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AGRAR/1667: Saisonkräfte - Faire Löhne contra regionale Versorgung? (aid)


aid-Newsletter Nr. 28 vom 9. Juli 2014

Saisonkräfte in der Landwirtschaft

Faire Löhne contra regionale Versorgung?



(aid) - Gurken aus Indien statt vom Niederrhein und deutlich höhere Preise für viele Produkte des Gemüse-, Obst- und Weinbaus: ein Szenario, das derzeit Schlagzeilen macht. Denn auch für Saisonkräfte in der Landwirtschaft wird es ab dem 1. Januar 2015 den Mindestlohn von 8,50 Euro geben.

Nicht nur der Deutsche Bauernverband, sondern auch die verarbeitende Industrie befürchten, dass sich die Produktion ins Ausland verlagert. Ein Beispiel dafür sei die Gurkenproduktion. Sie sei nur deshalb in Deutschland erfolgreich geworden, weil der Mindestlohn in den Niederlanden die dortige Produktion verlagert habe.

Das inzwischen vom Bundestag verabschiedete Gesetz sieht vor, dass die besondere Situation der Landwirtschaft bei der Umsetzung des Mindestlohns dadurch erleichtert werden soll, indem zwei Regelungen ergänzt werden. Zum einen soll es möglich sein, bis Ende 2018 die kurzfristige sozialabgabenfreie Beschäftigung von 50 auf 70 Arbeitstage bzw. auf höchstens drei Monate auszudehnen. Außerdem wird die Abrechnung der Kosten für Kost und Logis vereinfacht, um die Betriebe zu entlasten. Der Deutsche Bauernverband lehnte dies ab. Die von der Politik als Ausnahmen für Saisonarbeitskräfte bezeichneten Sonderregelungen seien eine Mogelpackung und lösten nicht das grundsätzliche Problem der Benachteiligung der landwirtschaftlichen Sonderkulturbetriebe in Deutschland gegenüber anderen europäischen Anbauregionen.

Natürlich ist die Frage nach der Beschäftigungssituation für Erntehelfer auf der einen und der Stammbelegschaft in der verarbeitenden Industrie auf der anderen Seite bedeutsam. Aber auch die Auswirkungen auf die bei den Konsumenten inzwischen stark nachgefragten regionalen Produkte könnten enorm sein. Sollte die Mindestlohnregelung dazu führen, dass Gemüse demnächst in noch größeren Mengen aus Niedriglohnländern wie Indien, der Türkei oder China bezogen wird, wäre der Weg zu einer umfassenderen regionalen Versorgung mit Lebensmitteln wieder schwieriger geworden.

Britta Klein, www.aid.de


Weitere Informationen:
www.bmel.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/2014/164-SC-Mindestlohn.html
www.bauernverband.de/mindestlohngesetz-exportiert-arbeitsplaetze-in-der-landwirtschaft

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Quelle:
aid-Newsletter 28 vom 9.7.2014
Herausgeber: aid infodienst
Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz e. V.
Heilsbachstraße 16
53123 Bonn
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Internet: www.aid.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Juli 2014