Rente aber sinkt auf das niedrigste Niveau der untersuchten Länder, was besonders gering Gebildete trifft. Die Beveridge-Länder zeigen, dass zur Armutsvermeidung eine gesetzliche Mindestrente und verpflichtende Betriebsrenten gehören. Deutsche Sozialpolitik sollte daraus lernen.

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Überblick(1)

Für alle Menschen ist wichtig zu wissen, dass sie auch dann noch ein regelmäßiges Einkommen haben werden, wenn die Phase ihres Lebens, in der sie erwerbstätig sind, beendet sein wird. Darüber hinaus wünschen sich die meisten, dass dieses Einkommen ihrem bisherigen Lebensstandard entspricht. In vielen europäischen Ländern hatten die Rentensysteme seit den späten 1950er Jahren das Ziel, diese Erwartungen zu erfüllen. Dabei basierten zunächst die Rentenversicherungen auf der Annahme, dass Frauen und Männer als Ehepaare mit Kindern zusammenleben, und dann zusammen alt werden. Dann wäre es kein Problem, wenn das wesentliche Einkommen eines Paares im Ruhestand aus einer »Brotverdiener-Rente« bestünde, die für beide Partner reichen würden, manchmal ergänzt durch geringe Zusatzrenten der Ehefrauen - und Witwenrenten für sie, die ihre Männer meist überleben. Natürlich war es nie einfach, das Ziel der Einkommenssicherung im Alter selbst unter diesen Prämissen zu erreichen, und es wurde oft auch nur in eingeschränkter Form verwirklicht. Manche Länder waren erfolgreicher als andere, manche soziale Gruppen privilegiert, andere ausgeschlossen.

Im Laufe der Zeit wurden die Nachteile des Brotverdienermodells deutlicher. Die Veränderungen der Arbeitsmärkte seit den 1960er Jahren hatten radikalere Folgen für Frauenleben als für Männerleben; Frauen waren stärker erwerbstätig, sie gebaren weniger Kinder, Paare blieben nicht unbedingt ein Leben lang zusammen, Scheidungen fanden immer häufiger statt. Darüber hinaus lebten die Menschen länger. Seit den 1970er Jahren nahm auch die Integration von Märkten zu, in Europa und global. Dieser Wandel hatte tiefgreifende Konsequenzen.

Die sozialen Bewegungen der 1970er Jahre rückten ins öffentliche Bewusstsein, dass Frauen ihre unentgeltliche Sorge um Kinder, Mann und Haushalt größere soziale Risiken einbrachte als ursprünglich erwartet, dass darüber hinaus ihr Erwerbseinkommen oft zu nur unzureichenden unabhängigen Rentenansprüchen führte. Sozialwissenschaftler argumentierten, dass die sozialen und ökonomischen Veränderungen »neue soziale Risiken« (Bonoli 2005) mit sich gebracht hätten, von denen Frauen besonders betroffen seien. Sozialstaaten und Arbeitgeber seien nicht ausreichend dafür einge richtet, sie dagegen zu schützen und müssten mindestens die Prämissen des Brotverdienermodells ändern. Die verstärkte Internationalisierung von Märkten wiederum setzte Sozialstaaten und Unternehmen unter den Druck, Kosten einzudämmen.

Die obige Skizze illustriert den Reformdruck, unter dem sich die Rentensysteme Europas befanden und weiterhin befinden. Sie zeigt auch, dass dieser in zentraler Weise mit den Veränderungen im Alltag von Frauen und Männern zu tun hat. Die vorliegende Studie wird sich dem Verhältnis von sozialem Wandel und Rentensystemen widmen. Ich werde darin nachzeichnen, welche Typen von Rentensystemen es in Europa gibt, wie sie sich durch Reformen verändert haben und welche Auswirkungen dies für die Alterseinkommen von Frauen und Männern hat.

Der Report wird dabei besonderes Augenmerk darauf legen, wie Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern dasteht und was deutsche Sozialpolitikerinnen und Sozialpolitiker, insbesondere solche, die sozialdemokratische Werte verwirklichen wollen, von anderen europäischen Entwicklungen lernen können.

Im ersten Teil werde ich begründen, warum sich dieser Report auf die geschätzten Alterseinkommen zukünftiger, statt heutiger Rentnerinnen und Rentner konzentrieren wird. Daran schließen sich im zweiten Teil Abschnitte über Faktoren an, die die nationalen Rentenreformen der Zukunft beeinflussen werden. Zu diesen Faktoren gehören die verschiedenen institutionellen Formen der gesetzlichen und betrieblichen Alterssicherung in Europa. In vielen europäischen Ländern sind seit den 1990er Jahren neben der gesetzlichen Alterssicherung Betriebsrenten wesentlich wichtiger geworden und müssen deshalb einbezogen werden, wenn es darum geht, die Qualität der Absicherung im Alter zu beurteilen. Nach den tiefgreifenden Reformen der Regierung Schröder zu Beginn des Millenniums gilt dies gerade für Deutschland. In der akademischen Debatte werden die Rentensysteme Europas in zwei Typen zusammengefasst, auf der einen Seite befindet sich das Bismarck-Modell, mit Deutschland als wichtigem Vertreter. Dem gegenüber steht das Beveridge-Modell. Beide Ländergruppen sehen sich unterschiedlichen rentenpolitischen Herausforderungen gegenüber. Zukünftige Rentenreformen in den Ländern beider Gruppen werden aber auch durch ihre wirtschaftliche Entwicklung beeinflusst, die Folgen hat für das Niveau der Erwerbsbeteiligung von Frauen und Männern. Der Blick auf Ökonomie und Arbeitsmarkt ist nötig, da die Höhe des Einkommens im Alter entscheidend von der individuellen Erwerbsbiografie abhängt, insbesondere in Zeiten, in denen das Äquivalenzprinzip in der Rente wichtiger wird, während die Bedeutung des Versorgungsprinzips abnimmt. Der dritte Teil analysiert, wie sich der Zugang von Männern und Frauen zum Arbeitsmarkt seit den 1960er Jahren verändert hat, und fragt, was dieser Wandel für Rentenrechte und Gleichheit zwischen den Geschlechtern bedeutet. Wesentliches Argument ist hier, dass die Unterschiede zwischen Frauen und Männern im Zusammenhang gesehen werden müssen mit sozialer Ungleichheit, die auf Einkommens- und Bildungsunterschieden beruht. Gemäß Esping-Andersens These der incomplete revolution (2009) scheint Rentenungleichheit zwischen den Geschlechtern bei Frauen und Männern mit geringerem Bildungsstand ein wesentlich größeres Problem zu sein.

Der vierte Teil wird einen Überblick über die Rentenreformen der untersuchten Länder der letzten 15 Jahre in beiden Ländergruppen geben; hier werde ich abschätzen, wie sich die Mischung aus Modernisierung, die allerorten sensibel war für die größeren sozialen Risiken von Frauen, und die zum Teil sehr deutlichen Kürzungen der allgemeinen Rentenniveaus auf die zukünftigen Rentenansprüche von Männern und Frauen auswirken werden. Zum Schluss werde ich nach einer kurzen Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse fragen, welche politischen Maßnahmen sinnvoll wären, um Armutsrisiken zu vermeiden und den Status der Mittelschicht nicht zu gefährden. Im gesamten Verlauf der Studie wird die Situation in der Bundesrepublik besonders hervorgehoben und ins Verhältnis zur Dynamik anderswo gesetzt.

Der Report kommt zu dem Schluss, dass insbesondere Deutschland durch seine Reformen der letzten Dekade Armutsrisiken für zukünftige Rentnerinnen und Rentner geschaffen hat, insbesondere für Frauen und Männer mit geringerer Bildung und deshalb geringeren Lebenseinkommen. Darüber hinaus ist die Statussicherung der Besserverdienenden langfristig ebenfalls infrage gestellt. Die Erfahrungen der Beveridge-Länder zeigen, dass, um diesen Problemen zu begegnen, die Einführung einer verpflichtenden Mitgliedschaft in Betriebsrenten ein wichtiger Schritt wäre; darüber hinaus müsste die gesetzliche Rente eine erwerbseinkommensunabhängige Mindestsicherung bekommen, die die Sozialhilfe ersetzt.

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1. Warum wir uns um zukünftige Renten sorgen sollten. Gegenstand der Untersuchung.

Welche Typen von Rentensystemen gibt es in Europa? Wie haben sie sich durch Reformen verändert, und was sind die Auswirkungen für die Alterseinkommen von Frauen und Männern? Um diese Fragen konzentriert empirisch beantworten zu können, sind zunächst einige Reflexionen nötig.

Zunächst stellt sich die Frage, von wessen Renten die Rede sein soll. Man könnte zum Beispiel die Einkommen der heutigen Rentner und Rentnerinnen vergleichen. Diese sind von den Regeln der Versicherungssysteme abhängig, die im Laufe der ungefähr 45 Jahre gültig waren, die ein aktives Erwachsenenleben dauert. Die Analyse müsste also spätestens 1968 beginnen; da es jedoch heute auch ältere Rentnerinnen und Rentner gibt, können wir mindestens bis 1948 zurückblicken. Die heutigen Renten sind zweitens beeinflusst von der Erwerbsbiografie der Rentnerinnen und Rentner zwischen 1948 und 2010 sowie von ihrem Familienstand. Für Verheiratete galten andere Bedingungen als für Ledige.

In der Literatur gibt es viele Untersuchungen, die sich damit befassen, ob Renten ausreichen. Die aus geschlechtsspezifischer Sicht vorgenommene Forschung weist dabei oft auf die Benachteiligung von Frauen hin. So ist zum Beispiel schon lange wohlbekannt, dass Renten von Frauen in der Regel niedriger sind als die von Männern, da Frauen andere Erwachsenenleben hatten und da die Rentensysteme oft stark auf vollständige Erwerbsbiografien ausgerichtet waren (z.B. Kickbusch/Riedmüller 1985; Kulawik 1989; Langan/Ostner 1991; Lewis 1992).

Für die heutige Sozialpolitik sind solche Ergebnisse relevant, weil sie zeigen, wer von den über 65-Jährigen heute bedürftig ist. Sollte dieses Wissen zu dem Schluss führen, dass Reformen nötig sind, dann müssten sich diese jedoch auf die heutigen Rentnerinnen und Rentner konzentrieren. Es würde dann darum gehen müssen, existierende Alterseinkommen zu verbessern, etwa durch Zusatzleistungen oder Steuern. Die Art, wie Rentenansprüche von den heute Erwerbstätigen für die Zukunft erworben werden, wäre dafür irrelevant.

Aufgrund der jahrzehntelangen Großzügigkeit des deutschen, Bismarckschen, Rentensystems und seiner Übertragung auf die neuen Bundesländer ist Armut heutiger Rentnerinnen und Rentner bislang noch ein relativ geringes soziales Problem in Deutschland (z.B. Meyer/Bridgen 2011: 171-174; OECD 2001: 22). Der vorliegende Report wird sich deshalb nicht mit der Einkommenssituation dieser Rentnerinnen und Rentner befassen. Stattdessen werde ich im Folgenden überlegen, was wir heute schon über die möglichen Rentenhöhen der Rentnerinnen und Rentner der Zukunft wissen können, und die Ansprüche von Männern und Frauen miteinander vergleichen. Für eine solche Perspektive ist es nötig, sich auf die gültigen Systeme zu konzentrieren und einzuschätzen, welchen Zugang erwachsene, d. h. im Erwerbsleben stehende und/oder anders tätige Frauen und Männer zu diesen heute haben. Die besten Voraussetzungen für ein ausreichendes Einkommen im Alter haben dabei diejenigen, die kontinuierlich erwerbstätig sind. Zwar erkennen alle Länder auch Zeiten von Erziehung, Pflege, Ausbildung und andere Aktivitäten als relevant für Rentenrechte an, doch werden in allen Ländern diejenigen mit längerer Erwerbslaufbahn ein höheres Alterseinkommen erwerben als die, die während ihres Erwerbslebens länger ökonomisch inaktiv waren. Aus diesem Grund ist es erforderlich, nicht nur die gegenwärtigen Rentensysteme in den Blick zu nehmen, sondern auch die Möglichkeiten, die sich Frauen wie Männern auf dem Arbeitsmarkt bieten.

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2. Der Spielraum für Reformen

2.1 Weshalb Reformer in Bismarck- und Beveridge-Ländern unterschiedliche Probleme haben

Karl Hinrichs hat einmal mit Blick auf die Reform des deutschen und anderer europäischer Rentensysteme von »Elefanten in Bewegung« gesprochen (Hinrichs 2001). Denn die Systeme der Alterssicherung sind institutionell riesig und bewegen sich nur schwerfällig. In der Institutionen-Forschung gelten nationale Alterssicherungssysteme als reformresistent, da sie Bürgerinnen und Bürger langfristige Zusagen machen, auf die diese sich verlassen können müssen. Kürzungen und Veränderungen solcher Zusagen sind unpopulär und die Verantwortlichen müssen damit rechnen, bei den nächsten Wahlen dafür bestraft zu werden; sie meiden sie deshalb (Pierson 1994). Wenn man die Möglichkeit von Rentenreformen einschätzen will, führt kein Weg an der prägenden Kraft der existierenden Institutionen vorbei; sie beschreiben und begrenzen den Weg, den Reformer einschlagen können.

In Westeuropa haben sich seit dem Zweiten Weltkrieg zwei dominante Formen von Rentensystemen herausgebildet (Bonoli 2003; Ebbinghaus 2012). Diese haben sich unterschiedlich auf die Alterseinkommen von Männern und Frauen und damit auf soziale Ungleichheit im Alter ausgewirkt. Darüber hinaus haben sie Reformer vor unterschiedliche Probleme gestellt, und die Reformmöglichkeiten beeinflusst, die ihnen offen stehen. Ich werde beide im Folgenden in ihrer Grundform darstellen, in Teil 4 dann auf Reformen der letzten Jahre eingehen.

Auf der einen Seite befinden sich die »Bismarck-Länder«: Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich und Spanien. Zu ihren Sicherungssystemen gehörten typischerweise staatliche Renten, deren Höhe einkommens- und beitragsabhängig war, und die einen hohen Anteil des letzten Erwerbseinkommens für diejenigen ersetzten, die während ihrer gesamten Erwerbszeit in die Rentenkassen eingezahlt hatten (OECD 2001: 22). Darüber hinaus boten sie relativ großzügige Witwen- oder Witwerrenten für überlebende Partner. Individuen mit unterbrochener Erwerbsbiografie, zum Beispiel aufgrund von Kindererziehung, erzielten geringere Rentenansprüche. Diese Systeme folgten also der eingangs beschriebenen Idee des »Brotverdienermodells«. In den meisten Ländern dieser Gruppe sind Formen der Nichterwerbsarbeit seit den achtziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts als rentenrelevant anerkannt worden, doch sind die so gewonnenen Ansprüche in der Regel niedriger als die durch Erwerbstätigkeit generierten. Durch die statussichernde Funktion der gesetzlichen Systeme sind Betriebsrenten weitgehend verdrängt worden, zumindest hatten sie eine geringere Bedeutung für die Alterssicherung als in der folgenden Gruppe der »Beveridge-Länder«.

In dieser Gruppe finden wir die nordischen Staaten, die Niederlande, die Schweiz und Großbritannien. In deren Rentenregime wurde die Alterssicherung auf zwei Ebenen organisiert: Es gab einerseits die staatliche Rente auf einem Einheitsniveau für alle. Dieses Niveau war in den meisten Ländern dieser Gruppe ausreichend, um Armut zu vermeiden. Diese Renten waren zwischen den späten Vierzigern und den sechziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts eingeführt worden: 1946 in der Schweiz (Bonoli 2007: 219), 1948 in Schweden (Anderson/Immergut 2007: 360), 1957 in den Niederlanden (Anderson 2007: 724) und Finnland (Kangas 2007: 264-266), 1964 in Dänemark (Green-Pedersen 2007: 464, 83). Darüber hinaus erreichte die staatliche Rente viele Bürgerinnen und Bürger, und sie gewährte denjenigen mit niedrigen Einkommen höhere Leistungen im Verhältnis zum Erwerbslohn als Individuen mit höheren Lebenseinkommen. Diese gesetzlichen Renten der Beveridge-Länder waren also redistributiver als die einkommensbezogenen Ansprüche, die sich in den Bismarck-Ländern erwerben ließen. Dennoch wurde ihr Niveau als nicht ausreichend von denjenigen empfunden, die während ihres Erwerbslebens mehr verdienten und auch im Alter einen entsprechenden Lebensstandard erwarteten. Aus diesem Grund übernahmen die Betriebsrenten dieser Länder die Rolle der Einkommenssicherung, die in der Bismarck-Gruppe von der gesetzlichen Rente erfüllt wurde. In den Ländern dieser Gruppe wurden die Betriebsrenten oft nicht oder nicht ausschließlich staatlich verwaltet, aber ein Anspruch auf Mitgliedschaft war für Erwerbstätige gesetzlich vorgeschrieben. Deshalb waren sie weit verbreitet.


Großbritannien - Außenseiter der Beveridge-Gruppe

Großbritannien gehört zwar aufgrund seiner entwickelten Betriebsrenten und niedrigen gesetzlichen Renten in diese Gruppe. Ironischerweise muss jedoch gerade das Land, von dem die Gruppe ihren Namen hat,(2) als Außenseiter gelten (Meyer/Bridgen 2011: 159; Schulze/Moran 2007: 770). Erstens waren die britischen gesetzlichen Renten niedriger als in den anderen Beveridge-Ländern. In den nordischen Ländern, der Schweiz und den Niederlanden befand sich die gesetzliche Rente von mindestens den 1960er Jahren an auf oder über dem Niveau der bedarfsgeprüften Sozialhilfe.(3) Britische Rentnerinnen und Rentner ohne Betriebsrenten hingegen waren auf solche Sozialhilfe angewiesen.

Zweitens war nur in Großbritannien Unternehmen die Entscheidung frei überlassen, ob sie ihren Beschäftigten die Mitgliedschaft in Betriebsrenten anbieten wollten. In der Folge hatte stets nur etwa die Hälfte der erwerbstätigen Bevölkerung Zugang, darunter die Beschäftigten des öffentlichen Sektors und in der Privatwirtschaft die Beschäftigten der großen Unternehmen. Die britischen Betriebsrenten bestanden bis zum Ende der 1990er Jahre im Wesentlichen aus den sogenannten defined benefit schemes (leistungsbezogene Systeme im Folgenden). Dies sind einkommensbezogene Leistungen, für deren Niveau der Arbeitgeber garantierte, das finanzielle Risiko trug also nicht der oder die Beschäftigte. Darüber hinaus gehörte das Leistungsniveau dieser Betriebsrenten zum höchsten Europas, Mitglieder waren also privilegiert (Bridgen/Meyer 2007).

Wegen der niedrigen gesetzlichen Rente waren Männer wie Frauen auf Betriebsrenten angewiesen, andernfalls hätten sie in Armut leben oder Sozialhilfe beziehen müssen. Die betriebliche Sicherung war im öffentlichen Sektor mehr verbreitet als in privaten Unternehmen, wo sie sich im Wesentlichen auf Großbetriebe konzentrierte. Aus diesem Grund hatten bis zu den 1990er Jahren mehr Männer als Frauen Zugang, die Verhältnisse kehrten sich aber durch die Expansion der sozialen Dienste und größeren globalen Wettbewerb im Privatsektor um.

Die Zusammenfassung der Systeme in zwei Gruppen bezieht sich auf den Zeitraum von 1960 bis etwa zur Mitte der 1990er Jahre. Die dann folgenden Reformen haben die institutionellen Unterschiede zwischen den Gruppen verwischt, und ihre Auswirkungen auf die Rentenansprüche von Männern und Frauen haben sich so ebenfalls verändert. Wie schon angekündigt, wird der dritte Teil dieses Reports von dieser Problematik handeln. Vorher jedoch sollen weitere Faktoren untersucht werden, die für Unterschiede zwischen Rentensystemen verantwortlich gemacht werden.


2.2 Je stärker das Wirtschaftswachstum, desto besser die Alterssicherung?

Der Zusammenhang zwischen der Entstehung und Expansion von Wohlfahrtsstaaten und wirtschaftlichem Wachstum ist in der Forschung intensiv diskutiert worden. In den 1970er Jahren zeigte Harold Wilensky erstmals mit einem globalen Maßstab, dass nur entwickelte Industrieländer umfassende Sozialleistungen eingeführt haben und leitete daraus die Einsicht ab, dass die Ökonomie das Wohlfahrtsstaatswachstum bestimmt (Wilensky 1975). Der Zusammenhang zwischen Wohlfahrtsstaat und Wirtschaftswachstum entsteht demnach, weil mit der Ausweitung von Märkten Menschen für ihre Absicherung im Alter stärker auf Geld als auf Nachwuchs setzen. Geburtenraten fallen so, Rentensysteme expandieren. Wenn wir global die sehr armen Länder mit den OECD-Staaten vergleichen, trifft Wilenskys These bis heute zweifellos zu. Weniger überzeugend ist sie allerdings innerhalb der OECD, oder, bezogen auf den Rahmen dieser Studie, innerhalb der Europäischen Union.

Graph 1 gibt einen Überblick über das Bruttosozialprodukt (BSP) pro Kopf in den 13 für diese Studie ausgewählten Ländern für das Jahr 2010. Die Angaben reflektieren reale Unterschiede in der Kaufkraft. Norwegen (44.000 Euro) und die Schweiz (38.000 Euro) liegen mit Abstand an der Spitze, Spanien und Italien sind mit 24.000 bis 25.000 am geringsten entwickelt; alle anderen Länder erwirtschafteten 27.000 bis 32.000 Euro pro Kopf jährlich.

Graph 1: Erwerbsbeteiligung und Bruttosozialprodukt 2010 pro Kopf.Quelle: Eurostat, eigene Berechnungen, Angaben gerundet



Diese wirtschaftlichen Differenzen finden eine Entsprechung in der allgemeinen Erwerbsbeteiligung. Mit Ausnahme Belgiens hatten im Jahr 2010 die Länder mit dem höchsten Pro-Kopf-Einkommen auch die höchsten allgemeinen Erwerbsquoten. Spanien und Italien sind in beiderlei Hinsicht unterdurchschnittlich entwickelt, während die Bundesrepublik in Bezug auf die Erwerbsbeteiligung knapp über dem Durchschnitt liegt, im Hinblick auf das Pro-Kopf-Einkommen knapp darunter. Die Zahlen legen den Schluss nahe, dass die aktive ökonomische Beteiligung der erwachsenen Bevölkerung zu größerem volkswirtschaftlichem Wohlstand beiträgt. Da Erwerbsarbeit traditionell zum zentralen Betätigungsfeld der Männer gehörte, sind Männererwerbsquoten homogener und höher als die von Frauen. Die Erhöhung der Gesamtbeteiligung führt so immer noch vor allem über eine stärkere weibliche Erwerbsbeteiligung. In der Tat zeigt Graph 1 auch, dass die reichsten Länder dieser Studie auch zu denen gehören, in denen am meisten Frauen erwerbstätig sind. Es sind gleichzeitig die Länder mit höheren Teilzeitquoten im Verhältnis zur Gesamtbeschäftigung. Die Bundesrepublik hat in dieser Hinsicht seit Mitte der 1980er Jahre stark aufgeholt (siehe im Folgenden), doch sie lag 2010 immer noch hinter den nordischen Ländern, der Schweiz und den Niederlanden, die alle auch ein höheres Pro-Kopf-Einkommen hatten.

Theoretisch könnte der vergrößerte wirtschaftliche Reichtum für höhere Sozialleistungen genutzt werden. Ein automatischer Zusammenhang zwischen Wirtschaftswachstum und Alterung der Gesellschaft sowie Höhe der Sozialausgaben, wie ihn Harold Wilensky erwartete, ist jedoch nicht zu erkennen. Während die Erwerbsbeteiligung und das Bruttosozialprodukt unabhängig vom Umfang der Teilzeitarbeit korrelieren, haben die höchstentwickelten Länder keineswegs den höchsten Anteil von über 64-Jährigen an der erwachsenen Bevölkerung (Graph 2). In der Tat scheint der wirtschaftliche Reichtum in Europa für dieses Verhältnis keine Rolle zu spielen. In Italien und Deutschland war 2010 der relative Anteil der Älteren am größten, und dennoch sind dies nicht die reichsten Länder. Norwegen, das Land mit dem höchsten Bruttosozialprodukt pro Kopf, hat sogar den niedrigsten relativen Anteil der über 64-Jährigen.

Graph 2: Bruttosozialprodukt pro Kopf (Tsd. Euro), Rentenausgaben als Prozent von BSP, 65+ als Prozent von 15-64 Jährigen, 2010 Quelle: Eurostat, eigene Berechnungen, Angaben gerundet



Es gibt ebenfalls keinen klaren Beleg dafür, dass die staatlichen Rentenausgaben mit wachsendem Anteil der Ruheständlerinnen und Ruheständler an der Bevölkerung steigen. Vergleichen wir zum Beispiel Italien und Österreich, also die Länder unserer Gruppe, die den größten Anteil ihres Bruttosozialproduktes für Alterssicherung ausgeben, dann sehen wir, dass der Bevölkerungsanteil der über 64-Jährigen in Italien wesentlich größer ist als in Österreich. Umgekehrt haben Norwegen und die Niederlande denselben relativ niedrigen Anteil älterer Menschen an der Bevölkerung, die norwegischen Rentenausgaben liegen jedoch deutlich unter den holländischen. Deutschlands Rentenausgaben sind so hoch wie die finnischen, obwohl in Deutschland deutlich mehr Ältere leben. Diese Unterschiede weisen darauf hin, dass ökonomische und demografische Faktoren weniger zentral für die Entwicklung staatlicher Rentenausgaben sind, als von Wilensky angenommen. Die Kritiker seiner Modernisierungstheorie (z. B. Mabbett/Bolderson 1999) stimmen zu, dass ein hoher Grad ökonomischer Entwicklung Voraussetzung für die Institutionalisierung staatlicher Rentensysteme ist. Die Autoren sind aber zu dem Ergebnis gekommen, dass deren genauere Ausprägung von politischen Entscheidungen, institutionellen Prägungen und dem Charakter des privaten Sektors bestimmt wird.

Wir können am Ende dieses Abschnitts feststellen, dass der Weg zu mehr Wirtschaftswachstum auch über eine Arbeitsmarktpolitik führt, die es Frauen leichter macht, erwerbstätig zu sein: bezahlbare öffentliche Kinderbetreuung, Flexibilität am Arbeitsplatz für Männer und Frauen, Elternurlaub. Solche Politik erfordert höhere Sozialausgaben und mag Regierungen deshalb kurzfristig problematisch erscheinen; der Ländervergleich zeigt jedoch, dass solche Investitionen langfristig produktiv sind und ihre Kosten deshalb wieder ausgeglichen werden. In den erwerbsorientierten europäischen Rentensystemen erhöhen entsprechende Reformen gleichzeitig die Chancen für mehr Gleichheit zwischen Männern und Frauen im Alter, da sie die Bedingungen für den Erwerb unabhängiger Rentenansprüche verbessern (z. B. auch Riedmüller/Schmalreck 2011: 11-16). Arbeitsmarktpolitik ist somit Rentenpolitik. Wichtig ist aber auch, die Grenzen dieser Politik festzuhalten: Sie hat keinen Einfluss auf den Leistungsumfang oder die institutionelle Form von Renten, die ebenfalls über Gerechtigkeit zwischen Geschlechtern oder sozialen Gruppen entscheiden. Verteilungsgerechte Rentensysteme hängen immer noch wesentlich von politischer Gestaltung ab.

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3. Modernisierung, soziale Ungleichheit, Diskriminierung - wie sich die ökonomische Lage von Frauen seit 1960 verändert hat.

3.1 Erwerbsbeteiligung

Im vorhergehenden Abschnitt habe ich auf die Bedeutung von Erwerbsarbeit für wirtschaftliche Stärke hingewiesen, für die eine hohe Erwerbsbeteiligung von Frauen wichtig ist, was wiederum auch ihre unabhängigen Rentenansprüche verbessert. Im Folgenden wollen wir uns deshalb genauer damit befassen, wie sich Erwerbstätigkeit für Frauen seit den 1960er Jahren verändert hat. Diese Änderung lässt sich unter dem Begriff der Individualisierung zusammenfassen. Wie groß der Wandel war, lässt sich am besten aus einer langfristigen Perspektive sehen. Graph 3 zeigt die Entwicklung der weiblichen Erwerbsbeteiligung in den hier ausgewählten Ländern seit 1960 für alle Länder individuell sowie den Durchschnitt der Beveridge- und der Bismarck-Länder.

Graph 3: Frauenwerwerbsbeteiligung 1960-2011 - Quelle: Eurostat, eigene Berechnungen Länderreihenfolge in Legende entspricht der Reihung in 2011



In allen Ländern hat die Erwerbstätigkeit von Frauen seit den 1960er Jahren stark zugenommen, allerdings bleiben auch deutliche nationale Unterschiede bestehen, wie wir an der Standardabweichung vom Durchschnitt sehen können. Interessanterweise war diese in der Gruppe der Beveridge-Länder (Schweiz, Schweden, Norwegen, Dänemark, Finnland, Niederlande, UK) bis zu den 1990er Jahren größer als in der Gruppe der Bismarck-Länder (Deutschland, Österreich, Frankreich, Spanien, Belgien, Italien). Die Heterogenität erklärt sich durch den starken Anstieg der Erwerbstätigkeit von Frauen in Schweden, Dänemark, Finnland und Norwegen, zwischen 1960 und 1990, einer Zeit, in der die Regierungen der nordischen Länder tiefgreifende Reformen verabschiedeten, die Geschlechtergleichheit zum Ziel hatten: Frauen sollten in den Arbeitsmarkt integriert werden, Kinderbetreuung wurde ein öffentliches Gut, zu dem alle Zugang hatten (Anderson/Meyer 2006; Bonoli 2007). In der Folge waren in fünf der sieben Beveridge-Länder ab 1970 über die Hälfte der Frauen erwerbstätig, Finnland, Schweden und Dänemark lagen bereits bei ca. 60 Prozent; die Beteiligung stieg von da an weiter deutlich, auf zwischen 81 Prozent (Schweden) und 66 Prozent (UK) in 1990; Nachzügler waren lediglich die Niederlande, in denen der rapide Anstieg erst ab Mitte der 1980er Jahre stattfand; Großbritannien entwickelte sich stetig und langsamer. In den 1990er Jahren verlangsamte sich für alle das Wachstum, die Niederlande allerdings holten auf, so dass es für den Beveridge-Durchschnittswert von 76 Prozent in 2011 eine nur geringe Standardabweichung gab (4 Prozentpunkte).

In den Bismarck-Ländern hat diese Modernisierung später und auf niedrigerem Niveau begonnen, und sie hat nirgendwo im gleichen Umfang stattgefunden. In allen sieben Ländern der Bismarck-Gruppe waren 1970 weniger als die Hälfte der weiblichen Bevölkerung in den Arbeitsmarkt integriert, das Wachstum bis 1990 war langsamer und die Länderunterschiede blieben konstanter als in den Beveridge-Ländern, die Beteiligung der Frauen am Erwerbsleben lag 1990 zwischen 42 Prozent in Spanien und 60 Prozent in Frankreich. Während 2011 in allen Beveridge-Ländern über 70 Prozent der Frauen einen bezahlten Arbeitsplatz hatten, erreichte in der Bismarck-Gruppe nur Deutschland mit 73 Prozent 2010 erstmalig das Beschäftigungsniveau der Beveridge-Gruppe. Spanien holte seit 1990 rapide auf, aber Italien blieb ein Nachzügler in den Bismarck-Ländern, wo die Standardabweichung bis 2011 höher war (7,4 Prozentpunkte) als in den Beveridge-Ländern. Selbst wenn wir Italien ausschließen, waren 2011 68 Prozent der Frauen dieser Ländergruppe erwerbstätig, d. h. es gab einen beträchtlichen Abstand zu den Beveridge-Ländern.

Es ist gut bekannt, dass die Erwerbsbeteiligung mit dem Bildungsniveau steigt; weniger etabliert ist die Erkenntnis, dass sich auch in dieser Hinsicht beide Ländergruppen systematisch unterscheiden.


3.2 Bildungsunterschiede und soziale Ungleichheit

Graph 4 zeigt die durchschnittliche Erwerbsbeteiligung von Frauen mit geringer, mittlerer und hoher Bildung in beiden Gruppen seit 2000. Deutschland ist gesondert dargestellt. Wie schon festgestellt, waren erheblich mehr Frauen in den Beveridge- als in den Bismarck-Ländern erwerbstätig. Allerdings nahm die Beteiligung in den Bismarck-Ländern seit 2000 weiter zu, insbesondere bei Frauen mit mittlerer Qualifikation, während sie in der Beveridge Gruppe stagnierte oder leicht zurückging.

Graph 4: Frauenerwerbsquoten nach Bildungsgrad - Durchschnitt Bismarck-/Beveridge-Länder & Deutschland. 2000-12.Quelle: Eurostat, eigene Berechnungen



Die Differenzen zwischen den Bildungsgruppen sind beträchtlich. 2012 waren 78 Prozent der hochgebildeten Frauen der Bismarck-Länder und 82 Prozent in den Beveridge-Ländern erwerbstätig, aber 62 Prozent und 73 Prozent der Frauen mit mittlerem Bildungsgrad und nur 38 Prozent und 49 Prozent der Geringgebildeten, in Italien sogar nur 30 Prozent.(4) Der Ländergruppenvergleich zeigt einen grundsätzlichen Vorsprung der Beveridge-Länder, der bei den Hochgebildeten am geringsten ist, der Abstand zur Bismarck-Gruppe beträgt hier nur vier Prozentpunkte. Die Differenz zwischen den Beveridge- und Bismarck-Ländern der anderen Bildungsgruppen beträgt mit 11 Prozentpunkten mehr als das Doppelte. Frauen in Deutschland mit hohem und mittlerem Bildungsgrad liegen weit über dem Durchschnitt der Bismarck-Länder, ähnlich wie Frauen gleichen Bildungsgrads in Österreich.(5) Insgesamt sind lediglich in Norwegen, Schweden und den Niederlanden mehr hochgebildete Frauen erwerbstätig. Der Anteil der Frauen in Deutschland mit niedriger Bildung liegt mit 41 Prozent leicht über dem Durchschnitt der Bismarck-Gruppe, aber weit unter dem der Beveridge-Länder. Dies sind große Unterschiede. Sie werden weiter verstärkt, wenn wir diese Quoten mit der Beschäftigung der Männer vergleichen.

Graph 5 zeigt, wie sich die Erwerbsbeteiligung der Männer in der gleichen Zeit in den verschiedenen Bildungsgruppen entwickelt hat. Insgesamt sind erwartungsgemäß mehr Männer erwerbstätig als Frauen, dies trifft für alle Bildungsgruppen zu. Während bei den Frauen die Erwerbsbeteiligung im Wesentlichen zunahm, ging sie bei den Männern in allen Bildungsgruppen zurück, besonders jedoch bei den Geringgebildeten (-8 Prozentpunkte seit 2000 in der Bismarck-Gruppe, -5 in der Beveridge-Gruppe). Die Erwerbsbeteiligung in den Beveridge-Ländern lag auch für alle Männer über der der Bismarck-Länder.

Graph 5: Männererwerbsquoten nach Bildungsgrad - Durchschnitt Bismarck-/Beveridge-Länder & Deutschland. 2000-12 Quelle: Eurostat, eigene Berechnungen



Deutschlands Profil fügt sich wiederum nicht nahtlos ein. Männer in Deutschland liegen bei den Hochgebildeten deutlich über und Männer mit mittlerem und niedrigem Bildungsgrad unter dem Durchschnitt beider Ländergruppen. Insgesamt ist ihre Erwerbsbeteiligung 2012 mit 91 Prozent nach der Schweiz die zweithöchste aller hier untersuchten Länder.

Bevor ich im nächsten Teil genauer diskutieren werde, was der veränderte Zugang zu Bildung und Arbeitsmarkt für die Höhe von Renten bedeuten kann, möchte ich die bisher für beide Geschlechter separat diskutierten Trends vergleichen. Dafür ist Graph 6 hilfreich. Er zeigt, welchen Abstand es zwischen den Erwerbsquoten der Frauen und der Männer gibt, und wie sich dieser zwischen 2000 und 2012 verändert hat. Der Graph demonstriert, um wie viel stärker die Verbindung von Männern im Vergleich zu Frauen zum Arbeitsmarkt noch ist, aber auch, wie weit sich der Vorsprung der Männer verringert hat; allerdings sollten wir auch im Auge behalten, dass er nur ein grober Indikator ist, da er weder die für Ungleichheit relevanten Lohnhöhen noch Teilzeitarbeit berücksichtigt.

Graph 6: Differenz zwischen Frauen- und Männererwerbsquoten nach Bildungsgrad - Durchschnitt Bismarck-/Beveridge-Länder & Deutschland. 2000-12 in Prozentpunkten.Quelle: Eurostat, eigene Berechnungen



Als erstes wichtiges Ergebnis können wir festhalten, dass sich im Laufe der Zeit die Asymmetrien zwischen Frauen und Männern in beiden Ländergruppen deutlich verringert haben. Dies zeigt sich dadurch, dass die Geschlechterdifferenz hinsichtlich der Beschäftigungsverhältnisse zu Beginn der Dekade für alle Länder größer war als an ihrem Ende. Dies ist sowohl durch das Wachstum der Erwerbsbeteiligung bei den Frauen als auch durch dessen Rückgang bei den Männern zu erklären. Die Veränderung in Deutschland verlief langsamer als im Durchschnitt der Ländergruppe, und die Asymmetrie bei den hochgebildeten Frauen und Männern ist seit 2006 wieder größer geworden.

Wenn wir uns zweitens auf die Unterschiede zwischen den Ländergruppen konzentrieren und dafür das Jahr 2012 auswählen, stellen wir fest, dass Geschlechterdifferenzen in den Beveridge-Ländern geringer ausgeprägt sind. Hier beträgt der Vorsprung der Männer bei den Hoch- wie den Mittelgebildeten lediglich jeweils fünf Prozentpunkte, verglichen mit den jeweils sieben und zwölf Prozentpunkten der hoch- und mittelgebildeten Männer in den Bismarck-Ländern. Die geringgebildeten Männer haben überall den größten Vorsprung, er ist aber dennoch in der Beveridge-Gruppe mit 12 Prozentpunkten geringer als in den Bismarck-Staaten, wo er 17 Prozentpunkte ausmacht. In Deutschland ist der Unterschied zwischen hochgebildeten Frauen und Männern etwas größer als in den anderen Ländern der Bismarck-Gruppe, aber erheblich geringer als der Durchschnitt für Mittel- und Geringgebildete.

Insgesamt besteht zwischen allen hochgebildeten Frauen und Männern und zwischen den mittelgebildeten in den Beveridge-Ländern die größte Geschlechtersymmetrie; für alle anderen Gruppen liegt die Differenz mindestens bei sieben Prozentpunkten, oft aber höher.

Wenn wir abschließend noch einen Blick auf die Einkommen von Frauen und Männern werfen, verändert sich das Bild einer mit dem Bildungsstand wachsenden Symmetrie; die Zusammenhänge erscheinen komplizierter. Eurostat hat seit 2002 alle vier Jahre die Löhne und Gehälter in der Europäischen Union untersucht. Graph 7 basiert auf den durchschnittlichen Monatslöhnen, die Frauen und Männer verschiedener Bildungsstufen 2010 bezogen, und setzt die Einkommen von Frauen ins Verhältnis zu denen der Männer. Einbezogen ist Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigung, was einen Teil der Unterschiede erklärt: Wiederum sind diese Angaben nur grobe Indikatoren, doch geben sie einen Eindruck davon, wie groß die Unterschiede in etwa sind zwischen den Einkommen, über die Männer und Frauen gleichen Bildungsstandes und gleichen sozialen Status unabhängig verfügen können. Wichtig ist zunächst einmal, dass in keinem Land Frauen nur annähernd so viel verdienen wie Männer. Interessanterweise jedoch finden sich in allen Ländern, mit der Ausnahme Spaniens, die größten relativen Lohnunterschiede zwischen den formal am höchsten Gebildeten. Der Unterschied ist etwas stärker ausgeprägt in den Bismarck-Ländern, besonders in Österreich (Frauenlöhne: 71 Prozent der Männerlöhne), Frankreich (70,7 Prozent) und Italien (70,2 Prozent), doch ist die Differenz auch in den nordischen Ländern noch relativ groß. Dänemark (73,6 Prozent) und Deutschland (73,7 Prozent) zum Beispiel unterscheiden sich in dieser Hinsicht nicht. Im Durchschnitt finden sich die größten Lohnsymmetrien zwischen den Geschlechtern in der Gruppe der formal am geringsten Gebildeten. Der Unterschied zwischen den Hoch- und Niedriggebildeten ist besonders ausgeprägt in Österreich (17,5 Prozentpunkte), Frankreich (15,5 Prozentpunkte) und Deutschland (14,5 Prozentpunkte).

Graph 7: Durchschnittliche Brutto-Monatslöhne von Frauen, in Prozent der Männerlöhne nach Bildungsgrad, 2010, PPS.Quelle: Eurostat, eigene Berechnungen




Die Lohnungleichheit hochgebildeter Frauen und Männer wird in der Literatur mit dem Effekt der »gläsernen Decke« beschrieben (z.B. Alàez-Aller et al. 2011; Arulampalam et al. 2006; Christofides et al. 2013). Ökonomen führen sie zum Teil auf »produktive«, d. h. geschlechtsneutrale Faktoren zurück, die das Humankapital beeinflussen: Länge der Berufserfahrung, Größe des Betriebs, öffentlicher oder privater Sektor, Arbeitszeit, Typ des Beschäftigungsverhältnisses (für einen Überblick und Kritik: Tharenou 2013: 200). Theoretisch würden zum Beispiel eine Frau und ein Mann mit geringer Berufserfahrung und befristeter Teilzeitbeschäftigung in einem privaten Kleinbetrieb gleichermaßen wenig verdienen, in der Praxis jedoch charakterisieren diese Bedingungen eher die Erwerbskarrieren von Frauen und sie führen dazu, dass formal hochgebildete Männer mit größerer Wahrscheinlichkeit die bestbezahlten Positionen auf Arbeitsmärkten erreichen als entsprechend qualifizierte Frauen. In den Arbeitsmarktsegmenten, in denen ein geringeres Bildungsniveau erwartet wird, ist die Lohnspreizung insgesamt weniger groß, was zu geringeren Lohnunterschieden zwischen Frauen und Männern führt. Diese neutralen Faktoren jedoch können nur etwa die Hälfte der Lohndifferenzen zwischen den Geschlechtern erklären (Alàez-Aller et al. 2011: 59-63, 67; Christofides et al. 2013: 89, 93). Hinzu kommen alltägliche geschlechtsspezifische Diskriminierungen, die etwa in der Geringschätzung von Frauen bei Einstellungsprozessen oder bei Arbeitsgerichtsverfahren zum Tragen kommen (Blau/Kahn 2000: 8-12), aber auch durch sich hartnäckig haltende gesellschaftliche Stereotype, nach denen geschlechtshierarchische Verhältnisse normal sind (Tharenou 2013: 201-204).



3.3 The incomplete revolution

Gøsta Esping-Andersen hat die bildungsspezifischen Asymmetrien zum Anlass für sein Buch The incomplete revolution (2009) genommen. Er argumentiert darin, dass sich die Position von Frauen in der Beschäftigungshierarchie in den letzten Dekaden dramatisch verändert hat, aber dass dieser Wandel vor allem zu mehr Gleichheit zwischen hochgebildeten Männern und Frauen führte, die nun in der Lage sind, ihre Gewinne in doppelverdienenden Paargemeinschaften zu konzentrieren. Im Vergleich dazu ist die Ungleichheit zwischen den weniger gebildeten Gruppen viel größer geblieben, was auch bedeutet, dass diese Gruppen weiterhin viel stärker von Armut bedroht sind. Die Politik fordert er auf, mehr dafür zu tun, die unvollkommene Revolution zu vollenden, da dies für kommende Generationen mehr Reichtum und weniger allgemeine Ungleichheit verspricht.

Für die vorliegende Studie ist diese Beobachtung, im Detail oben illustriert, von großer Bedeutung, da bildungsspezifische Symmetrien und Asymmetrien selbstverständlich Auswirkungen auf die Rentenbiografien der heute im Erwerbsleben stehenden Männer und Frauen in Europa haben werden. Indem sich das Buch von Esping-Andersen allerdings auf die bildungsbedingten Modernisierungsgewinne der letzten Dekaden konzentriert, übersieht es die soeben diskutierten Asymmetrien zwischen den formal hochgebildeten Frauen und Männern und dem hartnäckigen Bestand von Diskriminierung in den entwickelten Industrieländern.

Dennoch ist das Argument der »unvollendeten Revolution« hier wichtig, weil es zeigt, dass Rentenpolitik fehlschlägt, wenn sie sich vor allem auf die besonderen sozialen Risiken von Frauen konzentriert, und die Auswirkung sozialer Ungleichheit auf Frauen und Männer außer Acht lässt. Doch reicht die klassisch sozialdemokratische Sensibilität für klassenspezifische Unterschiede allein nicht aus. Die Ungleichheit zwischen den Gebildeten stellt kein Armutsproblem dar, aber hartnäckige Lohnungleichheit und Diskriminierung sind ungerecht. Sie bestehen trotz Modernisierung überall weiter, selbst in den am längsten und radikalsten der Geschlechtergleichheit verpflichteten sozialdemokratischen Ländern Skandinaviens. Ihren Auswirkungen auf das Alterseinkommen wollen wir uns im Folgenden zuwenden.

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4. Auswirkungen des sozialen Wandels für Renten der Zukunft

4.1 Beveridge-Länder

Beginnen wir mit den Beveridge-Ländern. Wie bereits oben gezeigt, gab es in den nordischen Staaten, den Niederlanden und in der Schweiz spätestens seit den 1960er Jahren Grundrenten, die auf dem Bürgerstatus beruhten, oder ähnliche universale Absicherungen, auf die Bürger auch ohne die umfassende Prüfung ihrer Vermögensverhältnisse Anspruch hatten. Diese Absicherungen spiegelten die politische Entscheidung dieser Länder wider, dass ihre gesetzlichen Rentenversicherungen auf Umverteilung beruhen sollten, damit auch diejenigen mit niedrigen Lebenseinkommen einen Mindestlebensstandard haben konnten, ohne von Sozialhilfe abhängig zu sein. Diese Entscheidungen ermöglichten mehr Frauen ein von Männern unabhängiges Alterseinkommen als in den Bismarck-Ländern; diese Systeme vermeiden starke soziale Ungleichheit zwischen denen mit Erwerbsbiographie und denen ohne. Doch kam in diesen Ländern noch die steigende weibliche Erwerbsbeteiligung hinzu; bereits seit 1965 waren mehr als die Hälfte der Frauen erwerbstätig, 1980 über 60 Prozent, 1990 über 70 Prozent (Graph 3); die Niederlande bildeten mit späterem, aber schnellem Wachstum eine Ausnahme. Durch diese Integration in den Arbeitsmarkt erwarben Frauen in den Beveridge-Ländern nicht nur Grundrenten sondern auch schon früher einen Zugang zu den Betriebsrenten als Frauen in Bismarck-Ländern. Ein von Männern unabhängiger Rentenanspruch ist schon die Norm für diejenigen, die heute ihren fünfundsechzigsten Geburtstag feiern. In den Bismarck-Staaten war erst 1990 die Hälfte der Frauen erwerbstätig und dieser Durchschnitt ist bis 2011 lediglich auf 65 Prozent gestiegen (Graph 3). Die stärkere Erwerbsbeteiligung in den Beveridge-Ländern ist deshalb nicht nur ein zusätzlicher Schutz gegen Altersarmut, sondern sie ermöglicht Frauen ähnlich wie Männern ein Einkommen im Ruhestand, das ihrem letzten Erwerbseinkommen näher ist als die universelle Grundsicherung allein. Renteneinkommen sind also für viele Frauen in den Beveridge-Ländern sowohl armutsvermeidend als auch statussichernd, mehr Gleichheit unter den Geschlechtern ist verwirklicht (siehe z. B. auch Alláez-Aller et al. 2011: 58). Obwohl, wie oben festgestellt, ein niedriges Bildungsniveau zu größerer Asymmetrie beider Geschlechter am Arbeitsmarkt führt, sind auch diejenigen im Alter abgesichert, deren soziale Risiken aufgrund niedrigerer Bildung und Konzentration von Risiken höher sind. Sie können sich nicht nur auf die Grundsicherung stützen, sondern haben aufgrund der höheren und früheren allgemeinen Erwerbsbeteiligung auch gute Aussichten auf statussichernde Alterseinkommen. Im Vergleich zu den 1960er Jahren hat sich die vom Mann unabhängige soziale Sicherheit für Frauen also deutlich verbessert, allerdings mit der wichtigen Einschränkung, dass annähernde Lohngleichheit nirgendwo erreicht ist und auch die geschlechtsspezifische Ungleichheit im Alter fortbesteht, was besonders die formal am höchsten Gebildeten betrifft. Diese Einschätzung trifft allerdings auf die britische Situation nicht zu.



Außenseiter Großbritannien

Das britische System hat die schicht- und geschlechtsspezifischen Armutsrisiken von Rentnerinnen und Rentnern weniger effektiv entschärft. Ein großer Teil der Rentnerinnen in Großbritannien war wesentlich schlechter gestellt als in Skandinavien, den Niederlanden oder in der Schweiz, während gleichzeitig ein anderer Teil mindestens ebenso gut abgesichert war. Für die britische gesetzliche Rente konnte sich nur qualifizieren, wer eine Erwerbsbiografie vorzuweisen hatte, wenn diese auch unterbrochen sein durfte. Außerdem hing das gesetzliche Rentenniveau in begrenztem Rahmen von der Höhe des Einkommens ab. Aus diesen Gründen war es für britische Rentnerinnen schwieriger, eine volle gesetzliche Rente zu erwerben als für Frauen in den anderen Ländern dieser Gruppe - ein in der Literatur oft beklagter Tatbestand (z.B. Ginn 2003). Sehr wichtig war außerdem, dass für niemanden die staatliche Rente die 50 Prozent des Durchschnittslohnes erreichte, die heute oft als Schwelle für die aktive Beteiligung am gesellschaftlichen Leben gesehen wird. Darüber hinaus jedoch lag die staatliche Rente noch unterhalb des wesentlich niedrigeren Sozialhilfeniveaus, d. h. selbst für Männer und Frauen mit vollen staatlichen Rentenansprüchen war bis 2011 der Zugang zu einer Betriebsrente essentiell. Da es jedoch Arbeitgebern überlassen war, diese freiwillig anzubieten, gab es die selbst im europäischen Vergleich ausgezeichneten defined benefit schemes (Meyer et al. 2007) nur im öffentlichen Sektor und den Großunternehmen der Privatwirtschaft, der Zugang dazu war bildungs- und sektorabhängig. Die relativ frühe Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt bedeutete für viele einen Arbeitsplatz im öffentlichen Sektor. Vor allem in den vom Wohlfahrtsstaat finanzierten Dienstleistungsbereichen, im Gesundheits-, Bildungs- und Sozialwesen fanden qualifizierte Frauen als Lehrerinnen, Ärztinnen, Sozialarbeiterinnen oder Managerinnen einen Arbeitsplatz, aber auch als geringer qualifizierte Verwaltungsangestellte und als Hilfspersonal. In diesem Bereich waren zusätzlich der Zugang zu den Betriebsrenten und ihre Qualität seit den 1970er Jahren für Teilzeitbeschäftigte deutlich verbessert. Dies führte dazu, dass in den 1990er Jahren die Mitgliedschaft von Frauen in der betrieblichen Alterssicherung weiter zunahm, während die Anzahl der vor allem im privaten Sektor versicherten Männer zurückging. Für Männer und Frauen mit höherer Bildung verringerte sich so die Ungleichheit ihrer Rentenansprüche, das gleiche galt aber auch für weibliche Beschäftigte mittlerer Qualifikation im öffentlichen Sektor. Für den Durchschnitt dieser Frauen, die heute ihr Erwerbsleben beschließen und in den Ruhestand treten, wird nicht nur Armut kein Thema sein, ihre Alterseinkommen liegen, trotz der auch hier bestehenden geschlechtsspezifischen Lohnunterschiede, außerdem näher als noch vor zehn oder 20 Jahren an denen der Männer ihrer Generation mit einer äquivalenten Qualifikation. Wenn wir zusätzlich annehmen, dass sich soziale Risiken bei Paaren mit höherer formaler Bildung noch verringern, während sie sich in Paarhaushalten mit niedrigem Bildungsgrad verschärfen, bedeutete dies wesentlich größere soziale Ungleichheit unter den britischen Rentnerinnen und Rentnern, die bis Ende der 2010er Jahre den Arbeitsmarkt verließen, als unter den skandinavischen, holländischen oder schweizerischen. Ungefähr die Hälfte aller britischen Beschäftigten war bis zu diesem Zeitpunkt hohen Armutsrisiken im Alter ausgesetzt, da sie aufgrund niedriger Bildung und Beschäftigung in Privatunternehmen ohne betriebliche Renten, vor allem im Einzelhandel, privaten Dienstleistungen oder kleinen und mittleren Unternehmen, keine Möglichkeit zu zusätzlicher betrieblicher Absicherung hatten. Ihre gesetzlichen Rentenansprüche allein aber reichen nicht aus. Deshalb ist absehbar, dass sie auf bedarfsgeprüfte Sozialleistungen angewiesen sein werden.

In der Gruppe der Beveridge-Länder gab es ungefähr bis zu den 1990er Jahren zwei verschiedene Muster. In den nordischen Ländern, den Niederlanden und der Schweiz bot die Alterssicherung einen allgemeinen Schutz vor Armut und eine Statussicherung für Männer und Frauen, die seit den späten 1960er Jahren ihr Erwerbsleben begannen: durch gute Grundrenten, guten Zugang zu Betriebsrenten und verstärkt durch hohe weibliche Erwerbsbeteiligung. Diese war zwar auch in Großbritannien schon seit den 1960er Jahren hoch, doch bestätigte das Rentensystem soziale Ungleichheit zwischen denen, die einen Zugang zu den guten Betriebsrenten des öffentlichen Sektors und privaten Großunternehmen hatten und dem Rest der erwachsenen Bevölkerung. Schicht- und geschlechtsspezifische soziale Ungleichheit im Alter waren deshalb hoch.



4.2 Bismarck-Länder

Wenden wir uns nun den Bismarck-Ländern zu. Wie oben diskutiert, ist das Äquivalenzprinzip das wesentliche Merkmal ihrer Rentensysteme: Leistungen sind umfassend aber lebenseinkommensbezogen; eine Mindestsicherung gibt es nicht oder nur als bedarfsgeprüfte Sozialleistung. Das Prinzip der Umverteilung in der gesetzlichen Rente war in diesen Ländern politisch nicht durchsetzbar (z. B. Baldwin 1990, Korpi/Esping-Andersen 1984; Hentschel 1983) und deshalb befanden sich diejenigen mit langer, auf Vollzeitarbeit beruhender Erwerbsbiografie im Vorteil. Theoretisch kann dies auf Männer und Frauen zutreffen, die Praxis dieser Länder wurde aber von Ungleichheit zwischen den Geschlechtern gekennzeichnet (Graph 6). Während in den Beveridge-Staaten bereits heute die Mehrheit der 65-jährigen Frauen auf eine Erwerbskarriere zurückblicken kann, wird dies in den Bismarck-Ländern erst 2035 der Fall sein. Bis Ende der 1980er Jahre qualifizierte sich nur ungefähr die Hälfte der Frauen für unabhängige Rentenrechte durch Erwerbsarbeit (Graph 3); sie waren deshalb stark auf das Einkommen ihrer Partner angewiesen. Die Brotverdiener dieser Länder erwarben unabhängig von ihrem Bildungsstatus relativ hohe Rentenansprüche, und so waren die Armutsrisiken insgesamt niedrig, aber um den Preis persönlicher Abhängigkeit der Frauen. Viele dieser heute 65-Jährigen haben unzureichende eigene Alterseinkommen, können dies aber durch die persönliche Abhängigkeit von einem Partner ausgleichen. Anders als das Beveridge-Modell kompensierte das Bismarck-System die durch den Arbeitsmarkt entstehende geschlechtsspezifische soziale Ungleichheit nicht, sondern verstärkte sie sogar im Alter.

Diese Aussage gilt jedoch für die verschiedenen Bildungsgruppen in unterschiedlichem Maße. In Teil 3 dieser Publikation haben wir gesehen, dass auch in den Bismarck-Ländern die Differenz zwischen hochgebildeten Frauen und Männern wesentlich kleiner ist als zwischen denen mit der geringsten Ausbildung. Hinzu kommt, dass formal weniger gebildete Frauen und Männer auch schwächere Verbindungen zum Arbeitsmarkt und damit zu Rentenrechten haben. Durch das Äquivalenzprinzip der gesetzlichen Rentenversicherung konzentrieren sich damit wiederum die Armutsrisiken in dieser Gruppe, während das Umgekehrte wiederum für die am besten Gebildeten gilt.

Teil 3 hat aber auch gezeigt, dass im Vergleich zu den Beveridge-Ländern der Zugang zum Arbeitsmarkt für Männer und Frauen aller Bildungsstufen in den Bismarck-Ländern weniger gut ist. In der Folge hat auch ein größerer Teil der Frauen und Männer in allen Gruppen keinen Zugang zu Rentenansprüchen. Der Unterschied ist besonders stark ausgeprägt für diejenigen mit geringster Bildung. Durch die sehr starke Erwerbsorientierung der staatlichen Rente in diesen Ländern wird ein größerer Teil der Bevölkerung ausgeschlossen als in den stärker auf den Bürgerstatus orientierten Beveridge-Systemen. Auf Bedarfsprüfung beruhende Armutspolitik ist so in den Bismarck-Staaten von größerer Bedeutung.

Aus der Perspektive Deutschlands können wir festhalten, dass der Zugang zum gesetzlichen Rentensystem für alle Frauen und für Männer mit hoher Bildung überdurchschnittlich gut ist im Vergleich mit anderen Bismarck-Ländern und sogar mindestens dem Durchschnitt der Beveridge-Länder entspricht. Dennoch unterscheiden sich 2012 Erwerbsbeteiligung und Löhne der gebildeten deutschen Männer und Frauen stärker als im BeveridgeRahmen üblich, mit der Ausnahme Großbritanniens (Graphen 6 und 7). Zum Beispiel war die Erwerbsbeteiligung deutscher Männer 2012 acht Prozentpunkte höher als die der Frauen, während die Differenz in Schweden nur einen Prozentpunkt ausmachte.(6) Gleichzeitig bedeutet die Erwerbsasymmetrie der deutschen Geringgebildeten, dass diese, insbesondere die Frauen, viel verletzlicher sind, auch wenn die Lohnasymmetrie wiederum niedriger ist. Deutsche Rentenpolitik muss dies genau zur Kenntnis nehmen. Es stellt sich die Frage, ob einkommensbezogene Rentensysteme hier angemessen sind - dazu unten mehr.

Insgesamt entsprechen diese Entwicklungen Esping-Andersens Bild der unvollendeten Revolution. In beiden Ländergruppen haben sich für gebildete Frauen die Möglichkeiten, Rentenansprüche zu erwerben, denen der Männer angenähert, obwohl Lohnungleichheit überall und besonders bei den Hochgebildeten bestehen blieb, mit Folgen für Rentenungleichheit. Für die weniger Gebildeten gibt es in den Beveridge-Ländern dennoch Schutz durch eine breite Bürgerrente. In den Bismarck-Staaten sind sie mit höheren Armutsrisiken konfrontiert.

Bei der Charakterisierung der Rentensysteme in Abschnitt 2.1 habe ich mich auf ihre Grundprinzipien konzentriert und dabei die aktuellsten Reformen außer Acht gelassen. Im Folgenden werde ich diese Veränderungen darstellen und ihre Bedeutung für die geschlechtsspezifischen sozialen Risiken zukünftiger Rentnerinnen und Rentner einschätzen.

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5. Bedeutung der Rentenreformen seit 1995 für Frauen und Männer

Seit Mitte der 1990er Jahre haben sich sowohl das Rentenregime der Bismarck- als auch der Beveridge-Länder verändert. Zusammenfassend ist fast überall die Bedeutung von kollektiver Versicherung für individuelle Renten geringer geworden (z.B. Ebbinghaus 2011; Meyer et al. 2007). Bürgerinnen und Bürger sind damit größeren Risiken ausgesetzt.

Sozialstaaten und Unternehmen sind die beiden zentralen Akteure, die die Versicherung gegen soziale Risiken der Bürgerinnen und Bürger und Beschäftigten organisieren und Schutz durch Umverteilung im Falle von unvorhergesehenen Ereignissen bieten können. Nur Staaten und in geringerem Umfang Unternehmen haben Zugriff auf zusätzliche Ressourcen, die in Notfällen mobilisiert werden können. Nur Staaten und (eingeschränkt) Unternehmen sind darüber hinaus überhaupt in der Lage, auch denjenigen ein Alterseinkommen zu gewähren, deren individuelle Beiträge dafür aufgrund niedriger Lebenseinkommen nicht ausreichen. Individuen können sich zwar privat und individuell versichern, doch ohne die Möglichkeit, Risiken mit anderen zu teilen, sind sie gegen plötzliche Ereignisse wie Unfälle oder ökonomische Krisen, die ihre Sparpläne vereiteln oder ihre Erträge drastisch reduzieren könnten, ungeschützt. Aus diesem Grund bringt eine Einschränkung staatlicher und betrieblicher Garantien mehr Unsicherheit für den Einzelnen. Solche Einschränkungen haben allerdings sowohl in den Bismarck- wie den Beveridge-Ländern seit den 1990er Jahren stattgefunden, mit bedenklicheren Konsequenzen in der ersteren Gruppe, wie der folgende Überblick zeigt.



5.1 Bismarck-Länder

In den Bismarck-Ländern haben Regierungen das Niveau der staatlichen Renten deutlich gekürzt, während sie den Zugang zu den gesetzlichen Systemen erleichterten (Tabelle 1; Ebbinghaus 2012; Hinrichs/Jessuola 2012:13-14; Meyer et al. 2007). Um die Kürzungen zu kompensieren, wurde gleichzeitig, mit Ausnahme von Österreich und Spanien (OECD 2011: 197-198, 301), die Expansion von Betriebsrenten und individuellen Sparplänen vorangetrieben. Verschiedene Anreize sollten Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und Gewerkschaften dazu bewegen, sich um den Ausbau nicht-staatlicher Formen der Alterssicherung zu bemühen. Es wurde also in den Ländern, in denen die staatliche Rente dominierte, nun der Versuch unternommen, Verantwortung für die Leistungen zwischen Staat, Unternehmen und Individuen zu verteilen. Damit näherten sich die Bismarck-Staaten institutionell den Mehrsäulensystemen der Beveridge-Länder an. Allerdings bestehen zwei für Armutsvermeidung zentrale Unterschiede: die »Neulinge« entschieden sich erstens gegen die Einführung von Grundsicherungen, die von Erwerbsbiografien unabhängig sind und die nicht auf umfassenden Bedarfsprüfungen basieren. Obwohl der Zugang zu unabhängigen Rentenansprüchen vereinfacht wurde, wovon vor allem Frauen mit durchbrochenen Erwerbsbiografien profitierten, gibt es in Belgien, Frankreich, Deutschland, Italien, Österreich und Spanien keine Grundrenten auf Einheitsniveau für alle, unabhängig vom Verlauf des Erwerbslebens. Wer sich nicht für die gesetzliche Rente qualifiziert oder unzureichende Ansprüche erwirbt, ist auf umfassend bedarfsgeprüfte Leistungen angewiesen (OECD 2011).

Tabelle 1: Projizierte Nettorenten aus gesetzlichen und anderen verpflichtenden Alterssicherungen für Rentner nach Erwerbsleben mit 50 Prozent, 100 Prozent und 150 Prozent des Durchschnittslohnes - ausgedrückt als Prozent des letzten Lohnes. Quelle: OECD  2005: 52; OECD 2011: 127



Die gekürzten gesetzlichen Leistungen werden also soziale Risiken vergrößern, es sei denn, die privaten Zusatzrenten könnten die Lücke kompensieren. Die Voraussetzungen dafür sind erschwert, denn zweitens verzichteten die Regierungen der Bismarck-Länder auch auf die verpflichtende Einführung von Betriebsrenten oder anderer nicht-staatlicher Formen. Arbeitgeber und Beschäftigte sind nicht dazu angehalten, über ihren bestehenden Beitrag zur gesetzlichen Rente hinaus(7) für eine umfassende Mitgliedschaft in Betriebsrenten zu sorgen. Als Folge solcher Freiwilligkeit sind die betrieblichen Rentenleistungen der Neulinge nicht umfassend und meist auch nicht hoch genug, um deutliche Kürzungen der gesetzlichen Leistungen zu kompensieren. Wie wir an den Trends in der Beveridge-Gruppe und vor allem Großbritanniens sehen werden, haben seit den 1990er Jahren international operierende Unternehmen weniger Interesse an betrieblicher Alterssicherung. Individuen hingegen fehlt oft die langfristige Planungsmöglichkeit (Madrian/Shea 2001; Thaler/Sunstein 2009: 36-39) oder ihre Einkommen sind zu gering, um die staatlichen Kürzungen privat auszugleichen.

Tabelle 1 illustriert diese Trends. Sie zeigt die projizierten Renten im Verhältnis zum letzten Einkommen, die zwei hypothetische Gruppen von Beschäftigten erhalten würden, wenn sie ihre Erwerbsleben im Jahre 2002 und 2009 begonnen hätten und nach einer vollen Erwerbskarriere in den 2050er Jahren (die Länge der Erwerbslaufbahn ist national verschieden) in den Ruhestand gehen würden. Dabei erwerben die Individuen in den linken drei Spalten ihre gesamten Rechte unter den Bestimmungen, die 2002 galten, während in den mittleren drei Spalten diejenigen zu finden sind, die ausschließlich entsprechend der 2009 geltenden Bedingungen Rentenrechte sammelten. Der Unterschied zwischen dem Beginn in 2002 und in 2009 erklärt sich durch Rentenreformen in der Zwischenzeit. Wie die letzten drei Spalten zeigen, sind dies in fast allen Fällen Kürzungen gewesen. Das heißt, die Tabelle zeigt fiktive zukünftige Leistungen, da nirgendwo Rentensysteme über Jahrzehnte unverändert bleiben. Solche Simulationen, hier durchgeführt von der OECD, haben den wichtigen Zweck, die Leistungsfähigkeit nationaler Systeme zu einem festgelegten Zeitpunkt zu bestimmen. Wenn man dann zwei festgelegte Zeitpunkte miteinander vergleicht, wie hier 2002 und 2009, lässt sich zeigen, ob die in der Zwischenzeit stattgefundenen Reformen für die Betroffenen Verbesserungen oder Verschlechterungen bringen. Die Tabelle untersucht außerdem die Wirkung der Systeme auf Individuen mit unterschiedlichen Einkommen. Hier werden drei Typen gewählt: ein Individuum mit einem Durchschnittseinkommen, eines, das nur die Hälfte davon bezieht und eines, dessen Verdienst um 50 Prozent über dem Durchschnitt liegt. Diese Kategorien differenzieren weder explizit nach Bildungsniveau der Individuen noch nach ihrem Geschlecht; dies ist nicht ihr Ziel. Dennoch können wir die daraus folgenden Informationen gut auf unser Interesse an Unterschieden zwischen Frauen und Männern sowie auf Bildungsunterschiede beziehen. Da es einen klaren Zusammenhang zwischen Bildungsniveau und Lebenseinkommen gibt, können wir annehmen, dass in etwa die drei Einkommensgruppen für die drei Bildungsstufen stehen. Im Hinblick auf die Erwerbsverläufe können Frauen und Männer in jede Kategorie fallen, doch aufgrund der häufig unterbrochenen Karrieren von Frauen am Arbeitsmarkt und ihrer sonstigen Diskriminierung würden sich in der höchsten Kategorie eher Männer und in der untersten eher Frauen konzentrieren, mit entsprechenden Verteilungen zwischen den Kategorien. Ich werde in der Interpretation der Tabellen verschiedene Möglichkeiten diskutieren.

Wenn wir darüber hinaus annehmen, wie in der vergleichenden europäischen Forschung üblich, dass die Hälfte des Durchschnittseinkommens ein unterer Grenzwert für Einkommen ist, die eine aktive Teilnahme am gesellschaftlichen Leben ermöglichen,(8) können wir außerdem sehr allgemeine Überlegungen zur Fähigkeit der Systeme zur sozialen Inklusion anstellen.

Wesentlich für die Fragen dieser Studie ist, dass 2009 in den sechs Ländern deutlich geringere Rentenansprüche im Rahmen der verpflichtenden Versicherungen erworben werden konnten als 2002. Schauen wir uns die Zahlen im Hinblick auf eine Inklusionsgrenze von 50 Prozent des Durchschnittseinkommens an, dann liegen 2009 alle Geringverdienerinnen und Geringverdiener tiefer unter dieser Grenze als noch 2002. Diese Verschlechterung wird alle mit geringer Bildung, aber vor allem Frauen besonders treffen. Die Durchschnittsverdienerinnen und Durchschnittsverdiener befanden sich 2002 alle recht weit über dieser Grenze, und für die meisten galt dies auch 2009 noch, nur in Deutschland und Belgien kommen die projizierten Renten dieser Grenze sehr nah. Hier also haben sich die Risiken auch für Frauen und Männer mit mittleren Einkommen deutlich erhöht. Die Gruppe der Höchstgebildeten wird nicht von Armut betroffen sein, dafür sind die staatlichen Leistungen überall zu hoch. Dennoch haben sich die Kürzungen auf ihre Renten besonders deutlich ausgewirkt, es zeichnet sich für sie deshalb eine starke Differenz der Altersbezüge im Vergleich zum bisherigen Lebensstandard ab.

Die Zahlen legen nahe, dass alle Einkommensgruppen in den Bismarck-Ländern auf freiwillige private Zusatzversicherungen angewiesen sind. Frauen und Männer mit geringem Einkommen brauchen sie, um überhaupt oberhalb einer Inklusionsgrenze angesiedelt zu sein, doch ist das Sparen für sie aufgrund ihrer niedrigen Einkommen besonders schwer, ihre Armutsrisiken verschärfen sich also. Frauen und Männer mit durchschnittlichem Einkommen oder darüber müssen fürs Alter sparen, weil sonst ihr Lebensstandard gefährdet wäre. Besonders trifft dies für Deutschland zu.



Deutschland - Außenseiter der Bismarck-Gruppe

Bis 2000 blieb das deutsche Rentensystem dominiert von seinem gesetzlichen Zweig mit Einkommensbezogenheit als zentralem Merkmal. Dennoch hatte es in den 1980er Jahren auch Reformen gegeben, die vor allem die unabhängigen Rentenansprüche von Frauen verbesserten: Hausarbeit und Pflegeverantwortung wurden besser honoriert, Teilzeitbeschäftigung und Niedriglöhne aufgewertet (z.B. Meyer/Pfau-Effinger 2006). Männer wurden vor allem durch die Eindämmung der Frühverrentung negativ betroffen, während die Heraufsetzung des Rentenalters beide Geschlechter betraf (Meyer/Bridgen 2011).

Trotz der Dominanz der gesetzlichen Rente hatten betriebliche Leistungen in Westdeutschland immer eine wichtige Rolle für die Statussicherung der Kernbelegschaften großer Unternehmen und der Angestellten im öffentlichen Dienst gespielt. Da die gesetzliche Rente seit 1957 nur Einkommen bis zur doppelten Höhe des Durchschnitts berücksichtigte, konnten Erwerbstätige mit höheren Verdiensten nur mit gemessen an ihrem Einkommen niedrigeren Ersatzleistungen rechnen, für sie waren so die Betriebsrenten besonders attraktiv (Berner 2009: 117-119). In der Industrie waren trotz großer ökonomischer Veränderungen bis zum Ende der 1990er Jahre mindestens zwei Drittel aller Beschäftigen auch Mitglieder von Betriebsrentenkassen, im öffentlichen Dienst war der Anteil noch höher (Meyer/Bridgen 2011). Diese nicht-staatlichen Systeme waren ebenfalls einkommensbezogen, d. h. dass die Unternehmen und öffentlichen Arbeitgeber das Risiko dafür trugen, eine zu Beginn versprochene Lohnersatzleistung auch zu gewähren. Auch bei den Betriebsrenten gab es vor 2000 einige Kürzungen, und die Mitgliederzahl verringerte sich; sie spielten aber nach wie vor eine wichtige Rolle für den Lohnersatz von Beschäftigten mit höheren Einkommen.

Die Reformen der sozial-demokratisch/grünen Koalitionsregierung unter Gerhard Schröder zwischen 2001 und 2004 leiteten einen Paradigmenwechsel des Rentensystems ein. In der Bismarck-Gruppe ist Deutschland das Land, das nun am stärksten auf die freiwilligen Leistungen zur Vermeidung sozialer Risiken setzt. Gesetzliche Rentenleistungen wurden von 70 Prozent auf 64 Prozent des letzten Nettoeinkommens für Beschäftigte mit vollen Erwerbsbiografien gekürzt, während Beiträge auf unter 20 Prozent der Einkommen bis 2020 eingefroren wurden (Altersvermögensgesetz 2000; DRV 2009: 239, 93). Eine gesetzliche Mindestrente gab es nicht, stattdessen wurde denjenigen, deren gesetzliche Rente zu niedrig war, die Beantragung von Sozialhilfe erleichtert. Das Wachstum von Betriebsrenten und individuellen Sparverträgen wurde durch staatliche Anreize und Subventionen unterstützt; eine gesetzliche Verpflichtung, diese anzubieten, gab es jedoch für Unternehmen nicht. Dies bedeutet, dass auch in der Bundesrepublik die beiden Maßnahmen fehlten, die in den Beveridge-Ländern für die Armutsvermeidung effektiv waren: eine Grundrente und der verpflichtende Zugang zu Betriebsrenten. Langfristig sind so die Weichen für größere Altersarmut gestellt worden. Diese wird Menschen mit geringerer Bildung und vor allem gering gebildete Frauen besonders treffen. Dieser Eindruck wird von Tabelle 1 bestätigt. Die deutschen gesetzlichen Rentenansprüche für Geringverdienerinnen und Geringverdiener waren 2009 mit 54,8 Prozent des letzten Nettolohnes bei weitem die niedrigsten dieser Länder, der Abstand zum nächstgelegenen Frankreich betrug ganze 14,5 Prozentpunkte. Dies verschärft die Armutsrisiken von Paaren mit niedrigem Bildungsniveau dramatisch. Frauen sind hier aufgrund ihrer geringeren Bindung zum Arbeitsmarkt stärker betroffen als Männer.

Leider sieht die Situation für diejenigen, die das Durchschnittseinkommen beziehen, nicht viel besser aus. Allein in Belgien liegt die Rente noch unter dem deutschen Niveau von 56 Prozent, während die anderen Länder der Gruppe einen Vorsprung von zwischen 4,4 (Frankreich) und 34 Prozentpunkten (Österreich) haben.

Die Möglichkeiten ärmerer Bürgerinnen und Bürger, durch individuelles Sparen die hier geschaffenen Risiken auszugleichen, etwa im Rahmen der Riester-Renten, sind sehr begrenzt. Bislang gibt es keine Länder, in denen ein solches freiwilliges Sparmodell für die ärmeren Teile der Bevölkerung funktioniert hat (z.B. Bridgen/Meyer 2007). Die vergeblichen Bemühungen britischer Regierungen, in dieser Hinsicht etwas zu bewegen, sind eine naheliegende Illustration (siehe unten), und auch in Deutschland ist die Bilanz in dieser Hinsicht bisher negativ (Hagen/Kleinlein 2012).

Darüber hinaus jedoch weisen diese Zahlen darauf hin, dass auch diejenigen mit mittlerem Einkommen in Deutschland von den Reformen der letzten Dekade empfindlich getroffen worden sind. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die gesetzlichen Anreize zur freiwilligen betrieblichen Versicherung auch weitgehend genutzt werden, so sind gerade die neugeschaffenen Betriebsrenten, bei denen das Investitionsrisiko im Wesentlichen bei den Individuen liegt, nicht stark genug, um die Kürzungen der gesetzlichen Leistungen auszugleichen. Die für Beschäftigte zuverlässigeren traditionellen Betriebsrenten der großen Unternehmen, die ein festes Leistungsniveau garantieren, stehen unter ähnlichem Druck der Kapitalmärkte wie z. B. in Großbritannien und den Niederlanden; einige nehmen bereits keine neuen Mitglieder mehr auf (im einzelnen Bridgen/Meyer 2013).

Insgesamt lässt sich aus diesem Überblick schließen, dass ohne weitere Rentenreformen substanzielle Teile der Bevölkerung über 65 Jahre zukünftig unterhalb einer Inklusionsgrenze von 50 Prozent des Durchschnittseinkommens leben könnten (vergleiche auch Hinrichs/Jessuola 2012). Alle mit Einkommen unter dem Durchschnitt - und so insbesondere Frauen - wären stärker betroffen. Gleichzeitig aber ist auch die über lange Zeit stabile Statussicherung der durchschnittlich und überdurchschnittlich Verdienenden in Frage gestellt. Die Sozialpolitik muss den Zugang zu und das Niveau von betrieblichen Leistungen verbessern, oder sich auf den langfristigen sozialen Abstieg der Mittelschichten im Alter, samt der absehbaren politischen Unzufriedenheit von besser verdienenden Frauen wie Männern, einstellen.



5.2 Beveridge-Länder

In der Gruppe der Beveridge-Länder fanden in den letzten 15 Jahren ebenfalls Kürzungen statt, zum Teil an den Grundrenten, zum Teil im Bereich der verpflichtenden Betriebsrenten (Tabelle 1; Ebbinghaus 2012 für Länderstudien). In Norwegen (OECD 2011: 279), Schweden, Finnland und den Niederlanden wurden die Grundrenten und die Betriebsrenten stärker miteinander verbunden. Die Höhe der ersten Säule wurde der der zweiten angepasst, je niedriger die Betriebsrente, desto höher die Grundrente. In keinem dieser Länder änderten sich jedoch die Grundprinzipien der Systeme: Der Zugang zum Mindestniveau der ersten Säule blieb für alle Bürgerinnen und Bürger bestehen; und sie hielten an der gesetzlichen Garantie eines allgemeinen Zugangs zur zweiten Säule aller Beschäftigten fest, den betrieblichen Versicherungen.

Dies illustriert wiederum Tabelle 1. Sie zeigt einerseits, dass die Rentenansprüche für alle Einkommensgruppen gekürzt worden sind. Diese Kürzungen sind vor allem in Finnland, Schweden und Norwegen sehr deutlich für fast alle Einkommensgruppen. Wie oben diskutiert, reflektieren sie den Druck, den die ökonomische Globalisierung und die Alterung der Gesellschaften ausgeübt haben, aber auch politische Präferenzen und den Ausgang nationaler Konflikte. Wie wichtig politische Gestaltung ist, zeigt sich etwa an Dänemark und den Niederlanden, wo die Rentenansprüche für alle Einkommensgruppen noch weiter deutlich angestiegen sind.

Trotz zum Teil erheblicher Kürzungen lag 2009 das Durchschnittsniveau in der Beveridge-Gruppe für die drei Einkommensgruppen deutlich über dem der Bismarck-Länder. Besonders groß war die Differenz mit 10,6 Prozentpunkten für Menschen mit unterdurchschnittlichem Einkommen. Dies macht den größeren Grad der Umverteilung in der Beveridge-Gruppe auch nach Kürzungen sichtbar. Für aktive Inklusion ist wichtig, dass 2009 die zukünftige Rente für unterdurchschnittlich Verdienende noch bei mindestens 71,1 Prozent (Schweden) lag, und sie in den Niederlanden und Dänemark sogar höher war als der Lohn. In der Bismarck-Gruppe sind die Ersatzleistungen in Österreich, Spanien und Belgien auch relativ hoch, aber dennoch nicht auf ähnlichem Niveau. Wenn wir uns erinnern, dass in diesen Ländern auch formal gering gebildete Frauen schon seit den 1970er Jahren gut in den Arbeitsmarkt integriert sind und auch ihre Partner mit größerer Wahrscheinlichkeit einer Erwerbstätigkeit nachgehen, dann ist klar, dass das Zusammenspiel von ökonomischer Aktivität und Rentensystem mit Grundsicherung das Risiko der Altersarmut abwendet. Frauen und Paare mit geringerem Bildungs- und Einkommensniveau sind also in den Beveridge-Ländern besser geschützt.

Trotz der durchschnittlich höheren Absicherung in den Beveridge-Ländern im Jahr 2009 gibt es auch Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Ländergruppen. So müssen in Schweden, Norwegen und der Schweiz diejenigen mit durchschnittlichem oder/und überdurchschnittlichem Einkommen Verluste hinnehmen, die zu einem deutlichen Abfall des Renten- gegenüber dem Erwerbseinkommen führen. Weit höhere Ansprüche erwerben nur die holländischen und dänischen Beschäftigten sowie die schwedischen Beschäftigten mit höherem Einkommen. Wie in den Bismarck-Ländern stellt sich hier die Frage, wie gut verdienende Männer und Frauen auf solchen prospektiven Abstieg reagieren werden, je näher sie ihm mit zunehmendem Alter kommen.


Großbritannien - die Eingliederung des Außenseiters

Reformen in Großbritannien verliefen wiederum etwas anders. Wie oben festgestellt, war das Land lange ein Außenseiter in der Beveridge-Gruppe, da Betriebsrenten auf freiwilliger Basis angeboten werden konnten und die gesetzliche Rente sehr niedrig war. Die britische Entwicklung ist aus deutscher Sicht besonders interessant, da hier über Jahrzehnte versucht wurde, dem Wunsch der Bürgerinnen und Bürger nach Sicherheit im Ruhestand auf der Basis von gesetzlichen Renten nachzukommen - die für sich allein unzureichend waren - komplementiert durch freiwillige private Vorsorge, vor allem durch Betriebsrenten. Das deutsche reformierte Rentensystem mit seinem Mix von gekürzten gesetzlichen Leistungen und Orientierung auf freiwillige private Ergänzung ist dieser Struktur ähnlich, auch wenn der gesetzliche Zweig strenger einkommensbezogen ist.

Das britische Beispiel zeigt die Schwachstellen dieses Modells sehr deutlich. Vor den fundamentalen Reformen der Labour-Regierung 2007/8 war das System von dem chronischen Problem geplagt, dass nur höchstens die Hälfte der Bevölkerung ausreichend geschützt war. Die Bürgerinnen und Bürger ohne Zugang zu den ausgezeichneten Betriebsrenten des öffentlichen Sektors und von Großunternehmen steuerten im Alter auf die Sozialhilfeabhängigkeit zu; sie hatten damit auch kaum Anreiz, privat zu sparen. Hinzu kam, dass ab Ende der 1990er Jahre viele der großen Unternehmen ihre Betriebsrenten für neue Mitglieder schlossen, motiviert von den veränderten Regeln internationaler Märkte, vom demographischen Wandel, aber auch vom Herdenverhalten - sobald bestimmte Unternehmen einer Branche mit der Schließung begannen, war absehbar, dass ihre Konkurrenten folgen würden (Bridgen/Meyer 2005). Das Problem der unzureichenden Absicherung verstärkte sich also und betraf nun auch die Zukunft britischer Bürgerinnen und Bürger mittlerer und höherer Einkommen. Verschiedene Regierungen hatten versucht, freiwilliges Sparen für das Alter durch Anreize vor allem für Frauen und Männer mit unterdurchschnittlichen Einkommen attraktiv zu machen, doch sie waren daran gescheitert. Um dem Problem nun auf andere Weise zu begegnen, erhöhten die Reformen der Labour-Regierung erstens die gesetzliche Rente deutlich, und sie erweiterten den Zugang dazu weiter, wovon vor allem Frauen und Männer mit geringen Einkommen und durchbrochenen Erwerbsbiografien profitierten. Zweitens wurden alle Arbeitgeber dazu verpflichtet, ab 2013 für ihre Beschäftigten mindestens drei Prozent ihres Lohnes in Rentenfonds einzuzahlen, mit einem staatlichen Beitrag von einem Prozent und einem Beitrag der Versicherten, so dass insgesamt ein Niveau von mindestens acht Prozent erreicht wird (Bridgen/Meyer 2011). Beschäftigte hatten das Recht, dieses System zu verlassen. Da eine Rückkehr zu den Problemen der Vergangenheit keine Lösung war, wurden diese Reformen von der konservativ-liberalen Regierung bestätigt, obwohl diese mit der tiefsten Wirtschaftskrise seit 1976 zu kämpfen hatte (Crossley et al. 2012: 5-8). Durch diese Reformen hat nun auch Großbritannien die charakteristischen Merkmale der anderen Länder in der Beveridge-Gruppe. In Tabelle 1 ist der Effekt der 2008/9 Reformen noch nicht zu sehen, sie beruht auf dem Stand davor. Seitdem die neuen Regeln in Kraft sind, ist das projizierte Rentenniveau für die bisher von der betrieblichen Sicherung Ausgeschlossenen deutlich gestiegen (Bridgen/Meyer 2011). Dies hilft vor allem denjenigen mit niedrigen Einkommen und unvollkommenen Erwerbsverläufen, das heißt die Situation für Frauen hat sich verbessert. Allerdings hat die Reform den überwiegend männlichen Beschäftigten mit höheren Einkommen der großen Privatunternehmen, für die es keinen Zugang zu den umfassenden leistungsbezogenen Systemen mehr gibt, wenig genützt: Ihre Ansprüche auf Statussicherung wird das relativ niedrige Niveau der neuen Betriebsrenten langfristig nicht erfüllen können. Die vor allem im öffentlichen Sektor beschäftigten qualifizierten Frauen hingegen sind gegenwärtig noch gut von den dort üblichen leistungsbezogenen Betriebsrenten geschützt, die aber auch unter Druck stehen (Bridgen/Meyer 2012).

Insgesamt hat sich also die Ungleichheit der Geschlechter hinsichtlich der Altersversorgung in Großbritannien verringert. Gewonnen haben die, die zuvor von über dem Armutsniveau liegenden Leistungen ausgeschlossen waren, darunter insbesondere gering qualifizierte Frauen, aber auch Männer. Der größten Risikogruppe ist so durch klassisch sozialdemokratische Intervention geholfen worden. Verloren haben trotz der Einführung einer umfassenderen Mindestschwelle vor allem durch- und überdurchschnittlich verdienende Männer in der Privatwirtschaft. Die Statusunsicherheit hoch- und mittelgebildeter Paare hat damit wie in allen anderen Ländern zugenommen. Es ist so auch in Großbritannien absehbar, dass langfristig der politische Druck der Mittelschicht wachsen wird (Bridgen/Meyer 2011).

Aus deutscher Sicht ist auch wichtig zu sehen, dass es nach den britischen Rentenreformen von 2007/8 auch in der Beveridge-Gruppe kein Land mehr gibt, das die Existenz von Betriebsrenten der Freiwilligkeit von Unternehmen überlässt. Dieses Modell gilt in allen dieser Länder mit entwickelten Mehrsäulen-Systemen als dysfunktional.

*

6. Beveridge statt Bismarck! Empfehlungen für sozialdemokratische Rentenpolitik in Deutschland

Diese Studie hatte das Ziel, die Rentensysteme Europas im Wandel darzustellen und die Auswirkungen der Reformen auf die Situation im Alter von Frauen und Männern zu untersuchen. Besonderes Augenmerk galt dabei der Frage, was sozialdemokratische Sozialpolitik in Deutschland aus diesen Entwicklungen lernen kann.

Im ersten Schritt habe ich festgelegt, dass sich die Analyse auf mögliche zukünftige Alterseinkommen heutiger Erwerbstätiger konzentrieren wird. Deutschlands Rentnerinnen und Rentner sind im Durchschnitt gegenwärtig nicht arm, insofern schien es sinnvoller, sich auf die möglichen Probleme kommender Generationen von Ruheständlerinnen und Ruheständlern zu konzentrieren.

Die Studie hat im zweiten Teil einige für den Verlauf und die Auswirkung von Reformen wichtige Faktoren diskutiert: Die Institutionen der Rentenversicherung verschiedener Länder bestimmen die Qualität von Alterseinkommen. Das Beveridge-Modell besteht aus Grundrenten, ergänzt von verpflichtenden Betriebsrenten. Dadurch sind Menschen mit geringen Einkommen besser geschützt als im Bismarck-Modell, in dem es keine Grundrenten gibt und die Leistung stärker vom Erwerbseinkommen abhängt. Dies war Deutschlands institutionelle Ausgangsposition in den 1990er Jahren, vor den gravierenden Reformen 2001.

Zweitens zeigte dieser Teil der Studie, dass Wirtschaftswachstum und Erwerbsbeteiligung korrelieren und dass hohe weibliche Erwerbsbeteiligung deshalb nicht von Nachteil für Wachstum ist - im Gegenteil. Darüber hinaus erleichtert sie es Frauen, unabhängige Rentenansprüche zu erwerben. Politik, die Frauen die Erwerbsarbeit ermöglicht, ist deshalb ein zentraler Bestandteil armutsvermeidender Rentenpolitik.

Die Teile 3 und 4 dieser Studie haben gezeigt, dass sich überall in Europa die Erwerbsbeteiligung von Frauen seit den 1960er Jahren deutlich verbessert hat, dass aber dieser Trend bildungs- und regimespezifisch unterschiedlich verläuft: Die am höchsten gebildeten Männer und Frauen sind auch am stärksten in den Arbeitsmarkt integriert, d. h. der Unterschied zwischen ihnen ist kleiner als zwischen Männern und Frauen mit geringstem Bildungsstand. Zweitens hat die Erwerbsintegration von Frauen in den Beveridge-Ländern aufgrund aktiver Gleichstellungspolitik wesentlich früher eingesetzt, und alle Bildungsgruppen sind zwar unterschiedlich gut integriert, aber auf höherem Niveau als in den Bismarck-Ländern. Dies war auch eine effektive Rentenpolitik, da sie dafür sorgte, dass schon heute ein großer Teil der Frauen dieser Länder über die Grundsicherung hinaus statussichernde unabhängige Rentenansprüche hat. Trotz dieser Verbesserung ist Lohngleichheit nirgendwo erreicht worden, soziale Ungleichheit im Alter wird deshalb ebenfalls weiterbestehen.

Bis heute befinden sich die Bismarck-Länder nicht auf dem gleichen Niveau wie die Beveridge-Länder. In Deutschland haben sich hochgebildete Frauen auf dem Arbeitsmarkt den Männern angenähert, wiederum mit der wichtigen Einschränkung, dass Lohnungleichheit hartnäckig blieb. Die Erwerbsbeteiligung von gering gebildeten Frauen wie Männern in Deutschland ist insgesamt niedrig - wie auch in anderen Bismarck-Ländern -, aber sie ist besonders unterentwickelt bei Frauen in Deutschland, so dass die Asymmetrie zwischen den Geschlechtern in dieser Gruppe dennoch hoch ist. Darüber hinaus werden deutsche Frauen wie andere Frauen in der Bismarck-Gruppe durch die spätere Integration im Alter noch länger stärker von Männern abhängig sein. Eine für die Armutsrisiken von Frauen sensible Rentenpolitik muss sich dieser »unvollendeten Revolution« (Esping-Andersen 2009) bewusst sein und auch die speziellen Risiken gering gebildeter Männer beachten. Dies trifft unbedingt auf Deutschland zu. Im Hinblick auf hochgebildete Frauen sollten sich Rentenpolitiker darum bemühen, die Ungerechtigkeit am Arbeitsmarkt zu beseitigen.

Seit Mitte der 1990er Jahre sind die Renten der Zukunft in fast allen Ländern gekürzt worden. Dies betraf auch die Beveridge-Länder, deren soziale Risiken sich auch vergrößerten, wo aber gerade Frauen und Männer mit geringer formaler Bildung durch das Mindestniveau, die verpflichtende betriebliche Absicherung und nicht zuletzt die hohe Erwerbsbeteiligung noch besser geschützt sind.

In den Bismarck-Ländern gingen die Kürzungen aber mit einem strukturellen Wandel einher, der nirgendwo so radikal war wie in Deutschland. Das gesetzliche Rentenniveau wurde hier stark herabgesetzt und zur Kompensation die Anreize zu freiwilligen Betriebsversicherungen und persönlichem Rentensparen erhöht. Damit verschärfen sich die sozialen Risiken der vorher schon verletzlichsten Gruppen weiter, Frauen und Männer mit niedriger Bildung und niedrigem Lebenseinkommen. Da sie mit geringster Wahrscheinlichkeit ausreichende Zusatzleistungen erwerben werden und da Frauen in dieser Gruppe seltener erwerbstätig sind, tragen sie das hohe Risiko, im Alter von Sozialhilfe abhängig zu sein.

Überdies können sich auch heute den Durchschnittslohn oder darüber hinaus Verdienende nicht mehr auf die Statussicherung im Alter verlassen. Die deutsche gesetzliche Rente ermöglicht ihnen gerade ein Einkommen auf dem Inklusionsniveau, doch ist mehr als fraglich, ob die Leistungen der neueren Betriebsrenten für die Kompensation ausreichen. Deutschlands Rentensystem ähnelt seit den Reformentscheidungen der Koalitionsregierung von SPD und Grünen 2001 dem gescheiterten Modell Großbritanniens.

Die Unzufriedenheit der Mittelschichten mit den niedrigen Renten hat alle Länder Europas während der allgemeinen Expansionsphase der Wohlfahrtsstaaten der 1960er und 1970er Jahre zum Ausbau einkommensbezogener Leistungen veranlasst. Wir sehen heute in fast allen Ländern den Abbau dieser Leistungen, auch in der Beveridge-Gruppe. Je näher die davon Betroffenen - durchschnittlich und überdurchschnittlich verdienende Frauen und Männer - dem Ruhestand kommen werden, desto drängender wird dieses Problem für sie werden. Durch die Lohndiskriminierung ist auch für besser verdienende Frauen die Gefahr größer, unter den Grenzwert der gesellschaftlichen Inklusion zu sinken. Für zukünftige Regierungen ziehen hier Probleme auf. Die unzureichende Absicherung der Mittelschichten im Ruhestand wird erheblichen Reformdruck erzeugen.

Was also tun? Insbesondere: Was tun im Sinne einer sozialdemokratischen Sozialpolitik, d. h. einer Politik, die für die Vermeidung von Armut steht und die gute Voraussetzungen schaffen will für die aktive Beteiligung aller Bürgerinnen und Bürger an der Gesellschaft, die aber auch für die Interessen der Mittelschicht sensibel sein muss, wozu insbesondere gerechtere Löhne für gebildete Frauen gehören?

Auf der Basis der hier diskutierten Fakten und Trends gibt es vor allem zwei lohnende Ziele:

Erstens muss aktive Arbeitsmarktpolitik weiterhin darauf zielen, die Erwerbstätigkeit von Frauen aber auch von Männern gerade mit niedrigerem Bildungsgrad zu fördern und Lohnungleichheiten zu verringern. In der sozialwissenschaftlichen Forschung ist unumstritten, dass sich politische Maßnahmen für eine bessere Vereinbarkeit von Kindererziehung und Berufsleben positiv auf die Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt auswirken (z.B. Christofides et al. 2013: 100) und damit auch den Fall der Geburtenraten gerade in Deutschland und Italien stoppen können (Castles 2003). Diese Erkenntnis findet zurzeit starke politische Unterstützung. In der europäischen Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik ist inzwischen das Paradigma der »Aktivierung« oder auch »investiven Sozialpolitik« fest verankert (z.B. van Kersbergen/Hemerijck 2012). Für seine Durchsetzung waren weniger akademische Empfehlungen entscheidend, als die Tatsache, dass, wie im zweiten Teil dieser Studie gezeigt, eine hohe allgemeine Erwerbsbeteiligung mit Wirtschaftswachstum in Verbindung steht, was wiederum als Voraussetzung dafür galt, dass die Haushalte der EU-Mitgliedstaaten den Maastricht-Kriterien entsprechen konnten, die eine stabile europäische Währung garantieren sollten. Da Rentenausgaben in allen europäischen Ländern der umfangreichste Einzelposten im Staatshaushalt sind, haben europäische und nationale Rentenpolitiker die allgemeine Erhöhung der Erwerbsbeteiligung ebenfalls zu einer wesentlichen Voraussetzung für die langfristige finanzielle Stabilität der Rentensysteme und damit auch der Haushalte erklärt. Einer erwerbsfreundlichen Familienpolitik sind sie deshalb ideologisch zugetan (European Commission 2012: 6-7).

In diesem Zusammenhang hat auch Deutschland endlich eine ideologische Wende vollzogen. Nachdem es in der vergleichenden Forschung lange als das beste Beispiel des konservativen Wohlfahrtsstaates galt (z.B. Lewis 1992), sind im Bereich der öffentlichen Kinderbetreuung inzwischen wichtige Fortschritte gemacht worden. Diese unterminieren die Kernannahme des nach wie vor weit verbreiteten starken Brotverdienermodells, dass der Sozialstaat den Einkommensausfall von Müttern großzügig kompensieren sollte, die ihre Kinder im Privathaushalt betreuen. Die Reformen der 2010er Jahre erleichtern die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für alle, nicht zuletzt durch den Ausbau der Kinderbetreuung für Ein- bis Dreijährige (Jüttner et al. 2011). Sie sind somit ein wichtiger nächster Schritt hin zur Vollendung der unvollkommenen Revolution. Weitere sollten folgen, wie zum Beispiel die Abschaffung des Ehegattensplittings und des gerade eingeführten Betreuungsgeldes.

Für eine gerechtere Beteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt wäre überdies aber auch nötig, dass die in Deutschland besonders stark entwickelten Lohndifferenzen zwischen formal hochqualifizierten Frauen und Männer verringert werden (Alàez-Aller et al. 20011: 64). Familienfreundliche Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik ist dafür ein wichtiger Schritt (z.B. Christofides et al. 2013), doch muss auch überlegt werden, wie die hartnäckig fortbestehende Diskriminierung von Frauen, die auf Geringschätzung und Stereotypen beruht, effektiver bekämpft werden kann. Eine moderne Sozialdemokratie, die auch für gebildete Frauen attraktiv sein will, muss sich dieses Problems annehmen.

Zweitens sollten Arbeitgeber verpflichtet werden, alle Beschäftigten automatisch in Betriebsrenten zu integrieren, an denen sie sich auch finanziell beteiligen müssen, während in der gesetzlichen Rente ein Mindestniveau eingeführt wird. Aus vergleichender Sicht ist unwahrscheinlich, dass ein von freiwilligen Zusatzleistungen abhängiges Rentensystem ohne die Ausweitung der Sozialhilfeabhängigkeit im Alter funktionieren wird. Großbritannien kann hier ein lehrreiches Beispiel sein. Trotz jahrzehntelangen Bemühens hat keine britische Regierung die umfassendere Alterssicherung auf freiwilligem Niveau anregen können. Der Schluss liegt nahe, dass nicht-staatliche Akteure - Unternehmen und Versicherungen - es nicht freiwillig zu ihrer Aufgabe machen werden, Altersarmut zu vermeiden. Schließlich hat Freiwilligkeit der Unternehmen auch hier, dem letzten Land der Beveridge-Gruppe, ein Ende gefunden, und die gesetzliche Rente wurde erhöht. Deutschland sollte diesem Beispiel folgen, eventuell, indem den Beschäftigten wie in Großbritannien die Möglichkeit gegeben wird, aus der Betriebsrente auszusteigen, wenn sie dafür nicht bezahlen wollen. Statt die Versicherungspflicht wieder zu verschärfen, ist es natürlich auch möglich, steigende Sozialhilfeabhängigkeit von älteren Menschen in Kauf zu nehmen. Die Verantwortlichen müssen dann jedoch akzeptieren, dass ein Teil der Bevölkerung solche Leistungen nicht beantragt, und damit der Armut ausgesetzt sein wird. Außerdem werden viele nicht für ihren Lebensabend sparen, wenn sie wissen, dass dieses Kapital im Alter gegen Sozialhilfe aufgerechnet wird. Letztere Überlegung war ein zentraler Grund für britische Politiker, die staatliche Rente zu erhöhen und Betriebsrenten für alle Unternehmen verpflichtend einzuführen.

Für eine sozialdemokratisch ausgerichtete Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik wird es am leichtesten sein, das Ziel der Aktivierungspolitik zu verfolgen. Ideologisch ist diese Linie im Augenblick europaweit unumstritten, da sie mindestens als kostenneutral gilt, aber Staatshaushalte langfristig zu entlasten verspricht. Wesentlich kontroverser jedoch wäre die Wiederverschärfung der Sozialversicherungspflicht für Unternehmen sowie die Einführung einer gesetzlichen Mindestrente. Schließlich hat die sozialdemokratisch-grüne Regierung 2001 den Paradigmenwechsel des Rentensystems nicht zuletzt eingeleitet, um den Forderungen der deutschen Industrie nach Senkung der Lohnnebenkosten entgegenzukommen. Ihre erneute Anhebung würde hier auf großen Widerstand stoßen. Von der Europäischen Union ist, anders als bei der Aktivierung, in dieser Hinsicht keine ideologische Unterstützung zu erwarten. Ihr 2012 veröffentlichtes Weißbuch zur Rentenreform (European Commission 2012) spricht sich zwar für sichere und gerechte Renten für alle aus; um dieses Ziel zu erreichen, befürwortet die Kommission allerdings lediglich freiwillige Maßnahmen, die durch steuerliche Anreize und gewerkschaftliche Beteiligung verstärkt werden sollen. Dass eine solche Politik soziale Risiken nicht effektiv verringern kann und außerdem zu großen sozialen Unterschieden führt, hat die Evolution der öffentlich-privaten Rentensysteme Europas gezeigt. Es wäre deutschen sozialdemokratischen Politikerinnen und Politikern zu wünschen, dass sie sich nicht vom Weißbuch leiten lassen, sondern den kontroverseren Weg beschreiten und mit dafür sorgen, dass die nun vorgenommene Abkehr vom Bismarck-Modell durch eine umfassende Hinwendung zum Beveridge-Modell vollendet wird.



Anmerkungen

(1) Die Studie ist meinen Eltern Christa und Gerhard Meyer gewidmet.

(2) Sir William Beveridge wurde als Verfasser des »Beveridge Report« (1942) über die Grenzen Großbritanniens bekannt. Der Report galt als bahnbrechend, da er erstmals ein universales Versicherungssystem gegen alle typischen Armutsrisiken propagierte, denen die Bürgerinnen und Bürger »von der Wiege bis zur Bahre« ausgesetzt waren (z.B. Fraser 1984: 215-217). Von Beveridges Geist beeinflusste Rentensysteme sind deshalb inklusiv statt selektiv und sie haben das Ziel, Altersarmut zu vermeiden.

(3) Diese Armutsgrenze liegt unter der Inklusionsgrenze von 50 Prozent des Durchschnittseinkommens, von der weiter unten die Rede sein wird.

(4) Eurostat, eigene Berechnungen, Ergebnisse hier nicht gezeigt, auf Anfrage zugänglich.

(5) Siehe Fußnote 2.

(6) Eurostat, eigene Berechnungen, Ergebnisse hier nicht gezeigt, auf Anfrage zugänglich.

(7) In Frankreich gibt es eine einkommensbezogene Rente, die vollständig staatlich ist, hinzu kommt ein ebenfalls gesetzlich verpflichtender Teil, der von den Sozialpartnern verwaltet wird (Nazcyk und Palier 2011: 94-97).

(8) Diese Grenze liegt deutlich über den Sozialhilfegrenzen der meisten Länder, die zwischen 23 und 30 Prozent des Durchschnittslohnes ausmachen, aber auch über den Niveaus vom Bürgerstatus abhängigen Mindestrenten (OECD 2011, eigene Berechnungen, Tabelle auf Anfrage).



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Über die Autorin

Dr. Traute Meyer lehrt und forscht in Vergleichender Sozialpolitik an der University of Southampton. Sie publiziert insbesondere über Alterssicherungspolitik und ihre Auswirkungen in Europa und ist Editor des Journal of European Social Policy (http://www.sociology.soton.ac.uk/profile/TrauteMeyer).


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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Januar 2014