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GEWERKSCHAFT/1118: Generalangriff auf den Mindestlohn zielt auf Ausbeutung und Hungerlöhne (ver.di)


ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft - Presseinformation vom 24. Februar 2015

Generalangriff auf den Mindestlohn zielt auf Ausbeutung und Hungerlöhne


Berlin, 24.02.2015 - Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) hat die Bundesregierung entschieden vor einer weiteren Durchlöcherung des gesetzlichen Mindestlohns gewarnt. "Es gibt in der Bevölkerung und auch bei vielen Unternehmern eine breite Akzeptanz für den gesetzlichen Mindestlohn. Die Horrorszenarien zu Arbeitsplatzverlusten sind auch nach Feststellung der Bundesagentur für Arbeit erwartungsgemäß nicht eingetreten. Deshalb ist der Generalangriff von Arbeitgebern, CDU/CSU-Wirtschaftsflügel und jetzt auch der CSU-Landesgruppe auf den Mindestlohn absolut inakzeptabel", sagte der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske vor der heutigen Sitzung des Koalitionsausschusses.

"Gerade der CSU-Landesgruppe geht es nicht um 'Korrekturen', sondern darum, den Schutzcharakter des Mindestlohn-Gesetzes auszuhöhlen. Das schadet nicht nur den Beschäftigten, die dringend darauf angewiesen sind, dass der Lohn auch zum Leben reicht, sondern setzt auch gesetzestreue Arbeitgeber unter Druck, deren Schmutzkonkurrenz sich durch Hungerlöhne unfaire Vorteile verschafft", betonte Bsirske. Wer, wie die CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt, Minijobs von der Pflicht zur Arbeitszeitdokumentation ausnehmen wolle, versuche in Wahrheit, dauerhaft Armutslöhne in Deutschland durchzusetzen. "Mehr als 20 Jahre nach Einführung des Arbeitszeitgesetzes, das Arbeitgeber schon immer zur Einhaltung von Höchstarbeitszeiten, Pausen und Ruhezeiten verpflichtet, ist es völlig normal, Beginn und Ende der Arbeitszeit durch die Beschäftigten auf Stundenzetteln erfassen und einmal wöchentlich von den Vorgesetzten abzeichnen zu lassen" so Bsirske. "Gerade Minijobs waren nach dem Wegfall der wöchentlichen Höchststundenzahl im Zuge der Hartz-Gesetze ein Einfallstor für krasses Lohndumping."

Wer zudem Fahrtkosten sowie Kost und Logis, etwa in Hotels und Gaststätten oder bei Saisonkräften, in ausuferndem Maße auf den Mindestlohn anrechnen wolle, setze in Wahrheit auf die Ausbeutung von Billiglöhnern. "Es ist auch überhaupt nicht einzusehen, warum es für die Zeitungszustellung weitere Ausnahmen geben soll, nachdem sich die Zeitungsverleger der gesetzlich zulässigen Übergangsregelung per Tarifvertrag kategorisch verweigert haben. Schon jetzt versuchen Zustellfirmen durch Kündigung älterer Beschäftigter und Einstellung von Schülerinnen und Schülern den Mindestlohn zu umgehen", warnte der ver.di-Vorsitzende.

"Bundesregierung und Bundestagsabgeordnete müssen sich darüber im Klaren sein, dass das derzeitige Sperrfeuer gegen den gesetzlichen Mindestlohn mit einem erheblichen Vertrauensverlust in politische Entscheidungen einhergeht. Kaum ein Gesetz ist über Jahre in allen Details so umfassend und breit diskutiert worden, wie der allgemeine gesetzliche Mindestlohn. Schon die jetzigen Regelungen sind nur ein Kompromiss, der wichtigen Gruppen, wie unter 18-Jährigen, Zeitungszustellern und Langzeitarbeitslosen den wirksamen Schutz vor Lohndumping vorenthält. Wer jetzt neue Schutzlücken schaffen will, handelt nicht sozial, sondern unverantwortlich", unterstrich Bsirske.

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Quelle:
Presseinformation vom 24.02.2015
ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft
Christoph Schmitz - ver.di-Bundesvorstand
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Februar 2015

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