Schattenblick → INFOPOOL → POLITIK → WIRTSCHAFT


FORSCHUNG/853: Start-ups, Arganöl und Mikrokredite (idw)


Technische Universität Berlin - 27.07.2016

Start-ups, Arganöl und Mikrokredite

Unternehmerinnen mit Migrationshintergrund nutzen ihre Kontakte und ihr interkulturelles Wissen als Wettbewerbsvorteil


"In der Öffentlichkeit werden Migrantinnen aus arabischen Ländern oft als unterdrückt, rückständig und als Bedrohung für den Wohlfahrtsstaat Deutschland gesehen. Es wird vergessen, welchen Beitrag sie für die Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit leisten können", sagt Dr. Maren Borkert, IPODI-Fellow an der TU Berlin. Die Soziologin hat einen vollkommen anderen Blick: Sie erforscht Migrantinnen, die in Deutschland Unternehmen gründen.

Im Vergleich zu ihrem Anteil an der Bevölkerung gründen Migranten und Migrantinnen in Deutschland mehr Unternehmen als Deutsche - darunter allerdings nur wenige Frauen. Warum das so ist, ist eine der Fragen, die Maren Borkert beantworten will. Ihr Fokus liegt dabei auf transnationalen Unternehmerinnen. "Diese Unternehmerinnen nutzen ihre Kontakte und ihr Wissen aus mehreren Ländern als Wettbewerbsvorteil. Zum Beispiel importieren oder exportieren sie Waren oder rekrutieren Mitarbeiter aus dem Ausland. Das internationale Transportwesen und das Internet machen das einfacher", erklärt Borkert. Beispiele für solche Unternehmen sind interkulturelle Pflegedienste oder Import-/Exportfirmen.

So erzählt sie von einer in Deutschland lebenden Marokkanerin, die erkannte, dass Arganöl in Deutschland sehr beliebt ist. Daraufhin gründete sie ein Unternehmen, das Bio-Arganöl nach Deutschland importiert. "Sie orientiert sich nicht nur am deutschen Markt, sondern bringt auch das Bewusstsein nach Marokko, dass Bio-Landwirtschaft ein Wettbewerbsvorteil sein kann", so Borkert.

Für ihr zweijähriges IPODI-Projekt am TU-Fachgebiet "Entrepreneurship and Innovation Management" bei Professor Dr. Jan Kratzer führt sie eine Umfrage unter Berliner Unternehmerinnen zu deren Transnationalität und Migrationserfahrung durch. Anschließend führt sie Interviews mit einigen, um herauszufinden, was die größten Schwierigkeiten auf dem Weg zum eigenen Unternehmen sind und wie sie gelöst werden.

"Eines der größten Probleme ist die Anerkennung von Qualifikationen - zum Beispiel im Handwerk. Dazu kommt, dass viele Banken nicht gerne Mikrokredite vergeben, weil der Aufwand groß ist." Deshalb müsse man Alternativen finden - zum Beispiel Initiativen wie "Goldrausch", die Mikrokredite an Unternehmerinnen vergibt. Damit Migrantinnen von solchen Angeboten erfahren, seien auch Ansprechpartner vor Ort wichtig.

Borkert betont, dass auch in Geflüchteten ein enormes Potenzial steckt: "Wer flieht, geht große Risiken ein, braucht Mut und Geschick. Es wird oft vergessen, dass auch eine Flucht eine Leistung ist." Neben dem IPODI-Projekt arbeitet sie an einem Projekt der Kiron University mit - einer Online-Universität, die ein kostenloses Studium für Geflüchtete anbietet. Das Projekt "Kiron Ventures" will es ihnen ermöglichen, Unternehmen zu gründen.

Die Soziologin träumt davon, das Meinungsbild in der Bevölkerung durch ihre Forschung zu verändern: "Es ist wichtig, das Potenzial, das in Migranten und Migrantinnen und in Flüchtlingen steckt, sichtbar zu machen, auch für politische Entscheidungsprozesse."

Die IPODI-Initiative (International Post-Doc Initiative der Technischen Universität vergibt 21+5 Zweijahres-Stipendien an internationale Wissenschaftlerinnen. IPODI ist Teil der Initiative "Wissenschaftlerinnen an die Spitze" und an der TU Berlin angesiedelt bei der Zentralen Frauenbeauftragten.

Weitere Informationen unter:
http://www.tu-berlin.de/?id=175337

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution52

*

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Technische Universität Berlin, Stefanie Terp, 27.07.2016
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Juli 2016

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang