Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → SOZIALES

INTERNATIONAL/069: China - Praktikanten als billige Arbeitskräfte ausgebeutet (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 13. Januar 2012

China: Praktikanten als billige Arbeitskräfte ausgebeutet, Berufsschulen in der Kritik

von Grit Porsch


Berlin, 13. Januar (IPS) - Chinas Berufsschulen ist weniger an einer qualifizierten Ausbildung ihrer Schüler gelegen als an der Beschaffung billiger Arbeitskräfte, die im Rahmen ihrer dreijährigen Schulzeit als so genannte Praktikanten bis zu einem Jahr in Betrieben Schwerstarbeit leisten. Diese kritische Bilanz zieht ein vom 'China Labour Bulletin' (CLB) am 12. Januar veröffentlichter Bericht mit dem Titel 'The Mass Production of Labour. The Exploitation of Students in China's Vocational School System'.

Der 13-seitige Report der in Hongkong ansässigen zivilen Organisation basiert auf der Analyse von einschlägigen Medienberichten aus den vergangenen drei Jahren und auf Interviews, die CLB im Herbst 2011 mit Schülern, Lehrern und Vertretern von Schulbehörden geführt hat. Er enthält zudem amtliche Statistiken und einen Überblick über das System der chinesischen Berufsschulen. Auch aktuelle Bemühungen der Regierung um Verbesserungen im Berufsschulsystem werden diskutiert.

Ein Ausbildungsplatz an Berufs- und Technikerschulen ist inzwischen bei jungen Chinesen fast ebenso begehrt wie ein akademisches Studium. 2010 setzten rund 42 Prozent der 18 Millionen Absolventen der obligatorischen neunjährigen Sekundarschule ihre Ausbildung an Berufsschulen fort. Doch deren Qualität ist weitgehend umstritten, weil sich ihr Lehrstoff häufig nach dem Bedarf von Betrieben richtet, die in ihren Fabriken die Belegschaft mit Praktikanten und Berufsschulabsolventen auffüllen wollen. Diese jedoch werden für oft unqualifizierte, riskante Schwerstarbeit miserabel bezahlt.


Miserable Bezahlung

Nach Angaben des Bildungsministeriums verdient ein Viertel von ihnen im Monat weniger als 1.000 Yuan, umgerechnet etwa 124 Euro, kaum mehr als unqualifizierte Wanderarbeiter. Etliche Praktikanten klagten, man habe ihnen lediglich 100 oder 50 Yuan ausbezahlt. Der Rest sei als 'Studiengebühren' oder 'Lebenshaltungskosten' einbehalten und an ihre Schule überwiesen werden. Praktikanten, die sich beschweren, riskieren, ohne das begehrte Diplom von der Schule verwiesen zu werden.

Als besonders abschreckendes Beispiel für die Ausbeutung der ihnen von den Berufsschulen überlassenen Praktikanten verweisen Medien immer wieder auf den taiwanesischen Elektronikriesen Foxcom.

Inzwischen kritisieren auch viele Eltern die ungenügende Qualität von Berufsschulen und die nicht mehr zeitgemäßen berufsfernen Praktika der Schüler.

Der CLB-Bericht fordert Peking zu einem notwendigen bildungspolitischen Kurswechsel auf. Die Behörden müssten dafür sorgen, dass die Berufsschulen sich ebenso nach den Interessen der heranwachsenden jungen Arbeitnehmergeneration richten und wie nach denen der Unternehmer, die sie einstellen wollen, betonen die chinesischen Arbeitsaktivisten. (Ende/IPS/mp/2012)


Link:
http://www.clb.org.hk/en/node/101217

© IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH


*


Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 13. Januar 2012
IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 28 482 361, Fax: 030 28 482 369
E-Mail: redaktion@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Januar 2012