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FRAGEN/031: 100 Jahre Soziale Arbeit in Hamburg - Feier mit Ausstellung und Stadtführung (idw)


Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg - 28.04.2017

100 Jahre Soziale Arbeit in Hamburg - Feier mit Ausstellung und Stadtführung


Ausstellung, Vorträge und eine Stadtführung - so feiert das Department Soziale Arbeit der HAW Hamburg in diesem Jahr sein 100-jähriges Bestehen. Die Feier am 4. und 5. Mai am Campus Berliner Tor würdigt die beiden Gründerinnen Gertrud Bäumer und Marie Baum und beleuchtet die weitere Entwicklung. Ebenfalls ist das Jubiläum Thema der neuen Ausgabe des "standpunkt : sozial" sowie einer Sonderausgabe der Fachzeitschrift "Soziale Arbeit".

Jubiläumsfeier 100 Jahre Soziale Arbeit:
HAW HAMBURG, 20099 Hamburg
DONNERSTAG, 04. Mai 2017, 13 - 18 UHR, Berliner Tor 21
FREITAG, 05. Mai 2017, 8 - 18.30 UHR, Alexanderstraße 1

Ein Hintergrundgespräch zum Jubiläum mit den Organisatoren Professorin Dr. Frauke Schwarting und Professor Dr. Dieter Röh.


Frau Schwarting, Herr Röh, was war Ihre Motivation, diese 100-Jahr-Feier zu organisieren?

Frauke Schwarting: Der Geburtstag ist ein schöner Anlass, die eigene Geschichte mal in den Vordergrund zu rücken. Vor einigen Jahren haben Dieter Röh und ich mit Studierenden Originalunterlagen aus den 1920er und 1930er Jahren entstaubt und bearbeitet und wir haben Feuer gefangen und unser kleines Archiv angelegt. Die zeitgeschichtlichen Situationen mit ihren Ideen und Kontroversen, das Engagement so verschiedener Menschen, auch in Hamburg, haben Spuren in unseren heutigen Formen hinterlassen. Und es ist spannend und lehrreich, die eigenen Wurzeln kennen zu lernen, im Guten wie im Schlechten.

Dieter Röh: Ich sehe das ähnlich und man hat nicht oft die Gelegenheit, an einer Institution genau in der Zeit tätig zu sein, an der ein so besonderes Jubiläum gefeiert wird. Wir waren uns daher sehr schnell einig, dass wir hierzu etwas beitragen möchten. Wir beide sind sehr geschichtsinteressiert, ich lehre das Fach zudem im Bachelor-Studiengang Soziale Arbeit und so lag es nahe, das Jubiläum inhaltlich gestalten zu wollen. Zum Glück haben wir weitere Kolleginnen und Kollegen aus dem Department Soziale Arbeit, eine ehemalige Kollegin und Lehrbeauftragte und Studierende gewinnen können, mit uns in die Vorbereitung einzusteigen.


Welche Impulse erhoffen Sie sich von dem historischen Rückblick? Was hat Sie an der Geschichte bewegt?

Dieter Röh: Geschichte ist immer ein Lehrstück für das, wonach man streben sollte und was man vermeiden muss, individuell und gesellschaftlich. Die soziale Frauenschule wurde im Zuge der entstehenden Professionalisierung Sozialer Arbeit mit einem solchen Eifer und Pioniergeist gegründet, dass man darauf bewundernd zurückblicken kann. Ohne jede Vorerfahrung, ohne Lehrbücher, ja ohne eine ganz genaue Vorstellung von dem, was und wozu man die jungen Frauen ausbildete, haben die Gründungsmitglieder und die ersten Leiterinnen einfach begonnen. Gleichzeitig ist die damalige soziale Arbeit beziehungsweise Fürsorge sehr schnell in die Fänge der Nationalsozialisten geraten. Solche Verwicklungen gilt es gerade heute mit einem wachen politischen Bewusstsein zu verhindern. Und auch in den Folgejahren, ab 1945, ist die Ausbildung und später das Studium politisch geblieben, haben sich die Studierenden und Lehrenden mit der politischen Seite der Sozialen Arbeit auseinandergesetzt und versucht, auf gesellschaftliche Prozesse Einfluss zu nehmen oder zumindest diese besser zu verstehen. In dieser Hinsicht können wir auch für heute einiges lernen.


Frau Schwarting, welche Facetten in der Geschichte der Ausbildung der Sozialen Arbeit sind für Sie am wertvollsten und was interessiert Sie am meisten an diesem Fachgebiet?

Frauke Schwarting: In der Gestaltung der Ausbildung vom Ende des Kaiserreichs bis zur heutigen spätmodernen Gesellschaft spiegeln sich ja die Auseinandersetzungen, was eigentlich soziale Probleme sind, wie soziale Unterstützung aussehen kann und soll, was man dafür wissen und können muss - insofern finde ich jede der Zeiten spannend. Für mich persönlich ist besonders interessant, wie sehr die Entwicklung professioneller Sozialer Arbeit von Frauen geprägt ist: die Gründung, damals in Form der Sozialen Frauenschule, war ein zentraler Beitrag zur Ermöglichung der Berufstätigkeit der Frauen aus der bürgerlichen Schicht; die Hamburger Honoratiorinnen und Honoratioren haben mit Gertrud Bäumer und Marie Baum als Leitung ja zwei in der Frauenbewegung bekannte Persönlichkeiten gewonnen. Und auch die zweite Phase eines starken Ausbaus in den 70er Jahren ging mit Zunahme von Dienstleistungsberufen und auch Frauenerwerbstätigkeit einher. Sehr wertvoll finde ich auch die Impulse für eine politische und sozialwissenschaftliche Selbstreflektion Sozialer Arbeit, die vor allem in den 70er und 80er Jahren wurzelten und später ein wichtiger Bestandteil ethischer und professioneller Debatten wurden.


Wohin geht die Reise der Sozialen Arbeit? Wo stehen wir in 100 Jahren?

Frauke Schwarting: Oh je, wir wissen nicht einmal sicher, wo wir in 20 oder 30 Jahren stehen! Ich würde mir sehr wünschen, dass sich soziale Phantasie und Konzepte für gute soziale Gestaltung des gesellschaftlichen Lebens und Teilhabe der Menschen mindestens so voran bewegen wie die technischen und ökonomischen Entwicklungsprozesse, die ja derzeit rasant sind und auch neue soziale Fragen und Probleme aufwerfen. Theorie und Praxis Sozialer Arbeit leisten da wichtige Beiträge!

Dieter Röh: Ich hoffe, dass sich die Soziale Arbeit weiter professionalisiert und gleichzeitig ihre politische Seite wiederentdeckt oder dieses Bewusstsein wachhält. Wir können an der Bearbeitung und Lösung sozialer Probleme und damit an der Gestaltung der Gesellschaft nur mitwirken, wenn wir es einerseits schaffen, Menschen in konkreten Problemlagen so zu unterstützen, dass sie diese zukünftig selbst bewältigen können, wobei manche auch dauerhaft unterstützt werden müssen. Und wir andererseits gestaltend und präventiv an der Verbesserung der gesellschaftlichen Chancen arbeiten. Für beides ist die Soziale Arbeit ethisch, theoretisch und methodisch gut gerüstet.


Festprogramm
Donnerstag, 4. Mai, Empfang in der Aula Berliner Tor (HAW Hamburg)

13:00 Uhr: Ankommen, Registrierung
13:30 Uhr: Grußworte
14:00 Uhr: Festvortrag Prof. Dr. Ralph-Christian Amthor (Hochschule Würzburg): Soziale Arbeit und gesellschaftlicher Wandel - Historische Entwicklungslinien und gegenwärtige Herausforderungen in der Lehre und Wissenschaft
14:45 Uhr: Von der Sozialen Frauenschule bis zum Department Soziale Arbeit. Fotografische Impressionen aus 100 Jahren
15:15 Uhr: Hinweise zum Programm des Folgetags, Publikationen, Ausstellung
15:30 Uhr: Empfang/Ausklang
ca. 18 Uhr Ende

Freitag, 5. Mai, Tagungs- und Feiertag in der Versammlungsstätte Alexanderstraße

08:00 Uhr: Gebäude- und Ausstellungsöffnung
10.00 Uhr: Vortrag Prof. Dr. Dieter Röh: Die Geschichte der Sozialarbeitsausbildung in Hamburg (HAW Hamburg)
11.00 Uhr: Gesprächsrunde auf dem Podium mit Studierenden, Alumnis, Lehrenden und Emeriti zum Thema: "Soziale Arbeit als Gestalterin der Gesellschaft?! Studium, Praxis und Wissenschaft im Wandel"
12:30 Uhr: Mittagspause
14:00 Uhr: themenbezogene Workshops
17:00 Uhr: Playback-Theater
18.30 Uhr: Jubiläumsfest
Zirka 23 Uhr: Ende


Weitere Informationen unter:
http://bit.ly/100JahreSozialeArbeitHH
https://www.haw-hamburg.de/news-online-journal/newsdetails/artikel/100-jahre-soziale-arbeit-in-hamburg-feier-mit-ausstellung-und-stadtfuehrung.html

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution399

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg,
Dr. Katharina Jeorgakopulos, 28.04.2017
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Mai 2017

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