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FRAUEN/311: Internationaler Frauentag und Frauenrechte von Migrantinnen (frauensolidarität)


frauensolidarität - Nr. 115, 1/11

Verschlungene Geschichten
Internationaler Frauentag und Frauenrechte von Migrantinnen

Von Filomenita Mongaya-Høgsholm


Die 15.000 Frauen - unter denen vermutlich auch Migrantinnen waren -, die 1908 durch New York marschierten und kürzere Arbeitszeit, bessere Bezahlung und Wahlrecht verlangten, machten Schlagzeilen. Hätte es diese Migrantinnen nicht gegeben, würden wir vielleicht auch den 8. März nicht als "Internationalen" Frauentag feiern.


1910 bei der Internationalen Konferenz von Arbeiterinnen in Kopenhagen, brachte Clara Zetkin den Vorschlag für einen Internationalen Frauentag vor mehr als 100 Frauen aus 17 Ländern ein. Zetkins Vorschlag wurde einstimmig angenommen. Der internationale Frauentag wurde zum ersten Mal in Österreich, Dänemark, Deutschland und der Schweiz am 19. März 1911 von mehr als einer Million Frauen und Männern gefeiert. Aber nicht einmal eine Woche später, am 25. März 1911, brach das Triangle Fire in New York aus, bei dem 146 TextilarbeiterInnen ums Leben kamen, es waren größtenteils MigrantInnen. Diese Tragödie unterstrich die gefährlichen Arbeitsbedingungen von migrantischen ArbeiterInnen in New York. Dies war ein Wendepunkt und änderte die US-amerikanischen Arbeitsrechte. Später wurde dieses tragische Ereignis mit dem Empowerment von Frauen verbunden, und am 8. März wird dessen gedacht. Das ganze 20. Jahrhundert über verbesserte sich zwar die Situation für Arbeiterinnen, aber in vielen Teilen der Welt wird Frauenarbeit noch immer gering geschätzt und nicht gerecht entlohnt. Tag für Tag verlassen Frauen ihr Zuhause, um in der Fremde Jobs und eine gesicherte Zukunft zu suchen.


Feminisierung von Migration

Laut dem IOM-Welt-Migrationsbericht migrierten 2010 214 Mio. Menschen. 49% davon waren Frauen. Migrantinnen sind noch immer Diskriminierungen, Menschenhandel und Verstößen ausgesetzt. Aber auch ohne diese kriminellen Verflechtungen bei weiblicher Migration zahlen Arbeiterinnen die sozialen Kosten von Migration, weil sie psychisch und emotional aufgrund der Trennung von ihrer Familie und ihren Kindern leiden. Im selben Bericht wird festgestellt, dass der Trend von weiblicher Migration weitergehen wird. Aufgrund der Bevölkerungsalterung in der westlichen Welt wird die Unterstützung durch Migrantinnen, die Pflegearbeit leisten, gefragter sein denn je. Bislang wird von Arbeitgeberinnen, Regierungen und Gesellschaften die Arbeit migrantischer Frauen wenig geschätzt. Außerdem werden ihnen Rechte wie faire Löhne und humane Arbeitsbedingungen abgesprochen. Da es vor allem Haus- und Pflegearbeit ist, in der die weibliche migrantische Arbeitskraft Verwendung findet, brauchen Migrantinnen Zugang zu Beratung über rechtliche und soziale Leistungen und Hilfe bei sexuellem Missbrauch und physischer Gewalt.


Millenniums-Entwicklungsziele (MDGs) und MigrantInnen

Im Jahr 2000 wurden die MDGs festgelegt, um in einer globalen Kooperation der Staaten Armut zu bekämpfen. Es wurden acht Ziele formuliert, aber nicht eines dieser Ziele zu internationaler Migration, trotz der unübersehbaren Geldrücküberweisungen der Migrantinnen, die für die finanzielle Sicherheit einer Unzahl von Familien - ja ganzer Volkswirtschaften - in so vielen Ländern zuständig sind.


UN-Arbeitsrechtekonvention zu MigrantInnen und der Internationale MigrantInnentag

1990 versuchte die UN die migrantischen Arbeitsrechte in eine Konvention mit dem Titel "Internationale Konvention zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen" (UNMWC) zu verankern. Diese wurde erst 2003 in Kraft gesetzt. Auf Druck von Migrantlnnen wurde am 4. Dezember 2000 von der UN der Beschluss zu einem Internationalen MigrantInnentag gefasst, um Mitgliedsländer, RegierungsakteurInnen und NGOs daran zu erinnern, dass sie eine Pflicht gegenüber MigrantInnen haben, und die bereits 1990 vorgeschlagene Konvention zu ratifizieren und Informationen über Menschenrechte von MigrantInnen zu verbreiten und deren Beitrag anzuerkennen. Die UNMWC ist das einzige Menschenrechtsinstrument, das speziell die Rechte von MigrantInnen behandelt, aber es ist auch das letzte, das ratifiziert wurde. Nicht ein europäisches oder nordamerikanisches Land hat sich dezidiert dafür eingesetzt. Zuletzt haben nur 44 Staaten die Konvention ratifiziert - alle aus dem globalen Süden.


ILO HausarbeiterInnen-Konvention

In den 1980er und 1990er Jahren verabschiedete die ILO viele Konventionen, alle beinhalten Punkte, die für migrantische ArbeiterInnen relevant sind, aber keine bezieht sich direkt auf MigrantInnen. Für 2011 ist eine neue Konvention zu HausarbeiterInnenrechten vorgesehen. HausarbeiterInnen sind überwiegend Frauen und MigrantInnen. Diese Konvention strebt deren Schutz vor Ausbeutung an, aber sie behandelt nicht alle Rechte für MigrantInnen. Es geht dabei um faire und menschenwürdige Arbeits- und Lebensbedingungen, um einfachen Zugang zu Streitschlichtungsverfahren, um Bestimmungen der ArbeitgeberInnenagenturen und um die Absicherung für migrantische HausarbeiterInnen. Dieses Jahr wird es sich zeigen, ob sich diesbezüglich internationale und innerstaatliche Gesetze tatsächlich ändern.
CEDAW und Migrantinnen Das Committee on the Elimination of Discrimination Against Women (CEDAW) ist ein internationales Abkommen, das auch Bereiche umfasst, die Migrantinnen betreffen. Mit 178 Ratifizierungen durch Ursprungs-, Transit- und Zielländer von Migrantinnen ist CEDAW eine von den meistbestätigten Konventionen. Diese Konvention wurde von der UN-Generalversammlung am 18. Dezember 1979 verabschiedet. Darin werden Zivilrechte von Frauen, deren rechtlicher Status und reproduktive Rechte, aber auch kulturelle Faktoren zur gesellschaftlichen Rolle von Frauen geregelt. CEDAW bestätigte, dass Migrantinnen, wie alle Frauen, nicht diskriminiert werden sollen. Es wurde beschlossen, eine General Recommendation zu erlassen. Die General Recommendation 27 (GR 27), die im Jänner 2005 veröffentlicht wurde, beabsichtigt die Hintergründe, die dazu beitragen, dass viele migrantische Arbeiterinnen verletzbar sind und Erfahrungen mit sexueller und geschlechtsspezifischer Diskriminierung haben, ausfindig zu machen. Bei dem von UNIFEM und anderen Organisationen veranstalteten Runden Tisch zum Thema CEDAW und Migrantinnen im November 2009 in Genf sprachen zwei Migrantinnen über Menschenrechtsherausforderungen in Europa und die Form von multipler Diskriminierung; der sie ausgesetzt sind. Bilaterale Abkommen zwischen Ziel- und Herkunftsländern, die migrantische Arbeiterinnen über die Grenzen hinweg schützen, fehlen zumeist. Migrantinnen in Europa mangelt es oft an sozialen Unterstützungen. Der Internationale Frauentag ist eine globale Feier, um auf ökonomische, politische und soziale Errungenschaften von allen Frauen aufmerksam zu machen. Vielleicht kann das 2010 neu entstandene UN Entity for Gender Equality and Empowerment of Women (ehemals UN-Frauen) helfen, die Entwicklungen der Mitgliedsstaaten hin zu den Zielen Gendergleichheit und Empowerment von Frauen zu beschleunigen.


Internettipp:
www2.ohchr.org/english/bodies/cedaw/comments.htm

Zur Autorin:
Filomenita Mongaya-Høgsholm ist Vorsitzende und Gründungsmitglied des phillipinischen Migrantinnennetzwerkes Babaylan-Dänemark und Vorstandsmitglied bei Babaylan-Europa sowie Mitglied im Steuerungsausschuss von WIDE (Women in Development Europe). Sie lebt in Humlebaek bei Kopenhagen.


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Quelle:
Frauensolidarität Nr. 115, 1/2011, S. 18-19
Herausgeberin:
Frauensolidarität - Entwicklungspolitische Initiative für Frauen,
Sensengasse 3, 1090 Wien,
Telefon: 0043-(0)1/317 40 20-0
Telefax: 0043-(0)1/317 40 20-406
E-Mail: redaktion@frauensolidaritaet.org,
http://www.frauensolidaritaet.org

Die Frauensolidarität erscheint viermal im Jahr.
Einzelpreis: 5,- Euro;
Jahresabo: Österreich und Deutschland 20,- Euro;
andere Länder 25,- Euro.


veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Juli 2011