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REDE/421: Ilse Aigner zum Haushaltsgesetz 2010, 18. März 2010 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
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Rede der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Ilse Aigner, zum Haushaltsgesetz 2010 vor dem Deutschen Bundestag am 18. März 2010 in Berlin


Sehr geehrter Herr Präsident!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich schließe mich der Meinung des Kollegen Schwanitz an: Heute ist "ein schöner Tag". Hier geht es - Herr Schwanitz, Sie haben es erwähnt - um ein "Gesamtkunstwerk".

Ich nehme gern stellvertretend für mein ganzes Haus, für die Haushaltsabteilung, aber auch für die Parlamentarischen Staatssekretäre, den Dank für die gute Zusammenarbeit entgegen. Diese ist für meine Begriffe eine Selbstverständlichkeit; denn der Haushalt ist eines der Kernstücke der parlamentarischen Tätigkeit. Ich kann den Dank nur an alle Berichterstatter und den Fachausschuss zurückgeben. Es war wirklich eine sehr gute Zusammenarbeit.

Sehr geehrter Herr Schwanitz, auch ich habe drei Überschriften, die erwartungsgemäß anders als Ihre lauten; das ist im parlamentarischen Raum die normale Verteilung.

Bei uns heißt es:

erstens Vertrauen schaffen und Versprechen halten,
zweitens in der Krise helfen,
drittens in die Zukunft investieren.

Beim Thema Vertrauen schaffen gehe ich gerne auf die mehrfachen Anspielungen betreffend den Verbraucherschutz ein. Sie können sich noch so ärgern; aber wir haben in diesem Bereich wahnsinnig viel auf den Weg gebracht. Wir haben manchmal vielleicht einen anderen Ansatz als Sie, wenn es um die Verbraucher geht: Wir wollen die Verbraucher nicht bevormunden, sondern ihnen helfen, mündig zu entscheiden. Dazu braucht man Hilfestellungen wie klare, transparente Regeln und Entscheidungshilfen. Da sind wir auf einem sehr guten Weg.

Wir haben, übrigens noch in unserer gemeinsamen Regierungszeit, ein Beratungsprotokoll auf den Weg gebracht. Das war nur ein Punkt, einer von mehreren Bausteinen. Wir haben jetzt, ohne einen Gesetzentwurf auf den Weg gebracht zu haben, alle Banken dazu gebracht - das ärgert Sie vielleicht -, einen sogenannten Beipackzettel vorzulegen. Ich kann Ihnen garantieren: Auch wir werden uns diese Beipackzettel genau anschauen. Das ist jetzt sozusagen erst einmal ein Entwurf. Wir werden uns das gemeinsam anschauen; ich werde nicht lockerlassen, bis alle Angaben, die wir uns vorgestellt haben, im Beipackzettel auftauchen. Das ist unsere Aufgabe; da werden wir sehr wachsam sein.

Wir wissen sehr wohl, dass das nur eine Etappe sein wird. Die nächste Aufgabe wird sein, die Finanzaufsichtsbehörden zu stärken. Da sind wir gemeinsam mit den Finanzfachleuten auf einem guten Weg. Übrigens - vielleicht haben Sie das noch gar nicht gemerkt - hat der Bundesfinanzminister schon ein Eckpunktepapier zu diesem Bereich vorgelegt, das wesentliche weitere Schritte enthält. Sie sehen also: Wir gehen im Bereich der Verbraucherfinanzen Schritt für Schritt vor, um hier wieder das Vertrauen in diese Branche und auch die Verbraucher selbst zu stärken.

Wir werden die Lücken auf dem grauen Kapitalmarkt schließen. Wir werden die Fragen in Angriff nehmen: Wie muss sich ein Berater qualifizieren? Wie sieht es mit der Haftung aus? Das ist wirtschaftlicher Verbraucherschutz; so werden wir Schritt für Schritt vorangehen. Aber es geht über die reine Gesetzgebung hinaus. Das Bewusstsein der Finanzdienstleister dafür, dass der Kunde König ist und dass sich die Vertriebsstrukturen und die Anreizsysteme am Blickwinkel des Kunden statt an internen Abläufen orientieren müssen, kann ich schließlich nicht gesetzlich verordnen. Aber wir werden ihnen auf die Finger schauen. Ich glaube, das ist ein wesentlicher Punkt: Der Kunde muss im Mittelpunkt stehen.

Was die Frage angeht, wie wir den Kunden stärken können, haben wir bei der Stiftung Warentest etwas umgesetzt, was andere lange versprochen haben.

Wir haben das Stiftungskapital im ersten Schritt - es kommen noch zwei weitere Tranchen dazu - auf 20 Millionen Euro aufgestockt. Das haben viele, auch eine Vorgängerregierung, versprochen. Sie haben es nicht geschafft. Wir haben es jetzt umgesetzt.

Wir haben auch schon die ersten Schritte in die Wege geleitet, um gemeinsam mit dem Verbraucherzentrale Bundesverband eine Stiftung zu gründen und das Stiftungskapital zu erhöhen. Wir werden auch nicht lockerlassen, in diesem Bereich weiter voranzugehen.

Ein weiterer Punkt ist die Hilfe in der Krise. Um es noch einmal klarzumachen: Das Sonderprogramm für die Landwirtschaft wurde nicht durch irgendwelche Umschichtungen finanziert, lieber Kollege Bonde, sondern es sind 750 Millionen Euro zusätzlich bereitgestellt worden. Ein Programm in dieser Größenordnung hat es noch nie gegeben. Wir haben das im Koalitionsvertrag versprochen, und wir haben es jetzt auch sehr schnell umgesetzt.

Das Programm heißt Grünlandmilchprogramm. Die Schwerpunkte liegen auf Grünland und Milch. Das sind die beiden Komponenten. Hier geht es um das Grünlandmilchprogramm. Wir haben es so schnell und effektiv umgesetzt, wie es unter europarechtlichen Gegebenheiten möglich ist. Das war eine reife Leistung. Dafür kann ich meinem Haus einen großen Dank aussprechen. In drei Wochen ein solches Programm auf die Beine zu stellen, ist eine riesige Leistung.

Die Verlässlichkeit kommt bei den Bauern sehr wohl an. Die Erhöhung des Zuschusses zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung war für alle Landwirtinnen und Landwirte ein ganz zentraler und entscheidender Punkt, der schnell und effektiv umgesetzt wurde. Die Bescheide sind verschickt worden. Bei mir ist große Dankbarkeit dafür angekommen, dass wir nicht nur etwas versprochen, sondern es auch gehalten haben.

Ein weiterer wichtiger Baustein war das Liquiditätshilfeprogramm. Ich bin froh, dass wir uns wenigstens in diesem Punkt einig sind. Wie nötig es war und ist, zeigt der Abruf. Start des Antragsverfahrens war am 1. März. Schon am 9. März mussten wir es wegen der enormen Nachfrage schließen. Wir bräuchten noch viel mehr Geld dafür. Es zeigt sich aber, wie wichtig es war, die Mittel in diesem Bereich einzusetzen. Deshalb werden wir uns gemeinsam mit den Haushältern damit befassen müssen, wie wir das Programm möglichst schnell und effektiv umsetzen können.

Insgesamt ist festzustellen, dass die Maßnahmen greifen. Sie werden zügig und unbürokratisch umgesetzt. Wir unterstützen die Betriebe in einer Situation, in der sie diese Unterstützung dringend brauchen.

Der nächste Punkt sind die Investitionen in die Zukunft. Georg Schirmbeck hat die Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" angesprochen. Ich war unter Rot-Grün Haushaltssprecherin in diesem Bereich. Wissen Sie, wie hoch der Ansatz damals war? Es waren 615 Millionen Euro. Deshalb muss ich mir von Ihnen nicht sagen lassen, dass unser Ansatz jetzt zu niedrig ist.

Um das Ganze noch einmal zusammenzufassen: Sie haben einen Finanzierungsvorschlag gemacht, die Verstärkungsmittel für andere Zwecke zu verwenden. Wir haben sie für die Gemeinschaftsaufgabe vorgesehen. Ihr Vorschlag hätte zu dem geführt, was wir jetzt aufgrund der haushaltspolitischen Rahmenbedingungen machen müssen.

Schauen Sie ganz genau hin. Wir haben die Verstärkungsmittel für die Stärkung der Gemeinschaftsaufgabe vorgesehen. Das ist jetzt Fachchinesisch der Haushälter, aber das muss an dieser Stelle deutlich gesagt werden. Ich bedanke mich, dass wir die Mittel für diese Gemeinschaftsaufgabe verstetigen konnten. Gemeinsam mit den Haushältern der christlich-liberalen Koalition war das eine hervorragende Zusammenarbeit. Herzlichen Dank dafür.

Das ist eine Gemeinschaftsaufgabe; dabei bleibe ich. Natürlich bin ich über alle Erhöhungen der Mittel für die Gemeinschaftsaufgabe froh. Darüber freue ich mich immer. Auf alle Fälle ist das ein wichtiger Punkt - auch da sind wir uns Gott sei Dank einig - zur Stärkung der ländlichen Räume, aber auch für die Finanzierung eines aktiven Beirags im Bereich von Klimaschutz, Artenvielfalt, Ressourcenschutz und auch von Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit. Ich halte das nach wie vor für eines der zentralen Programme. Deshalb werden wir darauf weiterhin unser Augenmerk legen.

Wichtig für die ländlichen Räume ist, nebenbei bemerkt, auch die Breitbandverkabelung. Für dieses Jahr stehen dafür 25 Millionen Euro zur Verfügung. Ich hoffe und gehe davon aus, dass die Länder und Kommunen diese Mittel auch abrufen. Gerade im Bereich der ländlichen Entwicklung müssen wir die Schwerpunkte setzen.

Aber zur Zukunftsfähigkeit möchte ich noch eines sagen: Natürlich hat Zukunftsfähigkeit auch damit zu tun, dass man Produkte verkauft. Das kann man nur, wenn sie eine gute Qualität haben. Mit Verlaub: Das gilt im Inland wie im Ausland. Deshalb halte ich es nicht für ehrenrührig, dass man landwirtschaftliche Produkte aus Deutschland weltweit exportiert und für ihre hervorragende Qualität wirbt. Das halte ich für einen richtigen Ansatz.

Es ist doch auch eine Frage der Verlässlichkeit, wenn wir in schwierigen Zeiten, in denen der Absatzförderfonds aus Gründen, die wir heute nicht mehr erörtern müssen, zusammengebrochen ist, für eine Übergangsphase unterstützend tätig sind. Deshalb ist es wichtig gewesen, auch in diesem Bereich einen kleinen Schwerpunkt zu setzen und zu sagen: Es ist uns wichtig, dass die guten Produkte auch international vertrieben werden können. Das ist meines Erachtens eine Selbstverständlichkeit.

Nicht zuletzt - auch das möchte ich am Schluss noch sagen - geht es um Zukunftsinvestitionen im Bereich der Forschung. Ich sage mit großem Stolz: Unser Ministerium hat eine sehr große Ressortforschungseinrichtung. Aber dieser Bereich ist nicht nur groß, nämlich der viertgrößte, sondern auch gut. Das ist das Entscheidende. Ich habe mich gestern mit den Spitzen der Forschungscommunity getroffen. Dabei wurde uns bestätigt, dass unsere Ressortforschungseinrichtung qualitativ auf einem sehr hohen Niveau ist. Dass wir in den Neubau des Friedrich-Loeffler-Instituts auf der Insel Riems investieren, nämlich 300 Millionen Euro, ist ein hervorragendes Zeichen, nicht nur für die Forschung, sondern, mit Verlaub, auch für die Region. Es ist richtig, hier einen Schwerpunkt zu setzen. Das war eine ausgezeichnete Entscheidung. Ich freue mich, dass wir den Neubau dieses Jahr einweihen können.

Die christlich-liberale Regierung, die Koalition, hat hier die richtigen Weichenstellungen vorgenommen. Wir sind auf einem guten Weg. Er führt in die Zukunft. Ich kann immer nur sagen: Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft sind Zukunftsthemen. Wir werden sie gemeinsam gestalten.


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Quelle:
Bulletin Nr. 28-1 vom 18.03.2010
Rede der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz,
Ilse Aigner, zum Haushaltsgesetz 2010 vor dem Deutschen Bundestag am 18. März 2010 in Berlin
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. März 2010