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INTERNATIONAL/182: Mongolei - Müll zu Gold, Recycling-Initiative will neue Arbeitsplätze schaffen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 26. September 2014

Mongolei: Müll zu Gold - Recycling-Initiative will neue Arbeitsplätze schaffen

von Jonathan Rozen


Bild: © Jonathan Rozen/IPS

In der mongolischen Hauptstadt Ulan Bator wird Müll recycelt
Bild: © Jonathan Rozen/IPS

Ulan Bator, 26. September (IPS) - Die Mongolin Ulziikhutag Jigjid gehört zu einer kleinen Gruppe, die im Bezirk Khan-Uul am Rande der Hauptstadt Ulan Bator Besen, Stühle, Behälter und andere Gegenstände aus gebrauchten Getränkepackungen herstellt. "Frühmorgens sammeln wir Abfälle auf den Straßen und machen uns dann ans Werk", sagt die 49-Jährige. Um 16 Uhr geht Jigjid dann zur Arbeit in die Fleischfabrik.

Ihre zehnköpfige Recycling-Gruppe ist Teil der Initiative 'Müll in Gold umwandeln' (TG2G), die von der unabhängigen Organisation 'Tehnoj' unterstützt wird. Die 2007 gegründete Vereinigung fördert Kleinunternehmen, die handgearbeitete Produkte verkaufen.

Tehnoj bezeichnet sich selbst als "Gründungszentrum" für kleine und mittelständische Betriebe. Nach eigenen Schätzungen bietet die Organisation im Rahmen mehrerer Projekte landesweit etwa 30.000 Menschen eine Fortbildung an. Das Projekt TG2G steht derzeit Interessenten in drei Außenbezirken von Ulan Bator offen - Khan-Uul, Chingeltei und Songino Khairkhan. In die 20 Arbeitsgruppen werden jeweils etwa fünf bis sechs Personen aufgenommen. "Ziel des Projekts ist es, Recycling-Produkte herzustellen und die Arbeitslosigkeit zu verringern", erklärt Tehnoj-Direktor Galindev Galaariidii.

Die Organisation finanziert sich mit Geldern des Innovationsfonds des Regionalbüros für Asien und den Pazifik, einer Initiative des UN-Entwicklungsprogramms UNDP. Damit soll die Suche nach neuen Lösungen für komplexe Entwicklungsprobleme jenseits des traditionellen Wirtschaftskreislaufs gefördert werden, sagt Thomas Eriksson, der stellvertretende UNDP-Repräsentant in der Mongolei.

Der Innovationsfonds unterstützt zurzeit die Planung von Programmen in 32 Ländern und hilft bei der Förderung ökologischer Nachhaltigkeit und inklusiver Wirtschafts- und Sozialentwicklung. Diese Ziele finden sich an zentraler Stelle in der Post-2015-Entwicklungsagenda der Vereinten Nationen.

Insbesondere in den Vororten mongolischer Städte ist die Entsorgung von Abfällen ein großes Problem. Wie Galaariidii erklärt, fehlt es an einer ausreichenden Infrastruktur und an staatlichen Finanzmitteln. 90 Prozent des Mülls landeten daher auf den Straßen. "In Ulan Bator fallen täglich etwa 1.100 Tonnen fester Abfälle an. Dieser Müll gefährdet die Bewohner der Stadt und die Umwelt", warnt Eriksson.


Migranten fassen in Hauptstadt nur schwer Fuß

Laut UNDP ziehen jedes Jahr mehr als 10.000 Familien nach Ulan Bator. "Leider finden diese Migranten nur mit Schwierigkeiten Arbeit und haben kaum Zugang zu den ohnehin schon begrenzten Sozialleistungen", erklärt Eriksson.

Das Programm TG2G will zur Beseitigung des Müllproblems und zur Verminderung der sozialen Ungleichheit beitragen, indem Mitglieder der ärmsten Gemeinschaften des Landes fortgebildet werden. Laut Angaben der Weltbank für den Zeitraum 2012 bis 2013 lag die Armutsrate in dem asiatischen Staat mit etwa 2,9 Millionen Einwohnern bei 27,4 Prozent.

In dem rund 1,6 Millionen Quadratkilometer großen Binnenland Arbeit zu finden, ist nicht einfach. Urbares Land macht lediglich 0,8 Prozent der Gesamtfläche aus. Der Bergbausektor hat in den vergangenen zehn Jahren zwar das Wirtschaftswachstum in der Mongolei gefördert und im ersten Quartal 2012 für 16 Prozent Zuwachs gesorgt. Doch längst nicht jeder Mongole konnte davon profitieren. Die Arbeitslosenrate lag im Jahr 2012 bei ungefähr elf Prozent.

"Wir konzentrieren uns auf die Gebiete in Ulan Bator, in denen die Erwerbslosigkeit am höchsten ist", sagt Galaariidii. "Dabei haben wir vor allem zwei Gruppen im Blick: Frauen, die oftmals behinderte Kinder haben und Arbeitslose. Den Teilnehmern der Kurse wird beigebracht, Besen, Stühle, in Tempeln und Schulen benutzte Fußbedeckungen, Picknickmatten, wasserfeste Schutzplanen für Jurten und alle Arten von Behältern aus alten Verpackungen herzustellen."

Ständig wird das Produktdesign weiterentwickelt. Ofenhandschuhe, Taschen, Hüte und Schürzen sind nur einige Beispiele für die neuen Verkaufsartikel. "Unser Technologie-Design verbessert sich mit jedem Tag", meint Galaariidii. An Stuhlbezügen werden inzwischen keine Reißverschlüsse, sondern elastische Ringe angebracht. Stadtreinigungsteams testen zurzeit Produkte, die das Potenzial haben, per Vertrag von den Behörden bezogen zu werden.


Einnahmen sollen Bau von Kindergarten finanzieren

Gemeinden, die an dem TG2G-Projekt beteiligt sind, blicken mit neuem Optimismus in die Zukunft. Jigjid und andere Mitglieder ihrer Gruppe entrollen ein großes Plakat und erklären, wofür sie die Erträge aus dem Verkauf ihrer Erzeugnisse verwenden wollen. Sie planen den Bau eines Kindergartens und einer Hühnerfarm. Zudem haben sie vor, mehr Nahrungsmittel selbst zu produzieren. Einen Teil ihrer Einnahmen wollen sie anderen Mitgliedern ihrer Gemeinde in Form von Kleinkrediten bereitstellen.

Jigjid hofft, dass die Trainingsprogramme weiter ausgebaut werden können. Ihr Ziel ist außerdem, möglichst viele Importprodukte aus anderen Ländern durch eigene Erzeugnisse zu ersetzen. Im nächsten Jahr will sie ihren Job in der Fleischfabrik aufgeben und sich ganz auf die Entwicklung von Recycling-Produkten konzentrieren. (Ende/IPS/ck/2014)


Link:

http://www.ipsnews.net/2014/09/mongolias-poorest-turn-garbage-into-gold/

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IPS-Tagesdienst vom 26. September 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. September 2014