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AGRAR/1690: Bauernverband positioniert sich zu Zielen der Bodenmarktpolitik (DBV)


Deutscher Bauernverband - Pressemitteilung vom 17. Oktober 2014

DBV positioniert sich zu Zielen der Bodenmarktpolitik

"Bund und Länder müssen Vorrang für aktive Landwirte deutlicher formulieren"



Der Deutsche Bauernverband (DBV) hat auf seiner Klausurtagung der Präsidenten im rheinland-pfälzischen Boppard eine Positionsbestimmung zu den Entwicklungen am landwirtschaftlichen Bodenmarkt vorgenommen. Vorausgegangen war eine eingehende Analyse und Diskussion mit den Landesverbänden in den zurückliegenden Monaten. Bekanntlich sind die Kauf- und Pachtpreise landwirtschaftlicher Flächen in vielen Regionen gestiegen; viele Landwirte hätten die Sorge, wichtige Flächen für die betriebliche Entwicklung zu verlieren. Neben dem innerlandwirtschaftlichen Wettbewerb bemühten sich externe Investoren um land- und forstwirtschaftliche Flächen. Der DBV fordert einen "bodenpolitischen Vorrang für aktive Landwirte". Bund und Länder müssten deutlicher als bisher ihre "bodenmarktpolitischen Zielsetzungen formulieren", damit die zuständigen Behörden und Gerichte klarere Maßstäbe für Versagungsgründe erhalten, wenn die Veräußerung dem Ziel der Verbesserung der Agrarstruktur widerspricht. Verantwortlich für gesetzgeberische Anpassungen sind die Bundesländer, die dabei die regionale agrarstrukturelle Situation zu beachten haben.


Die Positionbestimmung des DBV zur Bodenmarktpolitik

Boppard, 14. Oktober 2014

Position zum Bodenmarkt

1. Einleitung und Situation

In den vergangenen Jahren sind die Kauf- und Pachtpreise landwirtschaftlicher Flächen in sehr vielen Regionen deutlich gestiegen. Neben dem innerlandwirtschaftlichen Wettbewerb um knappe Flächen haben externe Investoren die Landwirtschaft entdeckt. Viele Landwirte haben die Sorge, in einem aufgeheizten Bodenmarkt nicht mehr mithalten zu können und wichtige Flächen für die betriebliche Entwicklung zu verlieren.

Eine wachsende Zahl vermögender Privatleute hat seit der Finanzkrise Interesse am Boden-kauf zur Vermögensanlage und Verpachtung. Diesen Trend gibt es in ganz Deutschland. Insbesondere in den östlichen Bundesländern werden auch Beteiligungen oder Übernahmen ganzer landwirtschaftlicher Betriebe angestrebt. Erste börsennotierte Aktiengesellschaften sind aktiv, die teils auch landwirtschaftliche Flächen in großem Umfang erwerben. Außerdem haben sich Beteiligungsmodelle, die an die Fördermöglichkeiten des EEG anknüpfen, verbreitet. Die Grenzen zwischen "außerlandwirtschaftlichen" und "innerlandwirtschaftlichen" Investoren sind häufig schwierig zu ziehen.

Zusätzlich sorgen in vielen Regionen Aktivitäten der Gemeinden zur Bodenbevorratung für Knappheit am Bodenmarkt. Außerdem sind private Stiftungen, private Fonds bzw. spezielle Banken (GLS) am Bodenmarkt aktiv, um landwirtschaftliche Flächen exklusiv für Natur-schutzzwecke oder speziell für den ökologischen Landbau zu reservieren. Hinzu kommt der Flächenverlust durch Siedlung, Verkehr und einen fachlich unnötigen bzw. falsch gesteuerten Naturschutzausgleich.

Allgemein erhöhte Gewinnerwartungen in der Landwirtschaft haben zu höheren Boden-preisen beigetragen. Die Flächennachfrage wird von den einzelbetrieblichen und regionalen Agrarstrukturen mitbestimmt, beispielsweise der Viehhaltung, der Biogaserzeugung, den Sonderkulturen und anderen Faktoren.

Die Preise für Bodenerwerb und Neupachten sind aktuell in vielen Regionen auf ein Niveau gestiegen, welches von einer großen Zahl der Betriebe nicht mehr erwirtschaftet werden kann.

In den neuen Ländern wird das Verfahren der Bodenprivatisierung durch die BVVG als zusätzlich preistreibend eingeschätzt.


2. Ziele der Bodenmarktpolitik

Die landwirtschaftliche Fläche ist die zentrale Existenzgrundlage für die Bauern. Boden ist anders als andere Produktionsfaktoren nicht vermehrbar. Damit ist der Bodenmarkt (Eigentum und Pacht) von zentraler Bedeutung für die Entwicklung der Landwirtschaft.

Der Deutsche Bauernverband steht für nachhaltig und generationenübergreifend ausge-richtete Familienunternehmen jeglicher Rechtsform. In der Bodenmarktpolitik sollten folgende Ziele verfolgt werden:

  • Es sollte ein bodenpolitischer Vorrang für aktiv wirtschaftende Landwirte bestehen. Dies gilt grundsätzlich für alle Rechtsformen, in denen Eigentümer/haftende Gesellschafter als Landwirte tätig sind.
  • Wettbewerbsschädliche Eigentums-Konzentrationen auf den regionalen Bodenmärkten sind zu vermeiden. Angestrebt wird eine möglichst starke Stellung des bäuerlichen Eigentums und ein Erhalt der Eigentumsstreuung bei Grund und Boden.
  • Erhalt landwirtschaftlicher Nutzflächen: Flächenverbrauch und Zweckentfremdungen sind soweit wie möglich zu unterbinden. Soweit möglich, sollte eine Entsiegelung bzw. Rekultivierung in landwirtschaftliche Flächen erfolgen.

3. Prinzipien

Bei der Umsetzung der Ziele der Bodenmarktpolitik sollten sich Bund und Länder an folgenden Prinzipien orientieren:

  • Der Staat ist grundgesetzlich dem Schutz des Eigentums verpflichtet. Staatliche Eingriffe in den Bodenmarkt sollten nur insoweit erfolgen, als dass Gefahren für eine bäuerlich-unternehmerisch getragene Agrarstruktur abzuwenden sind. Eine unmittelbare staatliche Lenkung bzw. Mengen- oder Preisregulierung des Bodenmarktes wird abgelehnt.
  • Staatliche Regelungen beim Grundstücksverkehr, insbesondere über das Grundstückverkehrsgesetz, sollten sich an folgenden Maßstäben orientieren:
  • Ertragsorientierte und nachhaltige land- und forstwirtschaftliche Nutzung der Flächen, das heißt grundsätzlich Versagungsmöglichkeit bei spekulativ überhöhten Kauf- und Pachtpreisen.
  • Ortsgebundenheit bzw. regionale Verankerung der Eigentümer;
  • Qualifikation / Leistungsfähigkeit des Bewirtschafters der Flächen.

Eine Stärkung des Vorkaufsrechtes der Landgesellschaften nach dem Reichssiedlungsgestz wird unter der Voraussetzung unterstützt, dass die Flächen vollständig in die Hand aktiv wirtschaftender Landwirte gehen. Dabei müssen klare Regeln für die Flächenvergabe innerhalb festzulegender Zeiträume bestehen. Es darf keine Diskriminierung landwirtschaftlicher Betriebe nach Rechtsformen und Wirtschaftsweisen bei der Flächenvergabe geben. Außerlandwirtschaftliche Erwerber dürfen nicht Landwirten gleichgestellt werden. Speziell mit Blick auf die Agrarstrukturen der neuen Länder sollte eine Abfindung weichender Alt-Gesellschafter vorrangig in Boden statt in Geld als zulässig eingestuft werden.

Der Bund und die Länder sind gefordert, ihre bodenmarktpolitischen Zielsetzungen deutlicher als bisher zu formulieren, damit die zuständigen Behörden und Gerichte künftig wieder klarere Maßstäbe für die Anwendung des Versagungsgrundes, dass die Veräußerung dem Ziel Verbesserung der Agrarstruktur widerspricht, haben. Der Zwischenbericht für die Agrarministerkonferenz in Potsdam (4./5. September) bietet hierfür eine geeignete Grundlage.

Die Länder bzw. die kommunalen Verwaltungen sind gefordert, die großen Vollzugsdefizite beim bestehenden Instrumentarium des Grundstücksverkehrsgesetzes zu beseitigen.

Unternehmenszusammenschlüsse in der Landwirtschaft sollten wettbewerbsrechtlich daraufhin überprüft werden, ob hierdurch eine übermäßige Konzentration am regionalen Bodenmarkt entsteht.


4. Flankierung der Bodenmarktpolitik

Der Deutsche Bauernverband fordert die folgenden flankierenden Schritte im Steuer- und Förderrecht für eine Stärkung der Landwirtschaft im Bodenmarkt:

  • Keine doppelte Grunderwerbsteuer bei Ausübung des Vorkaufsrechtes nach dem Reichssiedlungsgesetz. Generell fordert der DBV eine Wiedereinführung der Steuerbefreiung bzw. Steuerermäßigung bei der Grunderwerbsteuer für landwirtschaftliche Flächen.
  • Eine staatliche Förderung des Bodenerwerbs wird strikt abgelehnt, z.B. bei Hochwasserschutzmaßnahmen und Naturschutzmaßnahmen über die Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz,.
  • Förderung der Betriebsübernahme / des Anteilserwerbs von landwirtschaftlichen Unternehmen und/oder von Flächen: Begleitende unterstützende Maßnahmen könnten Bürgschaften und Eigenkapitalhilfe-Darlehen für eine langfristige Finanzierung durch jüngere, qualifizierte Landwirte sein.
  • Das Verfahren bei der Flächenprivatisierung durch die BVVG muss geändert werden.
  • Die Möglichkeit zur Reinvestition nach dem Einkommensteuerrecht (Rücklage nach §6b EStG) muss flexibilisiert werden.

Weitere notwendige politische Maßnahmen im Sinne des Flächenschutzes bzw. der Minderung des Flächendrucks sind:

  • Der im Baugesetzbuch vorgesehene Vorrang der Innenentwicklung vor Bauen auf der "Grünen Wiese" ist konsequent umzusetzen.
  • Bei rechtlichen Regelungen (z.B. Novelle der Düngeverordnung, Baurecht, Steuern, Agrarförderung) ist darauf zu achten, dass hiervon zusätzliche preistreibende Wirkungen auf Pacht- und Kaufpreise vermieden werden.
  • Beim landwirtschaftlichen Bauen im Außenbereich ist einer abstrakten Berechnung der überwiegend eigenen Futterfläche im Baugesetzbuch (§201) unbedingt festzuhalten, um lokal überschießende Pacht- und Kaufpreise zu vermeiden.
  • Der Ausgleich nach dem Naturschutzgesetz ist flächenschonend umzusetzen, die geplante Bundeskompensationsverordnung ist darauf auszurichten. Darüber hinaus ist eine Änderung des Naturschutzgesetzes notwendig, um eine Flächenschonung wirkungsvoll umzusetzen. Flächenentsiegelungen und produktionsintegrierter Kompensation ist Vorrang einzuräumen.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 17. Oktober 2014
Deutscher Bauernverband, Pressestelle
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Oktober 2014