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AGRAR/1865: Viel Hoffnung und wenig Substanz beim US-Agro-Deal mit China (UZ)


UZ - Unsere Zeit, Nr. 43 vom 25. Oktober 2019
Sozialistische Wochenzeitung - Zeitung der DKP

China kauft US-Soja - oder nicht?
Viel Hoffnung und wenig Substanz beim US-Agro-Deal mit China

von Klaus Wagener


Die Tonlage hatte wie immer einen leichten Touch von Fischmarkt-Geschrei: "Wir haben einen phantastischen Deal!", prahlte der US-Präsident. Es sei der größte Abschluss, den er je getätigt hätte. China habe zugesagt, nun wieder US-Agrarprodukte für 40 bis 50 Milliarden US-Dollar zu importieren. Die Trump-Regierung hatte zugesagt, eine geplante Verschärfung für Zölle auf Waren im Volumen von 250 Milliarden Dollar nicht in Kraft zu setzen. Die Volksrepublik hatte zuvor ihren Markt für landwirtschaftliche Produkte aus den USA geschlossen. Etwas nüchterner betrachtet, sieht alles allerdings nicht ganz so phantastisch aus.

US-Farmer kämpfen mit enormen Problemen. Ihre Einkommen haben sich von 125 Milliarden 2013 auf 60 Milliarden Dollar in 2018 halbiert. Die US-Farmer sind von sich deutlich verringernden Agro-Importen nach China betroffen. 2014 konnten sie noch Waren für 24,2 Mrd. Dollar in China absetzen, 2018 erzielten sie dort nur noch 13,4 Milliarden Dollar. Und 2019 hatte die chinesische Führung ihren Markt aufgrund des Handelskriegs völlig für US-Agro-Produkte geschlossen. Seither quellen in den USA die Lager für Soja, Mais und andere landwirtschaftliche Produkte über. Der US-Präsident hatte den Farmern Hilfen in Höhe von 28 Milliarden Dollar zugesagt. Am Tropf der Regierung zu hängen, löste bei den hochgradig vom Export abhängigen Farmern nicht gerade Begeisterung aus. Davon kommen ihre Märkte nicht zurück.

Was die Trump-Regierung bewogen hat, trotz ihres Wirtschaftskrieges nun zu diesem "phantastischen Deal" zu kommen, ist daher klar. Weniger klar ist, was nun tatsächlich passiert. Bislang handelt es sich nur um pauschale Absichtserklärungen. Die Details müssen erst noch ausgehandelt werden. Das hat sich in der Vergangenheit als alles andere als einfach dargestellt. Ob Donald Trump und Xi Jinping tatsächlich, wie geplant, auf dem G20-Gipfel am 22. bis 23. November 2019 in Nagoya, Japan, einen Deal unterschreiben können, muss sich erst noch herausstellen.

China jedenfalls scheint es mit der Wiederaufnahme der Soja-Importe, sie machen wertmäßig über die Hälfte der chinesischen Agrarimporte aus, nicht sonderlich eilig zu haben. Die chinesischen Importeure waren nach dem "phantastischen" Trump-Deal erst einmal bemüht, die Soja-Einfuhren aus Brasilien, Argentinien und Indien zu steigern. Das Soja-Importvolumen aus Indien ist um 200 Prozent, das aus Argentinien sogar um 2 310 Prozent gestiegen. Diversifizieren scheint für die Volksrepublik spätestens seit dem offenen US-Wirtschaftskrieg das Gebot der Stunde. Trumps MAGA-Imperium (Make America Great Again) ist kein zuverlässiger und schon gar kein generöser Handelspartner mehr. Auch seine engen Vasallen in der EU durften sich jüngst über saftige US-Zölle auf ihre Agrarprodukte wie französischen Wein, italienischen Käse oder schottischen Whisky "freuen". Allerdings hatte die Welthandelsorganisation zuvor auf eine nichtzulässige EU-Unterstützung für Airbus in Höhe von 7,5 Mrd. Dollar erkannt. Die EU ist noch deutlich protektionistischer gegenüber den USA als umgekehrt.

Obwohl die Getreideproduktion in China in den letzten vier Jahren von 607 Millionen Tonnen auf 658 Millionen Tonnen gesteigert werden konnte und die Eigenproduktion den chinesischen Bedarf zu 95 Prozent abdeckt, sind aufgrund der gestiegenen Nachfrage nach wie vor Getreide-Importe notwendig. Die Industriearbeitslöhne in China haben sich in den letzten 30 Jahren etwa vervierfacht und damit ist auch die Nachfrage nach Lebensmitteln gestiegen. Allerdings hat auch China, neben anderen asiatischen Staaten, mit den Auswirkungen einer verheerenden afrikanischen Schweinepest zu kämpfen. Mehr als 1,2 Millionen Tiere sind bereits verendet oder mussten gekeult werden. Die Preise für Schweinefleisch sind massiv nach oben geschossen. Auch das hat die Nachfrage nach Getreideprodukten steigen lassen.

Diese Umstände dürften die chinesische Führung bewogen haben, gewisse pauschale Import-Zusagen für Agrarprodukte zu machen. Die Hoffnung, dass die Trump-Administration diese chinesische Goodwill-Geste als Ausstiegshilfe aus ihrem eher kontraproduktiven Wirtschaftskrieg nutzt, dürfte allerdings verfrüht sein. Die US-Realwirtschaft ist bereits in der Rezession. Die Handelsstrategie des Weißen Hauses dürfte blendend helfen, den Absturz nach Kräften zu beschleunigen.

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Quelle:
Unsere Zeit (UZ) - Zeitung der DKP, 51. Jahrgang,
Nr. 43 vom 25. Oktober 2019, Seite 6
Herausgeber: Parteivorstand der DKP
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. November 2019

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