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ORGANISATION/595: Zur Situation der Kinder sechs Jahre nach Beginn des Syrienkonflikts (UNICEF)


UNICEF - Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen - Köln, 09.03.2017

UNICEF zur Situation der Kinder sechs Jahre nach Beginn des Syrienkonflikts

"Was, wenn es unsere Kinder wären?"


Sechs Jahre nach Beginn des Syrienkonflikts leiden die Kinder am härtesten unter der anhaltenden Gewalt sowie der Zerstörung der Infrastruktur und des zivilen Alltagslebens. Fast sechs Millionen Kinder sind heute nach Schätzungen von UNICEF in Syrien auf Hilfe angewiesen. Hinzu kommen über 2,3 Millionen Mädchen und Jungen, die mit ihren Familien in eines der syrischen Nachbarländer geflohen sind und dort seit Jahren unter schwierigsten Bedingungen leben.

"Der Krieg in Syrien ist mit dem Ende der schweren Kämpfe um Aleppo nicht vorbei. Und wenn er irgendwann hoffentlich beendet ist, wird das Leid der Kinder ihn überdauern", sagte Christian Schneider, Geschäftsführer von UNICEF Deutschland. "An jedem einzelnen Tag werden syrische Kinder getötet oder verletzt, in ihren Schulen angegriffen, aus ihrer Heimat vertrieben, schwer traumatisiert und ihrer Grundrechte beraubt. Wir alle müssen uns die Frage stellen: Was, wenn es unsere Kinder wären?"

Schneider ist gerade aus Jordanien zurückgekehrt, wo er aus Syrien geflüchtete Familien traf. Dort sowie im Libanon und in der Türkei sorgt UNICEF mit Unterstützung der Bundesregierung dafür, dass Hunderttausende geflüchtete syrische Kinder endlich lernen können, psychosoziale Hilfe erhalten und in geschützten Orten durch Spiel, Sport und gemeinsame Freizeit ein Stück ihrer Kindheit nachholen können.

"Ein heute sechsjähriges syrisches Kind hat in seinem Leben noch nichts anderes kennengelernt als Krieg. Deswegen tun wir alles dafür, diesen Mädchen und Jungen und ihren Familien eine Kindheit, ein Leben und eine Perspektive zu ermöglichen - ein Dach über dem Kopf, Schulunterricht, Hilfe für körperliche und seelische Wunden. Denn wenn wir diese Kinder im Stich lassen, dann lassen wir eine ganze Generation im Stich", warnte Bundesentwicklungsminister Dr. Gerd Müller.

Mit Unterstützung des Bundesentwicklungsministeriums (BMZ) konnte UNICEF allein in Aleppo seit Dezember 10.000 Kinder psychosozial begleiten und 6.000 Kinder über die Gefahren von Minen und Blindgängern aufklären. Das BMZ fördert über UNICEF in Syrien außerdem die Instandsetzung von Schulen, Wasser- und Sanitärinfrastruktur, die berufliche Bildung von Jugendlichen und beteiligt sich an der finanziellen und psychosozialen Unterstützung für Familien mit behinderten Kindern. Die Bundesregierung hat die UNICEF-Hilfe für Kinder und Jugendliche in der Syrienkrise 2016 mit insgesamt 167 Millionen Euro unterstützt. Zusätzlich hat UNICEF Deutschland vergangenes Jahr über 20 Millionen Euro private Spenden für die Nothilfe für Kinder im Krieg und auf der Flucht erhalten. Insgesamt gehört Deutschland damit zu den wichtigsten Stützen der Hilfe.

Kinder in Syrien

Aufgrund weiter heftiger Kämpfe und praktisch geschlossener Grenzen ist die Zahl der Menschen, die innerhalb Syriens auf der Flucht sind, in den vergangenen Wochen weiter gestiegen. Rund drei Millionen Kinder in Syrien sind Binnenflüchtlinge, schätzt UNICEF. Besonders schwierig ist die Lage von fast zwei Millionen Kindern in sogenannten schwer erreichbaren Gebieten, zu denen kaum oder nur unregelmäßig Hilfe gelangt. Dazu gehören schätzungsweise bis zu 300.000 Kinder in belagerten Ortschaften, in denen Lebensmittel, Wasser und Medikamente knapp sind.

In Gebieten, in denen die Kämpfe nachgelassen haben, sind Minen und Blindgänger eine tödliche Gefahr für Kinder - so zum Beispiel in Aleppo. 70 Prozent der syrischen Bevölkerung hat derzeit keinen verlässlichen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Der Zugang zu Wasser wird in Syrien immer wieder als Waffe eingesetzt. In mindestens 30 Fällen wurde 2016 laut UNICEF die Trinkwasserversorgung durch Konfliktparteien absichtlich unterbrochen. Nur die Hälfte der Krankenhäuser ist noch voll funktionsfähig. Über 7.000 Schulen können nicht mehr genutzt werden. 1,7 Millionen Kinder im Schulalter gehen in Syrien nicht zur Schule.

Geflüchtete Kinder in den syrischen Nachbarländern

Rund fünf Millionen Menschen sind aus Syrien in die Nachbarländer Türkei, Irak, Jordanien und Libanon geflohen - die Hälfte von ihnen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Dank großer Anstrengungen der Gastgeberländer und internationaler Hilfe ist es UNICEF und Partnern gelungen, dort die Zahl der Flüchtlingskinder ohne Zugang zu Bildung deutlich zu senken. Dennoch gehen weiterhin rund eine halbe Million syrische Kinder in den Nachbarländern nicht zur Schule, viele haben kaum noch eine Chance, die versäumten Schuljahre noch aufzuholen. Viele Familien sind aufgrund ihrer zunehmenden finanziellen Not darauf angewiesen, dass ihre Kinder arbeiten. Mädchen werden immer häufiger jung verheiratet in der Hoffnung, dass sie so besser versorgt und geschützt sind.

Forderungen von UNICEF für Syriens Kinder

Der Konflikt muss aufhören! Hierzu muss der diplomatische und politische Druck auf alle Konfliktparteien aufrechterhalten und erhöht werden. Angriffe auf Schulen und Krankenhäuser oder Belagerungen sind schwere Menschenrechtsverletzungen und müssen sofort aufhören! Die humanitären Helfer brauchen endlich uneingeschränkten und sicheren Zugang zu allen Menschen in Not.

Die Hilfe muss weitergehen und ausgeweitet werden! Trotz der großen Herausforderungen gelingt es UNICEF und seinen Partnern, in Syrien und den Nachbarländern Hilfe für Millionen von Kindern und ihren Familien zu leisten.

UNICEF in Syrien und der Region

UNICEF hat ein breites Netzwerk von eigenen Mitarbeitern und Partnerorganisationen in der Region, die Hilfe für syrische Kinder und Familien organisieren. Allein in Syrien sind rund 200 UNICEF-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Einsatz. UNICEF unterstützt unter anderem die Wasserversorgung in Syrien, in Flüchtlingslagern und Gastgemeinden in Jordanien und Libanon, stellt Impfstoffe und Hygieneartikel bereit und richtet Notschulen und Kinder- und Jugendzentren ein. 2016 hat UNICEF beispielsweise 21 Millionen Kinder unter fünf Jahren in Syrien, Ägypten, Irak, Jordanien und Libanon gegen Polio geimpft. Über eine Million Menschen hat psychosoziale Hilfe erhalten. Fast 700.000 Kinder in den Nachbarländern Türkei, Jordanien, Libanon, Irak und Ägypten wurden beim Zugang zu formaler Bildung unterstützt. Mehr als drei Millionen Kinder in Syrien haben Bücher und anderes Schulmaterial erhalten.

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Quelle:
UNICEF - Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen
Pressemitteilung vom 9. März 2017
Herausgeber: Deutsches Komitee für UNICEF, Pressestelle
Höninger Weg 104, 50969 Köln
Telefon: 0221/936 50-0, Fax: 0221/93 65 02 79
E-Mail: mail@unicef.de
Internet: www.unicef.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 11. März 2017

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