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BANK/513: Banken für mangelnde Umsetzung von UN-Leitprinzipien kritisiert (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 11. Dezember 2014

Menschenrechte: Nur 'Schaufensterdekoration' - Banken für mangelnde Umsetzung von UN-Leitprinzipien kritisiert

von Carey L. Biron


Bild: © Monde Kingsley Nfor/IPS

Kinder im Süden Kameruns, deren Familien ein Großteil ihres Landes an Holzunternehmen verloren haben
Bild: © Monde Kingsley Nfor/IPS

Washington, 11. Dezember (IPS) - Nur etwa die Hälfte der weltweit tätigen Großbanken hat Maßnahmen zum Schutz der Menschenrechte ergriffen, wie aus einer Untersuchung des internationalen Netzwerks 'BankTrack' hervorgeht. Dabei haben sich die Geldinstitute in einer internationalen Konvention über multinationale Geschäftspraktiken selbst dazu verpflichtet.

Die Autoren der Studie fanden heraus, dass bislang keine der 32 untersuchten Banken ein Verfahren eingeführt hat, das eine angemessene Reaktion auf nachgewiesene Menschenrechtsverletzungen ermöglichen würde. Auch Beschwerdemechanismen für Geschädigte wurden nicht eingerichtet.

Die Untersuchungsergebnisse liegen dreieinhalb Jahre nach der Annahme der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte vor. Diese Leitsätze, die 2011 einstimmig vom UN-Menschenrechtsrat gebilligt wurden, legen den Unternehmen, auch aus dem Finanzsektor, gewisse Pflichten auf.

Banken sind in der besonderen Lage, als Garanten für fast alle Geschäftsaktivitäten auf der Welt aufzutreten, ohne befürchten zu müssen, für etwaige negative Auswirkungen ihrer Investitionen von den Geschädigten zur Rechenschaft gezogen zu werden.


Zwangsumsiedlungen, Kinderarbeit, Landraub

"Der Report fand heraus, dass Banken Finanzunternehmungen und Projekte unterstützen, die im Zusammenhang mit Zwangsumsiedlungen, Kinderarbeit, militärisch unterstütztem Landraub sowie Verstößen gegen das Selbstbestimmungsrecht indigener Völker stehen", schreiben die Autoren. "Maßnahmen und Verfahren, die der öffentlichen Kontrolle unterliegen und über die in angemessener Form berichtet wird, sind wichtige Instrumente, mit denen Banken sicherstellen können, dass derartige Verstöße nicht vorkommen. Wenn dies dennoch der Fall sein sollte, hätten die Betroffenen ein Recht darauf, Entschädigungen zu verlangen."

Zu den untersuchten Banken gehört 'JP Morgan Chase', in den USA einer der führenden Geldgeber für Palmölproduzenten, die Kredite in Anspruch nehmen und von Aktiengeschäften profitieren. Wie BankTrack herausfand, folgt die Bank eigenen Strategien zum Schutz der Menschenrechte, die aber nur bei der Vergabe von Darlehen, nicht bei Investitionen greifen.

"Wenn die Bank über die Umsetzung der Grundsätze berichten soll, ist sie aufgeschmissen. Das Ganze ist nicht viel mehr als eine Schaufensterdekoration", sagt Jeff Conant von der US-Sektion der Umweltorganisation 'Friends of the Earth'. "Wir haben mit JP Morgan Chase darüber gesprochen, dass betroffene Personen die Möglichkeit haben müssten, Beschwerden hinsichtlich der Auswirkungen der Finanzierungsstrategien auf die Menschenrechte einzureichen. Das ist ein erster Schritt in Richtung Überprüfbarkeit. Doch ich glaube nicht, dass sie sich in absehbarer Zeit der Herausforderung stellen." Finanzinstitutionen liefen derzeit keine Gefahr, zur Rechenschaft gezogen zu werden, kritisiert Conant.

Laut der neuen Studie sind nur einige wenige Banken auf dem guten Weg, sich den Leitsätzen konform zu verhalten. Die 'Dutch Rabobank', die das Ranking anführt, erhielt acht von zwölf möglichen Punkten, dicht gefolgt von 'Credit Suisse' und 'UBS'. Diese Institute sind jedoch Ausnahmen. Durchschnittlich erfüllten die Banken lediglich drei von zwölf Kriterien. In vielen Fällen war die Bilanz der Auswertung gleich Null.


Chinesische, europäische und US-amerikanische Banken schneiden schlecht ab

Am schlechtesten schnitten mehrere chinesische Finanzeinrichtungen ab, aber auch Banken in Staaten der Europäischen Union und in den USA. Die 'Bank of America', eine der größten Finanzinstitutionen der Welt, kam nur auf 0,5 von zwölf Punkten.

"Die Ergebnisse dieser Untersuchung sind recht ernüchternd, was die Wirksamkeit unverbindlicher Richtlinien angeht ", sagt Aldo Caliari, Direktor des Projekts 'Rethinking Bretton Woods' des Washingtoner Think Tanks 'Center of Concern'. "In einem derartigen Menschenrechtsrahmenwerk sind die Leitsätze für den Unternehmenssektor Minimalanforderungen. Die Tatsache, dass ein relativ schwacher Mechanismus so wenig beachtet wird, spricht für sich."

Die Finanzdienstleistungsindustrie hat jedoch durchaus Notiz von den Leitprinzipien genommen. 2011 berieten vier europäische Banken über die möglichen Auswirkungen solcher Grundsätze für die Branche. Drei weitere Banken schlossen sich der so genannten 'Thun-Gruppe' an. Im Oktober vergangenen Jahres verbreitete die Gruppe ein erstes Dokument, in dem die Ergebnisse der Beratungen dargelegt und Empfehlungen gegeben wurden.


Freiwillige Selbstverpflichtung weitgehend wirkungslos geblieben

Ebenfalls 2013 wurde eine bereits bestehende freiwillige Selbstverpflichtung des Bankensektors, die als Äquator-Prinzipien bekannt ist, auf den neuesten Stand gebracht. Bislang ist die Vereinbarung von 80 Finanzinstitutionen in 34 Ländern unterzeichnet worden.

"Die Bemühungen der Banken, die UN-Leitprinzipien umzusetzen, haben bisher vor allem Diskussionspapiere produziert", moniert Ryan Brightwell, Autor des neuen Reports. "BankTrack begrüßt diese Diskussionen. Allerdings ist es dreieinhalb Jahre nach der Vorstellung dieser Leitprinzipien an der Zeit, sich an die Umsetzung zu begeben."

Die neuen Untersuchungsergebnisse hinsichtlich des Rückstandes bei der Umsetzung werden denjenigen, die die Leitprinzipien ersetzen wollen, überzeugende Argumente liefern. Experten wie Caliari haben beispielsweise vorgeschlagen, das Rahmenwerk dahingehend zu ändern, dass Finanzinstitutionen anders als andere Branchen behandelt werden. "Finanzunternehmen haben ein größeres Potenzial als andere Firmen, mit einem veränderten Verhalten Einfluss auf Akteure zu nehmen", kommentierte Caliari im vergangenen Jahr. "Deshalb sollten sie in einem größeren Maße zur Verantwortung gezogen werden können, wenn sie dabei versagen."

Bei ihren inzwischen jahrzehntelangen Bemühungen erhielten die Aktivisten im Juni Unterstützung vom UN-Menschenrechtsrat, der zugunsten von Verhandlungen für einen rechtsverbindlichen Vertrag über transnationale Konzerne und ihre Menschenrechtsverpflichtungen stimmte. (Ende/IPS/ck/2014)


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http://www.ipsnews.net/2014/12/only-half-of-global-banks-have-policy-to-respect-human-rights/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Dezember 2014