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MELDUNG/667: Die wirtschaftliche Lage in Deutschland im September 2016 (BMWi)


Bundesministerium für Wirtschaft und Energie - Berlin, 12. September 2016

Die wirtschaftliche Lage in Deutschland im September 2016


  • Der Aufschwung der deutschen Wirtschaft bleibt solide, das Wachstumstempo wird im zweiten Halbjahr aber niedriger ausfallen als im ersten Halbjahr.
  • Das außenwirtschaftliche Umfeld bleibt schwierig. Hierzu trägt unter anderem auch die Brexit-Entscheidung bei. Starke positive Impulse für die deutschen Exporte sind daher derzeit rar.
  • Die Nachfrage nach Industrieprodukten, die industriellen Umsätze und die Produktion entwickeln sich gegenwärtig tendenziell schwächer. Die Bauwirtschaft befindet sich demgegenüber im Aufwind.
  • Der Arbeitsmarkt ist weiterhin in guter Verfassung.

Die deutsche Wirtschaft befindet sich auf einem soliden Expansionskurs.[1] Nach der relativ starken Zunahme des Bruttoinlandsprodukts im ersten Halbjahr 2016 schlägt sie nunmehr im zweiten Halbjahr eine etwas ruhigere Gangart ein. Im ersten Halbjahr wurde die gesamtwirtschaftliche Leistung gegenüber dem zweiten Halbjahr 2015 preis-, kalender- und saisonbereinigt um 1,1 % erhöht.[2] Überdurchschnittlich trugen hierzu das Baugewerbe, die Unternehmens- und die öffentlichen Dienstleister bei. Neben dem milden Winter dürften hierbei vor allem die zusätzlichen Aktivitäten zur Bewältigung der Zuwanderung der Flüchtlinge maßgeblich gewesen sein. Die Impulse hieraus werden im zweiten Halbjahr geringer ausfallen

Damit wird das nach wie vor schwierige außenwirtschaftliche Umfeld, einschließlich der erhöhten Unsicherheit durch die Brexit-Entscheidung, wieder prägender für die deutsche Wirtschaft. Allerdings sind wichtige binnenwirtschaftliche Auftriebskräfte nach wie vor intakt. So signalisiert das Geschäftsklima für die Dienstleistungsbereiche eine Fortsetzung des Aufschwungs und auch der Bausektor steht bei bereits hoch ausgelasteten Kapazitäten einer wachsenden Nachfrage gegenüber. Dagegen hat sich das Geschäftsklima im Verarbeitenden Gewerbe, auch wenn es weiterhin gut ist, zuletzt eingetrübt. Die zögerliche Nachfrage aus dem In- und Ausland wirkt sich auf die Produktionsdispositionen, aber auch auf die Investitionen der Unternehmen aus. Die deutsche Wirtschaft wird daher mit einem moderaten Tempo expandieren.

Das globale Wachstum bleibt verhalten. Gemessen an der Industrieproduktion hat sich die globale Aktivität nach dem schwachen Winterhalbjahr aber im Verlauf des laufenden Jahres ausgehend von den Schwellenländern Asiens etwas belebt. Insgesamt dürfte das diesjährige Weltwirtschaftswachstums aber kaum höher ausfallen als im vergangenen Jahr. Für dieses Jahr geht der Internationale Währungsfonds gemäß seiner im Juli veröffentlichten Prognose von einem Anstieg des globalen BIP von 3,1 % und im Folgejahr von 3,4 % aus. In den Vereinigten Staaten hat sich die Konjunktur nach dem schwachen Winterhalbjahr im zweiten Quartal leicht angezogen. Im Eurogebiet verlangsamte sich das Wachstum im zweiten Quartal leicht auf 0,3 %. In Japan fiel das Wachstumstempo nach einer Beschleunigung im ersten Quartal wieder zurück. Die Wirtschaft im Vereinigten Königreich scheint sich nach der Brexit- Entscheidung robuster zu entwickeln als zunächst erwartet. Im Vergleich zu anderen Schwellenländern verzeichnet China weiterhin ein deutliches Wachstum, das sich aber tendenziell etwas verlangsamt. Rohstoff exportierende Länder wie Russland oder Brasilien sind weiterhin durch die relativ niedrigen Rohöl- und Rohstoffpreisen beeinträchtigt. Insgesamt wurden die Wachstumserwartungen für die deutschen Absatzmärkte daher in den letzten Monaten nach unten korrigiert. Die Abwärtsrisiken im außenwirtschaftlichen Umfeld haben sich auch durch die Brexit-Entscheidung erhöht.

Vor diesem Hintergrund wurden im Juli saisonbereinigt 2,6 % weniger Waren ausgeführt als im Vormonat. Die nominalen Wareneinfuhren nahmen um 0,7 % ab. Damit ergab sich im Juli insgesamt erneut ein positiver Saldo des Warenhandels (einschließlich Ergänzungen zum Außenhandel) in Höhe von 20,9 Mrd. Euro. Der Leistungsbilanzsaldo lag nach vorläufigen Berechnungen der Deutschen Bundesbank bei 18,6 Mrd. Euro um 6,7 Mrd. Euro deutlich unter dem Vorjahreswert. Der Rückgang der Warenausfuhren vollzog sich vor allem gegenüber den Ländern außerhalb der Europäischen Union. Alles in allem sind nicht zuletzt aufgrund der außenwirtschaftlichen Risiken für die deutschen Exporte derzeit keine starken positiven Impulse erkennbar.

Die Produktion im Produzierenden Gewerbe entwickelt sich gegenwärtig wenig dynamisch. Im Juli fiel die Erzeugung um 1,5 % geringer aus als im Vormonat. Während die Bauleistung nach einer erwartet ruhigen Frühjahrsbelebung wieder um 1,8 % ausgeweitet wurde, ging die Industrieproduktion recht deutlich um 2,3 % zurück. Die Umsätze des Verarbeitenden Gewerbes sowohl im In- als auch im Ausland schwächten sich in den vergangenen drei Berichtsmonaten ab. Vor diesem Hintergrund haben sich die Produzenten zunächst einmal abwartend verhalten. So lag die Industrieproduktion im Juli für Vorleistungs-, Investitions- und Konsumgüter unter dem Produktionsniveau des zweiten Quartals. Die sich eher seitwärts bewegende Entwicklung der Bestellungen und das etwas eingetrübte Geschäftsklima deuten gegenwärtig auch nicht auf eine durchgreifende Belebung in der nächsten Zeit hin. Für die Bauwirtschaft deutet sich demgegenüber ein kräftiger Aufschwung an. Die Auftragseingänge lagen in den vergangenen drei Monaten etwa 18 % über dem Niveau vor einem Jahr und die Zahl der Baugenehmigungen sogar um rund 30 % höher.

Der private Konsum hat auch im zweiten Quartal zum Wirtschaftswachstum beigetragen, wenn auch weniger stark als im ersten. Angesichts der positiven Arbeitsmarkt- und Einkommensentwicklung wird er auch weiterhin das Fundament für eine solide Konjunktur bilden. Die Umsätze im Einzelhandel sind im Juli mit einem Anstieg von 1,7 % im Vergleich zum Vormonat gut ins dritte Quartal gestartet. Die zuletzt recht volatilen Umsätze im Kfz-Handel waren jedoch im zweiten Quartal hinter dem starken Vorquartalsergebnis zurückgeblieben. Die Kauflaune unter den Verbrauchern ist dagegen ungebremst. Dies zeigt sich auch im GfK-Konsumklima. Der Indikator erreichte zuletzt wieder den Höchststand vom letzten Sommer.

Die positive Entwicklung des Arbeitsmarktes hält an. Die Zahl der Erwerbstätigen erhöhte sich im Juli um 1,2 % gegenüber dem Vorjahresmonat und stieg auf eine neue Rekordmarke von über 43,7 Mio. Personen. Saisonbereinigt waren 39.000 Personen mehr beschäftigt als im Juni. Der Anstieg der Erwerbstätigkeit ist vor allem auf die in der Tendenz kräftig steigende sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zurückzuführen. Die registrierte Arbeitslosigkeit nahm im August aufgrund der Sommerferien leicht auf 2,68 Mio. Personen zu, saisonbereinigt setzt sich aber ihr Abbau fort. Hierzu trugen allerdings auch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen bei. Die Unterbeschäftigung stieg daher nicht zuletzt mit der zunehmenden Zahl anerkannter Asylbewerber weiter an. Die Nachfrage nach Arbeitskräften bleibt auf einem sehr hohen Niveau. Die Frühindikatoren senden weiter zuversichtliche Signale für den Arbeitsmarkt. Die erfreuliche Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt bleibt damit der Motor für den soliden Expansionskurs der deutschen Wirtschaft.

Hinweis:
Eine ausführliche Darstellung und Kommentierung der wirtschaftlichen Lage und Entwicklung wird in der Oktober-Ausgabe des Monatsberichts "Schlaglichter der Wirtschaftspolitik" veröffentlicht. Diese Ausgabe wird voraussichtlich in der 39. Kalenderwoche auf der Internetseite des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie zu finden sein.

[1] In diesem Bericht werden Daten verwendet, die bis zum 9. September 2016 vorlagen.

[2] Soweit nicht anders vermerkt, handelt es sich um Veränderungsraten gegenüber der jeweiligen Vorperiode auf Basis preisbereinigter sowie nach dem Verfahren Census X-12-ARIMA kalender- und saisonbereinigter Daten.

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Quelle:
BMWi-Pressemitteilung vom 12. September 2016
Herausgeber: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie
Telefon: 030-186150
E-Mail: info@bmwi.bund.de
Internet: http://www.bmwi.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. September 2016

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