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KIND/109: Philippinen - Mit Kinderrechten im Rückstand (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 16. Dezember 2014

Philippinen:

Mit Kinderrechten im Rückstand

von Diana Mendoza


Bild: © Stella Estremera/IPS

1,4 Millionen Mädchen im Alter von 15 bis 19 Jahren sind von Teenager-Schwangerschaften betroffen
Bild: © Stella Estremera/IPS

Manila, 16. Dezember (IPS) - Auf den Philippinen ist es nach Ansicht von Mae Baez von der lokalen Koalition über die Kinderrechtskonvention schlecht bestellt. Teenagerschwangerschaften nehmen zu, Straßenkinder werden wie Kriminelle behandelt und bestraft, und für Heranwachsende, die mit dem Gesetz in Konflikt geraten, gibt es so gut wie keine Hilfe. Und vielfach dienen die neuen Medien dazu, Mädchen und Jungen sexuell auszubeuten.

Der bisher größte Missbrauchsfall wurde in diesem Jahr von der Insel Cebu, 570 Kilometer südlich der philippinischen Hauptstadt Manila, gemeldet. Dort hatte die Nationalpolizei mehrere Ausländer wegen Pädophilie und Kinderpornographie als Teil eines riesigen Cybersex-Geschäfts festgenommen und den Gerichten überstellt.

Generell genießen die Philippinen den guten Ruf, über eine fortschrittliche Gesetzgebung zum Schutz von Minderjährigen zu verfügen. Doch Baez zufolge erweisen sich die Bestimmungen meist als Papiertiger. Die Verstöße gingen ungebremst weiter, und die Prügelstrafe als Disziplinarmaßnahme werde weiterhin praktiziert.

'Bata Muna' ('Kind zuerst') ist eine landesweite Bewegung, die aus 23 Kinderhilfswerken wie 'Save the Children', 'Zone One Tondo' und 'Children Talk to Children' (C2C) besteht und auf eine Umsetzung der Kinderrechte auf den Philippinen drängt. Sie sieht Fortschritte durch die Einführung von Gesetzen zum Schutz gegen Kinderhandel und Pornographie.

Auch verweist sie auf das Philippinische Pantawid-Pamilyang-Programm (4Ps), eine Wohlfahrtsinitiative, die die extreme Armut durch Investitionen in Bildung und Gesundheit bekämpfen will, sowie auf das Nationale Strategische Rahmenwerk zur Entwicklung von Kindern 2001-2025, den Philippinischen Aktionsplan für Kinder und die gemeinsamen Bemühungen der Zivilgesellschaft, die Einhaltung der Programme und Gesetze zu gewährleisten.


Es hapert an der Umsetzung

Doch Baez kritisiert, dass die Bestimmungen und Maßnahmen nur unzureichend umgesetzt werden. Auch wartet das jüngst verabschiedete Gesundheitsgesetz für verantwortliche Elternschaft und reproduktive Gesundheit seit 15 Jahren auf die Verabschiedung durch den philippinischen Kongress. Viele zivilgesellschaftliche Gruppen versprechen sich von dem Gesetz Aufklärungsunterricht an den Schulen und Informationen, die den Kindern helfen, im Leben besser klar zu kommen. Auf den Philippinen, das geht aus einer Untersuchung des nationalen Bevölkerungsinstituts zum Thema Fruchtbarkeit und Sexualität aus dem Jahre 2013 hervor, kommt es sehr häufig zu Teenagerschwangerschaften.

Dem Nationalen Statistikamt zufolge sind auf den Philippinen 43 Millionen Menschen unter 18 Jahre alt. Diese Heranwachsenden, insbesondere diejenigen, die den ärmsten Haushalten des Landes angehören und deren Zugang zu Bildung begrenzt ist, müssen dringend sexuell aufgeklärt werden, damit den Mädchen eine frühe Schwangerschaft erspart bleibt, die sie ihrer grundlegenden Menschenrechte wie Bildung beraubt.

Die Kinderschutzaktivisten monieren ferner, dass bereits beschlossene Ziele, mehr jungen Leuten Bildung zu vermitteln, um ihnen ein lebenslanges Recht auf Lernen zu gewährleisten und ihnen den Zugang zu einer Tertiärbildung, Berufsausbildung und zu Beschäftigung zu ermöglichen, bisher nicht erreicht wurden. "Das Programm konnte die hohe Schulabbrecherquote nicht eindämmen, und nach wie vor müssen Kinder in den entlegenen und armen Gebieten kilometerweite Strecken bis zur nächsten Schule zurücklegen", betont Baez.

Mark Timbang von der Mindanao-Gruppe für Kinderrechte und -schutz im mehrheitlich muslimischen Süden des Landes ist der gleichen Ansicht. Bisher lasse die Regierung des südostasiatischen Landes ernste Bemühungen vermissen, um Kindern den Weg zur Schule zu erleichtern. Zudem sei es nicht gelungen, Kinderehen zu verhindern und den Jahrzehnte langen Krieg zwischen Muslimen und Christen zu beenden. Es sei wichtig für Kinder, in einem dauerhaft friedlichen Umfeld aufzuwachsen.

Sheila Carreon von Save the Children warnt vor der Verabschiedung eines geplanten Gesetzes, dass das Alter der Mitglieder des Jugendrates 'Sangguniang Kabataan' von derzeit 15 bis 17 Jahren auf 18 bis 24 Jahre hinaufsetzt. Der Jugendrat ist ein Mechanismus, der Kindern erlaubt, sich politisch zu engagieren. "Wir haben die Regierung gebeten, die Kinder wie gehabt in dem Rat zu belassen. Es ist wichtig, dass sie in Fragen, die sie betreffen, mitreden können. Der Rat ist ihre einzige Plattform", betont Carreon.

Nach Ansicht von Angelica Ramirez vom Philippinischen Parlamentsausschuss für Bevölkerung und Entwicklung sind die geltenden Gesetze unzureichend, um die Kinder wirklich zu schützen. Wie sie betont, wird es höchste Zeit, das vorliegende Gesetz für positive Disziplin und gegen körperliche Bestrafung endlich zu verabschieden.


Prügelstrafe verbreitet

Auf den Philippinen ist die Prügelstrafe verbreitet. Ramirez beruft sich in diesem Zusammenhang auf einen Bericht von 2011 ('Pulse Asia'), demzufolge acht von zehn Kindern Erfahrung mit elterlicher Gewalt als Disziplinarmaßnahme machen.

Die Vereinten Nationen definieren körperliche Züchtigung als physisch, seelisch und psychisch grausame Übergriffe, die als Disziplinarmaßnahme verbrämt werden. Als eine der brutalsten Formen der Gewalt gegen Kinder stelle die Prügelstrafe einen Verstoß gegen die Kinderrechte dar. Die UN empfehlen den Philippinen und anderen Unterzeichnerländern der Kinderrechtskonvention, sämtliche Formen der körperlichen Gewalt aus den Schulen, privaten und öffentlichen Einrichtungen, dem Jugendstrafvollzug, den alternativen Pflegeeinrichtungen und dem Elternhaus zu verbannen. (Ende/IPS/kb/2014)


Link:
http://www.ipsnews.net/2014/12/filipino-children-make-gains-on-paper-but-reality-lags-behind/

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IPS-Tagesdienst vom 16. Dezember 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Dezember 2014