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INTERNATIONAL/010: Peru - US-Bergbauriese 'DoeRun' hofft auf US-Freihandel-Investorenschutz (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 14. Januar 2011

Peru: US-Bergbauriese 'DoeRun' hofft auf US-Freihandel-Investorenschutz

Von Milagros Salazar


Lima, 14. Januar (IPS) - Im Streit um die Sanierungsarbeiten in der "schmutzigsten Stadt der Welt" La Oroya hat das US-Unternehmen 'DoeRun' der peruanischen Regierung eine Frist von 90 Tagen eingeräumt, um eine für die Firma annehmbare Einigung zu erzielen. Ansonsten will der Konzern die Beschwerdestelle des US-peruanischen Freihandelsabkommens anrufen.

In peruanischen Zeitungsanzeigen begründet DoeRun seinem Vorstoß vom 5. Januar mit der "unfairen" Behandlung, die der Konzern durch die peruanische Regierung erhalten habe. So sei dem Unternehmen nicht der Schutz und die Sicherheit gewährt worden, die ihm als US-Investor in Übereinstimmung mit dem Freihandelsabkommen zustehe.

DoeRun hatte 1997 mit der Produktion von Blei-, Kupfer und Zink in La Oroya in der zentralen Andenregion Junín begonnen. Die Konzession war an die Bedingung geknüpft worden, binnen zehn Jahren das Umweltprogramm PAMA (Programa de adecuación del manejo ambiental) umzusetzen.

Die Regierung verpflichtete sich ihrerseits zu der Beseitigung der Giftstoffe, die der DoeRun-Vorgänger, der staatliche Betrieb 'Centromin', hinterlassen hatte. Der mit der Sanierung beauftragten staatlichen Reinigungsfirma 'Activos Mineros' wirft Doe Run nun vor, die Böden von La Oroya nicht gereinigt und somit ihren "Verpflichtungen gegenüber den Bürgern von La Oroya" nicht nachgekommen zu sein.

"Dabei ist es DoeRun, der die Umsetzung von PAMA schuldig blieb und mit der Verseuchung von La Oroya fortfuhr", empört sich Perus ehemalige Bergbaubeauftragte María Chappuis. Sie war im Dezember 2004 von ihrem Posten zurückgetreten, nachdem die Regierung dem US-Konzern eine Verlängerung der PAMA-Auflagen eingeräumt hatte. Nach Ansicht der ehemaligen Funktionärin setzt das Unternehmen alles daran, um die Regierung doch noch, und wie in der Vergangenheit geschehen, zu Zugeständnissen zu bewegen.


Vertragsverstöße

Gemäß PAMA hätte das US-Unternehmen dafür sorgen müssen, dass die Bleibelastung im Blut von 95 Prozent aller Jungen und Mädchen unter sechs Jahren in La Oroya unter zehn Mikrogramm liegt, so die die lokale Umweltorganisation 'Sociedad Peruana de Derecho Ambiental'. Doch 2008 fand das Gesundheitsministerium heraus, dass bei mindestens 100 Kindern 45 Mikrogramm Blei pro Deziliter Blut festgestellt wurden. Im November ließe ein Gericht in St. Louis im US-Bundesstaat Missouri elf Entschädigungsklagen gegen die DoeRun-Tochter 'Renco' zu.

Den PAMA-Auflagen zufolge hätte das Unternehmen drei Entschwefelungsanlagen für die Rückstände der Blei-, Zink- und Kupferproduktion in La Oroya bauen müssen. Doch bis heute ist die Firma die Anlage zur Entschwefelung von Kupfer schuldig geblieben. Im April 2009 erklärte sich das Unternehmen in La Oroya trotz hoher internationaler Metallpreise für bankrott und stellte seine Tätigkeiten in der Andenstadt ein.


Verseuchung im großen Stil

Bisher dahin hatte der knapp 200 Meter hohe Hauptschlot des Hüttenwerks im Verlauf eines 24-Stunden-Tages 1,5 Tonnen Blei und 810 Tonnen Schwefeldioxyd ausgestoßen - nach Angaben des Energie- und Bergbauministeriums das Vierfache der 175 Tonnen, die nach peruanischem Recht erlaubt sind. Die Gase und Schwebteilchen reizten Augen und Atemwege der Anwohner und riefen Schäden an Bronchien und Lunge hervor. Die Konzentration von Schwermetallen im menschlichen Körper, vor allem bei Kindern, führt zu Wachstums- und Lernstörungen sowie zu chronischen Krankheiten.

Die staatliche Reinigungsfirma Activos Mineros hat ihrerseits einen offenen Brief in einer lokalen Zeitschrift veröffentlicht, in dem sie von Investitionen in Höhe von 35 Millionen US-Dollar für den Zeitraum 2007 bis 2015 berichtete. Bisher hat die Firma nach eigenen Angaben bereits 4,8 Millionen Dollar für eine Studie zur Reinigung von Böden und Durchführung anderer Arbeiten im Stadtgebiet ausgegeben.

Activos Mineros hat zudem ausgerechnet, was Doe Run an den peruanischen Staat zahlen müsste. Denn der Konzessionsvertrag sieht vor, dass die US-Firma für einen Teil der Reinigungskosten aufkommen muss, sollte es sich als ähnlich großer Umweltsünder herausstellen wie Centromin.

Hätte die Regierung die Frist für die Umsetzung von PAMA im Jahr 2004 nicht verlängert, könnte das Unternehmen sich nun nicht hinter dem 2009 in Kraft getretenen Freihandelsabkommen verschanzen, so José de Echave von der Organisation CooperAcción. (Ende/IPS/kb/2011)


Links:
http://www.activosmineros.com.pe/amsac/index.html
http://www.doerun.com.pe/content/index.php
http://www.spda.org.pe/
http://www.ipsnoticias.net/nota.asp?idnews=97334

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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Januar 2011