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KONFERENZ/181: "Vom Ich zum Wir und zum Frieden" - Forum in New York wirbt für globale Bürgerschaft (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 11. September 2014

UN: "Vom Ich zum Wir und zum Frieden" - Forum in New York wirbt für globale Bürgerschaft

von Joel Jaeger


Bild: © Evan Schneider/UN

UN-Botschafter Chowdhury moderierte 2013 das Forum zur Friedenskultur in New York
Bild: © Evan Schneider/UN

New York, 11. September (IPS) - Gäbe es ein 'Silicon Valley' für Friedenskultur, so könnte sicherlich die globale Bürgerschaft als nächstes die Wirtschaft aufrütteln. "Globale Bürgerschaft oder das Einssein der Menschheit ist das essentielle Element der Friedenskultur", sagte Botschafter Anwarul Chowdhury, ehemaliger Untergeneralsekretär der Vereinten Nationen, am Rande eines hochrangig besetzten Forums zur Friedenskultur der UN-Vollversammlung in New York.

Während des Treffens am 9. September fanden Podiumsdiskussionen über die Idee einer globalen Bürgerschaft und den Beitrag von Frauen und Jugendlichen zu einer gewaltlosen Weltgemeinschaft statt. Botschafter Chowdhury hatte sich in den späten 1990er Jahren an vorderster Front dafür eingesetzt, dass das Thema Friedenskultur auf die Agenda der Vereinten Nationen kam.

Über das Konzept wurde zwar innerhalb der UN-Kulturorganisation UNESCO beraten. Chowdhury ist jedoch der Ansicht, dass die Debatte auf einer noch höheren Stufe geführt werden sollte. Statt auf friedenserhaltende Operationen müsse sich die UN auf individuelle und kollektive Transformationsprozesse konzentrieren, meint der Diplomat.


UN-Resolution unterstützt Förderung von Friedenskultur

Auf Drängen Chowdhurys verabschiedete die UN-Vollversammlung 1999 die richtungsweisende Resolution 53/243 zu der 'Erklärung und dem Aktionsprogramm für eine Friedenskultur'. Aus dem Papier geht hervor, dass darunter eine Lebensgestaltung zu verstehen ist, die auf gewaltloser territorialer Integrität, der Achtung der Menschenrechte, dem Recht auf Entwicklung, der Meinungsfreiheit und der Förderung der Gleichberechtigung von Mann und Frau basiere.

Unter Artikel 4 der Resolution heißt es, dass "Bildung auf allen Ebenen eines der wesentlichen Hilfsmittel für den Aufbau einer Friedenskultur" sei. Regierungen, Zivilgesellschaft, Medien, Eltern und Lehrer werden aufgefordert, sich dafür zu engagieren. Aufgrund der Resolution von 1999 rief die UN von 2001 bis 2010 die 'Internationale Dekade für Friedenskultur und Gewaltlosigkeit für die Kinder der Welt' aus.

Auch 15 Jahre nach Verabschiedung der Resolution ist das Thema nach wie vor relevant. Jedes Jahr beschließt die Vollversammlung eine Resolution, in der das Engagement der UN-Mitgliedsstaaten für die Friedenskultur bekräftigt wird. Das am 9. September abgehaltene Forum baute auf dem Erfolg von zwei hochrangigen Treffen 2012 und 2013 auf. Vertreter von Mitgliedsstaaten, UN-Organisationen und der Zivilgesellschaft hatten dort Gelegenheit zu einem Ideenaustausch, zur Förderung von Gewaltlosigkeit, Kooperation und Respekt.


Ban Ki-moon mahnt neue Bildungspläne an

UN-Generalsekretär Ban Ki-moon sagte dem Unterfangen zu Beginn des Treffens seine Unterstützung zu. "Wir brauchen neue Formen kultureller Bildung und Diplomatie, zwischen und innerhalb von Gesellschaften", sagte er. "Wir benötigen Bildungspläne, die Solidarität und bürgerschaftliches Handeln vertiefen können. Täglich erkenne ich die Notwendigkeit, eine neue Kultur der Mediation, der Konfliktlösung, des Friedensaufbaus und des Friedenserhalts zu schaffen."

Interaktive Arbeitsgruppen befassten sich mit den wichtigsten Voraussetzungen für eine Friedenskultur. Lakshmi Puri, stellvertretende Exekutivdirektorin von 'UN Women', hob die Rolle von Frauen beim Aufbau und bei der Sicherung einer Friedenskultur hervor. Frauen müssten bei der Konfliktprävention als Handelnde gesehen werden, sagte sie. "Frauen, Mütter, Großmütter und andere weibliche Familienmitglieder sind oftmals die ersten Lehrerinnen von Kindern. Sie sind wichtige Akteure, um jungen Menschen den Wert von Frieden zu vermitteln."

Die Teilnehmer stimmten überein, dass Frauen ihre Führungsstärke und ihre Lösungen bei Debatten über die Schaffung von Frieden einbringen sollten. Auch die Beteiligung der jüngeren Generationen sei besonders wichtig. "Junge Menschen können Friedensmittler sein", sagt Ahmad Alhendawi, Sonderbeauftragter des Generalsekretärs für die Jugend.


'Silicon Valley' für Friedenskultur erwünscht

Kathleen Kuehnast, Direktorin des Zentrums für Gleichstellung und Friedensaufbau am 'US Institute of Peace', erhielt Beifall, als sie eine neue Sicht auf die Friedenskultur anregte und dabei Parallelen zu einem kreativen Unternehmertum zog. "Wir müssen Anreize für Friedensarbeit geben und über Friedenskultur als 'Start-up'-Operation nachdenken. Was wir brauchen, ist ein Silicon Valley für gewaltlose Ansätze im Zusammenhang mit globalen Problemlösungen."

Dot Mayer, Präsidentin der in New York ansässigen 'National Peace Academy', wies auf die Bedeutung neuer Trends und Konzepte als Anzeichen für die Ankunft der globalen Bürgerschaft hin, wie die 'Share Economy', globale Gemeinschaftsgüter und bio-regionale Dialoge zur Stärkung der Friedenskultur. "Wir müssen aus der Ich- in die Wir-Perspektive wechseln", forderte sie. Globale Bürgerschaft sei ein "Weg vom Ich zum Wir und zum Frieden".


Mehr Engagement seitens der UN gefordert

Chowdhury sprach sich dafür aus, dass die Vereinten Nationen, die das Konzept einer globalen Bürgerschaft und Friedenskultur bereits unterstützen, die Botschaft stärker kommunizieren sollten. Die UN habe sich bisher auf den Friedensaufbau fokussiert und den größten Teil ihres Geldes in diesen Bereich investiert, sagte er. Nun sollte sich die Weltorganisation mehr auf die "Transformation von Einzelpersonen zu Agenten des Friedens und der Gewaltlosigkeit" konzentrieren.

Geld in Bildungsstrukturen zu stecken, reicht nach Ansicht des Diplomaten noch nicht aus. Es gebe keine Garantie dafür, dass diese Finanzmittel den richtigen Bildungsformen zugutekämen. Die UN müsse daher stärker mit der Gesellschaft zusammenarbeiten, um junge Menschen zu Weltbürgern zu machen. (Ende/IPS/ck/2014)


Link:

http://www.ipsnews.net/2014/09/global-citizenship-from-me-to-we-to-peace/

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IPS-Tagesdienst vom 11. September 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. September 2014