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FRAUEN/559: Kenia - Pflanzen für die Zukunft, Schulungskurse für Frauen im Flüchtlingslager Daadab (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 14. November 2014

Kenia: Pflanzen für die Zukunft - Schulungskurse für Frauen im Dadaab-Flüchtlingslager

Ein Gastbeitrag von der UN-Frauenorganisation 'UN Women'


Bild: © Tabitha Icuga/UN Women

Higala Mohammed (in Grün) bereitet den Boden für die Tröpfchenbewässerung im kenianischen Flüchtlingslager Dadaab vor
Bild: © Tabitha Icuga/UN Women

New York, 14. November (IPS) - Im weltgrößten Flüchtlingscamp Dadaab in Kenias Nordostprovinz lauschen die Teilnehmerinnen aufmerksam den Ausführungen von Experten, die ihnen im Krankenhaus von Ifo 2 Kenntnisse über Wirtschaftslehre und Gemüseanbau vermitteln. Ifo 2 gehört zu den neueren Teilen des riesigen Auffanglagers, das insbesondere viele somalische Flüchtlinge beherbergt.

Auch Leila Abdulilahi stammt aus Somalia. Sie ist 25 Jahre alt und hat ihren fünf Monate alten Säugling zur Schulung mitgebracht. Ihre anderen vier Kinder warten zu Hause auf sie. Die junge Frau stellt Fragen über Fragen. Sie lebt seit drei Jahren im Camp und verfügt bislang über kein eigenes Einkommen, daher ist sie auf die Rationen des Welternährungsprogramms (WFP) angewiesen.

Abdulilahi hofft nach der Schulung einen eigenen Gemüseladen aufmachen zu können. "Von den Einnahmen werde ich Kleidung, Gemüse und Obst für meine Kinder kaufen", hat sie sich vorgenommen. Sie ist eine von insgesamt 300 Frauen, die im Kurs für Unternehmertum und Gemüseanbau die Kenntnisse erlangen sollen, die sie brauchen, um ein eigenes Geschäft zu starten.

Anders als andere Landsleute, die bereits seit 1991, dem Beginn des Bürgerkriegs in Somalia, in Dadaab leben, ist Abdulilahi 'neu' in dem Lager. So werden die Flüchtlinge bezeichnet, die erst nach der Dürre 2011 oder nach den jüngeren somalischen Militärinterventionen gegen die Extremisten nach Kenia gekommen sind. Nach Angaben des UN-Flüchtlingshochkommissariats waren im weltgrößten Auffanglager Dadaab im September 2014 341.359 registrierte Flüchtlinge gemeldet. Bei der Hälfte handelte es sich um Frauen.


Angst vor Übergriffen

"Wir haben Angst, allein im Wald nach Feuerholz zu suchen", sagt Leila. "Es gibt Gangster, die uns sogar zu Hause angreifen und vergewaltigen. Hätte ich Geld, würde ich unser Feuerholz lieber kaufen und nicht mehr selbst in den Wald gehen oder meine Tochter losschicken." Nach Angaben der Kenianischen Rot-Kreuz-Gesellschaft ist die Vergewaltigungsrate innerhalb von Dadaab in Ifo 2 am höchsten. Dieser Teil des Flüchtlingslagers ist zehn Quadratkilometer groß und liegt etwa 100 Kilometer von der kenianisch-somalischen Grenze entfernt.

Die UN-Frauenorganisation 'UN Women' unterstützt über ihr Programm für Frieden, Sicherheit und humanitäre Aktion Kenias Rot-Kreuz-Gesellschaft dabei, Frauen zu einer Lebensgrundlage in Ifo 2 zu verhelfen.

"Die fehlenden Verdienstmöglichkeiten sind Faktoren, die die sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt begünstigen", berichtet Idil Absiye, Expertin für Frieden und Sicherheit im Kenia-Büro von UN Women. Dass die Flüchtlingsfrauen die Möglichkeit erhalten, ihr eigenes Geld zu verdienen, "wird ihnen im Lager und danach erlauben, für sich selbst zu sorgen".

Im Rahmen der Initiative werden zudem Überlebende sexueller und geschlechtsbedingter Gewalt beraten und Streitschlichtungsgespräche im Krankenhaus in Ifo 2 angeboten. Dies hat dazu geführt, dass sich zunehmend mehr Frauen trauen, Übergriffe bekannt zu geben. Der Beraterin Gertrude Lebu zufolge bekommt das Zentrum für geschlechtsspezifische Gewalt jeden Tag bis zu 15 neue Fälle. Auch finden sich dort Paare ein, die um Vermittlungstermine ansuchen.

In glühender Hitze beackern zehn Frauen mit Stöcken, Rechen und Hacken den staubigen Boden, um Gemüse anzubauen. Bei Wind schützen sie ihre Augen mit Tüchern vor den aufgewirbelten Sandkörnern. Die schwierigen Arbeitsbedingungen nehmen sie auf sich, ohne zu murren. Denn sie wissen, nach drei Monaten können sie die Früchte ihrer Mühen ernten.

Einkommen schaffende Aktivitäten sind im Dadaab-Flüchtlingslager dünn gesät. Und auch die Landwirtschaft ist angesichts der schwierigen Wetterbedingungen kein Zuckerschlecken. Oft verkaufen die Frauen einen Teil ihrer Nahrungsmittel, die aus Mais, Weizen, Bohnen, Soja, Hülsenfrüchten und Pflanzenöl bestehen, um sich Obst und Gemüse sowie die Schulgebühr und Schulmaterialien für die Kinder leisten zu können.


Gemüse aus und für Dadaab

Ephraim Karanja, der bei Kenias Rot-Kreuz-Gesellschaft das Programm gegen geschlechtsspezifische Gewalt koordiniert, berichtet, dass sechs Treibhäuser gekauft werden konnten und die Frauen fleißig dabei seien, den Boden für den landwirtschaftlichen Anbau vorzubereiten. Sie sollen ihre Erzeugnisse auf dem neuen Markt von Dadaab verkaufen.

Die ehemalige somalische Bäuerin Higala Mohammed kultiviert in ihrem kleinen Garten hinter ihrem Zelt Barere, ein traditionelles somalisches Gemüse. "Wir brauchen alle Nährstoffe, die wir kriegen können", sagt sie. Wie Abdulilahi träumt auch sie von der finanziellen Unabhängigkeit. "Ich will arbeiten und meine Familie ernähren", sagt sie. "Und sollte ich irgendwann einmal in die alte Heimat zurückkehren, werde ich einen größeren Laden eröffnen". (Ende/IPS/kb/2014)


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http://www.ipsnews.net/2014/11/braving-dust-storms-women-plant-seeds-of-hope/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. November 2014