Schattenblick → INFOPOOL → POLITIK → WIRTSCHAFT


GEWERKSCHAFT/1380: Repräsentativumfrage - Tarifverträge genießen höchstes Ansehen (ver.di)


ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft - Presseinformation vom 20. Juni 2016

Repräsentativumfrage: Tarifverträge genießen höchstes Ansehen

Beschäftigte in Deutschland sind bereit, für Absicherung zu kämpfen


Berlin, 20.06.2016 - Tarifverträge genießen bei den Beschäftigten in Deutschland quer durch alle Altersgruppen ein enorm hohes Ansehen. 94 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer halten eine tarifliche Absicherung für sehr wichtig oder wichtig. Diese Wertschätzung steigt mit Berufsjahren und Erfahrung im Alter auf 96 Prozent an. Doch gleichzeitig sinkt die Tarifbindung in Deutschland kontinuierlich. Durchschnittlich arbeiten heute nur noch 60 Prozent der Beschäftigten im Geltungsbereich eines Tarifvertrages. Berufsgruppen mit geringen Einkommen unter 1.500 Euro sind mehrheitlich (54 Prozent) nicht über einen Tarifvertrag abgesichert. Aber auch bei höheren Einkommen haben rund ein Drittel der Befragten keine Tarifbindung. Das sind Ergebnisse einer aktuellen Repräsentativumfrage von TNS Infratest zum Auftakt der Aktionswoche "Gute Arbeit - Gute Löhne. Tarifverträge bringen mehr" der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di). Eine Woche lang gehen ver.di-Beschäftigte - ob Verwaltungsangestellte oder Gewerkschaftssekretärinnen und -sekretäre - in viele hundert Betriebe, um mit Mitgliedern und Nichtmitgliedern über die Vorteile einer Tarifbindung zu sprechen.

Über die Hälfte der Frauen (52 Prozent) geht davon aus, dass sich ihr Einkommen durch die Einführung eines Tarifvertrages verbessern würde. Bei den Männern sehen 32 Prozent die Chance auf höhere Löhne. Gleichzeitig wächst die Furcht vor Einschnitten beim Einkommen, falls tarifvertragliche Regelungen entfallen würden. In Ostdeutschland befürchten 83 Prozent (2015 = 72 Prozent) der Beschäftigten ein geringeres Einkommen bei einer Arbeit ohne Tarifvertrag. Im Westen sind es noch 59 Prozent (2015 = 57 Prozent).

Entsprechend hoch ist die Bereitschaft, für die Durchsetzung tarifvertraglicher Regelungen im Betrieb einzutreten. Dabei wirken nicht nur die "Klassiker" mobilisierend, wie Lohn und Gehalt, Arbeitszeit oder Urlaubsregelungen. Spitzenwerte zwischen 64 und 90 Prozent belegen Ausbildungs-Regelungen, altersgerechte Arbeitsbedingungen, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, betriebliche Altersversorgung, Gesundheitsschutz, Qualifikationsmaßnahmen und Weiterbildung. Die große Mehrheit der Befragten gab an, sie sei bereit, für kollektive Regelungen in diesen Bereichen zu kämpfen.

Die Rote Karte zeigen deutsche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Unternehmen wie Amazon, die sich weigern, Tarifverträge abzuschließen. 95 Prozent finden es gut, dass Beschäftigte in diesen Unternehmen für einen Tarifvertrag kämpfen.

Der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske nannte die Umfrage "einerseits eine grundsätzliche Bestätigung unserer bisherigen Tarifpolitik, andererseits die klare Aufforderung an Gewerkschaften und Politik, noch mehr für die Tarifbindung in Deutschland zu tun". Der gesetzliche Mindestlohn sei eine feste Basis. Darüber hinaus müssten gerade im unteren Einkommensbereich und in typischen Frauenberufen höhere und sichere Löhne und Gehälter durch Tarifverträge durchgesetzt werden. "Es gilt den Abwärtstrend zu stoppen und wieder mehr Betriebe in die Tarifbindung zu bringen. Tarifverträge nutzen nicht nur den Beschäftigten, weil sie Verlässlichkeit und Perspektiven schaffen. Auch die Unternehmen profitieren, weil sie auf der Basis von Tarifverträgen den Wettbewerb über gute Produkte, Dienstleistungen und Innovationen austragen können, statt sich gegen Dumpinglohn-Konkurrenz wehren zu müssen", so Bsirske. Ermutigend sei die Tatsache, dass sehr viele Beschäftigte bereit sind, sich für die Absicherung durch Tarifverträge einzusetzen.

*

Quelle:
Presseinformation vom 20.06.2016
ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft
Günter Isemeyer - ver.di-Bundesvorstand
Paula-Thiede-Ufer 10, 10179 Berlin
Telefon: 030/6956-1011 und -1012, Fax: 030/6956-3001
E-Mail: pressestelle@verdi.de
Internet: www.verdi.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Juni 2016

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang