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AGRAR/1525: Afghanistan - Safran statt Mohn, Kaschmir zeigt Alternative zur Drogenproduktion (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 2. Januar 2012

Afghanistan: Safran statt Mohn - Kaschmir zeigt Alternative zur Drogenproduktion

von Athar Parvaiz

Safran-Händler in Srinagar - Bild: Athar Parvaiz/IPS

Safran-Händler in Srinagar
Bild: Athar Parvaiz/IPS

Srinagar, Kaschmir, 2. Januar (IPS) - Afghanische Mohnbauern davon abzubringen, mit ihren Ernten den weltweiten Drogenhandel voranzutreiben, ist angesichts steigender Opiumpreise eine schwierige Aufgabe. Safran-Produzenten im indischen Bundesstaat Jammu und Kaschmir haben aber eine Lösung für das Problem gefunden.

Die Stempel der Safran-Blüten werden zu einem kostbaren Gewürz verarbeitet. Seit langem gilt der Anbau der Krokusart als lukrative Alternative zum Anbau von Schlafmohn. Das Know-how der Bauern im indischen Teil Kaschmirs könnte diesem Wirtschaftszweig nun auch in Afghanistan den nötigen Auftrieb geben.

Nachdem die Agrarminister beider Länder im Februar ein Abkommen geschlossen hatten, kam im November eine afghanische Delegation nach Kaschmir, um sich Safranpflanzungen in Pampore nahe der Stadt Srinagar anzusehen. Er sei zuversichtlich, dass auch sein Land neue Wege einschlagen könne, sagte der Leiter der afghanischen Delegation, Nasim Atai.

"Sobald unsere Farmer wie in Kaschmir Safran anbauen, werden sie daraus sicherlich genug Profit ziehen, um die Mohnproduktion aufgeben zu können", meinte er. Die afghanischen Bauern könnten ebenso gute Gewinne wie ihre indischen Kollegen machen, wenn sie sich deren Methoden und Techniken aneigneten.

Nach Angaben von Atai werden in Afghanistan bereits seit dem Jahr 2000 Safran-Krokusse in der Provinz Herat nahe der Grenze zum Iran angepflanzt. "Das Ausmaß und die Qualität der Ernten sind aber gering, weil die Bauern weder genug Erfahrung noch Zugang zu guten Technologien haben."


Indischer Safran von höchster Qualität

Safran, der Reis und anderen Nahrungsmitteln Farbe und Aroma verleiht, wird bisher hauptsächlich im Iran und in Spanien angebaut. Als größter Produzent steuert der Iran 85 Prozent der weltweit gehandelten Menge bei. Die Qualität des Safrans aus Kaschmir gilt aber als unübertroffen.

S. A. Nahvi, der im Auftrag der indischen Regierung die Safran-Produktion in Jammu und Kaschmir überwacht, führt den Qualitätsanstieg auf die Einführung verbesserter Anbaumethoden zurück. "Wir haben bislang 355 Hektar der insgesamt 4.000 Hektar Anbaufläche auf den neuesten Stand gebracht. Die Ernteverluste, die wir in den vergangenen Jahren verzeichneten, sind inzwischen ausgeglichen."

Die afghanische Delegation traf auch Familien, die zu Hause die Krokusstempel weiterverarbeiten. Das Safrangewürz ist so teuer, weil vor und nach der Ernte aufwendige Arbeitsschritte notwendig sind. Die Blüten müssen frühmorgens gepflückt werden, wenn sie sich gerade geöffnet haben.

Je nach Safransorte müssen mindestens 400.000 Stempel für ein Kilogramm Gewürz zermahlen werden. Die Arbeit, die große Geschicklichkeit erfordert, wird vorwiegend durch Frauen von Hand erledigt. Ein Kilo Safran aus Kaschmir wird derzeit international mit 3.600 US-Dollar gehandelt. In den letzten Jahren stiegen die Preise zeitweise auch bis auf 6.000 Dollar pro Kilo an.

Nahvi sieht gute Chancen für die Ausweitung der Safranproduktion in Afghanistan, da Klima und Böden ähnlich sind wie in Kaschmir. Wie der kaschmirische Agrarminister Ghulam Hassan Mir ankündigte, werden weitere afghanische Delegationen kommen, um sich über Anbaumethoden zu informieren. "Wir sind sehr daran interessiert, der afghanischen Regierung im Kampf gegen den Mohnanbau zu helfen."

Die Entwicklungszusammenarbeit zwischen Indien und Afghanistan wurde im Oktober während eines Besuchs des afghanischen Präsidenten Hamid Karsai in Neu-Delhi durch ein 'strategisches Partnerschaftsabkommen' besiegelt.


Mohnanbau in 17 Provinzen

Das UN-Büro für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) warnte allerdings in einer kürzlich veröffentlichten Untersuchung vor einer Zunahme des Mohnanbaus in Afghanistan aufgrund steigender internationaler Opiumpreise.

Opium wird aus dem Milchsaft des Schlafmohns hergestellt. Dieser enthält auch das Alkaloid Morphin, aus dem synthetisch Heroin produziert wird. Die wirtschaftliche Not treibt viele Afghanen dazu, sich mit dem Anbau von Mohn an der illegalen Rauschgiftproduktion zu beteiligen.

Die UN- und NATO-Truppen haben sich bisher vergeblich bemüht, die Produktion durch die Zerstörung der Felder zu verhindern, um somit den radikalislamischen Taliban eine wichtige Einnahmequelle zu entziehen. Nach Angaben der UN-Ernährungsorganisation FAO hat sich der Anbau von Schlafmohn in Afghanistan seit 2010 von 14 auf 17 Provinzen ausgeweitet.

"Der Anbau von Schlafmohn hat unsere Landwirtschaft und unseren Ruf ruiniert", meinte Asadullah Auraksai, ein Mitglied der afghanischen Delegation in Jammu und Kaschmir. "Unser Land wird nur mit Mohn und Krieg in Verbindung gebracht. Das wollen wir ändern." (Ende/IPS/ck/2012)


Links:
http://www.unodc.org/
http://www.fao.org/
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=106336

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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Januar 2012