Schattenblick → INFOPOOL → POLITIK → WIRTSCHAFT


ENERGIE/1993: Braunkohle verliert Bedeutung (UZ)


UZ - Unsere Zeit, Nr. 7 vom 13. Februar 2015
Sozialistische Wochenzeitung - Zeitung der DKP

Braunkohle verliert Bedeutung
Szenariorahmen 2025 vorgelegt

von Bernd Müller


Die Bedeutung der Braunkohle für die Erzeugung von Strom sinkt in Deutschland drastisch. Das geht aus dem neuen Szenariorahmen 2025 der Bundesnetzagentur hervor. Etwa 30 Braunkohlekraftwerke sollen in den nächsten zehn Jahren stillgelegt werden. Von den 21 Gigawatt Kraftwerksleistung werden in zehn Jahren wohl nur noch 10-14 Gigawatt übrig bleiben.

Mit dem Szenariorahmen legt die Bundesnetzagentur, die Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) unterstellt ist, die Rahmenbedingungen für den weiteren Bau von Stromleitungen fest. Den Berechnungen zufolge verliert die Braunkohle ihre Funktion als Rückgrat der Stromversorgung damit schneller als bisher gedacht.

Die großen Netzbetreiber Tennet, 50 Hertz, Amprion und Transnet BW gingen bis zuletzt davon aus, dass Braunkohlestrom noch lange dominiert. Sie waren sogar davon überzeugt, dass RWE und die ostdeutsche Mibrag neue Braunkohlekraftwerke bauen werden. Die deutschen Netzbetreiber seien in einem Entwurf sogar davon ausgegangen, dass die Braunkohlekapazitäten deutlich gesteigert würden, heißt es in einer Pressemitteilung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW).

Der Bedeutungsverlust der Braunkohle hat im Wesentlichen zwei Gründe: Auf der einen Seite ist der Neubau von Kraftwerken nicht mehr wirtschaftlich. Die niedrigen Börsenpreise machen solche Investitionen unrentabel. Auf der anderen Seite habe die Bundesnetzagentur erstmals die Klimaschutzziele der Bundesregierung in ihren Plan aufgenommen, heißt es beim DIW. Während die bisherige Netzentwicklungsplanung bereits Ziele für den Ausbau der Erneuerbaren Energien, den Atomausstieg und den Europäischen Emissionshandel berücksichtige, enthalte der Szenariorahmen 2025 erstmals auch Szenarien, die explizit die deutschen Klimaschutzziele für den Stromsektor einbeziehen. Demnach müssen die Kohlendioxid-Emissionen deutscher Kraftwerke von 317 Millionen Tonnen im Jahr 2013 auf 187 Millionen Tonnen im Jahr 2025 und auf 134 Millionen Tonnen bis 2035 fallen.

Der schwedische Energiekonzern Vattenfall befindet sich wegen der Planungen in einer misslichen Lage. Bis Ende des Jahres will er seine Braunkohlensparte verkaufen. Doch einen Käufer zu finden, dürfte schwer fallen: Der Plan der Bundesnetzagentur legt nahe, dass die Margen im Braunkohlegeschäft weiter fallen.

Die Pläne der Bundesnetzagentur zeigen aber auch, wie widersprüchlich Gabriels Politik ist: Noch im Oktober hatte er sich für die Braunkohle stark gemacht, wohlwissend, dass mit ihr die Klimaziele nicht zu erreichen sind. Gabriel hatte damals einen vertraulichen Brief an den schwedischen Ministerpräsidenten Stefan Löfven geschrieben, aus dem Die Zeit zitiert: "Wir sind tief überzeugt, dass wir nicht gleichzeitig die Atomkraft und die kohlebasierte Stromerzeugung aufgeben können", heißt es dort. "In diesem Licht würde ich gerne Deine Aufmerksamkeit auf einige Themen lenken, die Vattenfalls Aktivitäten in Deutschland betreffen, konkret die Zukunft der Tagebauaktivitäten von Vattenfall Mining & Generation Europe in Welzow Süd II und Nochten II." Das sind zwei Gruben, die neu aufgeschlossen werden sollen und Widerstand in der Region hervorrufen. Er bitte, schreibt Gabriel weiter, dass Vattenfall weiter in der Region investiert und die Erschließungsarbeiten fortsetzt.

Würden die beiden Tagebaue neu erschlossen, würde in der Lausitz voraussichtlich bis 2050 Braunkohle gefördert und die Klimaziele ließen sich nicht erreichen. Über 900 Millionen Euro wären für die Erschließung nötig, die aber mit dem neuen Szenariorahmen wohl kein Investor mehr aufbringen wird. So hält auch der Energieexperte vom DIW, Christian von Hirschhausen, Gabriels Einsatz für die Braunkohle für eine gute Show.


Bernd Müller, Dipl.-Ing., freier Journalist

Weitere Informationen unter:
www.bernd-mueller.org

*

Quelle:
Unsere Zeit (UZ) - Zeitung der DKP, 47. Jahrgang, Nr. 7 vom 13. Februar 2015, Seite 16
Herausgeber: Parteivorstand der DKP
Anschrift von Verlag und Redaktion:
Hoffnungstraße 18, 45127 Essen
Telefon 0201 / 22 54 47
E-Mail: redaktion@unsere-zeit.de
Internet: www.unsere-zeit.de
 
Die UZ erscheint wöchentlich.
Einzelausgabe: 2,80 Euro
Jahresbezugspreise:
Inland: 126,- Euro, Ausland: 130,-
Ermäßigtes Abo: 72,- Euro
Förder-Abonnement: ab 150 Euro


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Februar 2015

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang