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RENTE/516: Rentenschutzklausel mit Haken (SoVD)


Sozialverband Deutschland - SoVD-Zeitung Nr. 6 / Juni 2009

SoVD fordert Garantie ohne Nachholung von Kürzungen

Rentenschutzklausel mit Haken


Mithilfe einer gesetzlichen Garantie will die Bundesregierung künftige Rentenkürzungen unterbinden. Eine entsprechende Schutzklausel, die zuvor von Bundesarbeitsminister Olaf Scholz eingebracht worden war, wurde Anfang Mai im Bundeskabinett beschlossen. Die Änderung soll noch vor der Wahl in Kraft treten.
Die neue Rentenschutzklausel verhindert auf Dauer, dass die Bezüge der aktuell rund 20 Millionen Rentnerinnen und Rentner in Zeiten der Konjunkturschwäche sinken.
Die Bundesregierung reagierte damit auf die vom Sozialverband Deutschland immer wieder vorgetragene Befürchtung, dass die Löhne im laufenden Jahr wegen der Wirtschaftskrise und der zunehmenden Kurzarbeit sinken würden. Dies nämlich hätte laut bislang geltendem Recht - nach einer einmaligen Erhöhung von 2,4 Prozent - zu weiteren Rentenkürzungen geführt.


Die Renten schrumpfen künftig auch dann nicht, wenn die Löhne weiter einbrechen, an deren Entwicklung die Altersbezüge gekoppelt sind. Dies ist ein großer, kurzfristiger Erfolg, für welchen unter anderem der SoVD den Boden bereitet hat. Aber die Rentenschutzklausel hat einen Haken: Die ausgebliebenen Rentenkürzungen sollen ab 2011 mit möglichen Rentenerhöhungen der Zukunft verrechnet werden.

Insofern erkennt der Sozialverband Deutschland zwar an, dass die Bundesregierung mit der neuen Schutzklausel Rentenkürzungen verhindern will. Dies hat SoVD-Präsident Adolf Bauer in einem Brief an den Bundesarbeitsminister und in einer entsprechenden Presseerklärung deutlich gemacht. Gleichzeitig fordert der SoVD-Präsident jedoch mit Vehemenz, die Rentenschutzklausel so auszugestalten, dass jetzt verhinderte Kürzungen nicht zu einem späteren Zeitpunkt zum Nachteil der Betroffenen nachgeholt werden. Dazu müsse vor allem der Nachholfaktor abgeschafft werden, der ab 2011 greife, so der SoVD-Präsident.

Ansonsten zeichneten sich für die rund 20 Millionen Empfänger von Altersbezügen düstere Aussichten ab. "Es muss auf Jahre hinaus mit Nullrunden oder nur mit sehr geringen Rentenanpassungen gerechnet werden. Denn auch die rentenkürzende Wirkung des Riesterfaktors, der 2008 und 2009 ausgesetzt wurde, soli 2012 und 2013 nachgeholt werden", prognostiziert Adolf Bauer. Weitere Einbußen seien jedoch für die Rentnerinnen und Rentner die allein in den letzten fünf Jahren Kaufkraftverluste von zehn Prozent hinnehmen mussten, nicht zu verkraften.

Auch in Politik und Wirtschaft wurde die Rentengarantie unterschiedlich aufgenommen. So findet das geplante Gesetz bei den Gewerkschaften zwar allgemeine Unterstützung; enthusiastische Reaktionen erntete die Schutzklausel jedoch nicht.

Ein Konzept für einen radikalen Kurswechsel in der Rentenpolitik präsentierte indes die IG Metall. In dem Memorandum, welches zahlreiche Verbände, so auch der SoVD, in der Mehrheit der aufgeführten Punkte teilen (siehe Berichterstattung weiter unten), wird unter anderem die Rücknahme der ab 2012 schrittweise vorgesehenen Erhöhung des Rentenalters auf 67 gefordert.

Trotz einzelner kritischer Stimmen haben die Fraktionen von CDU/CSU und SPD ihre Zustimmung zur Rentenschutzklausel bekundet. Seitens der Arbeitgeberverbände wurde die Rentengaratie hingegen abgelehnt. "Der Beschluss ist eine Fehlentscheidung", sagte Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ). Ob mit der Schutzklausel Menschen im Ruhestand zusätzliche Enttäuschungen erspart bleiben, wird die weitere Entwicklung zeigen.

Dabei trägt auch die demografische Entwicklung in Deutschland nicht dazu bei, das Rentenniveau stabil zu halten: Weil die Gesellschaft immer älter wird, steigt die Zahl der Rentnerinnen und Rentner rapide an. Derzeit finanzieren durchschnittlich mehr als zwei Beschäftigte einen Menschen im Ruhestand. In 40 Jahren wird ein Beschäftigter auf einen Rentner kommen.


Rentengarantie findet laut Umfrage Zustimmung

Die vom Bundeskabinett auf den Weg gebrachte Schutzklausel gegen Rentenkürzungen findet bei den Bürgern breite Zustimmung. Zwei Drittel (68 Prozent) unterstützen laut einer Umfrage im Auftrag der ARD-Tagesthemen" den Plan, Rentenkürzungen per Gesetz auszuschließen. 28 Prozent sind jedoch der Ansicht, dass die Renten sinken sollten, wenn auch die Löhne sinken.

Das Meinungsforschungsinstitut Infratest dimap befragte 1000 Bundesbürger telefonisch. Dabei äußerte ein wachsender Teil der Befragten (57 Prozent) Sorge um die wirtschaftliche Zukunft, 38 Prozent haben Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes. Vier von zehn Deutschen gaben an, wegen der Wirtschaftskrise bereits jetzt weniger Geld zur Verfügung zu haben. Nach wie vor glauben drei Viertel (76 Prozent), dass sich die Krise verschlimmern wird.
(dpa)


Herausforderung für die soziales Sicherung 
 Der demographische Wandel in Deutschland
Bevölkerung nach
Alter in Jahren
1950    
Anteile in %
2001    
Anteile in %
2050*   
Anteile in %
unter 20
30,4   
20,9   
16,1   
20-59          
55,0   
55,0   
47,2   
60 und älter   
14,6   
24,1   
36,7   

Grafik/Text: imu-Infografik,Quelle: Statistisches Bundesamt

Weniger Junge, mehr Alte: Ob Renten-, Kranken-, Pflege- oder
Arbeitslosenversicherung - das gesamte System der umlagefinanzierten
Sozialversicherung ist vom demografischen Wandel betroffen.
Es funktioniert, solange eine große Anzahl Erwerbstätiger Beiträge
zahlt, aus denen auch Leistungen für Ältere bezahlt werden. Die Zahl
der Jungen und damit der Erwerbstätigen schwindet zunehmend,
andererseits werden die Deutschen immer älter. Die Leistungen für
Rente, Gesundheit und Pflege steigen.


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Quelle:
SoVD-Zeitung des Sozialverband Deutschland (SoVD)
Nr. 6 / Juni 2009, S. 1 und 2
Herausgeber: Bundesvorstand des Sozialverband Deutschland e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. August 2009