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MELDUNG/061: Abrüstung - UN-Waffenhandelsabkommen könnte Repressionswerkzeuge aussparen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 20. Juli 2011

Abrüstung: UN-Waffenhandelsabkommen könnte Repressionswerkzeuge aussparen

Von Thalif Deen


New York, 20. Juli (IPS) - Bei den Verhandlungen über ein internationales Abkommen zur Kontrolle und Regulierung des internationalen Waffenhandels vom 11. bis 15. Juli in New York wurde nach Ansicht von Menschenrechtsorganisationen eine Kategorie von Waffen nur unzureichend thematisiert: die Repressionswerkzeuge, die gegen friedliche Demonstranten in den Straßen von Ägypten, Libyen, Bahrain, Syrien, des Jemen und Jordanien eingesetzt wurden und werden.

Erwartet wird, dass das UN-Waffenhandelsabkommen (ATT) im nächsten Jahr steht und unterzeichnet werden kann. Der Menschenrechtsorganisation Amnesty International zufolge ist jedoch zu befürchten, dass Waffen und Systeme zur Niederschlagung von Protesten wie Panzer, Gummigeschosse, Tränengaskanister, Wasserkanonen und Elektroschockgewehre nicht im neuen ATT erwähnt oder nur vage abgehandelt werden. Sollte dies der Fall sein, stehe zu befürchten, dass sich Regierungen diese Waffen auch weiterhin beschaffen und für Menschenrechtsverletzungen missbrauchen würden, warnt Amnesty.

Nach Ansicht von Jeff Abramson vom 'Control Arms Secretariat', einer globalen Koalition zivilgesellschaftlicher Organisationen, kann es bei der Übertragung des letzten ATT-Entwurfs in einen Vertragstext zu inhaltlichen Veränderungen sowohl im Positiven als auch im Negativen kommen. Die Mitglieder der Koalition sind jedenfalls fest entschlossen, eine Verbesserung der Vorlage zu erreichen. Überarbeitet werden müssten die Passagen über das Equipment zur Kontrolle von Menschenmengen, sagte Abramson. Schließlich gehe es um Waffen, mit denen oftmals Übergriffe begangen würden, die das künftige Waffenhandelsabkommen verhindern soll.


Lücken und Schlupflöcher

Derzeit gibt es keine umfassenden oder verbindlichen internationalen Bestimmungen oder Übereinkünfte, die den internationalen Handel mit konventionellen Waffen regeln. Laxe nationale Kontrollen sorgen dafür, dass Rüstungsgüter in die Hände derer gelangen, die aufs Schwerste die Menschenrechte verletzen.

Am 15. Juli erklärte Amnesty in einer Stellungnahme, dass eine Vielzahl von Waffen, die in Nahost und Nordafrika zur Niederschlagung friedlicher Demonstrationen eingesetzt wurden, dringend in das ATT aufgenommen werden müssten.

Die internationale Gemeinschaft ist sich weitgehend einig darin, dass konventionelle Waffen, Munition und Rüstungsgüter oftmals zur Unterdrückung von Demonstrationen und in bewaffneten Konflikten zum Einsatz kommen. In jüngster Zeit wurden sie auch zur Durchsetzung von Waffenembargos verwendet.


Unterdrückungswerkzeug aus aller Welt

Amnesty zufolge kamen bei der Niederschlagung der friedlichen Proteste in Bahrain Tränengaskanister und Gummigeschosse aus den USA sowie Tränengas- und Gummigeschossgranaten aus Frankreich zum Einsatz. In Ägypten feuerten die Sicherheitskräfte Schrotkugeln ab, die etlichen Menschen das Leben kosteten. In Libyen fuhren sie mit Fahrzeugen aus britischer Herstellung in Menschenmengen. Als größte Waffenlieferanten Bahrains, Ägyptens und Libyens nannte die Menschenrechtsorganisation Belgien, die Tschechische Republik, Frankreich, Deutschland, Italien, die Slowakei, Großbritannien und die USA.

"Die jüngsten Ereignisse in Bahrain, Libyen und Ägypten führten eindrucksvoll vor Augen, dass ein Großteil des konventionellen Militär- und Sicherheitsequipments für illegale Einsätze mit Todesfolgen missbraucht werden kann", heißt es in der Amnesty-Mitteilung. (Ende/IPS/kb/2011)


Links:
http://www.un.org/disarmament/convarms/ATTPrepCom/
http://www.controlarms.org/
http://www.amnesty.org.au/news/comments/26217/
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=56532

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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Juli 2011