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ENERGIE/2126: Kuba - Mangel an Devisen behindert Ausbau der Erdölförderung (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 2. Dezember 2015

Kuba: Mangel an Devisen behindert Ausbau der Erdölförderung

von Yvet González


Bild: © Jorge Luis Baños/IPS

Erdölförderung in Cárdenas in der kubanischen Provinz Matanzas
Bild: © Jorge Luis Baños/IPS

CARDENAS, KUBA (IPS) - Etwa 95 Prozent der nachgewiesenen Onshore- und Offshore-Erdölreserven Kubas bleiben ungenutzt, weil die notwendigen Investitionen und Technologien aus dem Ausland fehlen. Die Erschließung des bislang größten kubanischen Ölfelds 'Varadero 1000' kommt daher nicht voran.

"Wir gewinnen nur das leicht zu fördernde Rohöl und Erdölbegleitgase. Die Menge entspricht lediglich fünf Prozent der gesamten Vorkommen", sagt María Yodalis Hernández, Managerin des kubanischen Erdölunternehmens EPEPC, bei der Besichtigung von Werksanlagen in Cárdenas, etwa 150 Kilometer östlich der Hauptstadt Havanna.

Immerhin gebe das Tauwetter in den Beziehungen zu den USA Kuba nun die Chance, auf das Potenzial des heimischen Erdölsektors hinzuweisen, meint sie. Erst kürzlich haben beide Staaten nach Jahrzehnten wieder diplomatische Beziehungen aufgenommen. Die beste Technologie komme aus Houston im US-Bundesstaat Texas, so Hernández. Kuba sei offen für alle denkbaren Geschäfte mit US-Firmen, die allerdings nach wie vor durch das seit 1962 geltende Wirtschafts- und Handelsembargo verhindert würden.


Öl-Förderung nahe Ferienparadies Varadero soll wiederbelebt werden

Nahe dem Ferienort Varadero bei Cárdenas wurde bis zum Jahr 2014 aus etwa 90 Bohrlöchern Öl gefördert. Nach der Entdeckung der Vorkommen 1971 wurden dort laut Hernández mehr als 185 Millionen Barrel Öl produziert. "95 Prozent des Öls können aber bisher nicht gefördert werden, weil das Unternehmen keine sekundären Fördermethoden anwenden kann. Dafür sind hohe Investitionen nötig."

Der Expertin ist zugleich das Risiko bewusst, das ein Ausbau der Ölindustrie für die 22 Kilometer langen Traumstrände von Varadero bedeuten würde. In dem Gebiet wurden im vergangenen Jahr 38 Prozent der Tourismuseinnahmen Kubas von insgesamt 2,7 Milliarden US-Dollar erwirtschaftet.


Bild: © Jorge Luis Baños/IPS

María Yodalis Hernández, Managerin der Erdölfirma EPEPC
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Der kubanische Energiesektor soll zudem modernisiert und durch eine stärkere Nutzung erneuerbarer Quellen auf den Weg zu einer nachhaltigen Entwicklung gebracht werden. Dies sehen die Reformen vor, die die Regierung von Staatschef Raúl Castro seit 2008 umsetzt, um die Wirtschaft neu zu beleben.

Sekundäre Fördermethoden werden seit Dezember 2014 erst an einem Ort, nämlich in Boca de Jaruco 40 Kilometer östlich von Havanna, angewendet. Dieses Ölfeld wird bereits seit den späten 1960er Jahren bewirtschaftet und gehört damit zu den ältesten Fördergebieten Kubas. In Boca de Jaruco setzen Experten aus China, Russland und Kuba die Technik der thermischen Stimulation ein. Dabei wird Dampf in die Gesteinsschichten injiziert, um das Öl zu verflüssigen und damit leichter förderbar zu machen.

"Wir müssen herausfinden, welche Fördermethode die richtige ist und außerdem für die nächsten Jahre einen hohen Zufluss an Investitionen sicherstellen", erklärt Hernández bei einer Führung durch die Anlage 'Centro Colector 10', in der täglich 1.500 Barrel Öl sowie Erdgas aus den Bohrlöchern von Varadero gefördert werden.

EPEPC, eine Tochterfirma des staatlichen Erdölunternehmens 'CUPET', betreibe acht weitere Anlagen dieser Art, in denen zumeist Kubaner arbeiteten, berichtet der Ingenieur Miguel Sotolongo. Ingesamt fördert das Unternehmen demnach täglich 27.000 Barrel Öl.


Gefahren für menschliche Gesundheit

Im Rahmen eines von den Umweltbehörden zertifizierten Verfahrens werden auch Begleitgase gewonnen, die noch vor wenigen Jahren bei der Förderung verbrannt wurden. Auf diese Weise ging Treibstoff verloren, und die menschliche Gesundheit nahm Schaden. Entlang der Straße nach Varadero bildete sich beißender Gestank.

CUPET besteht aus 41 Firmen, von denen fünf mit ausländischen Beteiligungen arbeiten. Die gesamte Tagesproduktion liegt bei etwa 68.500 Barrel Erdöläquivalent, 52.000 Barrel Rohöl und drei Millionen Kubikmetern Erdgas. Darüber hinaus importiert CUPET zu Vorzugsbedingungen täglich ungefähr 90.000 Barrel Öl aus Venezuela.

In der Raffinerie von Cienfuegos, 232 Kilometer südöstlich von Havanna, werden jeden Tag 65.000 Barrel Rohöl aus Venezuela für den Inlandsverbrauch und für die Ausfuhr in andere Karibikstaaten verarbeitet. Die Anlage wird als Joint Venture von Kuba und Venezuela gemeinsam betrieben. CUPET raffiniert insgesamt etwa 135.000 Barrel Öl am Tag.


Bild: © Jorge Luis Baños/IPS

Förderanlagen der Erdölfirma EPEPC in Cárdenas
Bild: © Jorge Luis Baños/IPS

Der Präsident des Staatsunternehmens, Osvaldo López, kündigte Ende Oktober an, dass Kuba Ende 2016 oder Anfang 2017 mit Bohrungen im Golf von Mexiko in einer Tiefe von 7.000 Metern beginnen wolle. Das Projekt soll gemeinsam mit dem venezolanischen Ölkonzern PDVSA und dem angolanischen Unternehmen 'Sonangol' durchgeführt werden. Während Kuba die dortigen Vorkommen auf 20 Milliarden Barrel schätzt, gehen Wissenschaftler in den USA lediglich von fünf Milliarden Barrel aus.


Kubanisches Öl extrem schwer

Die Förderung in Kuba ist unterdessen schwierig und kostspielig, weil das Erdöl extrem schwer ist. Der API-Wert, mit dem die Dichte von Öl bestimmt wird, liegt hier zwischen acht und zwölf Grad, im Vergleich zu den 34 Grad des leichten Öls, das in den arabischen Golfstaaten produziert wird.

Gas und Rohöl decken in dem Karibikstaat mit rund 11,2 Millionen Einwohnern etwa 40 Prozent des Energiebedarfs einschließlich der Stromerzeugung. Das derzeitige Produktionsniveau konnte mit Hilfe von Investitionen und Joint Ventures mit ausländischen Unternehmen erreicht werden. Seit 1991 beteiligen sich vor allem Kanada, Australien, China, Russland und Venezuela an der Erdölproduktion in Kuba.

In der Provinz Matanzas, in der sich Cárdenas und Varadero befinden, liegt der Schwerpunkt auf der Nutzung fossiler Brennstoffe. Bis zum Jahr 2030 will die Regierung in Havanna jedoch den Anteil erneuerbarer Quellen am Energiemix auf 24 Prozent erhöhen. 14 Prozent des Stroms sollen aus Zuckerrohr-Biomasse, sechs Prozent aus Windkraft, drei Prozent aus Solarenergie und ein Prozent aus Wasserkraft gewonnen werden. Derzeit kommen allerdings erst 4,6 Prozent der im Land verbrauchten Elektrizität aus nachhaltigen Quellen. (Ende/IPS/ck/02.12.2015)


Link:

http://www.ipsnews.net/2015/10/cubas-extra-heavy-crude-awaits-technology-and-investment/

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IPS-Tagesdienst vom 2. Dezember 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Dezember 2015

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