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EL-AAIUN/019: Abba Malainin - Ethnische Säuberung in der belagerten Stadt El-Aaiun (UPES)


Saharawi Journalists and Writers Union, UPES - 15. November 2010

Abba Malainin: Ethnische Säuberung in der belagerten Stadt El-Aaiun


"Marokko begeht immer weitere Verbrechen", berichtet der Repräsentant der Frente Polisario in Dänemark, Abba Malainin. "Ausländischen Medien und internationalen Beobachtern, darunter Mitgliedern des Europäischen Parlaments, wurde der Zugang zu den besetzten Territorien verwehrt. Auch ohne diesen liegen zahlreiche Beweise dafür vor, daß der marokkanische Sicherheitsapparat in der belagerten Stadt weiter mit Repression, Gewalt, unfairen Gerichtsverfahren und anderen Verbrechen gegen die Saharauis vorgeht, die am Protestlager teilgenommen haben. Die letzten Opferzahlen betragen einer Reihe von Berichten zufolge mehr als 19 Tote, 4500 Verwundete und 2000 Vermißte.

Abba Malainin sprach mit der dänischen Organisation 'Africa Contact' über die Folgen des brutalen marokkanischen Überfalls auf das friedliche Protestlager Gdeim Izik in der besetzten Westsahara und über die anhaltenden Menschenrechtsverletzungen durch Marokko. Der Sinn des Lagers bestand darin, berichtet Abba Malainin, "ihrer Unzufriedenheit mit ihren Lebensbedingungen mit friedlichen und zivilen Mitteln Ausdruck zu verleihen und dagegen zu protestieren, daß ihnen ihre wirtschaftlichen, sozialen und politischen Rechte verweigert werden, was sie in ihrem eigenen Heimatland zu Bürgern zweiter Klasse macht, während Marokko die Ausbeutung ihrer Naturressourcen betreibt."

Ihr friedlicher Protest wurde mit Gewalt beantwortet, und Abba meint, der jüngste Überfall auf die saharauische Bevölkerung komme in der Tat ethnischer Säuberung nahe. "Die marokkanischen Sicherheitskräfte zerstören die Häuser von Saharauis auf der Suche nach Aktivisten. Sie haben saharauische Häuser, Läden, Fahrzeuge und persönliche Habe vernichtet. Sie haben auch marokkanische Siedler benutzt. Das entspricht in der Tat ethnischer Säuberung."

Gleichzeitig, merkt er an, versuche Marokko, der Frente Polisario die Verantwortung für Rückschläge bei den laufenden Friedensgesprächen zuzuschieben, die ironischerweise am Tag des Überfall begonnen haben. "Es entbehrt nicht der Ironie, daß Marokko dieses Massaker an unschuldigen Menschen in der Westsahara begeht und gleichzeitig nach 'Verhandlungen, Verhandlungen, Verhandlungen' ruft, wie es der marokkanische Außenminister nach der jüngsten Runde der Gespräche zwischen Polisario und Marokko in Manhasset getan hat. Sie versuchen zudem, Polisario unter Druck zu setzen und uns als diejenigen hinzustellen, die den Friedenprozeß behindern. Aber dieses jüngste marokkanische Massaker ist jetzt aller Welt bekannt."

Auch wenn Marokko versucht, seine Verbrechen zu vertuschen, indem es zum einen alle Spuren des Massakers beseitigt, bevor unabhängige Menschenrechtsorganisationen kommen, und zum anderen die Protestierenden als eine 'Bande von Kriminellen' diskreditiert, stehen die Saharauis bei weitem nicht allein da mit ihrer Verurteilung der Aktionen marokkanischer Sicherheitskräfte. Marokko hat auch versucht die Nachrichtenübermittlung aus dem Gebiet zu stören, aber Informationen über die Ereignisse im Lager sind dennoch aus mehreren Quellen durchgekommen, z.B. von der spanischen Aktivistin Isabel Terraza, die vom Protestlager aus für die spanische Zeitung 'El Mundo' berichtet hat und sich zur Zeit des Überfalls dort befand. Wie Abba Malainin spricht sie von einem "Genozid, der vom marokkanischen Regime an saharauischen Zivilisten begangen wird", aber auch von Folter, brutalem Mord und verstümmelten Leichen, die auf der Straße liegen.

"All das zeigt deutlich - zum wiederholten Male -, wie dringend eine Menschenrechtsbeobachtungsmission gebraucht wird. Wir von der Frente Polisario schließen uns dem Aufruf von Amnesty International und des 'Robert F. Kennedy Centre for Justice and Human Rights' und der vielen anderen Organisationen und politischen Parteien aus aller Welt an, die eine unverzügliche internationale Untersuchung dieses Massakers fordern und die verlangen, daß die für diese Verbrechen Verantwortlichen vor Gericht gebracht werden," erklärt Abba Malainin.

In Dänemark hat der frühere dänische Außenminister und jetzige Parlamentsabgeordnete Mogens Lykketoft vom derzeitigen dänischen Außenminister Lene Espersen eine Antwort auf die, wie er sagte, "Tötung von mindestens 16, die Verwundung von 700 und das Verschwinden von über 150 Zivilisten" in Westsahara gefordert. Er hat noch keine Antwort erhalten.

Der brutale Überfall auf das Protestlager Gdeim Izik und die darauf folgenden, anhaltenden Repressionen haben dazu geführt, daß unter jungen Saharauis in den Flüchtlingslagern in Algerien zunehmend der Ruf nach Krieg laut wird. "Junge Saharauis in den Lagern haben demonstriert und die Wiederaufnahme des Kampfes gefordert". berichtet Abba Malainin. "Die Lage ist also sehr brisant. Wir fordern deshalb vom UNO-Sicherheitsrat, der morgen zur Westsaharafrage zusammenkommt, einzuschreiten, bevor Marokko alle Saharauis in den besetzten Territorien eliminiert."

Englischer Originaltext: http://www.upes.org/bodyindex_eng.asp?id=2194&field=sosio_eng


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Quelle:
Meldung vom 15.11.2010
Saharawi Journalists and Writers Union - UPES
Internet: www.upesonline.info und www.upes.org
in einer Übersetzung des Schattenblick aus dem Englischen


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. November 2010